jj Berlin, 6. Okt. Die spanische Regierung hat hier amtlich erklären lassen, daß die notwendig gewordene Entsendung weiterer Verstärkungen nach Melilla keine Aen- derung ihres Aktionsprogramms bedeute. Diese Aktion werde sich den bereits früher abgegebenen Erklärungen entsprechend auch fernerhin im Rahmen der Algeciras-Akte halten. Die deutsche Regierung hat von dieser Erklärung Kenntnis ge­nommen.

* Dirschau, 6. Okt. In dem gestern und heute vor dem hiesigen Schwurgericht geführten Prozeß gegen den Wirlschaftseleven Ulrich van der Velden aus Adlig Liebenau, der beschuldigt ist, am 21. Februar im Eisenbahnzuge den Rechnungsführer Robert Ehlert erschossen und beraubt zu haben, wurde dem Antrag der Kreisärzte entsprechend die Ueberweisung des Angeklagten in eine Irren­anstalt zur Beobachtung bis zu 6 Wochen beschlossen und die Verhandlung vertagt.

Ei« Jubiläum.

Das Bündnis zwischen Deutschland undOesterreich-Ungarn besteht jetzt 30 Jahre. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt aus diesem Anlaß:

Am morgigen Donnerstag jährt sich zum dreißigsten Male der Tag, an dem das Bündnis zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn unterzeichnet worden ist. Dreißig . Jahre hindurch hat das Bündnis seine volle Wirksamkeit geübt. Durch den Zutritt Italiens hat es sich zum Dreibund erweitert. Es hat dem europäischen Frieden unschätzbare Dienste geleistet. Allen gegnerischen Unterstellungen zum Trotz hat die Bundesgenossenschaft zu keiner Zeit die Grundlage einer angreifenden, auf Beeinträchtigung der Rechte dritter ab­zielenden Politik gebildet. Sie war ein festes Bollwerk des Friedens, hinter dem die verbündeten Mächte ungestört der Pflege ihrer eigenen Angelegenheiten sich widmen konnten. Seinem friedlichen Charakter gemäß hat das Bündnis die Herstellung freundschaftlicher Verhältnisse zu den außenstehenden Staaten nicht nur gefördert, sondern cs ist geradezu zum fruchtbringenden Erdreich geworden, aus dem der Friedens­gedanke neue Nahrung gezogen har. Der Abschluß des Bündnisses zählt zu den bedeutendsten politischen Taten des großen ersten Kanzlers des deutschen Reiches. Von seinen verdienstvollen Mitarbeitern iveilt unter uns nur noch der jetzt im Ruhestand lebende Botschafter v. Radowitz, das große Werk des Bündnisses aber lebt und wirkt fort.

DieWiener Abendpost" schreibt:

Morgen sind 3 Jahrzehnte verflossen seit dem Tage, da in Wien der B. ndnisvectrag zwischen Oesterreich-Ungarn und dem Deutschen Reiche abgeschlossen wurde. Der Bündnis­vertrag selbst betrat in der Einleitung den ausschließlich defensiven Charakter der Allianz. Die 30jährige Allianz mit dem Deutschen Reiche beweist überzeugend, daß sie den Ab­sichten treu geblieben in, die bei ihrem Abschluß vorgewaltet haben. Niemals hat sie anderen als defensiven Zwecken ge­dient und diese Zwecke hat sie vollauf erfüllt. Das Bünd­nis zwischen der Donaumonarchie und dem deutschen Reiche, das späterhin durch den Beitritt des Königreichs Italien zum Dreibund ausgestaltet wurde, hat sich fast ein Menschen­alter hindurch als die mächtige Stütze des europäischen Friedens bewährt und ist darum nicht nur für die ver­bündeten Staaten und ihre Bevölkerungen, sondern auch für ganz Europa ein Segen gewesen. Darum lebt das Bünd­nis picht nur in den Vertragsinstrumenten, sondern auch in der unverbrüchlichen Freundschaft der Souveräne und in dem politischen Bewußtsein der Bevölkerung beider Reiche. Die Allianz und der durch den Anschluß Italiens ge­schaffene Dreibund zählen nach wie vor zum lebendigsten, wirksamsten und segensreichen Faktor der europäischen Politik.

