1l Konstantinopel, 10. Juni. Die Deputiertenkammer nahm nach kurzer Debatte einstimmig das außerordentliche Budget des laufenden Finanzjahrs an. Das Budget weist 5 325 000 Pfd. Einnahmen und 5 311638 Pfd. Ausgaben auf, darunter für Zwecke des Kriegsministeriums 3 600 209 Pfd. und für die Marine 93 911 Pfd. Der größte Teil dieser Summe ist für die Beschaffung von Geschützen und Munition, sowie für die Ausrüstung der Truppen bestimmt, Das Haus nahm sodann in 2. Lesung das Pensionsgesetz für die infolge der Reform überzählig gewordenen Beamten an.
Handel und Verkehr.
* Doruhan, 9. Juni. Viehmarkt. Dem heutigen Markt waren etwa 120 Stück aller Gattungen zugetrieben. Der Handel ging trotz des in letzter Zeit gefallenen Regens flau, da die Verkäufer an den seitherigen Preisen festhielten, die Händler zurückhielten und die Landwirte keinen Bedarf haben; die Preise waren sinkend. Schwere Ochsen waren nicht begehrt; Zugochsen wurden zu 512—636 Mk. das Paar verkauft, ältere Kühe galten 175—350, junge Kühe 263 bis 300 Mk., trächtige Kalbinnen 273—302 Mk., leere 120 bis 144 Mk., Rindle 90—108 Mk. Milchschweine waren 25 Stück zugeführt und wurden mit 42—52 Mk. pro Paar bezahlt. Kälber galten 48 bis 50 Pfg. und Mastschweine 46—48 Pfg. per Pfund lebend Gewicht.
' Calw, 9. Juni. (Viehmarkt.) Zum heutigen Markt waren zugeführt 336 Stück Rindvieh, 9 Pferde, 281 Milchschweine und 73 Stück Läufer. Der Handel in Großvieh ging lebhaft, Fett- und Jungvieh war begehrt. Verkauft wurden 32 Paar Ochsen zu 620—1285 das Paar, 32 Kühe zu 210—473 47 Kalbeln und Kleinvieh zu 120
bis 442 7 Kälber zu 60—112 — Auf dem Schweine
markt wurde bei lebhaftem Handel die gesamte Zufuhr verkauft. Erlöster Preis für Milchschweine 30—50 für Läufer 53—113 pro Paar.
* Stuttgart, 10. Juni. Der Marktverkehr Stuttgarts mit Vieh im Monat Mai stellte sich in der Einfuhr auf 2663 Rinder. 3900 Kälber, 233 Schafe und 7492 Schweine. Dem Schlachthof wurden hiervon zugeführt 2240 Rinder, 3683 Kälber, 227 Schafe und 6839 Schweine, außerdem gingen hier ein in geschlachtetem Zustand 27 Kälber und 69 Schafe. Nach anderen Marktorten ausgeführt wurden 398 Rinder, 217 Kälber, 6 Schafe und 497 Schweine.
jf Stuttgart, 8. Juni. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben: 31 Ochsen, 21 Bullen, 271 Kalbeln und Kühe 269 Kälber, 525 Schweine. Verkauft: 30 Ochsen. 17 Bullen, 188 Kalbeln und Kühe, 269 Kälber, 525 Schweine. Erlös aus Vs Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qualität, s) ausgemästete von 81 bis 82 Pfg., 2. Qual, b) fleischige und ältere von — bis — Pfg.; Bullen (Farren): 1. Qual, a) vollfleischige, von 70 bis 71 Pfg., 2. Qualität b) ältere und weniger fleischige von 65 bis 68 Pfg.; Stiere und Jungrinder 1. Qual, a) ausgemästete von 81 bis 83 Pfg., 2. Qualität b) fleischige von 78 bis 80 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 74 bis 76 Pfg; Kühe 1. Qual, a) junge gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität d) ältere gemästete von 57 bis 68 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 37 bis 48 Pfg., Kälber: 1. Qualität a) beste Saugkälber von 90 bis 92 Pfg., 2. Qualität d) gute Saugkälber von 86 bis 89 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saugkälber von 82 bis 85 Pfg.; Schweine 1. Qualität a) junge fleischige 69 bis 71 Pfg., 2. Qualität b) schwere fette von 67 bis 68 Pfg., 3. Qualität v) geringere von 54 bis 62 Pfg. Verlauf des Marktes: lebhaftst
Kurzer Getreide-Wochenbericht der Preisberichtsstelle des deutschen Landwirtschaftsrats vom 25. Mai bis 7 Juni 1909.
