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Fernsprecher Nr. 11.
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Reklamen 16 Pfg; dt« Textzeile.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.
«s. 134.
Ausgabeort Alteusteig-Stadt.
Samstag, de« 12. Juni.
Amtsblatt für Pfalzgrafeuweiler.
1SVS.
Amtliches.
Durch Verfügung des Justizministeriums vom 8. Juni 1909 ist das Amt eines öffentlichen Notars in Freudensradt dem Rechtsanwalt Jgelan Freudensradt übertragen worden.
Dis Konfrrsnz der Firrarrzministsr des Bundesstaaten.
Die Schwierigkeiten der Reichsfinanzreform sind so groß geworden und in ein so kritisches Stadium gerückt, daß die Reichsregierung ihre Stellung zu den Steuerfrageu offenbar noch einmal im engsten Gedankenaustausche mit den Finanzministern der deutschen Bundesstaaten klären und festigen will. Deshalb ist eine Konferenz der Finanzminister der deutschen Bundesstaaten in Berlin zusammengetreten, und es wird sich dabei nicht nur um die Klärung der Stellung des Bundesrates zu der Reichsfinanzreform, sondern auch um die Haltung des Bundesrates zu den neuesten Vorschlägen der Finanzkommission zur Finanzreform handeln. Dabei scheint aber die eigentliche Ursache für die Konferenz der Finanzminister der Bundesstaaten darin zu bestehen, daß die Reichsregierung im Bezug auf ihre Stellung zu den Vorschlägen der Finanzkommission nicht in vollen: Einklänge mit den Regierungen der Bundesstaalen sich befindet, denn die Bundesstaaten, zumal Bayern, Sachsen und Württemberg, verhalten sich voraussichtlich ablehnend gegen alle diejenigen Vorschläge von Besitzstenern, die als Eingriffe in die den Bundesstaaten allein vorbehaltene Einkommenssteuer betrachtet werden müssen, und will man in dieser Hinsicht im Interesse der Reichsstnanzresornr nur eine Ausnahme mir der Reichserbschastssteuer machen, an welcher der Bundes- rat festhält. Auch die Vorschläge der Finanzkommission im Bezug auf die Einführung einer Mühlenumsatzsteuer, eines Kohlenausfuhrzolles und einer Besteuerung der Wertpapiere und Dividenden werden voraussichtlich vom Bundesrate nicht angenommen werden, und die als eine Ergänzung des Bundesrates anzusehende fachmännische Konferenz der Finanzminister der Bundesstaaten dürfte in dieser Hinsicht nur dazu berufen sein, die politischen und finanziellen Bedenken der Bundesstaaten gegen die Einführung gewisser Steuern noch weiter zu bekräftigen. Da nun aber der Reichstag am 15. Juni seine Beratungen fortsetzt und die Reichsfinanzreform möglichst in diesen: Sommer beendet werden soll, so wird es außerordentlich wichtig sein, daß die Reichsregierung am 15. Juni dem Reichstage ein revidiertes, aber im übrigen fertiges Programm für die Reichsfinanzreform vorlegt, damit überhaupt parlamentarisch nunmehr eine glatte Arbeit ermöglicht wird. An eine rasche und glatte Reichsfinanzreform glaubt ja allerdings nach den bestehenden Steuerprojekten niemand, und wenn die Reichsfinanzreform überhaupt in diesem Sommer fertig werden soll, so ist dies nur auf dem Wege einer entgegenkommenden Verständigung möglich, und zwar durch eine Verständigung, die mehr zwischen den Liberalen und den Konservativen, als zwischen der Regierung und den Parteiei: stattzufindei: hätte, denn der ganze Kampf um die Reichsfinanzreform hat die politisch sehr wichtige Tatsache gezeitigt, daß die liberalen Parteien mehr das Finanzprogramm der Regierung unterstützen, als die Konservativen, denn die liberalen Parteien wollen ja bis zu 400 Millionen Mark indirekte Steuern von dem Konsum bewilligen, wenn etwa 100 Millionen Mark Steuern auf den Besitz und besonders auf die Erbschaften gelegt werden, die Konservativen erschweren aber durch ihre « Ablehnung der Erbschaftssteuer die Durchführung des Regierungsprogramms und der Reichsfinanzreform überhaupt. Die Verständigung auf eine ermäßigte Erbschaftssteuer und deren Ergänzung durch eine andere annehmbare Besitzsteuer erscheint daher als die wichtigste Aufgabe in der Reichs- finanzreform, und zur Lösung derselben soll wohl auch die Konferenz der Finanzminister der Bundesstaaten beitragen.
Tagespolitik.