Der Weg, der in diesem Falle einzuschlagen ist, wird durch den Paragraph 2 des Weingesetzes an­gegeben. Dieser Paragraph lautet:Es ist ge­stattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Her­kunft oder Jahre herzustellen (Verschnitt). Dessert­wein (Süd-, Süßwein) darf jedoch zum Verschneiden ' von weißem Wein anderer Art nicht verwendet wer­den." Von diesem Paragraphen interessiert an dieser Stelle nur der erste Satz. Nach diesem Paragraphen ist unterWein" nicht nur fertiger Wein zu ver­stehen, sondern nach den Erklärungen eines Regie­rungsvertreters auch Trauben, Traubenmaische oder Traubenmost (Saft). Die Frage, welche einige Un­sicherheit mit sich brachte, war nur die, ob es ge­stattet ist, fertigen Wein auch mit Trauben, Trauben­maische oder Traubensast zu vermischen oder zu verschneiden? Auf Grund von Erkundigungen, die ich an maßgebendster Stelle angestellt habe, ist diese Frage vollständig zu bejahen. Damit eröffnen sich für die Praktiker aber eine Reihe von Gesichtspunk­ten, die ich nun angeben möchte.

Traubensast können wir in zweierlei Gestalt zur Verfügung haben. Im allgemeinen erhalten wir den süßen, frischen Traubensast unmittelbar nach der Lese, auch die Trauben und die Tranbenmaischen. Es gibt aber ein sehr einfaches Verfahren, sich den Traubensast zu konservieren, so daß man zu jeder Zeit des Jahres in der Lage ist, solchen zur Umgä­rung benützen zu können. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle das letztere Verfahren anzugeben. InDes Küfers Weinbuch" bin ich auf dasselbe genau eingegangen.

Wollen wir also einen matt gewordenen alten Wein auffrischen durch eine Umgärung, so vermischt

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auf unsere täglich erscheinende Zeitung

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werden fortgesetzt von allen Postanstalten, Postboten, Agenten und Austräger der Zeitung entgegengenommen.

Ausländisches.

* Wien, 6. Okt. Kaiser Wilhelm hat dem Erz­herzog Franz Ferdinand und der Herzogin Hohenberg zu ihrer Standeserhöhung telegraphisch gratuliert. Es wird hier festgestellt, daß die Herzogin-Gemahlin des Thronfolgers den Titel nur für ihre Person erhalten habe; ihre Kinder bleiben weiterhin Fürsten und Fürstinnen von Hohenberg.

* Prag, 6. Okt. In der heutigen Landtagssitzung ver­ließen die deutschen Abgeordneten den Saal, weil der Lan­deshauptmann gestattete, daß eine Interpellation in sloweni­scher Sprache verlesen wurde. Der Landeshauptmann unter­brach hieraus die Sitzung. Als auch nach Wiederaufnahme der Sitzung die deulschen Abgeordneten nicht in den Saal eintraien, schloß der Landeshauptmann die Sitzung.

js Mais, 6. Okt. In den Kohlengruben von Molieres erfolgte eine Expl o s i o u schlagender Wetter, wodurch 5 Personen getötet und 2 verletzt wurden. 2 Leichen waren bis zum Abend geborgen.

* Madrid, 6. Okt. Der Kriegsminister hat eine neue Division beordert, die unter Befehl des Generals Diaz Ordonez nach Marokko abgeheu soll, falls es nötig würde.

Allerlei.

* In einer Menagerie auf der Messe in Mannheim schlug ein Bär nach dem neunjährigen Leonhard Körber aus Ludwigshafen, der das Tier geneckt hatte und riß dem Jungen den rechten Unterschenkel auf. Es gelang das wü­tende Tier zurückzutreiben, sonst hätte er das Kind zerrissen. Der schwerverletzte Knabe wurde ins Allg. Krankenhaus überführt.

* In Karlsruhe hat der Bäcker Wilhelm Ziegler das 20jährige Dienstmädchen Kassler aus Durmersheim in der Wohnung der Herrschaft des Mädchens erschossen und sich dann selbst durch einen Revolverschuß schwer verletzt; es handelt sich um eine Liebestragödie.

