8 Der Teckbrunncn muß schon sehr alt sein nach einem alten Chronikenbeschrieb, der also lautet: Auf dem Berge Teck gegen Morgen ist ein Bronn lebendigen Wassers, welches an drei Orten von Felsen heraus quillt. Das steinerne Behältnis ist viereckig und hat aus jeder Seite 20 Schuh und zehn oder mehr steinerne Stufen in der Höhe, darauf man hinunter geht. Das Wasser ist mannstief darin. Führwahr eine wunderbare Sache, daß auf einem so hohen Berge, der von anderen ganz abgesondert ist, so viel Wasser von selbst hervorquillt, daß täglich 60 Stück Vieh nach Ueberfluß darin Winken können. Es ist auch von einem hundertjährigen Mann, Veit Knollen, und andern alten Leuten öfters gesagt worden, daß im Jahre 1540, in ^ einem heißen Jahr, da der Fluß, die Lauter, so klein wurde, daß ein gestiefelter Ackermann wegen seiner Seichte ganz leicht hat durchwaten können, doch dieser Bronnen auf dem Teckschen Berg ebenso viel Wasser gehabt habe, als zuvor.
§ Aus der Romantik der Ehescheidungen erzählt eine englische Zeitschrift allerlei seltsame Fälle, in denen zwei Menschen, die als liebende Gatten miteinander nicht zu leben vermochten, später doch noch übereinkamen, den mißglückten Herzensbund durch eine Verbindung rein geschäftlicher Art zu ersetzen. Als die Saharet sich von ihrem Gatten, dem Impresario Jke Rose, scheiden ließ, schlossen die beiden vor dem Erlaß des Scheidungsurteils einen Kontrakt, worin Rose sich verpflichtete, im Falle der Bewilligung der Scheidung auch weiterhin die > Geschäfte seiner Frau zu führen, selbstverständlich ^ gegen ein angemessenes Gehalt. Bor einigen Jahren ließ sich John C. Putner aus Daneville in Virginia von seiner Gattin scheiden, denn die Erwählte entwickelte in der Ehe sin so gewalttätiges and jähzorniges Temperament, daß ein Zusammenleben unmöglich war. Dagegen war sie eine ausgezeichnete Hausfrau und eine Meisterin der edlen Kochkunst. Niemand konnte diese guten Eigenschaften höher anerkennen, als der geschiedene Gatte, Ser wenige Tage nach der Scheidung seiner ehemaligen Frau den Vorschlag machte, als Haushälterin und Köchin in seinen Dienst zu treten. Nach kurzem Bedenken willigte Mrs. Putner ein, und rls ihr Mann kurz darauf zum zweiten Mals heiratete, — diesmal eine Frau von sanfterer Gemütsart, die aber dafür von der Kunst des Kochens keine Ahnung hatte, — bereitete sie dem jungen Paar sas Hochzeitsmahl, und bei dem Hochzeitsessen 4 - konnte Mr. Putner in einem Toaste sich rühmen,
' den bestorganisierten Haushalt Amerikas zu besitzen. Lin ähnliches Abkommen traf ein englisches Ehepaar aus Wales nach der Scheidung. Der Gatte ,'chlug der ehemaligen Frau vor, als Haushälterin die Führung des Hausstandes zu übernehmen, nachdem sie seinen Antrag auf Wiederverheiratung abgelehnt Halts. Die Frau nahm an, und seitdem zerstört kein Zwist mehr den Frieden des Hauses, stuf die gleiche Weise sicherte sich ein anderer Engländer aus Lancashire die haushälterischen Talente seiner geschiedenen Frau. Der Zufall fügte !s, daß die Haushälterin und Exgemahlin uner- vartet zu einem ansehnlichen Vermögen kam, wählend zur gleichen Zeit der Mann durch unglückliche Spekulationen seinen Reichtum plötzlich einbüßte. Er rhnte nichts von den veränderten Bermögensver- . jältnissen seiner Haushälterin und legte ihr eines vages die neue Situation dar. Die Lösung war
ziemlich einfach: nun engagierte die Haushälterin ihren früheren Gemahl und Dienstherrn als Haushofmeister für sich, und als sie einige Jahre später starb, hinterließ sie „ihrem treuen Haushofmeister" eine Jahresrente von 4000 Mark. Einzigartig in den Annalen der Ehescheidungen steht Wohl der Fall von George D. Field da, der seine geschiedene Frau nur deshalb wieder zu sich nahm, um — seine Schwiegermutter bei sich haben zu können. Seine Frau war so Unverträglich und jähzornig, daß er sich scheiden lassen mußte; mit der Trennung aber endeten auch die Besuche der Schwiegermutter, einer sehr geistreichen, klugen und liebenswürdigen Dame, deren weiser Rat dem Schwiegersohn in seinen Geschäftsangelegenheiten unentbehrlich geworden war. George D. Field schwankte nicht lange, er Zog die Konsequenz: die Tochter wurde bewogen, gemeinsam mit ihrer Mutter zu dem geschiedenen Gatten zurückzukehren; als Gesellschafterin ihrer Mutter setzte ihr der geschiedene Mann ein Gehalt aus, und alles war in bester Ordnung.
