Gegründet

1877.

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«r. ssi.

AnSgabeort Wtenstrig-Staöt.

Mittwoch, dt« 1. Dezember.

Amtsblatt für Psalzgrafenweiler.

1909.

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Tagespolitik.

In Elberfeld fand ein Delegiertentag der Frei -- finnigen Vereinigung für Rheinland und Westfalen statt. Es wurde folgende Resolution angenommen: Der Delegiertentag der Freisinnigen Vereinigung für Rheinland und Westfalen hält eine beschleunigte Erledigung der Fusions­frage, im Sinne einer völligen Verschmelzung der drei freisinnigen Parteien für dringend geboten, da die Beseitigung aller fraktionellen Schranken innerhalb des entschiedenen Liberalismus eine Le­bensfrage für ihn ist. Er ersucht die Parteivorstände, die in Angriff genommenen Fusionsarbeiten unter Hintansetzung aller formellen Bedenken und Detail­fragen aufs rascheste und zwar auf entschieden liberalem und demokratischem Boden zum Abschluß zu bringen.

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Hundert Jahre sind am zweiten Dezember verflossen, seitdem Köstig Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise von Preußen, die Eltern Kaiser Wil- hels I., zum ersten Male seit dem Jahre 1806 in das bis dahin von den Franzosen besetzte Berlin zurückkehrten. In der Garnisonkirchs wird eine stim­mungsvolle Erinnerungsfeier abgehalten werden.

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Deutsche Mittelstands-Vereinigung undHanfabund. In der am Sonntag in Berlin im Lehrervereinshause abgehaltenen sechsten ordent­lichen Generalversammlung der Deutschen Mittel­standsvereinigung, welche aus dem ganzen Reiche einen überaus starken Besuch aufwies, stand als erster und wichtigster Punkt der Tagesordnung das Verhältnis der Deutschen Mittelstandsvereinig­ung zum Hansabunde zur Entscheidung. Nach länge­rer Erörterung, in welcher sowohl die Vertreter eines Anschlusses des Mittelstandes an den Hansa- Bund, wie diejenigen, welche eine abwartende Hal­tung einnehmen wollten, ausgiebigst zu Worte ge­kommen waren, lagen schließlich als Ergebnis der Debatte drei verschiedene Resolutionen vor. Von denselben gelangte die nachstehende Resolution ein­stimmig und unter großem, langanhaltendem Bei­fall zur Annahme: Die heutige Generalversamm­lung beschließt: 1) Die unbedingte Selbständigkeit der Deutschen Mittelstandsvereinigung ist ausrecht zu erhalten. 2) Ein Zusammengehen der Deutschen Mittelstandsvereinigung mit dem Hansabunde in den allen Schichten von Handel, Gewerbe und Industrie gemeinsame Fra­gen liegt im wohlverstandenen Interesse des Mittel­standes. 3) Wir haben das Vertrauen zu unserem Vorstande, daß er die richtigen Maßnahmen treffen wird, um die Deutsche Mittelstandsvereinigung zu einer den gesamten Mittelstand umfassenden wirt­schaftlichen Vertretung auszubauen. Diese Resolu­tion war von den bisherigen Wortführern einer abwartenden Haltung gegenüber dem Hansabunde beantragt worden.

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Die Neuregelung der Pferderationen, wie sie sich im neuen Militäretat darstellt, ist eine etwas merkwürdige Erfüllung der vom Reichstage geforderten Sparsamkeit. Der Reichstag hatte sich nämlich dagegen gewandt, daß Pferderationen vielen höheren Offizieren auch für solche Pferde gezählt

werden, die sie garnicht halten. In dieser Hinsicht wurde eine Reform zugesagt, die aber nun am letzten Ende statt eine Ersparnis eine wesentliche Steige­rung dieser Ausgaben, für dieses Jahr schon um rund einhalb Millionen Mark» bringt. Es sollen neue Pserdegelder, erhöhte Rationssätze und Stall­sätze gegeben werden, letztere sogar in steigendem Maße. Das bedeutet indirekte Gehaltserhöhungen, die bei den Generalen einige tausend Mark aus­machen.

