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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, FreudensLadt, Lalw u. Neuenbürg.

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Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Mittwoch, de« 14. April.

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

19 VS.

Amtliches.

Verliehen wurde dem Professor S ch w ar z m ai e r, Oberlehrer am Schullehrerseminar in Nagold, das Ritterkreuz II. Klasse des Friedrichsordens.

Am 10. d. Mts. wurde Professor Schwarz maier in den Ruhestand versetzt.

Frühlingszeit:

Es ist ein tiefes, tiefes Aufatmen im deutschen Volke, daß nun der Frühling zu uns gekommen ist, der die Tatkraft stählt und Herz und Sinn erhebt. Wir haben die Segnungen des Frühlings in diesem Jahre be­sonders verdient, ein langer, langer Winter, ein hartes Ringen um das tägliche Brot liegen hinter uns. Und wohl denen, die arbeiten und schaffen konnten, wie sie wollten. Nicht Allen ist das beschieden gewesen, die rüstige Hand manches Familienvaters hat wider seinen Willen feiern müssen, und ihm mochte wohl die Furcht beikommen, das tägliche Brot könnte knapp werden. Aber gerade in diesen Winterwochen hat sich auch die deutsche Teilnahme und Hilfsfreudigkeit gezeigt, überall ist für Arbeitsgelegenheit gesorgt, und so sind wir ohne eigentliche Notzeit durch die schlimmen Monate hindurch zum Frühling gelangt. Diese vergangene Zeit ist eine Ehre für den deutschen Nährstand gewesen, denn sie hat bewiesen, daß das Bürgertum auch unter mißlichen Verhältnissen den Kopf nicht hängen läßt, sondern tapfer nach vorwärts ringt. Deutschland hat den Beweis geliefert, daß es weiß, was es sich selbst schuldig ist, und Niemand bei uns braucht mehr den Wunsch zu hegen, die Verhältnisse eines anderen Landes auf unser Vaterland übertragen zu sehen. Dort steht es weniger gut, wie bei uns. So konnte das deutsche Bürgertum in rechter Frende und mit erhobenem Haupt sein Osterfest feiern in der Hoffnung, daß die bessere Jahreszeit auch für die Volks- krast eine bessere Zeit werde, weil es sich sagen kann, Du hast in ernsten Wochen und Monaten Deine Schuldigkeit getan. Dafür mag nun jetzt der rechte Segen folgen!

Hat der deutsche Nährstand wacker geschafft, so ist die Tätigkeit um den Ausbau und die Festigung des Reiches keinen Augenblick still gestanden. Freilich können wir noch nicht sagen, daß sie vollinhaltlich geglückt ist. Aber wir schauen diese Dinge doch mit anderen Augen an im frohen Licht der Früh­lingssonne, wie in grauen Wintertagen, wir wissen, daß gerade nach langem Ringen oft das beste Werk erst gedeiht. Wir wollen auch nicht vergessen, daß es eine sehr wichtige Sache ist, wie in einer ohnehin nicht leichten Zeit neue Lasten auf Schultern verteilt werden, die ohnehin genug zu tragen haben, und daß man sich in der Bevölkerung nicht an alles Neue mit Gleichmut gewöhnt. Alte, fest eingewurzelte Volksanschau­ungen lassen sich nicht von heute auf morgen in neue Mein­ungen umwandeln. Daran wollen wir auch denken, wenn es mit den wichtigen Arbeiten für das Reich etwas langsam geht, denn, das ist doch nun einmal eine historische Wahr­heit, daß die Solidität der deutschen Nation nicht zum ge­ringsten Teil auf ihrer Abneigung gegen zu eiliges Geldaus­geben fußt. Diese Seite hat mithin auch etwas Gutes, wenngleich sie in neuen Zeiten sich gegen die Forderungen des Tages nicht mehr ablehnend verhalten kann.

Die ganze deutsche Volksvertretung und mit ihr die Nation haben es dankend anerkannt, wie die deutsche Politik unter der kaum merklichen Führung von Kaiser und Kanzler für den Frieden Europas und damit zugleich für das Recht seines Verbündeten gearbeitet hat. Was der Neid sprach, daß es Deutschland's Verhalten gewesen sei, welches den Frieden gewahrt und die europäische Politik in einen sicheren Hafen hineinbugsiert hat, das ist reine und edle Wahrheit, deren wir uns freuen können und wollen, ohne auf irgend­welchen Lohn Anspruch zu erheben. Der deutsche National- Uolz, der frei von allem schädigenden Chauvinismus ist, konnte ein frohes und freudiges Ostern feiern. Ja, es war kein leichter Winter, der vor diesem Frühlingsfest lag, es waren anstrengende und verantwortungsvolle Wochen. Aber die Frühlingssonne schaut herab auf ein zuversichtliches, an seiner Zukunft nicht zweifelndes Volk. Oben sind wir und oben wollen wir bleiben.

Tagespolitik.