Am Samstag tritt die Fi nan z komm i s sio n des Reichstags noch einmal zu einer Sitzung zusammen, um den Bericht über ihre Leistungen festzustellen. Werden Freisinnige und Nationalliberale, die den Kommissions-Verhandlungen kurz vor Pfingsten fernblieben, an der Sitzung teilnehmen? Ja, sie werden es tun, um zu beweisen, daß
sie nach wie vor gewillt sind, an dem Zustandekommen des Reformwerks mitzuarbeiten. Die Vertreter der genannten Parteien verweisen auf ihre früher abgegebene Erklärung, daß sie lediglich wegen Verletzung der Geschäftsordnung an der Beratung der neuen Steueranträge nicht teilnehmen.
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Es verlautet, daß zur Vorlage in: Reichstag gelangen: Die Entwürfe des Erbanfallsteuergesetzes, der Reichswertzuwachssteuer auf Immobilien und eine Erhöhung der Börsensteuer um etwa 30 Millionen. Es heißt ferner, die meisten Anträge der Kommissionsmehrheit bezüglich der indirekten Stenern, ausgenommen den Kohlenausfuhrzoll und die Mühlenumsatzsteuer, würden akzeptiert oder mit Notifikationen als Regierungsvorlage eingebracht.
Die Teilnahme an der Abwehr - Versa m mlung deutscher Banken, Industrieller u s w., die am Samstag im Zirkus Schumann zu Berlin stattfindet, wird eine ungewöhnlich große sein. Ans dem ganzen Reiche werden Vertreter zu dieser Versammlung in der Reichshauptstadt erscheinen. — Es wird sich, wie laut Köln. Ztg. schon jetzt gesagt werden kann, ein einmütiger, entschiedener Protest erheben, nicht nur von Industrie und Handel, Bank und Börse. Der Protest wird unterstützt sein auch aus dem Handwerk, dem Mittelstand, aus Beamtenkreisen usw. Es sind bereits mehrere Tausend von Eintrittskarten, die aus den Namen ausgestellt werden, infolge der Anmeldungen ausgegeben worden. Alle größeren und wichtigen Verbände beteiligen sich so einig, wie noch kaum jemals dagewesen, an dieser elementaren Abwehraktion. Als Redner fungieren nicht nur Vertreter des Handels und der Industrie, sondern es werden auch der Essener Landrat und der Ehren-Ober- meister der Berliner Tischlerinnung das Wort ergreifen.
Die liberalen Klubs Englan.ds bereiten eine Petition an die Regierung vor, in der sie gegen den Besuch des Zaren in England Einspruch erheben. Die „Daily News", die Wortführern: dieser zarenfeindlichen Bewegung, veröffentlicht spaltenlange Proteste gegen den Besuch. Ein Einsender schreibt: Sollte der Zar sich einfallen lassen, nach London zu kommen so werden alle Bewohner aufgefordert werden, zu demonstrieren und dem Zaren ihre Abneigung deutlich zu zeigen. Andere schlagen vor, amTage der Ankunft des Zaren schwarze Rosetten zu tragen und schwarze Fahnen von den Häusern wehen zu lassen. Ein Schriftsteller schreibt: Der Besuch des Patrons der Schwarzen Hundert sei eine nationale Beleidigung.
Die Presse-Vertreter aus den englischen Schutzgebieten, werden von den englischen Ministern auf dem in London ftattfindenden Presse-Kongreß gründlich bearbeitet. Nach dem früheren Premierminister Roscbery. der Flvttenrüstungen bis zum letzten Mann und Schilling verlangt, stieß der gegenwärtig im Amte befindliche Minister des Auswärtigen Sir Edward Grey in das gleiche Horn. England müsse weiter rüsten, wie groß auch die Kosten sein mögen, und dürfe sich von niemandem ins Hintertreffen drängen lassen. Im Sinne des Ministers des Auswärtigen Grey äußerten sich auf dem Kongreß dann noch mehrere andere Minister und Vertreter der Kriegsmarine. — Die Londoner Blätter, unter denen konservative und liberale in der Flottenfrage kaum noch einen Unterschied machen, beschreiben den Presse-Kongreß als dieNerven des Reiches, die intensiver empfinden als der übrige Körper und diesem die erhaltenen Eindrücke sofort bis in die entferntesten Teile vermitteln. Und das ist in der Tat aufs gründlichste geschehen. Die Presse-Vertreter haben ihren Blättern in Kanada, Neufundland, Australien, Neuseeland, Afrika, Indien und allen den übrigen britischen Kolonien die Not des englischen Mutterlandes und die wilden Eroberungspläne Deutschlands telegraphisch in den grellsten Farben geschildert. — Die Londoner Blätter aber faseln von dem „Schweigenden Kriege", dem geräuschlosen, mit den Waffen der Diplomatie geführten Kampfe, durch den Englands maritime Vorherrschaft unterminiert werden solle, von der S> lle vor dem Sturm und andere greulichen Dinge!! G n dieses frivole Spiel gibt es kein Mittel.