Die Regierung der Reichs lande hat dem Verbote der Marseillaise eine Anweisung an die unteren.Polizeibeamte folgen lassen, auf das Tra­gen der französischen Trikolore ein wachsames Auge zu haben.

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Die Konzentrierung des ersten deut­schen Lustgeschwaders in Metz wird in Pa­riser Zeitungen noch immer mit vieler Lebhaftig­keit erörtert. Militärs, wie Sportsleute heben her­vor, Frankreich habe sich von seinem Nachbar aus diesem Gebiet ganz außerordentlich überflügeln las­sen und schildern, wie der deutsche Kaiser und das deutsche Volk sich es hätten angelegen sein lassen, die Luftschifsahrt in jeder Weise zu fördern. Es wird auch betont, wie für die Luftschifsahrt besonders geeignete Offiziers durch hohe Besoldungen ange- seuert würden.

In Rußland ist die Einführung einer Militärsteuer beabsichtigt. Die Dumakommis­sion für die Landesverteidigung hat dem von Abge­ordneten eingebrachten Gesetztentwurf betreffend die Pensionierung von Unteroffizieren zugestimmt. Zur Deckung der dadurch entstehenden Neuans-gaben schlägt die Kommission die Einführung einer Mi­lt t ä r st e u e r vor für Personen, die ihre Wshrvflicht nicht ableisten.

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Der finländische Senat erhielt gestern den kaiserlichen Befehl, Maßnahmen zur Aufhebung des finländ.ischen Ober Militärgerichts zu treffen.

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Ueberall in Finland hat man soeben den siebzigsten Geburtstag des großen Patrioten Leo Mechelin gefeiert. Leo Mechelin, der viele Jahre hindurch, mit größeren oder kleineren Zwischenräu­men an der Spitze der Regierung gestanden, war einer der ersten finländischen Patrioten, die während der Gewaltherrschaft Bobrikows verfolgt und außer Landes verwiesen wurden. Nach dem Zusammen­bruch dieser Herrschaft im November 1905 kehrte er sofort zurück und übernahm unter grenzenlosem Jubel die Regierung. Wenn es den Russen gelingen sollte, jetzt wiederum absolute Herren des Landes zu werden, dürste Leo Mechelin wiederum unter den ersten sein, die vom Haß der Machthaber be­troffen werden, weil er sich während dieser letzten Zeit erdreistet hat, in Wort und Schrift die Auf­merksamkeit des Auslandes aus das gesetzwidrige Vorgehen der russischen Reaktionäre zu lenken.

Landesnachrichten.

Att«rrs 1 eig, 30. November.

* Das Jahr nähert sich seinem Ende und für die Geschäftswelt gilt es nun wieder die Außen­stände einzutreiben oder dafür zu sorgen, daß keine Verjährung der Guthaben eintritt. Es wird in Ge­schäftskreisen sehr darüber geklagt, daß die Gutha­ben oft so schwer eingehen und daß manchmal jahre­lang geborgt werden muß, selbst Leuten, welche fi­nanziell wohl in der Lage wären, ihren Verbind­lichkeiten ordnungsmäßig nachzukvmmen. Das ist natürlich ein ungesundes Verhältnis, besonders wenn

man bedenkt, daß der Geschäftsmann bei seinen Ar­beiten oder Lieferungen oft bedeutende Baraustagen und zur Bezahlung seiner Anschaffungen an Roh­materalien und Warenic. selbst nur ein kurzes Ziel hat.

* Göttelfingen, 29. Nov. In der letzten Woche hatte Fritz Gutekunst von hier das Glück, einen stattlichen Hirsch (Sechsender-, der ein Gewicht von annähernd 2 Ztr. hatte, in der Nähe des Morgen- thales zu erlegen.

st In Nagold wurde einem Konditorgehilfen beim Hantieren an der Knetmaschine die rechte Hand erfaßt und abgerissen.