Es stellten sich die Preise für inländisches Getreide
am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualität, wobei das Mehr (Z-) bezw. Weniger (—) gegenüber der Vorwoche in ( ) beigefügt ist, wie folgt:
Weizen
Roggen
Hafer
Frankfurt M.
—
195(4-5)
200(—)
Mannheim
270 (-j-5)
195 (-)
195 (—)
Straßburg
265 (-^7 VI
197'T (—)
205 (-j-2' r)
Stuttgart
—
195 (Z-5)
205 (Z-5)
München
288 (—)
190 (-)
196 (-j-3)
Konkurse.
Mina Siber geb. Rieger, Witwe, Inhaberin des Gasthofes zur Post in Maulbronn. — Verkaufsverband Algäuer Käseproduzenten, G. m. b. H. in Liquidation in Kempten.
»oraurfichtlicher Wetter
am Samstag, den 12. Juni: Aufheiternd, wenige Niederschläge, mäßig warm.
Stratzerrrinematograph und Schuljugend.
Schluß.
In meinen Augen ist der Straßenkinematograph in seiner gegenwärtigen Form eines der wirksamsten Mittel, um in den ästhetischen und sittlichen Vorstellungen und Gefühlen unserer Jugend heillose Verwirrung anzurichten. Wollen wir wirklich so lange tatenlos zusehen, bis wir die Folgen zu sehen bekommen?
Und doch könnte der Kinematograph ein Volks- und Jugendbildungsmittel ersten Ranges sein.
Es gibt eine große Menge wissenswerter Vorgänge, die weder durch das Wort, noch durch das Bild, das doch nur einen typischen Augenblick der Handlung herausgreift und festbannt, so eindringlich veranschaulicht werden können als durch den Kinematographen. Solche Vorgänge und Stoffe sind z. B.: die Meeresbrandung, der Niagarafall, Tierleben auf den nordischen Vogelklippen, aufgestörte Robben auf der Flucht nach dem Wasser, wie ein Schmetterling aus der Puppe schlüpft und seine Flügel entfaltet, Torpedoboote auf hoher See, Klarmachen des Rettungsbootes bei Seenot, die Pariser Feuerwehr bei der Arbeit, im Eisenwalzwerk, Montblancbesteigung, Dattelernte u. a. m. Es sind dies alles Vorgänge, bei denen die Bewegung einen wesentlichen Teil der Sache ausmacht. Das ist das Gebiet, auf dem die Kinematographie in formaler Hinsicht ihre Vorzüge entfalten kann. In sachlicher Beziehung kämen für Volks- und Jugend bildungszwecke vor allem Vorgänge aus der Natur-, Länder- und Völkerkunde in Frage. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn in jedem Programm ein paar humoristische oder mit Zauberwirkungen ausgestattete Vorgänge, die nur der Unterhaltung oder Erheiterung dienen, eingestreut sind; nur müssen sie wirklich künstlerisch gestaltet sein. Wenn der Straßenkinematograph wirklich ein Volks- und Jugendbildungsmittel sein will, so darf er nur völlig einwandfreie — (sachlich, ästhetisch und sittlich) — und möglichst bildsame Stoffe vorführen.
Die Bildungswerte der Stoffe müssen aber auch ausgenützt werden! Zu diesem Zwecke sind schon verschiedene Vorschläge gemacht worden; am beachtenswertesten erscheint mir der folgende: Vor dem Erscheinen des Films wird aus der Reihe der zahllosen Einzelausnahmen, die zusammen ihn ausmachen, eine typische herausgegriffen und als feststehendes Lichtbild an die Leinwand geworfen. An diesem Bilde wird nun in kurzen Worten alles das erklärt, was zum Verständnis des jetzt folgenden Films notwendig ist. Die Zuschuuer können nun ihre ganze Aufmerksamkeit ungestört auf den Vorgang selbst richten.
den Schein erwecken, als könne die konunende Zeit darin ein« Aenderung mit sich bringen."
„Hast Tn das reiflich überlegt?"
„Durchaus, Mama. Je eher es dem treuen und liebenswürdigen Menschen klar wird, das; unsere Wege im Leben nicht dieselben sind, um so besser und richtiger."
Tie Freifrau fing an, ernstlich unruhig zu werden. Nur mühsam bewahrte sie eine scheinbare Gelassenheit.
