Hebung des Verbotes der Preisfestsetzung einzutreten. Rem- bold-Gmünd (Ztr.) begründet den Zentrumsantrag, daß 8 100 q der Gewerbeordnung dahin abgeändert werde, daß die Innung berechtigt ist, für gleichbleibende Leistungen mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde Mindestpreise festzusetzen. Der Antrag Hiller und Genossen gehe entschieden zu weit. Augst (Vp.): Wenn man diabolisch sein wollte, dann könnte man dem Antrag Hiller zustimmen, der gleichbedeutend wäre damit, daß die Zwangsinnungen in aller Bälde in die Luft fliegen würden. Der Antrag des Zentrums hebe sich verhältnismäßig noch günstig ab, berücksichtige aber auch nicht die Verhältnisse. Minister v. Pischek: Auch er könne sich weder für den einen noch für den andern Paragraphen begeistern. Häffner (D. P.) .betont, daß die ganze Frage nicht zur Zuständigkeit des Landtags gehöre; sondern sie gehöre vor den Reichstag. Feuerstein (Soz.): Den Anträgen müsse man einUnmöglich" entgegenhalten. Bauernbund und Zentrum wollen hinter die Gewerbefreiheit zurückgehen; die Sozialdemokratie wolle über die Gewerbefreiheit hinaus, was er in speziellen Ausführungen begründet.

Landesnachrichten.

Attensteig, 3S. Apiil.

Wir möchten nicht versäumen, unsere Leser auf die Veranstaltung des hiesigen Turnvereins am Sonntag abend von 7 Uhr ab imgrünen Baum" aufmerksam zu machen. Nach dem vorgesehenen Programm aus dem der aufzu­führende Schnitterreigen, turnerische und humoristische Dar­bietungen besonders hervorzuheben sind, dürfte ein unter­haltungsreicher Abend in Aussicht stehen und der Besuch zu empfehlen sein. (Siehe auch Inserat.)

' Stuttgart, 22. April. Die sozialdemokratische M a i- seier beschränkt sich Heuer auf Feiern, die am Samstag abends in vier größeren Lokalen stattfinden.

js Stuttgart, 22. April. Interessant ist der Bericht des Ortskrankenkassenverbands für das Jahr 1908. Er konstatiert, daß der schlechte Geschäftsgang das ganze Jahr über angehalten hat, daß aber für das laufende Jahr infolge der billigeren Gelder ein Wiederaufleben des Bau­gewerbes und damit eine Hebung der allgemeinen wirtschaft­lichen Lage sicher zu erwarten ist. Ter Kampf mit den Stuttgarter Krankenkafsenanstalten hat eine Mehraufwendung von 142000 Mk. bis auf 473 576 Mk. notwendig gemacht. Die Einnahmen bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse betrugen 3 353 282 Mk., die Gesamtbeiträge 2 821 877 Mark. Der Mitgliederstand war im Durchschnitt 41 249 männliche und 17 054 weibliche. Erwerbsunfähig krank waren 30 975 männliche mit 600 797 Tagen und 13 111 weibliche Mit­glieder mit 314 543 Tagen.

' Leonberg, 22. April. Am Sonntag, den 9. Mai d. I. findet hier im Gasthof zur Sonne von 2 Uhr ab die Generalversammlung des Vereins ehemaliger Leonberger Winterschüler statt, wobei Dr. Fingerling-Hohenheim über dieStickstoffdünger" und Landw. Inspektor Ströbele über Verfütterung von Zuckerfuttermittel" sprechen werden.

js Backnang, 22. April. In Oberbrüden ist ein 74- jähriger Mann von der Treppe gestürzt und war sofort tot. Wie es scheint hat ihn beim Hinaufsteigen ein Schlaganfall ereilt.

js Gönningen, 22. April. Schreiner Reiber besitzt zur Zeit junge Bernhardiner-Hunde. Sein Nachbar Gustav Scheurer, wollte diese besichtigen. Die Hündin fuhr auf und biß Scheurer so stark in die Oberlippe und Wangen, daß er nach Tübingen verbracht werden mußte.

js Ulm, 22. April. Die diamantene Hochzeit begehen am Sonntag das Ehepaar Leonhard und Margareta Löw in Hörvelsingen. Der Mann ist 89, die Frau 87 Jahre alt.

ss Berlin, 22. April. In der heutigen Sitzung des Bundesrats wurde dem Abkommen zwischen dem deutschen Reiche und den Vereinigten Staaten von Amerika betr. den gegenseitigen gewerblichen Rechtsschutz Zustimmung erteilt.