* Calw, 29. Nov. Rektor Dr. Weizsäcker, der die Vorstandschaft des Georgenäums ca. 12 Jahre inne­hatte, ist von seinem Amt zurückgetreten.

st Herrenberg, 29. Nov. In einer gemeinsamen Versammlung von Brauereivertretern und Wirten, die am Samstag nachmittag im Gasthaus zum Ha­sen hier stattfand, konnte ein Resultat über den be­absichtigten Bierausschlag nicht erzielt werden. Es soll daher nochmals eine Versammlung einberufen werden.

st Schramberg, 29. Nov. Zu der Notiz über den Schwindler, der hier sein Unwesen trieb, ist zu bemerken, daß er der Frau eines Strafge­fangenen 20 Mark abschwindelte unter dem Vor­geben, ein Bittgesuch für den Mann abzusassen. Die Mutter derBraut" händigte ihm 200 Mark zur Brautreise, die ein so rasches Ende nahm, ein. Einige Geschäftsleute sind durch den Schwindler geschädigt. Bei der Leichtgläubigkeit der in Betracht kommenden Personen war dem Schwindler sein Geschäft leicht gemacht. Der Vorfall bildet naturgemäß das Ta­gesgespräch und wird meist von der heiteren Seite beurteilt.

st Oberndorf, 29. Nov. Die gegenwärtig hier weilende deutsche Gewehrabnähme-Kommission sollte in den nächsten Tagen unsere Stadt verlassen, da die von ihr zu prüfende Waffenbestellung aus- gesührt war. Dem Vernehmen nach ist der Waffen­fabrik Mauser die Lieferung von weiteren 15 000 Gewehren für die deutsche Armee in Auftrag ge­geben worden. Zugleich hat die Kommission Befehl erhalten, bis aus weiteres hier in Tätigkeit zu bleiben.

st Tübingen, 29. Nov. Wie wir aus sicherer Quelle hören, ist an eine Eröffnung der Teilstrecke Pfäffingen-Tübingen Westbahnhof in diesem Jahre gar nicht zu denken. Die regenreiche Zeit hat eine geringe Senkung des Bahndammes bei Pfäffingen herbeigeführt. Daran kann jetzt bei dem Frost auch nicht weiter gearbeitet werden.

8 Aus Tübingen wird ein nettes Geschicht- chen berichtet. In einem Dorfe dieses Oberamtsbe- zirks bettelte kürzlich ein Landstreicher. Der Gen­darm, gerade außer Dienst, faßte den Uebeltäter, aber da er in Zivil war, traute er seiner von kei­ner Uniform legitimierten Würde wohl selber nicht recht. Er führte den Bettler vor sein Haus und befahl ihm:Hier bleibet Se stah, bis ich mein Uniform agezogn Hab!" Das tat aber der Bettler begreiflicherweise nicht, sondern verduftete schleu­nigst. Das Auge des Gesetzes soll sich in seiner uniformierten Würde darob nicht wenig gewundert haben.

st Reutlingen, 29. Nov. Der 23 Jahre alte Schüler an, Technikum für Textilindustrie, Bühler, Sohn des Hausmeisters an diesem Technikum, erlitt beim Rodeln aus dem Achalmerweg so schwere Ver­letzungen, daß er aus dem Transport in die chirurg­ische Klinik in Tübingen starb. Zwei Kameraden, die aus seinem Rodel saßen, erlitten gleichfalls meh­rere Verletzungen.

st Eningen, OA. Reutlingen, 29. Nov. Der Schleier über den im Februar dieses Jahres in der Billa von Dr. Kolmar-Mannheim verübten schwe­ren Einbruchdieb stahl beginnt sich zu lüften, denn die beiden bei dem Brand des Schlosses Buß­mannshausen in Ulm abgefaßten und in Haft ge­nommenen Verbrecher gaben den Namen des Ver-