' Negerfreundinuen. DieNordd. Allg. Ztg." ver­öffentlicht unter der Ueberschris :Eine Mahnung an deutsche Eltern und Erzieher" folgend, amtliche Kundgebung:Vor kurzem sind durch die Presse Fälle bekannt geworden, in denen Neger unserer Kolonien versucht haben, einen Brief­wechsel mit deutschen Mädchen anzubahnen. Die amtlicher- seits veranlagten Ermittelungen haben ergeben, daß die An­regung zu solchen Korrespondenzen nicht immer von seiten der Neger ausg.gangen ist. Vielmehr ist in der Mehrzahl der Fälle festgestellt worden, daß sich außer Schülern, jüngeren Angestellten und Studenten auch Mädchen verschiedenen Alters an Eingeborene der Schutzgebiete gewandt und sie zum Briefwechsel aufgefordert haben. Während die männ­lichen Briefschreiber fast durchweg den Zweck verfolgen, auf diesem Wege afrikanische Briefmarken, Kuriositäten usw. zu erhalten, scheint bei den jungen Mädchen vielfach die Freude an der Romantik eines Briefwechsels mit einem Neger, mög­lichst mit einemschwarzen Prinzen" der Beweggrund zu fein. Bedauerlicherweise ist aus dem Inhalt der von den Schwarzen meist Jungen von 17 bis 20 Jahren harmlos vorgelegten Briefe zu ersehen, daß einige der Brief­schreiberinnen bei Abfassung der Briefe in bedenklicher Weise

man ihn entweder mit frischer, süßer Naturtrauben- maische oder mit frischem oder mit konserviertem Na- tnrtraubensaft. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Naturrotwein mit Naturmaische oder Naturtrauben­saft, gezuckerter Rotwein desgleichen, Naturweißwein mit Naturtraubenmaische oder Naturtraubensaft und gezuckerter Weißwein nur mit Naturtraubensaft ver­mischt werden darf. Ausgeschlossen vom Verfahren ist die Verwendung gezuckerter Maischen und Trau­bensäfte, weil eben die Zuckerung nur geschehen darf, um einem natürlichen Mangel an Zucker bezw. Alko­hol oder einem Uebermaß an Säure abzuhelfen. Da aber Naturtraubenmaische und frischer Natur­traubensaft nur vom Beginne der Lese zur Verfüg­ung stehen, so kann dieses Verfahren nur in einer beschränkten Zeit zur Anwendung kommen. Anders verhält sich die Sache, wenn wir über konservierten Naturtraubensaft verfügen. Dann kann die Umgä­rung zu jeder Zeit des Jahres stattfinden, und das ist für den praktischen Betrieb von sehr großer Be­deutung. Ich habe daher in meinem neuesten Werke empfohlen, daß man sich nach dem einfachen Ver­fahren zur Zeit der Lese einige Hundert Flaschen Traubensaft konserviert, damit man gegebenen Falls in der Lage ist, jederzeit eine notwendig werdende Umgärung eines Weines vornehmen zu können. Braucht man den konservierten Traubensaft, der sich auf der Flasche nicht mehr verändert, in einem Jahre nicht, so kann man ihn für ein anderes Jahr und eine passende Gelegenheit aufbewahren und verwen­den. Denn der Paragraph 2 des Weingesetzes ge­stattet auch den Verschnitt von Wein mit Erzeug­nissen verschiedener Herkunft und Jahre. Besondere Bedeutung erlangt diese Bestimmung für die Prak-

das Bewußtsein der eigenen Stellung verloren haben. Die Ueb ersendung der Photographien der Briefschreiberinnen ist nich ts Außergewöhnliches. Jedenfalls haben die Spenderinnen dabei nicht bedacht, daß ihre Photographien von den Negern in ihren Wohnungen neben allerlei anderen Bildern aufge­hängt werden, und daß es auf den weißen Beschauer einen befremdenden Eindruck macht, wenn er die Photographie eines offenbar den besseren Ständen angehörenden deutschen Mädchens im traulichen Verein mit dem Bilde einer schwarzen Schönheit" unbekannter Herkunft findet. Es darf daher nicht wundernehmen, wenn es bei der farbigen männ­lichen Jugend einiger Schutzgebiete nachgerade zum guten Ton gehört, eineFreundin" in Deutschland zu haben. Die Schuld an dieser bedauerlichen Tatsache dürfte in erster Linie das heimische deutsche Publikum treffen, die Eltern und Er­zieher der Mädchen, die aus Unkenntnis der Verhältnisse der Unsitte des Korrespondierend mit Negern in der geschilderten Weise nicht steuern, oder die ihrer Erziehung anvertrauten Mädchen in dieser Hinsicht nicht genügend überwachen. Im Interesse aller Beteiligten erscheint es dringend geboten, auf Abstellung des nicht immer harmlosen Unfugs hinzuwirken. Ein Nachlassen des gedachten Briefwechsels wird indes nur dann zu erwarten sein, wenn alle dazu Berufenen den jungen Mädchen in der Heimat immer wieder zum Bewußtsein bringen, wieviel sie sich durch einen solchen Briefwechsel mit den Eingeborenen der Kolonien vergeben, und wie sehr sie durch ihn der Kolonialverwaltung die Aufgabe der Erziehung der Eingeboreneck erschweren."