Mehr als 100 englische Geistliche, die in Berlin eingetroffen sind, setzen, derweil ihre Minister blutige Kriegsreden in die Welt hineinfchmettern, das Werk der deutsch-englischen Annäherung fort!
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In Persien herrscht zurzeit Ruhe. Es wird gemeldet, daß die Revolutionäre überall eine abwartende Haltung beobachten und verschiedentlich sich zurückziehen. Man wird abwarten müssen, was diese Ruhe bedeutet. Entweder ist es die Ruhe vor dem Sturm, oder aber die des Kirchhofes, die das Regiment der Russen zu schaffen verstanden hat.
Landesnachrichten.
Alterrsteig, II. Junt.
* Heute, an: 11. Juni, dem Geburtstag des im Jahre 1889 verstorbenen Kaufmanns Karl Henßler trat die Stiftung in Kraft, die sein in Lyon verstorbener und hier begrabener Sohn zu seinem ehrenden Gedächtnis eingesetzt hat. Schulkinder sangen an verschiedenen Plätzen der Stadt einige Liederverse unter Leitung von Oberlehrer Geh ring. Als erstes Lied war in sinniger Weise gewählt worden:
Der Pilger aus der Ferne Zieht seiner Heimat zu;
Dort leuchten seine Sterne,
Dort sucht er seine Ruh.
Diese Sitte, vor den Häusern durch Kinder singen zu lassen, ist vielleicht manchem nur durch die Jugend Luthers bekannt, der ja auch in Eisenach als armer Schüler bei der „Kurrende" mitsang; sie ist aber auch heute noch an vielen Orten üblich, z. B. in Berlin, Halle a. S., auch Tübingen. Es war darum von dem verstorbenen Karl Henßler ein schöner Gedanke, dieser alten Sitte auch hier eine Heimstätte zu schaffen, das Andenken an seinen Vater in dieser Weise zu ehren und zugleich den Kindern durch die damit verbundene reiche Entschädigung eine Freude zu machen.
js Reutlingen, 10. Juni. Wegen Sittlichkeitsvergehens wurde ein 61 Jahre alter verheirateter Webmeister heute früh verhaftet und ans K. Amtsgericht eingeliefert. Der Mann mußte schon gestern abend Wind von seiner bevorstehenden Festnahme bekommen haben, denn er sprang in der Nähe der Gminderschen Fabrik auf der Säge in selbstmörderischer Absicht in den Echazkanal, konnte aber dem nassen Element entrissen werden, bevor er seinen Zweck erreicht hatte.
js Tübingen, 10. Juni. Die Frequenz junserer Universität ist außerordentlich gestiegen. Immatrikuliert als Studenten sind 1927 (9 Damen) gegen 1647 im letzten Wintersemester und 1783 im Sommersemester 1908. Als Hörer eingeschrieben sind 141 (80 Damen). Die Gesamtfrequenz beträgt also 2042 gegen 1778 im Wintersemester und 1891 im Sommersemester 1908. Württemberger sind 1106, Deutsche 482, Ausländer 33. Auf die Fakultäten verteilen sich die Studierenden wie folgt: Evangelisch-theologische Fakultät 330, katholisch-theologische 185, juristische 426, medizinische 301, philosophische 311, staatswissenschaftliche 132, naturwissenschaftliche 236.
js Stuttgart, 10. Juni. Im Verlag von Gustav Hölbe in Heilbrom: ist eine Rechtfertigungsschrift des früheren türkischen Marineministers Hassan-Ra mi- Pascha erschienen, die W. Edm. Ruff in Neckarsulm ins Deutsche übertragen und mit einem Vorwort, sowie mit einer Nachschrift versehen hat. Es ist die Rechtfertigungsschrift, die Hassan-Rami-Pascha an den Präsioenten des türkischen Abgeordnetenhauses eingereicht hat in der Absicht, seine Amtsführung zu verteidigen und sich von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu reinigen. Der Pascha wollte, daß auch seinen deutschen Freunden die Schrift zur Kenntnis gebracht werde. Daher die Uebersetzung. Hassan-Rami ist, wie erinnerlich, seiner Zeit auf Grund der Beschuldigungen, gegen die er sich nunmehr rechtfertigt, verhaftet und seines Amtes entsetzt worden.
js Stuttgart, 10. Juni. Auch die Droguisten regen sich gegen die neuenSteuerpläne, die von der Rumpfkommission des Reichstages zutage gefördert wurden. Wie wir hören, hat anläßlich der Eröffnung einer Fachausstellung des deutschen Droguistenverbandes von 1873 E. V. in Halle, zu der aus Stuttgart auch die Herren Thurmayer und Dr. Neudeck erschienen waren, eine Protestversammlung die beabsichtigte Besteuerung von Riech Mitteln und