Ausländisches.

ss Wien, 22. April. Die österreichische Regierung hat dem ungarischen Kabinett mitgeteilt, daß sie aus prinzipiellen und technischen Gründen die vorgeschlagene Errichtung einer Kartellbank ablehne. Die ungarische Regierung hat die Antwort zur Kenntnis genommen. Der Kaiser hat heute Mittag den ungarischen Minister des Innern, Grafen Andrassy empfangen.

js Petersburg, 22. April. Aus dem allslavischen Kongreß erging man sich in heftigen Schmähungen gegen Deutschland mit Ausnahme des früheren Ministerge- gehilfen Grako, der ein deutsch-russisches Bündnis empfahl.

Dis Anerkennung Bulgariens.

* Paris, 22. April. Frankreich hat im Einvernehmen mit England beschlossen, die Unabhängigleit Bulgariens im Grundsatz anzuerkennen. Die Veröffentlichung der Anerken­nung, die noch von der vorherigen Erledigung einiger Forma­litäten abhängig ist, dürfte wahrscheinlich erst in 24 oder 48 Stunden erfolgen.

* Sofia, 22. April. Nach Rußland haben sich auch Serbien und Rumänien beeilt, durch Glückwunschtelegramme der Herrscher und offizielle Besuche ihrer Vertreter beim Ministerpräsidenten das Königreich anzuerkennen.

Aufruh* i« d<r Türkei.

Bor der Entscheidung.

Konstantinopel, 22. April. Die Minister und die Hof­kreise versichern fortgesetzt, daß die Verstä nd igu n g zwischen der Regierung und der Leitung des makedonischen Komitees eine vollzogene Tatsache sei. Doch scheint es, als ob die Lage sich wieder

zn Ungunsten des Sultans verschoben

hätte, da die bei den Truppen in San Stefano befindlichen jungtürkischen Führer ihren Einfluß geltend machen.

Konstantinopel, 22. April. Unter den dem Sultan Ab­dul Hamid durch den Großwesir übermittelten Vorschlägen der makedonischen Armeechess sollen sich auch die befinden, daß der Sultan eine mehrmonatliche Reise unternimmt. Für die Dauer seiner Abwesenheit soll eine aus jung­türkischen Elementen bestehende Regentschaft unter Reschads Vorsitz die Geschäfte führen. Gerüchtweise verlautet, der Großwesir Tewfik Pascha wird am Samstag de­missionieren. Die Situation scheint für den Sultan kritisch, seine Zukunft sehr unsicher zu sein. Es sind alle Eventualitäten zu befürchten. Andererseits ist zu konsta­tieren, daß der Sultan in der Masse der Bevölkerung großen Anhang besitzt, besonders in den niederen Klassen. Aeußerlich herrscht Ruhe. Seit der Proklamation der ma­kedonischen Armee aber nimmt die Flucht der kompromittier­ten Personen aus Konsrantinopel stetig zu. Unter den Flüchtlingen befinden sich auch einzelne Soldaten. Man fürchtet ein strenges Strafgericht, die ängstliche Bevölkerung ein Blutbad.

* Konstantinopel, 22. April. Einer Depesche zufolge soll Enver Bei) erklärt haben:

Der Sultan darf nicht mehr regieren.',

Sein Verbleiben auf dem Throne wäre gleichbedeutend mit dem Untergang des Landes. Abdul Hamid darf auf

das Wohlwollen der Jungtürken für Erhalt­ung seines Lebens rechnen, doch auf weiter nichts! Wenn die Armee bis jetzt noch nicht entscheidend vorgegangen ist, so war es, weil wir der Flotte noch nicht sicher waren. Gegenwärtig sind jedoch alle unsicheren Elemente im Offizierkorps der Flotte ersetzt, so daß unserem Vor­gehen kein Hindernis mehr im Wege steht.

Bormarsch der Komiteetrnppen.

' Köln, 22. April. Wie derKöln. Ztg." aus Kon­stantinopel gemeldet wird, haben in der vergangenen Nacht die Truppen des 2. und 3. Korps den Marsch auf die Nordecke der Stadt tatsächlich begonnen und fast durch­geführt.

* Konstantinopel, 22. April. Die Komiteearmee be­endet heute nacht, spätestens aber morgen ihren Aufmarsch. Es ist nicht ausgeschlossen, daß noch im Morgengrauen der Pildiz eingeschlossen oder besetzt wird. Alle Maß­nahmen der Regierung und der Komiteearmee laufen darauf hinaus, jedes unnötige Blutvergießen zu vermeiden und nur eine strenge Bestrafung der Schuldigen einzuleiten. Daher hat die Regierung auch den Beschluß gefaßt, die Marine ganz auszuschalten, indem sie alle seetüchtigen Kriegsschiffe von hier entfernte. Daß man bis zum letzten Augenblick mit einem Handstreich des Sultans rechnet, beweist die Uebersiedelung der Parlamentarier nach San Stefano.

