Gegründet

1877.

Die Tagesausgabe kostet vierteljährlich im Bezirk Nagold und Nachbarortsveikehr Mk. 1.25

außerhalb Mk 135.

Tie Wochenausgabe (Schwarzwälser Sonntagsblatt -

kostet vierteljährlich 80 Pfg.

OttenML.MM

Amtzblatt für

ovseon

Fernsprecher Nr. 11.

Anzeigenpreis bei einmaliger Ein­rückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.

Reklamen 18 Pfg. die Textzeile.

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudsnstadt, Lalw u. Neuenbürg.

Re. S45.

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Mittwoch, dsn SO. Oktober.

Amtsblatt für Pfalzgrasenweiler.

LWS.

Bestellungen

auf unsere täglich erscheinende Zeitung

Ans den Lnirrren"

werden fortgesetzt von allen Postanstalten, Postboten, Agenten und Austräger der Zeitung entgegengenommen.

Amtliches.

Kurse für elektrische Installation.

Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel beabsichtigt, folgende Kurse für elektrische Installation abzuhalten:

a) für die Installation von Schwachstromanlagen vom

8. bis 20. November 1909; d) für die Installation von Starkstromanlagen vom 22.

November bis 18. Dezember 1909.

Anmeldungen zur Teilnahme an den Kursen sind durch Vermittlung der Gemeindebehörde des Wohnorts oder des Vorstandes einer örtlichen gewerblichen Vereinigung bis spätestens 25. Okt. d. Js. an die K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel einzureichen.

Das D«rSsch« Institut für ärztliche Mission.

In Tübingen findet am 20. Oktober bei An­wesenheit des württembergischen Königspaares eine Feier statt, die nicht nur für unsere Landesuni­versität und Württemberg, sondern für ganz Deutsch­land und seine Kolonien, für die deutsche und schweizerische Mission von allergrößter Wichtigkeit und historischer Bedeutung ist: die Eröffnung des ersten deutschen Instituts für ärztliche Mission! Deutschland steht, was ärztlich Mission anlangt, ganz bedeutend hinter anderen Ländern, besonders Eng­land und Amerika zurück; während England über 500 Missionsärzte oder mehr mit noch zahlreicherem weiblichem Hilfspersonal verfügt, haben wir in Deutschland nur 19 Missionsärzte, d. h., aus jede unserer Kolonien kommen etwa drei Missionsärzte. Diesem Mangel abzuhelfen, ist das deutsche Institut in Tübingen in erster Linie berufen. Aber es bil­det nicht nur Missionsärzte aus, es will auch den Missionaren und Schwestern eine gründliche medi­zinische Bildung geben, die sie in den überseeischen Ländern sehr notwendig brauchen, wo in Bezug aus die einfachsten Krankheitserscheinungen und in sani­tärer Hinsicht der krasseste Aberglaube und die sinn­loseste Unkenntnis noch herrscht.

Das Institut liegt in der herrlichsten Gegend Tübingens, zwischen Naukler- und Wilhelmstraße. Der gut arrondierte ca. 64 Ar große Bauplatz wurde von der Stadt um den außerordentlich billigen Preis von 30 000 Mark abgegeben. Der Bau ist nach Entwürfen der Stuttgarter Firma Klaite und Weigle errichtet. In seinem Aeußeren präsentiert sich das schöne Gebäude als einfacher und doch monumen­taler Bau und auch die Innenausstattung spricht von einfacher aber behaglicher Solidität, der Ge­samtaufwand betrug mit Innenausstattung 240 000 Mark. Das Institut enthält außer dem selbstver­ständlichen Zubehör von Kellern, Dachzimmern rc. im Erdgeschoß Unterrichtsräume, Lesezimmer mit Bibliothek, Schreibzimmer, Diele, Hörsaal, Pfört­nerzimmer, Garderobe, Vorzimmer und Sprechzim­mer des Direktors, Museum, Speisesaal, Anrichte. Im Obergeschoß nimmt die Wohnung des ersten Direktors die Südseite ein, es schließen sich an Stu­dentenzimmer. Deren hat das Institut im ganzen 35, die sich aus den ersten und zweiten Stock ver­teilen. Bäder, Dienstbotenzimmer, Wasch-, Bügel-, Näh-, Wäscheräume rc. sind zweckdienlich unterge­bracht. Man hat eine Niederdruckdampfheizung, Gas und elektrisches Licht. Zahlreiche Stiftungen sind auch für die Inneneinrichtung des Instituts ge­macht worden an Lehrmitteln, Nutz- und Schmuck­gegenständen. Die Mehrzahl der 35 Einzelzimmer

