Gustav-Adolffeft.
ff Hall, 10. Juli. Am gestrigen HauptLage war die Zahl der Festbesucher trotz des regnerischen Wetters überaus groß. Besonders stark war^n die Landleute vertreten. Die Hallen unserer Michaeliskirche waren beim Festgottesdienst von einer großen andächtigen Gustav-Adolfgemeinde gefüllt. Von eigenartigem Reiz war der Anblick der großen Prachttreppe zu der Kirche, wo weißgekleidete Mädchen Spalier bildeten, durch ras sich die Festgäste in die Kirche begaben. Nach einem einleitenden Gesang des Kirchenchors und der Gemeinde hielt Dekan Lang-Hall eine Begrüßungsansprache. Darauf folgte die geistvolle, zu Herzen dringende Fe st predigt von Dekan Plank- Eßlingen. Der interessante Jahresbericht des Vorstandes des württemb. Vereins, Hofprediger Hoffman-Stuttgart, gab eine eingehende Schilderung der weitverzweigten, reichgesegneten Arbeit und Liebestätigkeit des württ. Hauptvereins, der seine Tätigkeit nicht nur auf die Glaubensbrüder in der württembergischen Diaspora erstreckt, sondern insbesondere auch aus die Evangelisten in Oesterreich, ja sich bis nach Südamerika (Brasilien) ausdehnt, lieber Brasilien berichtete im Festgottesdienst noch der Generalsekretär des Zentralverbands, Pastor Br aun s chw ei g - Leipzig, über die Arbeit in Böhmen Pfarrer Fischer in Eger. Das Schlußgebet sprach Prälat v. Braun- Hall. Das Festessen mußte in zwei Lokale Gasthof z. Eisenbahn und Saalbau verlegt werden. Dabei wurden außer dem Königstoast noch zahlreiche Toaste ausgebracht und insbesondere der Verein und die Feststadt in Tischreden gefeiert. Der Gustav Adolfbecher wurde alter Sitte gemäß bei den Tischgästen in Umlauf gesetzt und er kam, wie schon bei der geselligen Vereinigung am Abend zuvor, von seinem Gang zurück, noch gefüllt mit Nickel, Silber und auch Gold. Die Bechersammlung ergab bei beiden Gelegenheiten zusammen etwa 1000 Mk., die vor allem den Witwen und Waisen von Pfarrern und Lehrern in der Diaspora und auch letzteren selbst zugute kommen. Dem Fest- goltesdienst war in der Frühe ein Kindergottesdienst vorausgegangen, gehalten von Pfarrer Zauleck aus Bremen, der auch nachmittags im Brenzhaus über die Kindergottesdienstsache sprach. Ein Glanzpunkt des Programms war das um fünf Uhr nachmittags in der Michaeliskirche veranstaltete Festkonzert, bei dem die Resormationskantate von Albert Becker zur Aufführung kam. Leiter war Musikdirektor Kaulbarsch von hier. Solisten: Frau Eva Berroth- Kanlbarsch-Heilbronn (Sopran.) Frau Finanzrat Bilsinger- Hall (All) und Konzertsänger Feuerlein-Stuttgarl (Baß). In einem Abendgottesdienst sprachen zwei Redner aus der Diaspora.
js Sigmaringe», 10. Juli. In Laiz ist das zweijährige Kind des Bauern Adolf Beermann in ein; Güllengrube gefallen, wo es seinen Tod fand. — In Ablach ist in der vorletzten Nacht in sechs Wohnhäusern eingebrochen worden. Den Dieben sielen größere und kleinere Geldbeträge sowie Kleidungsstücke in die Hände. Man vermutet, daß Zigeuner, die in der Nähe des Orts in einem Walde ihr Lager aufgeschlagen hatten, die Einbrüche verübten.
ss Heidelberg, ll. Juli. .Heute vormittag einhalb 12 Uhr fand im großen Hörsaal der Universität eine akademische Calwin fei er statt, bei der Geh. Kirchenrat Prof. Dr. v. Schlibeck die Festrede hielt.
jf München, 10. Juli. Nach den, Wettersturm in der Nowschweiz sind nunmehr auch in dem bayrischen Oberland mehrfach S ch neefälle eingetrelen, so'gestern in Garmisch und Partenkirche».
mal, daß jemand gemeint hat, es sei schade um mich — vielleicht — wenn es früher einmal!"
