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1877.
AsssßrÄck LLgttctz «tt NrisvsH»« der Kswr« »ad Festtage.
Gezrrgspreir für das Vierteljahr jA Bezirk nnd MchsarartSveckehr Mk. 1.25.
mrSerhalb Mk. 1.85
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Fernsprecher Nr. 11.
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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den GberamLsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.
Kr. 130.
Ausgabeort Altensteig-Stadt.
Dien-tag, de» S. Juni.
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
1909.
Zinn des deutschen Volkes dieses Programm steuerlicher Gerechttgkei! sich zu eigen machen wird.
Tagespolitik.
Am Dienstag treten nun die Finanzminister der Einzelstaaten in Berlin zusammen, um sowohl die Steuervorschläge der Finanzkommission wie die Ergänzungsvorlagen des Reichsschatzsekretärs Sydow zu prüfen. Es wäre wünschenswert, daß die Oeffentlichkeit, die nun gerade lange genug in Erregung gehalten worden ist, so schnell wie möglich über die bei dieser Gelegenheit gefaßten Beschlüsse in Kenntnis gesetzt würde. Tie immer wieder auftauchenden Gerüchte, Schatzsekretär Sydow gedenke seineü Posten zu verlassen, werden von der „Nat. Ztg." ausdrücklich für völlig grundlos erklärt. Ebenso gewiß sind aber auch die andern Angaben aus der Luft gegriffen, nach denen Fürst Bülow nur durch den Widerstand der süddeutschen Bundesregierungen gehindert werde, die der Regierung von Konservativen und Zentrum angebotenen neuen Steuern zu akzeptieren und aus die Erbanfallsteuer zu verzichten. Es ist doch klar, daß gerade der Reichskanzler das größte Interesse daran hat, die Ftnanzreform von dem Block, seiner ureigensten Schöpfung, gemacht zu sehen. Ter Reichskanzler ist mit den einzelstaatlichen Regierungen in der Reformfrage offenbar durchaus einer Meinung.
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Wie wenig sich die Reichspartei zu dem neue n schwarzen Block rechne!, geht sehr deutlich aus einigen Bemerkungen der „Post" hervor, die das Blatt, anknüpfcnd an die Mahnung der „Köln. Volksztg.", jedem Kanzler, auch dem bestempfohlenen, mit Reserve gegenüberzutreten, und ihm mit dem äußersten Mißtrauen zu behandeln, bringt. Tie „Post" schreibt nämlich: Deutlicher kann nicht gut die wahre Natur des Zentrums verraten werden. Jeder Kanzler hat also nach der Pfeife des Zentrums zu tanzen, wenn er das ihm prinzipiell entgegengebrachte Mißtrauen überwinden will. Ein anderes Interesse hat das Zentrum weder am Kanzler, noch am deutschen Reiche, als daß dort konfessionelle Politik getrieben werden soll, wie sie das Zentrum und seine Auftraggeber ultra wontss vorschreiben. Wenn einer solchen Politik, tür die das deuische Reich und seine Regierung nur ein Objekt klerikalen Nachstrebens ist, der Sieg über die Bundesregierungen gelingen sollte, dann kann das nur zu einem Ruin konservativer Staatsgrundsätze führen. Die Sozialdemokratie würde ernten, was dis Monarchie verliert.
In ihrem Wochenrückblick wendet sich die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" mit ausführlicher Begründung sehr scharf gegen die von der Fi n an z k o m m i s s i o n beschlossene Kotier ungs- und Mühlenumsatzsteuer und den Kohlenausfuhrzoll als ungerechte nnd zum Teil als Sondersteuer oder Gewerbesteuer wirkende Belastungen. Auch bezeichnet das offiziöse Blatt es als bedenklich, wenn von der Kommission in den Finanzgesetzentwnrf neue materielle Steuervorschristen hineingearbeitet würden, die mit den Vorschlägen der Regierung nicht Zusammenhängen. Der Artikel, in dem auch die vom Reichsschatzsekretär in der Kommission vorgebrachten Bedenken nochmals im Stenogramm Annahme gefunden haben, schließt: Die Finanzreform, die bereits erhebliche Lasten für alle Volkskreife bedeutet, darf nichr noch mit Bestrebungen bepackt werden, die — mögen sie auch zum Teil populären Ideen entfließen — bezüglich ihrer Wirkungen sehr bestritten und keinesfalls bereits völlig geklärt sind. Was Deutschland zur Zeit braucht ist eine Finanzreform. Je länger die Beschäftigung mit der Finanz- Reform dauert, desto mehr stell! sich heraus, daß der ur- 'vrünglich betretene Weg der richtige war, und jeder neue Vorschlag die Gefahr mit sich bringt, in die Irre zu führen. Die verbündeten Regierungen haben sich nicht davon überzeugen können, daß an die Stelle ihres Planes, den Besitz durch eine Besteuerung der Erbschaften heranzuziehen, etwas besseres gesetzt werden könne. Sie werden daher, ausschließlich durch sachliche Motive geleitet, an ihrem Plane festhalten, zum Ausgleich für die der Allgemeinheit ohne besondere Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit auferlegten Abgaben eine progressiv gestaffelte Erbschaftssteuer einzuführen, und werden auf sonstige Besitzabgaben nur insoweit wieder zurückgreifen, als die Umgestaltung der Nachlaß- in eine Erbanfallsteuer die ursprünglich vorgesehenen Beträge vermindert. Sie vertrauen darauf, daß der gesunde
Wie es bei dem Ernst der Situation nur natürlich ist, empfängt Fürst Bülow in diesen Tagen zahlreiche einflußreiche P a r l am e n t a r ie r zu Besprechungen über die Reichsfinanzreform. Die verbünderen Regierungen und der Kanzler sind fest entschlossen, die letzten Beschlüsse der Finanzkommission, insbesondere die Kotierungssteuer und die Mühlenumsatzsteuer, wie auch den Kohlenausführzoll auf dctt schärfste zu bekämpfen und als ebenso ungerechte wie unmögliche Gefährdung des gesamten wirtschaftlichen Lebens abznlehnen. Zu dieser scharfen Ablehnung bedurfte es nicht erst der Proteste aus den besonders interessierten Kreisen. Die Einbringung der Ersatzsteuern wird unmittelbar nach der Konferenz der einzelsraatlichen Finanzministsr anfangs nächster Woche erwartet.