* Konstantinopel, 22. April. Sämtliche 5 im Bos­porus vor dem Mdiz stehenden türkischen

Kriegsschiffe

sind um 2 Uhr nachmittags mit der Sultansjacht Eltadin abgedampft. Ihre Bestimmung ist unbekannt. Die Be­völkerung atmet auf, weil sie ständig ein Bombardement der Stadt befürchtete.

Die Straflift'.

" Berlin, 22. April. DasBerliner Tageblatt" meldet aus Konstantinopel: Wie heute gemeldet wird, zählt die Liste der von den Jungtürken zu bestrafenden Personen 543 Namen. An der Spitze steht der Vertrauensmann des Sultans, der Eunuch Navir Agha. Er wird beschuldigt, Organisator der Revolte zu sein, sowie das Geld unter die Sofias und Soldaten verteilt zu haben. In der Liste figurieren weiter 22 Publizisten, darunter 17 Redakteure von Zeitungen. Der Rest sind Militärs und Hodschas. Die Stimmung gegen den Sultan ist noch im Wachsen.

* Konstantinopel, 22. April. Der Ministerrat beratschlagt über die nachstehenden Bedingungen der Anmarsch-Armee: 1) Alle an den letzten Vorgängen Schuldigen werden be­straft; 2) die Konstantinopeler Garnison in ihrem über­wiegenden Teil wird entfernt; 3) die 3 Salonikier Jäger­bataillone werden wegen verräterischer Haltung entwaffnet und ausgeliefert und die Mannschaften in Makedonien beim Chausseebau beschäftigt ; 4) über Konstantinopel wird der Belagerungszustand verhängt; 5) die sultanliche Leibgarde' die Iildizgarnison und andere Teile der sultanlichen Um­gebung werden ausgewechselt; 6) ein dem Parlament ge­nehmes Kabinett wird ernannt. Wenn diese Bedin­gungen erfüllt werden, sollen die Truppen nicht in die Stadt einrücken, werden aber marschbereit bleiben. Das Salonikier-Korpskommando rechtfertigte in einer Note an die dortigen Konsulate das Vorgehen des Kommandos zur Herstellung der Ruhe und erklärte alle Bedingungen bis auf die militärischen Punkte, welche noch geprüft werden, als angenommen. Wenn die Antwort nicht in 24 Stunden gegeben wird, verlangt das Salonikier Kommando Aktionssreiheit und macht die Urheber der Ereignisse für die Folgen verantwortlich.

' Konstantinopel, 22. April. Die Deputiertenkammer und der Senat hielten heute eine geheime Sitzung im Hause des Jachtklubs in San Stefano ab. Es wurde' beschlossen,

M L«fefrrr<Ht. ^

Den Kampf mit dem Schicksal können Freunde für und mit uns kämpfen ; Seelenkämpse müssen wir allein ausringen.

. Gutzk w.

Stemmehstrahe Nr. 111

Moderner Kriminalroman von Hans Hy an.

Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Er saß an einem Tisch Mit zwei Italienern, einem Orgelspieler und einem Gipsfigurenhändler und schien sich vollkommen sicher zu fühlen.

Fallgräbe, dem der Schwarze den Rücken halb zu­rehrte, ging einen Augenblick mit sich zu Rate, in welcher Weise er ihn festnehmen sollte. Er wußte, daß jetzt schon «in Polizeiaufgebot hinter der Straßenecke sich gesammelt hatte. Er wußte aber auch, daß gerade das seine Ab­sichten durchkreuzen konnte. Es brauchte ja nur jeinand von der Straße hereinzukommen und ganz harmlos zu er­zählen, daß draußen so viel Polizisten ständen. Dann war dre Ergreifung des Mörders, der sich da so seelens- im Weine wohl sein ließ, zum mindesten in Frage gestellt. Denn daß dieser Mensch sich nicht ruhig würde fesMehmen lassen, das stand deutlich lesbar auf seinem bösen Kerrschen Gesicht geschrieben.

Und Fallgräbe druckte, wenn es nicht gerade sein eigenes Leben galt, hier nicht von der Waffe Gebrauch machen. Dies Ungeheuer mußte der Behörde lebendig übergeben werden ... der Mensch war sicher bewaffnet, und wer mal erst einen Mord auf dem Gewissen hat, dem kommt's auch nicht auf den zweiten an. sobald es sich darum handelt, der wohlverdienten Strafe zu ent­gehen.

Nock orientierte sich der vorgebliche Sergeant über

die Läge der Hinterräume des Restaurants, als jener Schwarzhaarige aufstand, an den Schanktisch trat und be­zahlte.