8 Gefährliche Experimente in der Schule. In einer Berliner Mädchengemeindeschule wollte der Lehrer die Herstellung des Pulvers experimentell vorführen, dabei explodierte die Mischung, und dem Lehrer wurde die rechte Hand vom Arme gerissen und die linke so schwer verletzt, daß sie amputiert werden mußte. Auch verschiedene Schülerinnen trugen leichtere Brandwunden davon. Es war ein Augenblick furchtbaren Entsetzens, als aus dem Armstumpf des unglücklichen Lehrers ein breiter Blutstrom in weitem Bogen über die vor Schreck starren Kinder spritzte. Dann entstand eine furchtbare Panik. Alles stürzte dem Ausgang zu, verschiedene Mädchen bekamen Schreikrämpfe. Der Lehrer war besinnungslos zusamrnengebrochen. Er ist 35 Jahre alt, verheiratet und Vater eines Kindes. Die Explosion war so stark, daß die Wände des Schul- zimmers arg mitgenommen wurden, es muß als Wunder betrachtet werden, daß nicht mehr Unheil angerichtet wurde. — Was in aller Welt soll es aber auch Mädchen interessieren, wie Pulver gemacht wird?
Der erste deutsche Reichskanzler in Ungnade am Tage der Kaiser^Proklamation.
Große historische Ereignisse sind meist in ihren Vorbereitungen erheblich c,.-ers verlaufen, wie die große Menge annimmt. So war auch für die Kaiser- Proklamation in Versailles am 18. Januar 1871 eine Sturmszene vorangegangen, über die Bismarck in seinen Gedanken und Erinnerungen selbst genau berichtet. Es verdient daran erinnert zu werden, weil der Vorgang zeigt, wie selbst bei einem so gütigen Souverän, wie es der alte Kaiser war, nicht alle Stunden im Leben gleich sind. Zuerst war es zu einer Meinungsverschiedenheit über Etikettenfragen gekommen, worauf der alte Herr mit der Faust auf den Tisch schlug und rief: „Und wenn es früher o gewesen ist, so befehle ich jetzt, wie es sein oll." Der Hauptstreit entspann sich aber um den neuen Titel des Kaisers. Bismarck suchte am Morgen des Proklamationstages den Großherzog von Baden auf, der nach der Verlesung des Schriftstückes zuerst das Wort ergreifen sollte, und fragte ihn, wie er den neuen Kaiser zu bezeichnen gedenke. Der Großherzvg antwortete: „Als Kaiser von Deutsch
land, nach Befehl Seiner Majestät!" Bismarck antwortete, das sei unmöglich, weil der künftige Text der Reichsversassung bereits durch einen Beschluß des Reichstags in Berlin festgestellt sei. Der Großherzog stellt darauf nochmals den Kaiser, seinen Schwiegervater, auf und hatte mit ihm eine lange Unterredung über diesen Punkt. Und nun schreibt Bismarck wörtlich: „Die Unterredung der beiden Herren blieb mir unbekannt, und ich war bei der Verlesung der Proklamation in Spannung. Der Großherzog wich dadurch aus, daß er ein Hoch weder auf den deutschen Kaiser, noch auf den Kaiser von Deutschland, sondern auf den Kaiser Wilhelm ansbrachte. Seine Majestät hatte mir diesen Verlauf so übel genommen, daß er bei dem Herabtreten von dem erhöhten Stande der Fürsten mich, der ich allein aus dem freien Platze davor stand, ignorierte, an mir vorüberging, um den hinter mir stehenden Generalen die Hand zu bieten, und in dieser Haltung mehrere Tage verharrte, bis allmählich die gegenseitigen Beziehungen wieder in das alte Geleise kamen." Auch noch einen zweiten, äußerlichen Zwischenfall gab es bei dieser Gelegenheit. Als der Saal für die Feier zugerichtet war, stellte es sich heraus, daß kein deutscher Reichsadler vorhanden war, der an der Wand hinter dem Standpunkt des Kaiser befestigt werden sollte, um als Symbol des neuen deutschen Reiches zu dienen. In Versailles, unter den Franzosen, ein Wappenschild zu beschaffen, war unmöglich, und so war man in Verlegenheit, bis der Kronprinz sich eines Soldaten, der gelernter Buchbinder war, erinnerte. Und dieser schnitt das erste Wappenschild für das Reich a.vjs einem Bogen Pappe heraus.