Die Nachricht von der Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit dem Zaren wird von der Pariser Presse vorläufig mit einer Zurückhaltung ausgenommen, die fast einen ettvas gesuchten Eindruck macht. Entgegen anderen Nachrichten glaubt der Korrespondent des „Echo de Paris" feststellen fu können, daß die Zusammenkunft keine Aenderung der russischen Politik bedeuten werde. Der „Gaulois" bemerkt, daß Deutschland offenbar von der militärischen Schwäche Rußlands Nutzen ziehen wolle, und daß die Entrevue bezwecke, Rußland von seinem französischen Alliierten zu trennen. Dazu komme die drohende Aufrollung der Kretafrage, wodurch der politische Horizont sich wieder verfinstert habe. — Nach einer Meldung des „Berliner Lokal-Anzeigers" aus London benutzen mehrere englische Blätter vom Schlage deS „Standard" die Zusammenkunft des Kaisers mit dem Zaren zu Ausfällen gegen Deutschland, Rußland nnd zum Teil die Politik der eigenen Regierung. So findet der „Standard" die schärfsten und bittersten Worte, um den Russen vorzuhalten, wie schwer und wie grausam sie durch Deutschlands unentwegte Unterstützung Oesterreich-Ungarns in der bosnischen Frage beleidigt worden seien. Das Blatt meint, der deutsche Kaiser habe nachträglich Angst bekommen, daß Rußland sich dereinst rächen werde. Mit dem wieder gekräftigten und neu ausposaunten Dreibund werde in Wirklichkeit nichts. Aus jeder Zeile des Artikels spricht Erbitterung und Aerger und der Wunsch, in Petersburg vernommen zu werden, und das russische Volk gegen Deutschland anzustacheln. Der „Morning Leader" warnt vor dem angekündigten Zarenbesuch in England. Eins sei sicher, der Traum einer Tripel- Entente werde sich nicht eher verwirklichen, als bis Rußland sich von dem autokratischen Regierungssystem befreit habe. Das Blatt verurteilt aufs schärfste die Politik Sir Eduard Greys, der seit 3 Jahren diesem Phantom einer Tripel-Entente nachrenne und doch nur erreicht habe, daß sich Rußland jetzt Deutschland und Oesterreich in die Arme werfe.
Der Casablanca-Zwischenfall in durch das Haager Schiedsgericht zwar endgültig beigelegt; die deutschen Deserteure der Fremdenlegion, die der Anlaß des Zwischenfalls waren, gehen noch ihrer Bestrafung entgegen. Sobald der Kommandant der französischen Marokko-Truppen den Haager Schiedsspruch in Händen hat, soll das Kriegsgericht in Casablanca zusammentreten und die armen Teufel von Deserteuren aburteilen. Nach den neuerlichen Grundsätzen der französischen Kriegsgerichte haben auch diese Deserteure einem harten Urteil entgegenzusehen.
Nach der Frkf. Ztg. wurde am letzten Samstag die Streitfrage betr. die Orientbahnen in ihrer ganzen Ausdehnung erledigt. Die Pforte verpflichtete sich, an die Betriebsgesellschaft für das Betriebsrecht des ostrumelischen Netzes 2lst o Millionen Francs aus der bulgarischen Indemnität zu zahlen. Die Gesellschaft verzichtet auf alle ihre Reklamationen aus den Streitfragen des alten Schiedsgerichts, dafür erhält sie eine Erhöhung ihres Anteils an den Bruttoeinnahmen über 10 833 Francs pro Kilometer von 55 auf 70 Prozent. Die Gesellschaft wird aus der bisherigen österreichischen in eine ottomanische Gesellschaft umgewandelt.