für die Studierenden sind mit Möbeln, Wäsche rc. von privaten Gönnern oder Körperschaften ausgestat­tet worden. Unter anderem stiftete die Stadt Tü­bingen und die Universität je ein Zimmer, von denen jedes rund 640 Mark kostete. Außer dem eigentlichen Jnstitutsgebäude ist jetzt schon fertig und wird am 20. Oktober ebenfalls seiner Bestim­mung übergeben werden ein Schwesternheim.

Ein bayerischer Freund des Instituts stiftete 30 000 Mark zum Ankauf eines direkt neben dem Institut stehenden zweistöckigen Hauses, das man umgebaut und mit einem Anbau versehen hat. Es bietet 15 Damen Unterkunft und enthält die Woh­nung des 2. Direktors.

Zum 1. Direktor hat man Dr. med. Fiebig gewonnen, der 22 Jahre Regierungsarzt in Nieder­ländisch Indien war, zuletzt im Range eines Gene­raloberarztes. 2. Direktor wurde Dr. Olpp, der als Missionsarzt der Rheinischen Missionsgesellschaft lange Zeit in Südchina tätig war.

Die Anregung zur Errichtung eines deutschen Instituts für ärztliche Mission ging 1905 vom Stuttgarter Verein für ärztliche' Mission aus. Dessen Vorstand Fabrikant Leckster und sein Schrift­führer Oberlehrer Kämmerer haben eine reiche or- ganisatiorische Tätigkeit entfaltet, ihrer rastlosen Propaganda gelang es 1906, den VereinDeutsches Institut für ärztliche Mission" zu gründen, dem dann über 300 000 Mark an freiwilligen Beiträgen aus allen Teilen Deutschlands und der Schweiz, besonders aber aus Süddeutschland zuflossen.

Viel ist erreicht, aber noch nicht alles; unbe­dingt erforderlich erscheint die Errichtung eines Tro­penspitals, wozu rund 300 000 Mark erforderlich sind. Tübingen ist für ein solches Spital nur in Hamburg befindet sich bisher eines besonders geeignet durch seine günstige Lage, seine wissen­schaftlichen Hilfsmittel und sein Klima. Das Tro­penspital ist das nächste Ziel des Vereins. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß dies Ziel auch noch erreicht wird.

js Tübingen, 18. Okt. Bei der Eröffnung des Deutschen Instituts für ärztliche Mission am Mittwoch wird im Namen des Reichskolonial­amtes und des in Amerika befindlichen Kolonial­direktors Dernburg Geheimer Oberregierungsrat von Berner sprechen. Der Kultminister von Fleisch­hauer wird die Versammlung namens der württ. Regierung begrüßen. Der König und die Königin nehmen bestimmt an der Feier teil und werden im Extrazuge von Friedrichshasen nach Tübingen reisen. Der überaus beschränkte Raum im In­stitut selbst erlaubte nur die Einladung eines ver­hältnismäßig kleinen Teils von Teilnehmern an dem Festakt, der um dreiviertel 1l Uhr beginnen soll. Der Festgottesdienst ist in der Stiftskirche nachm, halb 4 Uhr und die Gemeindefeier abends halb 8 Uhr im großen Festsaal des Museums. (Die gottesdienstliche Feier, die durch den Ge­sang des Kirchenchores verschönt werden wird, mußte mit Rücksicht auf die Abendfeier im Museum auf verhältnismäßig frühe Zeit (halb 4 Uhr) gelegt werden. Die Geistes- und Arbeitsgemeinschaft un­serer deutschen Missionsgesellschaften wird darin her­vortreten, daß der Direktor der Hermannsburger Mission, ein Basler Missionsarzt und ein Missionar der rheinischen Mission in der Kirche sprechen. In der Gemeindefeier am Abend, zu der ebenfalls jedermann Zutritt hat, wird eine Reihe von Ver­tretern deutscher und auswärtiger Missionsgesell- schasten Ansprachen halten. Auch Abends wird sich der Kirchenchor hören lassen und Herr Stadtpfarrer Werner von Berneck will in einer herrlichen Bacharie und zwei Liedern von Brahms und Hugo Wolf seine in Tübingen wohlbekannte Stimme in den Dienst der Abendseier stellen. Da bei dieser Abendfeier von jeder Bewirtung abgesehen wird, bietet sie für umsomehr Besucher jeden Standes Raum.)