„Denkst Du daran, Ellinor, daß Deine, wie unsere Zukunft von Deinem Entschluß abhängt? Du weißt, wir sind ruiniert! Ein vernichtendes Wort, das indessen genau unsere Lage bezeichnet, denn das, wovon wir jetzt leben, ist ein Gnadenbrot. Begreifst Du nicht, daß Dein Vater und ich es täglich fühlen, daß wir die Nehmenden sind, Fanny die Gebende? Macleman ist sehr reich und seine Sinnesart ist eine andere. Denke jedenfalls an Dich, wenn Tn uns vergißt. Wer weiß, ob Dir später ein ähnlicher Antrag zu Gebote steht? Kennst Du das Los eines verarmten, unverheirateten Fräuleins, das verwöhnt, mit Ansprüchen an das Leben erzogen, sich umherdrücken muß und doch überall im Wege ist? Was dann, wenn Du Dir sagen mußt: Ich habe es so gewollt. In thörichtem Eigensinn — schloß ich die Thur, als das Glück verlangend Einlaß begehrte!? -Dann heißt es: schweigen und dulden."
„Mag es so heißen, Mama, ich will es tragen, wenn es seiv muß. Jedenfalls kann dieser Gesichtspunkt mich jetzt nicht bestimmen, einen Menschen zu heiraten, den ich nicht liebe und ni< lieben werde."
„Denke über Dich und Deine Gefühle, wie Du willst", unterbrach die Freifrau sie hart und streng, „aber erinnere Dich dabei auch der Rücksichten, die Du gegen uns, Deine Eltern, zu beobachten hast. Lieben oder Nichtlieben sind Hirngespinnste, die > mir in schwachen oder krankhaft nervösen Köpfen entstehen. Ich meinte, Du müßtest wissen, daß ich mich in meinem Willen und meinen Plänen von solchen Thorhciten nicht beeinflussen lasse."
Ein leichtes Beben flog durch Ellinvrs schmiegsame Gestalt
und eine tiefe Blässe verdrängte das Glühen der Wangen. Der Blut war im Schwinden, Thronen singen an, die Augen zu verdunkeln und eine quälende Angst kroch ihr bis ans Herz; aber noch einmal zwang sie die versagende Stimme zum Gehorchen,
„Es thut mir leid, Mama, Dir nicht willfahren zu können. Es handelt sich um mein ganzes Lebensglück und da muß ich bei meiner Weigerung bleiben."
Währenddessen hatte Ellinor ihre Handarbeit zusammengelegt. Jetzt stand sie hastig ans und ohne die weitere Rede der Mutter abzuwarten, verließ sie das Zimmer.
Als die Baronin sie kurz darauf wieder rufen ließ, hieß es: Baroneß wären vorhin eiligst zur Baronin von Dahlberg gegangen. Sie kämen erst zu Tisch wieder, batten Baroneß Unterlassen/'
Die weißen Zähne der Freifrau gruben sich tief in die Lippen.
„Also steht Fanny hinter dem allen", dachte sie zornig, „Sollte zwischen uns beiden ein Tag der Abrechnung anbrechen, dann werden Geister sich messen, die keine Schonung kennen."
Elftes Kapitel.
Marga hatte das Weihnachtsfest und die ersten Wochen der neuen Jahres in dem alten, lieben Pfarrhause an der Haide verlebt. (Marga 30. Nr. 8.)
Wenn „das Kind" die kleine Bank, wie in früherer Zeit, an den hochlehnigen Sitz Onkel Pastors heran hotte und seine Hand in alter Weise über das prächtige Blondhaar glitt, während
Marga ernste und heitere Episoden aus dem bewegteren Leben draußen erzählte, dann breitete ein sonniger Glanz sich über die niedrigen Räume und über die Gemüter der drei, die weltabgeschieden. aber wunschlos die Tage miteinander verlebten.
Das stille Glück, für ihr Goldkind sorgen zu können, wie in den Jahren, da die kleine Marga ganz auf ihre Pflege angewiesen, war Tanle Ulla eine Quelle täglichen Dankes. Ebenso, daß die reine Stirn, auf die sie allabendlich einen frommen Kuß drückte,
Die dritte erzieherische Voraussetzung ist, daß Kinoer, nicht zu oft in das Kinematographentheater kommen. Werden, sie zu häufig solch starken Eindrücken ausgesetzt, so wird ihre Empfänglichkeit für feinere Reize naturgemäß abgestumpft, wie es eben bei allen rasch aufeinanderfolgenden starken Eindrücken ist. Ich glaube nicht, daß ein Kind welches wöchentlich mehrere Male mit in das Kinemato- graphentheater geschleppt wird, zum Beispiel noch empfänglich bleibt für die viel feineren Wirkungen Ludwig Richterscher Kunst. Also auch hier heißt es, weise maßhalten.