Handel »nd Berkehr.

* Altensteig, 7. Okt. Auf den gestrigen Viehmarkt waren zugetrieben: 65 Paar Ochsen und Stiere, 40 Stück Kühe, 27 St. Jung- oder Schmalvieh. Dem Schweine- markl waren zugeführt: 156 St. Läuferschweine und 162 St. Milchschweine. Es wurde bezahlt für 1 Paar Ochsen und Stiere 7501230 Mk., für Kühe 211406 Mk., für Jung- oder Schmalvieh 125290 Mk., für das Paar Läuferschweine 4290 Mk. und für das Paar Milchschweine 2540 Mk.

jj Heilbronn, 6. Okt. Ledermarktbericht vom 5. Oktober 1909. Die Zufuhren betrugen etwa 20 000 KZ und waren in guter Ware wieder ziemlich schwach. Gut sortierte mittlere Wildoberleder waren begehrt, bessere Oberleder und Kalb­leder rasch vergriffen. Die Preise hielten sich. Es wurden verkauft und amtlich vermögen: Sohlleder 1823 ÜA, Schmal- und Wildoberleder 14052 kg, Zeugleder 638 kg, Kalbleder 200 Kg im Ganzen 16 713 «g. Gesamtumsatz etwa 68000 Mk. Nächster Ledermarkt Dienstag den 30. November. Schon vor dem Markt kann unentgeltlich Leder eingelagert werden.

* Crailsheim, 5. Okt. Durch Kauf ging das Gasthaus zum Stern hier nebst Scheuer und Stallung vom seitherigen Besitzer Scheitterlein an Gastwirt Munzinger hier über. Der Kaufpreis beträgt 52 000 Mk.; die Uebernahme erfolgt am 1. Januar 1910.

Konkurse.

Max Süßkind, Kaufmann Stuttgart, Eberhardstraße 20, Alleininhab. der Firma Böhm u. Co., Herrenkonfektionsge­schäft Stuttgart, Rotebühlstr. 4. Nachlaß des Johannes Viesinger, ledigen Schuhmachers in Seebronn. Ernst Rothmann, Flaschnermeister in Jsny.

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am Freitag, den 8. Oktober: Vorwiegend heiter trocken, nachmittags mild.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altennetg.

tiker solcher Gegenden, in denen Weinbau nicht be­trieben wird. Sie können sich Traubensast in einem Weinbauvrte konservieren lassen und dann in ihrem Betriebe verwenden, da auch Erzeugnisse verschiede­ner Herkunft benutzt werden dürfen.

Das Verwenden konservierten Traubensaftes ist auch dann sehr zu empfehlen, wenn aus irgend einem Grunde das Erwärmen der Weine (Pasteuresieren) notwendig war. Durch dieses Erwärmen werden die schädlichen Weinpflanzen abgetötet; mit der Umgä­rung müßte man aber warten, bis man wieder fri­schen Traubensaft oder Maische hätte. Dem Prak­tiker liegt aber vielfach daran, das Produkt möglichst bald zu verkaufen. Verfügt er über konservierten Traubensaft, so steht der sofortigen Umgärung des Weines seitens des Gesetzes nichts im Wege. Ebenso ist es bei schwach essigstichigen oder bitteren Weinen.

Für mich liegt der Schwerpunkt der ganzen Frage darin, daß es nach den obigen Ausführungen gestattet ist, die Umgärung eines kranken oder feh­lerhaften Weines überhaupt vornehmen zu dürfen, die auf den ersten Blick durch die Gesetzgebung aus­geschlossen zu sein schien. Damit ist das Gesetz einem weitgehenden Bedürfnis der Praxis entgegengekom­men, ohne daß die Befürchtung besteht, es könnte gepantscht werden. Denn die Umgärung eines Weines mit Naturtraubenmaische oder Naturtraubensaft ist ein durchaus reelles Verfahren. Unserem Lande wer­den aber durch die Auffrischung alten Weines oder durch die Bewahrung eines kranken Weines vor dem vollständigen Verderben infolge dieser Umgärungen große Kapitalien erhalten.