Tagespolitik.

In einer zu Berlin abgehaltenen Festsitzung aus Anlaß des 50jährigen Bestehens des National­vereins stellte der nationalliberale Reichstagsabge­ordnete Bass ermann die baldige Einbring­ung einer neuen Reichsfinanzreform in Aussicht, da die soeben verabschiedete ganz unge­nügend sei. Die neue Reform werde die Reichs­erbschaftssteuer bringen, dafür würden die Nationalliberalen sorgen.

'Dienstuntaugliche Rekruten sollen mög­lichst schnell wieder entlassen werden/ Bei der Re- kruten-Einstellnng hat das preußische Kriegsmini­sterium laut halbamtlicher Mitteilung die Truppen­teile besonders daraus aufmerksam gemacht, daß Mannschaften, deren Dienstuntauglichkeit festgestellt ist, nicht länger als unbedingt erforderlich im Dienst zurückbehalten und mittels beschleunigten Verfah­rens seitens der Generalkommandos entlassen wer­den sollen. Die Anordnung entspricht einem aus­drücklichen Wunsche des Reichstags.

In dem Entwurf des neuen Strafge­setzbuches, der von einer besonderen juristischen Sachverständigenkommission unter Mitwirkung amt­licher Kreise ausgearbeitet worden ist, wird die Strafbarkeit für öffentliche Gottesläster­ungen oder öffentliche Beschimpfungen einer mit Korporationsrechten ausgestatteten Kirche oder Re­ligionsgemeinschaft an den Nachweis der Bös­willigkeit geknüpft, indem es heißt: Wer öffent­lich und böswillig Gott lästert usw. Gottes­lästerung und Beschimpfungen der anerkannten Re­ligionsgemeinschaften sollen also in Zukunft nicht schon dann strastbar sein, wenn sie öffentlich, son­dern erst, wenn sie auch in böswilliger Absicht er­folgt sind. Die Worte in dem bisherigen Para­graphen 166:Einrichtungen und Gebräuche" sind in dem neuen Entwurf gestrichen. Auch die Strafen sind gemildert. Bei dem Entwurf handelt es sich bekanntlich noch nicht um die Vorlage der verbün­deten Regierungen, vielmehr wird das Reichsjustiz­amt die Vorlage für den Bundesrat erst seststellen, nachdem die öffentliche Kritik vorliegen wird.

Der Zarenbesuch beim Könige Victor Emanuel von Italien, der genau vor sechs (!) Jahren stattfinden sollte, wird nun aller Wahr­scheinlichkeit nach am 23. d. M., also am Sams­tag abend dieser Woche erfolgen. Freilich kann auch hierin noch eine Aenderung eintreten. Die Zarin begleitet den Kaiser mit den Kindern bis nach Darm­stadt und verbleibt dort bis zur Rückkehr des Zaren. Für die Sicherheit des Kaisers sind überall die denkbar umfassendsten Maßregeln getroffen worden. Aus Anlaß des gegenwärtigen Zarenbesuches er­innert eine Zuschrift der Franks. Ztg. an ein Atten­tat, das bei einem Besuche des Zaren Nikolaus I. vor mehr als 60 Jahren gegen den Zaren aus­geführt wurde. Nikolaus I. kam im Herbst 1845 mit seiner Tochter, der Großfürstin Olga, der spä­teren Königin von Württemberg, durch Mailand. Der Vizekönig der Lombardei, Erzherzog Rainer, ließ aus den Manövern bei Verona Truppen nach Mailand zurückkommen, um sie dem Besuche vor­zuführen. Unter den Truppenteilen befand sich auch das RegimentGraf Nugent", dem hauptsächlich Polen angehörten. Nach dem Vorbeimarsch fanden in der Arena Schießübungen statt. Plötzlich Pfiffen dicht an den Köpfen der fürstlichen Zuschauer zwei oder drei Kugeln vorbei. Sofort gaben Trommler das Zeichen zur Einstellung des Schießens. Die Herren stiegen von ihren Pferden und begaben sich zu den Damen in den Logen. Erzherzog Rainer war totenblaß und konnte seine Aufregung nicht verbergen. Der Zar Nikolaus dagegen verlor seine Ruhe nicht und begrüßte lächelnd die Erzherzogin, als ob nichts vor-