In Berthold Fallgräbe spannte sich jeder Nerv: etwas Lieberes konnte ihm nicht geschehen!

Sobald der Schwarze draußen auf der >L-traße war, mußte er jetzt, wo sich der Verabredung gemäß die Poli­zisten in zwei Haufen geteilt hatten, ob er nun nach rechts oder nach links floh, dem einen oder dem anderen Trupp in die Hände fallen.

Und dieser Mensch ging auch zur Tür und öffnete sie, aber er kehrte sofort wieder um, schloß die Tür hinter sich und drehte den Schlüssel im Schloß herum. Dann ging er ruhig, verfolgt von den Blicken des Sergeanten durch das Lokal und wollte um den Ladentisch.

Der Detektiv stellte sich ihm scheinbar unabsichtlich in den Weg. Er hatte die Absicht, den Verbrecher zu über­rumpeln und ihn mit den in seiner Rocktasche befindlichen Handschellen festzumachen.

Der aber wich bei der ersten Bewegung des Detektivs sofort aus, sprang, ohne sich länger zu verstellen, über den Ladentisch und stieß an der Küchentür zum zweitenmal mit Fallgrübe zusammen, der ihn beim Halse packte.

Aber im nächsten Augenblick griff der Detektiv mit beiden Händen in die Höhe, um die Faust des Verbrechers, der ein Messer herausgerissen hatte, abzufangen. Der hielt mit einer kaum glaublichen Gewandtheit mitten im Stoß inne und benutzte die dadurch heroorgerufene Ver­blüfftheit des Detektivs, so kurz diese auch sein mochte, um dre nach der Küche führende Tür zu gewinnen. Es war sein Glück und Fallgräbes Pech, daß die Tür nur ange­lehnt war.

Der Verbrecher war draußen, und die Tür flog gegen Fallgräbe, als dieser ihm nachwollte. Als der Detektiv in die Küche stürzte, sah er nur noch eine nach dem Hof Hin­ausfuhrende Tür. Dieser Hof aber, das überblickte Fall­grabe sofort, war vollständig abgeschlossen. Es gab da nur noch einen zweiten Zugang zum Hause und der führte in den Hinteraufgang zu den Wohnungen.

Dahin mußte der Verbrecher seinen Weg genommen

haben, höchstwahrscheinlich war er aus den Boden ge­flüchtet!

Sofort eilte Fallgräbe durch die Gaststube zurück auf die Straße, rief durch einen schrillen Pfiff die Wachtmann- schaften herbei, zu denen, wie er richtig vermutete, in­zwischen auch noch ein Trupp Beamte vom Polizei­präsidium gestoßen war, die Pritzel auf sein Geheiß hatte herbeiholen müssen.

Und nun unternahm er, natürlich unter Zurücklassung hinreichender Straßenposten, eine Untersuchung des ganzen Hauses.

Es blieb sicherlich kein Winkel in dem weitläufigen Gebäude unbesichtigt. Auch vor den Wohnungen machte man nicht halt. Aber der Verbrecher fand sich nicht. Die Bodenräume wurden bis in die dunkelsten Winkel ab­gesucht, man sah in den Kellern nach und schließlich stiegen die Beamten auf den angrenzenden Dächern umher, umsonst! Es war, als hätte sich der Gesuchte in Luft aufgelöst!...

Ein einziger hätte vielleicht sagen können, wohin der Mörder des Bildhauer Seebald gekommen war: Pritzel, der mit auf der Straße geblieben war, um denjenigen Beamten den Verbrecher zu zeigen, die ihn noch nicht kannten. Der sah, während Fallgräbe mit seinen Leuten das ganze Haus durchsuchte, aus dem Haupteingang eine Italienerin herauskommen; eine große, starke Frauens­person in jener halbdeutschen, halb heimatlichen Gewan­dung mit dem bunten Kopftuch und einem Korbe am Arm. Und dieser kleine Verbrecher war der einzige von Men, die sich da postiert hatten, der ohne weiteres bemerkte, daß in dem schlampigen Rock dieser Italienerin ein Mann, und also wohl der Mörder steckte- > Berthold Fallgräbe wurde von einer unsinnigen Wut erfaßt, als ihm so der Fang, den er schon sicher zu haben glaubte, mißglückte. Und er ärgerte sich umsomehr als ihm die Beamten schließlich nicht glauben wollten, daß der Verbrecher sich überhaupt im Lokal befunden habe, bis es der nicht rastenden Konsequenz des Detektivs im Laufe der nächsten Tage gelang, eine italienische Tamburin, ivielerin im Hause ausfindig zu machen, mit der der