Handel und Berkehr.
-r. Berneck, 2. Febr. Das bei der hiesigen Gemeinde für 1910 anfallende Nadel- Lang- und Klotzholz — etwa 600 Festmeter — wurde heute unter der Hand um 125 Proz. der 1910er Taxpreise verkauft.
* Vaiersbronn, 3. Febr. Bei dem Stammholzverkauf der Gemeindeforstverwaltung am 29. Januar kamen zum Verkauf 2054 Nadelholzstämme (darunter 1223 Forchen) mit 80 Fm. 0, 206 I., 477 1U., 249 IV., 278 V., 107 VI. Klasse Langholz. 24 Fm. I., 117 Fm. > ., 15 Fm. III. Klasse Sägholz. Durchschnittserlös 119 Prozent des Taxpreises.
ss Stuttgart, 2. Febr. Der heutigen Ledermesse in der Gewerbehalle waren etwa 600 Ztr. zugeführt. Der Verkauf war befriedigend. Am Schlüsse der Messe wurden einige größere Posten unverkauft zurückgezogen. Es kostete Sohlleder 1.30 bis 1.50 Mark, Wildvacheleder 1.10 bis 1.30 Mark, Wildoberleder la. 1.80 bis 2.10 Mark, Wildoberleder Ila. 1.50 bis 1.70 Mark, Schmalleder 2 bis 2.10 Mark, Kalbleder 3 bis 3.30 Mark, Zaum-, Zeug- und Roßleder 1.30 bis 1.50 Mark per Pfund, Schafleder 12 bis 25 Mark per 10 Felle.
Konkurse.
Heinrich Haug, Bauer in Lehenweiler, Gde. Aidlingen. — Friederike Becker, Ehefrau des Jakob Becker, Fuhrmanns in Murr. — Julius Brucklacher, Schlossermeister in Reutlingen, Lederftr. 102. — Nachlaß der am 15. Sept. 1909 gestorbenen Regine Barbara Hepper gsb. Schlotterbeck, Witwe des Karl Friedrich Hepper, Maurers in Hagelloch.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Mtenstetg.
befreien, und zwar werde ich sofort die nötigen Schrille hierzu tun."
Mit einem kurzen „gute Nacht", aus dem seine innere Erregung deutlich heroorklang, entfernte er sich, und kurze Zeit später suchte auch Irma ihr Zimmer auf.
Am nächsten Morgen, als Irma sich eben an gekleidet hatte, hörte sie, wie unten die Haustüre geöffnet wurde und Die gleich darauf Jemand mit starken Schritten über den Hausflur ging.
„Frau Reiz", ließ sich jetzt die Stimme Neuberts vernehmen, „schläft das Fräulein noch?"
.Ich weiß es nicht, Herr Neubert", lautete die Antwort der Haushälterin, worauf Neubert ihr befahl, hinaufzugehen und das Fräulein aufzufordern, zum Frühstückstische sich rmzuflnden.
Als Irma in das Speisezimmer zu ebener Erde ein- üat, schritt Neubert, der bis dahin erregt :n dem kleinen ! Raum auf- und abgegangen war, sofort auf sie zu und sprach :
„Sagen Sie mir einmal, liebes Fräulein, um welche s Zeit pflegte denn eigentlich jener Herr Thomas auf der ! Villa einzutreffen?"
„Genau kann ich das nicht sagen, Herr Neubert", erwiderte sie, „ich weiß nur so viel, daß er stets auffallend oder vielmehr ganz unpassend früh sich bei uns einsand."
Hm, so wird er also auch jetzt bereits nach der Villa aufgebrochen sein," fuhr Neubert, wie zu sich selbst sprechend, sort. „Aber der Vogel, den er dort sucht, der ist ausgewogen, und den wird er nicht mehr finden. Na warte, Bursche, zu mir kommen mußt Du doch einmal, und dann wollen wir mit einander abrechnen. Eine solche Niederträchtigkeit. Lügt der Mensch mir vor, daß er von hieraus seine Nachforschungen betriebe und statt dessen liegt er den ganzen Tag auf der Villa, um wahrscheinlich irgend einen Schwindel in Szene zu setzen. Aber ick werde Dir einen dicken Strich durch die Rechnung machen, Kerl!"