Fürst Bülow wird auch in dem sonnigen Italien von Zustimmungs-Kundgebungen nationaler deutscher Vereine zur Finanzreform verfolgt und unterläßt es nicht, auch

von jenseits der Alpen her den freundlichen Absendern telegraphisch seinen Dank zu übermitteln. Bemerkenswert ist es, daß die Zahl der konservativen Gegner einer Nach­laß- oder Erbanfallsteuer immer mehr zusammenschmilzt. Nachdem die Konservativen Badens und Bayerns für die Nachlaßsteuer eingetreten sind, hat der konservative Wahl­verein des Königreichs Sachsen offiziell mit 121 gegen nur 9 Stimmen seine Zustimmung zu der Ausdehnung der Erb­anfallsteuer auf Kinder und kinderlose Ehegatten ausgesprochen. Der Osterfriede, der inbezug auf die auswärtige Politik durch Reisen von Staatsmännern und Staatsoberhäuptern ins Ausland sich kundgibt, hindert nicht, daß in der Presse die Hauptaufgabe, der inner« Politik, die Finan z refo rm, weiter erörtert wird. Es liegt aber etwas wie österliche Friedfertigkeit in den Betrachtungen, mit denen dieNordd. Allg. Ztg." sich über die Lage der Finanzresorm anscheinend offiziös ausläßt. Sie wünscht, daß aller kleinliche Hader und alles Parteigezänt dem vaterländischen Werke zuliebe beiseite gelassen werden und sie weist hoffnungsvoll auf den Umschwung hin, der sich in einzelnen Partei- und Be­völkerungskreisen zu vollziehen beginnt, namentlich auf die Er­klärung des Konservativen Landesvereins für das Königreich Sachsen und die bevorstehende Kundgebung der Mittelstands­partei. Dazu gesellen sich neuerdings auch Anzeichen, die auf eine veränderte Stellungnahme des Zentrums schließen lassen. Das offiziöse Blatt scheint mit einer tätigen Mit­wirkung des Zentrums bei der Reichssinanzreform ziemlich sicher zu rechnen. Auch in derGermania" macht eine parlamentarische Seite" Ausführungen, die aus ein bevor­stehendes Entgegenkommen des Zentrums in der Erbschasts- steuerfrage schließen lassen.

Zu dem Besuche des Ministers Tittoni beim deut­schen Reichskanzler Fürsten von Bülow in Venedig schreibt Tribuna : Wie leicht vorauszusehen war, hat Minister Tittoni eine angenehme Pflicht erfüllt und sich nach Venedig begeben, um den Fürsten von Bülow zu begrüßen, der seiner sympatischen Gewohnheit gemäß auch in diesem Jahre seine kurzen Ferien in Italien verbringt. Die Zusammen­kunft der beiden Staatsmänner ist durchaus intimer Natur. Sie ist gewiß ein Beweis der zwischen ihnen bestehenden herzlichen persönlichen Beziehungen und der sehr herzlichen Beziehungen, die Italien und Deutsch­land verbinden, sie ist aber nicht durch politische Gründe veranlaßt und deshalb nicht bestimmt, politische Folgen zu zeitigen. Das schließt von vornherein die von gewissen Blättern veröffentlichten Phantastereien hinsichtlich einer Verstärkung oder einer vorzeitigen Erneuerung des Dreibundes aus. Der Dreibund hat nicht nötig, verstärkt zu werden und niemand hat jemals d a ra n g e da ch t, i h n a u ß er d e r Z e it zu erneuern.

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Die Presse und das Publikum in England haben die jüngsten Flüge desZeppelin 1" mit dem größten Interesse verfolgt. Die Vertreter der englischen Blätter in Berlin haben ganze Spalten nach London gekabelt. Und das alles geschah zur Vorbereitung der am Montag in London abgehaltenen Versammlung der englischen Flotten­liga. Ein sehr vornehmes Publikum lauschte den Worten des Vorsitzenden, der zu einem energischen Vorgehen der Nation auf dem Gebiet der Luftschiffahrt aufforderte.Wir müssen die Meisterschaft der Luft haben, wie wir die Herr­schaft auf dem Meere ausüben," war der Schlußsatz seiner Rede. Lord Montague prophezeite, daß es in fünf Jahren mit der insularen Abgeschlossenheit Englands vorbei sein würde. Leider scheine man es im Vereinigten Königreich gar nicht begreifen zu wollen, daß der Luftkrieg, der Krieg der nahen Zukunft sei. Admiral Percy Scott ging gleich aufs Ganze:Wir müssen sofort den Zweimächte-Standaro auch für die britische Luftflotte seststellen." Im übrigen bekannte der Admiral, daß er wenig von Luftschifferei ver­siehe, aber eine Kanone erfunden habe, die ein Luftschiff aus einer Höhe von 4000 Metern herabholen könne. Sir Hiram Maxim meinte, er glaube, daß das Zeppelinschiff noch be­deutend verbesserungsfähig sei. Mit dem Schießen nach dem Luftschiff sei das auch eine eigentümliche Sache. Bei nebligem Wetter könne man, sagte Sir Hiram, der auf diesem Gebiete sicherlich sachverständig ist, wohl 10 000 Schüsse auf ein Luftschiff abgeben, ohne es zu treffen. Was aber das Schlimmste wäre, sei, daß alle 10 000 Schüsse zurückkämen und leicht der eigenen Partei Verderben bringen könnten. Alle Blätter ohne Ausnahme widmen den Zeppel-

inschen Luftfahrten lange Leitartikel, in denen die Vorzüge des Friedrichshafener Lustkreuzers mit Begeisterung aner­kannt werden.