„Das ist eine faule Ausrede. Ein alter Gardist muß wissen, was recht und unrecht ist, und was er seiner und des Regiments Ehre schuldig ist. Es ist
schmachvoll — ja, das ist es — aber wenn Sie es wenigstens jetzt einsehen, so können Sie in Zukunft—" „Für mich ist alles zu Ende. Einer, der im Zuchthaus gesessen hat! Wer nimmt mich wieder an! Es wäre besser, Sie hätten mich lieber gleich zum Tode verurteilt — mit dem Leben ist's hernach doch nichts mehr für mich!"
Die Verzweiflung in des Mannes Worten und seinem Ausdrucke packte Herrn von Warnitz, seine Ztimme klang milder, als er sagte: „Ja, es ist schlimm, rber das hätten Sie alles vorher wissen können. Nun, wenn Sie sich gut führen — wer weiß!" Er schwieg einen Augenblick und sah den vor ihm Stehenden prüfend an. „Wenn Sie wieder los kommen — ich will >ehen. ob man etwas für Sie tun kann!"
Auf des Verurteilten Gesicht leuchtete ein Freu denstrahl auf, er stieß einen schluchzenden Laut aus »Diese Zeit kann Ihnen zum Heile, zur Einkehl dienen. Vielleicht — — na ja — Sie können sich ar
mich wenden, wenn Sie frei kommen-vorausge
setzt, Sie führen sich so auf, daß man sich Ihrer am nehmen kann. — — Ich werde mich nach Ihnen erkundigen und Sie im Auge behalten."
»Ich bin überzeugt, der Mensch ist dazu verleite! worden, er ist nicht schlecht von Natur, es kann wohl wieder Gutes in ihm geweckt werden," sagte der Ver- teidiger später zu Herrn von Warnitz. Ich hatte von Anfang an wenig Hoffnung für ihn und wußte. Sie wurden ihn schuldig finden müssen; aber es tut mir lew um den Menschen. Er hat irgendwo eine Frau
Der Kronprinz gegen die Konservativen.
* Berlin, 10. Juli. Großes A ufsehen erregt in p olitischen Kreisen ein Brief des de ut sch en Kronprinzen an den Leitartikler der Leipziger Neuesten Nachrichten, Dr. Liman. Dr. Liman hatte in einem seiner Artikel der Leipz. N. N. seinem Bedauern Ausdruck gegeben, daß die Konservativen das evangelische Kaisertum dem Zentrum ausgeliefert hätten. Der Kronprinz gab Herrn Dr. Liman sein volles Einverständnis mit dieser Kritik der Konservativen zu erkennen. — Was werden die Konservativen, die Schützer von Thron und Altar, jetzt zu dieser Anklage des deutschen Kronprinzen zu antworten haben?
Voraussichtlich«- Wetter
am Dienstag, den 13. Juli: Etwas bewölkt, teilweise sich
aufheiternd, kein wesentlicher Niederschlag, mäßig kühl.
Für Gewerbe, Handel und Industrie.