Auf die volkswirtschaftliche, technische und künstlerische Sette des Straßenkinematographenwesens will ich nicht ein- gehen, da ich nach diesen Seiten hin nur Laie bin. Mir kommt es in erster Linie auf die Heraushebung einiger erzieherischer Gesichtspunkte an. Sachverständige haben mir wiederholt versichert, daß die meisten technischen und künstlerischen Mängel, unter denen die Besucher leiden, schon heute leicht zu beseitigen seien, z. B. das lästige Flimmern, die widernatürlich hastigen Bewegungen der Figuren, die oft geradezu gräßliche Verbindung von Bild, Wort und Ton, die unkünstlerische Vermengung von Wesentlichem und völlig Nebensächlichem in vielen Films u. a. m. Ich weiß, daß aus diesen und ähnlichen Gründen vielen ästhetisch empfindenden Menschen der Kinematograph ein Greuel ist, aber mit Ignorieren und Räsonieren kommen wir nicht einen Schritt weiter; wir müssen mit dieser Kulturerscheinung rechnen und sie im Interesse der Volksbildung zu beeinflussen suchen. Die Sache ist nicht bloß deswegen wichtig, weil sie ein Volksbildungs- oder auch Volksverbildungsmittel bedeutet, sondern auch, weil auf diesem Gebiete ungeheure Kapitalien und zahlreiche Menschen arbeiten, weil das deutsche Volk tagtäglich eine beträchtliche Summe Geldes in die Kinematographentheater trägt.
Es gibt Kinematographenbesitzer, die gerne Besseres bieten würden, wenn sie dabei auf ihre Kosten kämen. Sie können nicht wie sie wollen, denn bei der großen Masse des Publikums ist die Sensation Trumpf; außerdem sind diese Unternehmer in allerhöchstem Maße abhängig von der durch eine Pariser Großfirma mit Erfolg betriebenen Monopolisierung des europäischen Filmmarktes. Da infolge der billigen Eintrittspreise, des bequemen Besuches und der Zugkraft des Vorführungsstoffes der Straßenkinematograph das Theater des Volkes geworden ist, muß sich auch die Presse dieses Gebietes mehr als bisher annehmen. Sie könnte ihr Gewicht noch ganz anders als bisher in die Wagschale werfen, wenn sie von Zeit zu Zeit durch Kritik und Belehrung den Geschmack und die Urteilskraft des Publikums auch nach dieser Seite hin zu vervollkommnen suchte. Vorläufig gilt es, alle an der Volks- und Jugendbildung beteiligten Kreise zu der Erkenntnis zu bringen, daß es höchste Zeit ist, die Entwicklung dieses Kulturgebietes kräftig zu beeinflussen und sie nicht bloß dem kapitalistisch interessierten Unternehmertums zu überlassen.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altenftetg.
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auf unsere Zeitung
„Aus den Tannen"
gemacht werden.
„keine Schuld trübte", wie sie mit Thränen der Rührung dem Neffen öfter wiederholte.
Einen Punkt hatte es jedoch gegeben, an dem man die ganze Zeit fast schweigend vorübergegangen war.
Graf Arcos bis kurz vor Weihnachten ausgedehnter Aufenthatt in: Pfarrhause wurde von Pastor Biehler nur flüchtig gestreift, und auch Marga erwähnte leichthin, daß er sich eine Zeitlang unter den Kurgästen in Woldungen befunden hatte und dann plötzlich abgereist war.
Von Tante Ulla war sein Name garnicht erwähnt worden.
Um so mitteilsamer war die alte Monika gewesen.
Wenn sie von dem jungen Grafen erzählte, der früher so krank gewesen und jetzt „blühte wie das liebe Leben", dann wurde sie beredt und konnte selten den Schluß finden.
Dem lauschenden Ohre klang es angenehm, daß der Gast just so leutselig gewesen wie der LaudeSfürst selber und noch schöner als der alte Heide, der unter den Bildnissen beim Herrn Pastor stände, und von dem Fräulein Ulla gesagt, er sei der schönste Mann seiner Zeit gewesen, und daß er „Adonus" geheißen hätte.
In den letzten Tagen des Januar war Marga, von Tante Ullas Jugendfreundin Barbara Kegelriedner, oder wie sie von allen genannt wurde, „dem Mnhmchen", begleitet, wieder abgereist, um in einer größeren Stadt in einer Reihe von Konzerten mitzuwirken. . -
Noch zwei Abende hatte die junge Künstlerin zu singen, dann waren die Verpflichtungen hier zu Ende, aber ander« Verträge banden sie längere Zeit.
Es war ein stiller, srosttlarer Fcbrnarabeud. Der Schnee schimmerte im Glanz des Vollmondes und knirschte unter den Rädern, daß es sang.
Marga hatte daraus bestanden, den kurzen Weg von der Wohnung bis zum Lonzertbause m Fuß zurückzulegen.