Aus der Türkei kommt die zuverlässige Nachricht, daß sich die dortigen wirtschaftlichen Verhältnisse keineswegs in der Weise günstiger entwickelt hätten, als nach Einführ­ung der Verfassung von der ganzen Bevölkerung erwartet wurde. Eine schwache Ernte erlaubte der Landbevölkerung Käufe uur in bescheidenem Maß zu machen und außerdem erschütterte naturgemäß vor allem die ungewisse politische Lage den Gesamtkredit und den Unternehmungsgeist der Bevölkerung. Die schwersten Schläge aber hat dem Geschäft der Boykott gegen die österreichischen Waren geschlagen, wodurch der ganze Warenmarkt nicht unerhebliche Einbußen erlitt. Die großen Konfektionshäuser hatten einen erheblichen Rückgang in ihrem Absätze zu beklagen. In den letzten Wochen hat sich mit dem beginnenden Frühjahr das Geschäft allerdings etwas gebessert. Zahlungseinstellungen werden vielfach nur durch die Geduld europäischer Fabrikanten hint­angehalten, die immer wieder ihre Wechsel verlängern.

Landesnachrichten.

Attensteig, 13. April.

* Das alte Sprichwort:Grüne Weihnachten, weiße Ostern" ist diesmal gründlich zu Schanden geworden. Vom Gründonnerstag bis zum gestrigen Ostermontag war das schönste Frühlingswetter. Es war ein großes Aufatmen in der Natur nach der langen und gestrengen Winterherr­schaft und der Menschheit haben die sonnigen Osterfeiertage unendlich wohlgetan. Ueberall beginnt es Knospen zu treiben und die Wiesen haben wie mit einem Zauberschlag ein zartes, frisch-grünes Kleid angezogen. Auch die Schwalben haben es gewagt, bei uns einzukehren, um die Ankunft des Frühlings zu bestätigen. Seit gestern abend ist der freundliche Frühlingshimmel mit grauen Regenwolken bedeckt und in der vergangenen Nacht wie auch heute noch ist ein den Landwirten sehr erwünschter Regen niedergegangen, der heute früh in Gewitterregen mit Donnerrollen ausartete. Hoffent­lich hält die warme Witterung an, daß die Vegetation keinen Stillstand erleidet. Ter Ofterverkehr hat sich unter dem Einfluß des günstigen Wetters sehr lebhaft bewegt. Der Bahnverkehr wird als noch größer als im vorigen Jahre bezeichnet. Schwarzwald und Alb wurden von Tausenden von Touristen besucht. Die vielen, meistens überfüllten Extrazüge haben sich in den Fahrplan glatt eingefügt ohne Störungen und unliebsame Ver­zögerungen herbeizuführen.

* Gestern mittag flog ein Luftballon über unsere Stadt weg. So viel man wahrnehmen konnte, war der Ballon von 2 Personen besetzt. Er flog in der Rich­tung Berneck zu. Wahrscheinlich ist der Ballon in Straß­burg aufgestiegen.

-ü- Ueberberg, 13 April. Gestern hielt der Bezirks - v b st b a uv e rein Nagold im Gasthaus zum Hirsch hier eine Versammlung ab, welche ziemlich zahlreich besucht war. Schultheiß Schleeh von hier eröffnete dieselbe, worauf der Vorstand des Vereins, Oberamtsbaumwart Bih le r - Walddorf die Erschienenen begrüßte und mitteilte, daß der Verein aus einem ganz besonderen Grunde sich diesmal in Ueberberg versammle. Es seien nämlich 23 Jahre verflossen, seit Baumwart Seeger hier seines Amtes walte. Aus diesem Anlaß übergab er ihm in Anerkennung seiner verdienstvollen Arbeiten auf dem Gebiete der Obst­kultur ein Diplom vom Württembergischen Obstbauverein und ein solches vom Bezirksobstbauverein Nagold. Schult­heiß Schleeh brachte den Dank der hiesigen Gemeinde da­durch zum Ausdruck, daß er ihm ein namhaftes Geldgeschenk übergab. Anschließend hieran hielt Baumgärtner Walz von Egenhausen einen lehrreichen Vortrag über Früh­jahrsarbeiten an unseren Obstbäumen, wobei er ins­besondere seine bei einem Wiederholungskurs in Hohenheim gemachten Erfahrungen kund gab. eingehender verbreitete er sich über 2 Baumkrankheiten Krebs und Blatlfallkrankheit (k'usiviruiiurn). Bei Krebs werde neuerdings mit recht gutem Erfolg Carbolineum angewendet, und auch bei der Blattsall­krankheit werde das Bespritzen der Aeste, Zweige, Knospen und Blätter mit in Wasser löslichem Carbolineum empfohlen. Da das Bespritzen derselben mit Küpferzuckervitriollösung