Die in Sachen der Reichsfinanzreform in den letzten Wochen gefaßten Beschlüsse gipfeln in Steuerentwürsen, welche nach dem Urteil anerkannter Sachverständiger die Entwicklung von Handel und Industrie zum Stillstand bringen, und blühende Erwerbszweige der Vernichtung preisgeben würden. Handel, Industrie und Gewerbe, welche durch kühnen Unternehmer- sinn und eisernen Fleiß für die Macht und Größe des deutschen Reiches Unvergängliches geleistet haben, sind, wie die Ereignisse der letzten Zeit beweisen, nachgerade zu Stiefkindern der deutschen Gesetzgebung geworden. Nicht ohne eigene Schuld! Während die Landwirtschaft, aller inneren Gegensätze vergessend, sich unter Führern von hervorragender Begabung und rücksichtslosem Zielbewußtsein zu einer mächtigen politischen Organisation zusammengeschlossen und nahezu alle in ländlichen Kreisen gewählten Abgeordneten an ihr Programm zu binden gewußt hat, ist seitens des Handelsund Gewerbestandes nichts gleiches geschehen. Die bitteren Erfahrungen, welche Industrie, Kaufmannschaft und nicht in letzter Linie das Handwerk in diesen Tagen machen mußten, haben ihnen die Notwendigkeit zum Bewußtsein gebracht, das Versäumte nachzuholen. Eine im Zirkus Schumann zu Berlin abgehaltene Abwehroersanimlung von über 6000 Kaufleuten und Industriellen aus allen deutschen Landesteilen und Angehörigen der verschiedensten politischen Parteien hat einstimmig den Beschluß gefaßt, unter dem Namen Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie eine dauernde Vereinigung zu bilden. Zweck dieser Vereinigung ist es, Gewerbe, Handel und Industrie gegen Angriffe und Schädigungen jeder Art zu schützen, aber auch positive Vorschläge in deren Interesse zu machen und auf die Ausgleichung der bestehenden Gegensätze in den eigenen Reihen zu wirken, sowie bei der Vorbereitung von Wahlen für die Aufstellung und die Wahl solcher Kandidaten tätig zu sein, welcher jeder drohenden gesetzgeberischen Schädigung und jeder einseitigen Belastung von Gewerbe, Handel und Industrie entgegenzutreten entschlossen sind; in erster Linie soll für die Wahl von Kandidaten aus den eigenen Reihen dieser Stände eingetreten werden. Um den weitesten Kreisen den Beitritt zu ermöglichen, ist ein ordentlicher Jahresbeitrag von nur Mk. 3.— für jeden selbständigen Gewerbetreibenden vorgesehen; es ist ferner auch den Angestellten von Handelsund Gewerbebetrieben, deren Interesse an der Abwehr in- dustrie- und handelsfeindlicher gesetzgeberischer Maßnahmen mit demjenigen ihrer Arbeitgeber solidarisch ist, der Beitritt gegen einen Jahresbeitrag von Mk. 1.— ermöglicht. Durch die konservativ-klerikale Vereinigung soll die freie Entwickel
ung unseres geistigen und geschäftlichen Lebens, auf dem die Tatkraft des deutschen Volkes beruht, eingedämmt werden. Trotz der großen Anpaßungsfähigkeit des deutschen Geschäftsmannes und der Erfolge, die er dadurch erzielt hat, geht demselben durch die bureaukratische Unfähigkeit seiner Unterhändler beim Abschluß jedes neuen Handelsvertrages ein Absatzgebiet ums andere verloren. Darum ist es dringend notwendig, daß sich Gewerbe, Handel und Industrie im Hansabuude zusammenschließen, im Interesse der Selbsterhaltung und zum Zwecke der Pflege geistiger Freiheit und nationaler Wohlfahrt.
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Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altenfteig.
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Eine wichtige Neuerung hat das soeben erschienene Gesetz betr. die Sicherheit der Bauforderungen gebracht, insofern es dem Baugewerbetreibenden ohne weiteres die Pflicht auferlegt, über jeden Neubau oder Umbau ein besonders den gesetzt. Bestimmungen entsprechendes „Bau buch" zu führen, diese Pflicht aber auch für jeden privaten Bauherrn festsetzt, wenn zu dem Bauwesen fremde Gelder (Baugelder auf Hypothek) nötig werden. Da dies wohl sehr oft der Fall ist, so ist die Pflicht zur Führung eines Baubuchs eine fast allgemeine. Sehr hoch sind die angedrohten Strafen bei ungenauer Buchführung oder bei gänzlicher Unterlassung derselben. Gefängnis bis zu einem Jahr und Geldstrafe bis zu 3000 Mk. sind hiefür angedroht. Wir wollen nicht versäumen, auf die wichtige Neuerung aufmerksam zu machen. Praktische, gesetzlich geschützte Vordrucke zum Baubuch können von der W. Rieker'schen Buchdruckerei, L. Lauk, Altensteig preiswert bezogen werden.
mit Kindern sitzen, die vermutlich froh sind, nie wieder von ihm zu hören."