„Kennen Sie denn diesen Herrn Thomas genauer?" fragte Irma, woraus Neuberr ausweichend erwiderte:
„Ick habe den Vater dieses Menschen näher gekannt, in einer Zeit, als der jetzige Herr Thomas noch ein grüner Junge war. Für heute will ich mich nicht näher über den Mann auslaffen, aber Eines will ich Ihnen doch sagen, liebes Kind: danken Sie jeden Abend aus den Knieen Gott dafür, daß er einen solchen Abscheu gegen den reichen Amerikaner in Ihr Herz gelegt hat. Und nun wollen wir frühstücken."
An diesem Morgen ging Herr Neubert nicht mehr aus. Er sei für Niemand zu sprechen, sagte er Irma, denn er hätte eine Anzahl dringender Briefe zu schreiben und wollte nicht gestört sein, und dann stieg er die Treppe hinauf und verschloß sich in sein Arbeitszimmer.
Unter allerhand kleinen Arbeiten ging Irma der Morgen sehr schnell vorüber, so daß sie ganz erstaunt war, als Frau Reiz mit einem Male aus sie zukam und ihr erklärte, es sei bereits zwölf Uhr und sie müsse daher schnell einmal in's Dorf, um einige Einkäufe zu machen. Wenn vielleicht in ihrer Abwesenheit Jemand schellen sollte, so hätte das Fräulein wohl die Freundlichkeit, die Türe zu öffnen.
„Sie würden mir einen rechten Gefallen tun, liebe Frau Reiz, wenn Sie nicht so schrecklich förmlich mir gegenüber sein wollten," versetzte Irma lächelnd, indem sie ihre Hand zutraulich auf die Schulter der Matrone legte. „Nennen Sie mich einfach Irma, und wenn Sie irgend eine Dienstleistung von mir wünschen, so verlegen Sie sich nicht auf's Bitten, sondern befehlen Sie einfach. Mir können Sie keine größere Freude bereiten, als indem Sie mir recht oft Gelegenheit verschaffen, mich Ihnen nützlich zu erweisen."
„Ja, ja, ich habe Ihnen gleich angesehen, daß Sie ein gutes Gemüt besitzen," erwiderte Frau Reiz gerührt, „und es ist schön von Ihnen, daß Sie einer alten Frau ein bischen helfen wollen, aber mit Irma werde ich Sie doch um
keinen Preis anreden. Denn ich mochte nicht gern hören, was der Alte sagen würde, wenn ich das Fräulein weglleße."
Nach der Entfernung der Frau Reiz begab sich Irma nach der Küche, um dort ein wenig nachzusehen, aber kaum befand sie sich dort, als im Hausflur heftig die Klingel ertönte,
Sofort eilte Irma nach der Haustüre und öffnete dieselbe, und fast in demselben Momente, stieß sie einen lauten Schrei aus und suchte die Türe rasch wieder zu schließen. Doch hierzu war es bereits zu spät, denn Thomas — dies war der Einlaß Begehrende — drängte sich mit Gewalt in den Hausflur und stand jetzt, höhnisch lächelnd, dem entsetzten Mädchen gegenüber.
„Ei, ei, mein schöner Flüchtling," sprach er spöttisch, „sehen Sie jetzt, wie rasch ich Sie wiedergefunden habe! Ja, ja, mir entgehen Sie nicht, mögen Sie sich wenden, wohin Sie wollen, und wenn Sie jetzt nicht rasch einwilligen, meine Frau zu werden, so werde ich Herrn Neubert Dinge von Ihnen erzählen, die Ihrem Aufenthalt in diesem Hause ein rasches Ende machen dürften."
Ehe Irma eine Antwort zu geben vermochte, ließ sich oben von der Treppe herab die Stimme Neuberts vernehmen, der in besorgtem Tone fragte, weshalb das Fräulein so geschrieen hätte und ob dort unlen etwas vorgefallen sei.
„Das Fräulein hat sich vor mir gefürchtet," rief Thomas übel gelaunt zurück, „das ist Alles. Aber sie wird sich schnell wieder beruhigt haben, da ich ohne Verzug zu Ihnen kommen werde, Herr Neubert."
Dreist und unverschämt winkte er der sehr blaß gewordenen Irma zum Abschiede mit der Hand zu, und dann stieg er, ein heiteres Liedchen vor sich hinsummend, die Treppe hinauf.
(Fortsetzung folgt).