Petersburger Depeschen zufolge wächst in Persien die Enirüstung über die diktarorische Haltung der russischen Truppen, denen Annekttonsabsichlen zugeschrieben werden. Zahlreiche Monarchisten in Täbris boykottieren die russischen Geschäfte nnd kaufen dafür bei den Engländern und Deutschen.
Lemdesnachrichten.
Alterrsteig, 7. Juni.
* Tie hiesige Stadtpfarrstelle wird im letzten Staatsanzeiger zur Bewerbung ausgeschrieben.
js Nun kommt die Zeit, wo gefährliche Gewitter an der Tagesordnung sind. Für manche mag es daher gut sein, einiges zu erfahren, wie man sich bei einem Gewitter zu verhalten hat. Jedermann ist bekannt, daß der Blitz in der Regel in die höchsten Gegenstände einschlägt. Befindet sich nun während eines Gewitters irgend ein lebendes Wesen, sei es nun Mensch oder Tier, auf freiem Felde, so bilden sie den höchsten Gegenstand für diese Fläche. Ist also beim Anzug eines Gewitters jemand auf dem Felde, so mache er schleunigst, daß er nach Hause komme. Sollte ihm das nicht mehr möglich sein, so ist es das Beste, sich direkt auf den Boden zu legen, aber nie in der Nähe eines Baumes, Strauches oder auch Streuhausens nnd dergleichen, sondern etwa 10 Schritte von jedem höheren Gegenstände entfernt. Unter derartigen Gegenständen Schutz zu suchen, ist sehr gefährlich, wie oft es in Bäume oder auf Streuhausen einschlägt, dafür braucht man wohl kein Beispiel anznföhren. Beim Heimgehen trage man nicht etwa eine Gabel oder Rechen n. dergl. mit, sondern lasse sie liegen, bis das Gewitter vorüber ist. Wenn da eine Gabel oder Schaufel über die Schulter emporragt, so bilden diese Spitzen für den Blitz sehr gefährliche Anziehungspunkte. Laß sodann nie während eines Gewitters läuten. Im Zimmer selbst stelle dich nie neben eine Telephon- oder Wasserleitung, auch nie an ein Fenster oder an eine Türe. Gefährlich sind die Fenster namentlich, wenn eine Dachrinne oder ein Blitzableiter in der Nähe angebracht sind. Am besten hält man sich in der Mitte des^ Zimmers auf. Wohl mancher hätte vielleicht schon großes Unglück vermeiden können, wenn er diese einfache Vorsichtsmaßregeln beachtet hätte.
* Freudenstadt. 6. Juni. In der Gemeinderatssitzung vom 3. ds. gab es eine bemerkenswerte Eisenbahndebatte, welche sich auf das Projekt Pfalzgrafenweiler bezog. Der „Grenzer" berichtet hierüber folgendes: „Gemeinderat Nestlen fragt an, ob es richtig sei, daß die Stadt seinerzeit der K. Eisenbahnverwaltung ein größeres Areal beim Stadtbahnhof gegeben habe gegen das Versprechen, daß die Eisenbahn von Pfalzgrafenweiler dort einmünde. Die Eisenbahnverwaltung verpachte das Feld teuer, mit der Bahn sei es aber bekanntlich nichts. Man solle Schritte tun, um das Feld wieder zurückzuerhalten. Gemeinderat Haas sagt, daß der Landtagsabgeordnete des Bezirks veranlaßt werden solle, dafür zu sorgen, daß die Bahn wenigstens in den Hauptbahnhof einmünde und nicht in kleine Ortschaften, das gleiche solle geschehen mit der projektierten Bahn Dunningen-Loßburg. Der Vorsitzende bestätigt, daß bei der Erbauung der Sekundärbahn Freudenstadt-Klosterreichenbach die Bestimmung verbunden worden sei, daß die Bahn von Pfalzgrafenweiler beim Stadtbahnhof einmünde. Inzwischen seien aber von anderer Seite krampfhafte Anstrengungen gemacht worden, um die Bahn von hier abzulenken. Namentlich werde gesagt, für die K. Forstverwaltung sei es günstiger, wenn die Bahn nicht direkt nach Freudenstadt gehe, sondern nach Dornstetten, wo sie einen größeren Waldkomplex habe. Also ein fiskalisches Interesse, das neuestens von der Eisenbahnverwaltung in den Vordergrund gestellt werde. Gemeinderat Blaicher meint, die Forstverwaltung sollte doch mehr Interesse haben für den Anschluß nach Freudenstadt, da der Holzverkehr hauptsächlich durchs Murgtal gehe."
* Calw, 6. Juli. Am Donnerstag nachmittag wurde das alljährige allgemeine Kinderfest abgehalten. Der Festzug begann um 2 llhr. Es nahmen 1200 Volksschüler und 1600 Schüler höherer Schulen nebst 500 Handelsschüler teil. Auch bekränzte Wagen waren im Zug, sowie ein jugendliches Trommlerkorps und die Stadtmusik. Es ging auf dem Festplatz recht lebhaft zu, bis gegen halb 6 Uhr der Regen eintrat nnd alles auseinandertrieb.