Herr von Warnitz wollte wissen, wo diese Frau lebe. — In Berlin irgendwo. — Er ließ sich die Adresse geben.
„Man muß versuchen, ihm die Heimat zu erhalten, die Sehnsucht danach zu wecken. Und der Frau muß die Pflicht klargemacht werden, ihn wieder bei sich aufzunehmen, wenn er seine Strafe abgebüßt hat," war Herrn von Warnitz' Ansicht.
Als er sich von dem andern trennte, sah ihm der jüngere Mann zufrieden lächelnd nach. „Prächtiger Mann! Voller Schrullen und sogenannter moralischer und sonstiger Vorurteile, aber immer bereit, einzugreifen und zu helfen. Für die Frau wird wohl gesorgt sein, denke ich. Ein Glück, daß es mir noch einfiel, ihm davon zu sprechen. Hoffentlich geht er bald hin."
Hätte der Verteidiger Herrn von Warnitz genau genug gekannt, so hätte er das als eine Tatsache betrachtet und keine Sekunde daran gezweifelt.
Die Stube, in der die Frau mit ihren beiden Kindern hauste, lag im äußersten Norden Berlins in einem schmalen, hohen Hause unter dem Dache und unterschied sich im Grunde von der Zelle des Gefangenen nur durch die freiere Lage. Die innere Ausstattung hielt den Vergleich damit aus.
Die Kinder waren zur Schule; die Frau schien ordentlich und arbeitsam; alles sah reinlich und gut aus, sie selbst aber schwach und abgehärmt.
Mit unverkennbarem Mißtrauen sah sie den fremden Herrn an und fragte ängstlich, zurückhaltend, womit sie dienen könne.
Herr von Warnitz schob es auf ihre Besorgnis, Ungünstiges über ihren Mann zu hören, und fing sogleich an, von ihm zu sprechen. Er berichtete von
seiner Verurteilung, und sie schlug die Augen nieder, strich ihre Schürze glatt, sagte aber nichts. Sie hatte es wohl schon gewußt. „Sind Sie in Not? Fehlt Ihnen der Ernährer, oder hat sich Ihr Mann schon iängst nicht mehr um Sie gekümmert?" fragte er mitten aus seiner Rede heraus.
Sie zuckte zusammen, schwieg aber, wendete nur oen Kopf ab.
„Kann ich mich setzen? Ich bin heute viel aus den Beinen gewesen."
Sie wischte einen Stuhl mit der Schürze ab und schob ihn näher.
„Sie müssen sich aber auch setzen, gute Frau, ich möchte länger mit Ihnen sprechen. Wie steht es mit Ihrer Arbeit? Brauchen Sie etwas für die Kinder — wie steht's damit?"
Sie blieb zurückhaltend und ging auf seine Fragen nicht ein. Es sei sehr gütig von dem Herrn, aber 'ie werde schon durchkommen, sie beanspruche keine Hilfe."
Ungeduldig stand Herr von Warnitz wieder aus. In der niedrigen Dachstube erreichte sein Kopf fast die Decke, er bückte sich unwillkürlich. „Na, ich meinte es gut, aber wenn Sie allein fertig werden können, ist es ja das beste. Wenn aber Ihr Mann wieder kommt —" . . - «
Eine Bewegung und ein Laut zeigten, daß sie nicht so gleichgültig war, wie sie scheinen wollte. Sie öffnete und schloß die Hände in rascher Folge, ihre Stirn rötete sich, und sie richtete einen fragenden Blick auf Herrn von Warnitz. Er nannte den Blick bei sich hungrig. ^ „
..Fürchten Sie sich davor?" fragte er schnell.
Fortsetzung sotgr.