G chwarz Wälder Sonntagsblatt.
lich spät noch vielen Schnee gehabt und Ernst Hornbacher
bezweifelte, ob auch dieses Jahr an Ostern, die weißen Wald- Anemonen schon blühten. Doch als der Ostermorgen da war, stand er wieder wie voriges Jahr früher auf, um nach den weißen Ostersternen zu sehen: Und wirklich an einigen sonnigen Stellen im Walde, blühten sie in schönster Pracht. Als er einen hübschen Strauß beisammen hatte, schritt er langsam dem Friedhof zu, um die Blumen auf seines Mütterleins Ruhestätte zu legen.
Wird wohl Else heute auch wieder kommen? Diese Frage beschäftigte ihn immer wieder, während er vom Walde herabging.
Da — ein Freudenschein zog über sein Gesicht, als er beim Friedhof angekommen war, und Elses Gestalt schon von weitem am Grab ihres Vaters stehen sah. Mit herzlichem Gruß gaben sich beide die Hände und als er ihr so liebevoll in die Augen sah, errötete sie leicht. Sie wußte wohl, daß sie mit Ernst Hornbacher heute am Grabe Zusammentreffen würde. Sie hatte Ernst fast jedesmal an ihrem Hause vorübergehen sehen, aber sie wollte ihn prüfen, ob auch seine Liebe echt und wahr sei, und ob er sie nicht nur wegen ihrem Geld lieble. Aber nein, sie hatte Ernst als treu erfunden, sie wußte er liebte nicht ihr Geld, nicht ihr Aeußeres, nicht ihre Schöne, — nein, er liebte ihre Seele. Und dieses allein gibt der Liebe den höchsten Wert. Geld und Schönheit schwindet, aber wahre Liebe bleibt.
Als Ernst die sanfte Röte auf Elses Wangen bemerkte und in ihren Augen gut lesen konnte, daß sie ihm über den Winter treu geblieben war, begann sein Herz vor Mut und Freude zu springen.
Heute an diesem Ostermorgen, an dem Grab ihrer Lieben wollte er sie, um ihr Herz und ihre Hand bitten. Aber immer wieder machte ihm die Kluft zwischen ihm und Else, Angst und Schrecken. Durfte er, als armer Rechtsanwalt wagen, seine Augen zu der reichen Erbin aufzuheben ? Doch die Liebe würde siegen! Was fragt sie nach äußeren Gegensätzen. Der Liebe treue Hand kann jede Kluft über- brückbar machen.
Aus die erste Begrüßung waren einige peinliche Minuten gefolgt. Ein jedes stand stillschweigend da. Ihre Herzen waren bewegt. Ernst Hornbacher suchte nach Worten.
„Wissen Sie noch, daß wir uns heute vor einem Jahr auf dem Friedhof, hier auf dieser Stelle zum erstenmal sahen Fräulein Else?" brachte er endlich heraus. „Jawohl Herr Hornbacher" sagte sie und sah mit ihren dunklen Augen voll zu Ernst auf. „Und stehen Sie immer noch so einsam da in der Welt, wie Sie damals zu mir sagten" fragte er weiter.
„Außer den mit Ihnen im vergangenen Sommer erlebten Stunden an diesen Gräbern hier, war ich immer einsam und führe heute noch ein einsames — aber zufriedenes Leben" erwiderte Else ernst.
„Fräulein Else, ich kann heute nicht anders, hier an diesen Gräbern, muß ich Sie fragen: darf ich aus Ihrem einsamen Leben ein heiteres, ein glückliches machen. Darf ich Ihre Einsamkeit mit Ihnen teilen und Ihnen mein Herz und meine Hand anbieten? Seit unserer ersten Begegnung hier an diesem uns beiden so lieben Platze, gehört mein Herz Ihnen. Ich liebe Sie!" Mit erregter Stimme hatte Ernst gesprochen und sah Else fragend an. Doch diese senkte ihre Augen zu Boden und gab ihm keine Antwort. „Darf ich Dich meine Else heißen" fragte er weiter. Sie antwortete wieder nichts, aber willig ließ sie ihre Hand von ihm erfassen und dann sah sie zu ihm aus und aus ihren Augen las er selber sich die Antwort: „Ja — ich liebe Dich."
Lange standen die beiden in süßem Glück versunken einander gegenüber. Da tönten plötzlich wie zum Segen über die Beiden die Osterglocken zusammen und ihre Herzen stimmten mit ein in den Jubel: O du fröhliche — o du selige, gnadenbringende Osterzeit! Sie schritten nun langsam ins Städtchen der Kirche zu, und kurze Zeit — an Pfingsten — da tönten die Glocken ebenso fröhlich zusammen — zu ihrem ewigen Liebesbund!
Wochen-Nundschau.
Aus dem Landtage.
Der Landtag hat sich letzthin bis nach Ostern vertagt. Die zweite Kammer wird am 14. ds. ihre Arbeit wieder aufnehmen, lieber den Stand der parlamentarischen Arbeiten ist zu bemerken, daß die erste Kammer die Beratung der Bauordnung zu Ende gebracht hat. Der Entwurf geht nun wieder an das „jenseitige Hcuis", das zu den zahlreichen Aenderungen der ersten Kammer Stellung zu nehmen hat. In der Zweiten Kammer verlies die Etatsberatung zuletzt ungemein interessant. Da gab es eine längere Erörterung über die Frage der Vereinfachung und Verbilligung der Staatsverwaltung im Anschluß an einen von dem Abg. Liesching (Volksp.) eingebrachten Antrag. Daß eine Vereinfachung und Verbilligung sehr wohl möglich und daß sie notwendig ist, darüber ist alles einig. Es besteht auch Aussicht, daß es diesmal nicht bei der Einsicht bleiben wird, sondern daß auch Taten folgen werden. Zunächst muß man abwarten, was die Kommission, die vom Staatsministerium eingesetzt worden ist, hervorbringt. Immerhin wird die Oeffentlichkeit gut daran tun, nachhaltig Dampf zu machen, damit diese ungemein wichtige Sache nicht sn den grünen Tischen verkümmert. Eine große Ueberraschung, ja beinahe eine Sensation ivar die Ablehnung der württ. Gesandtschaft,in München. Seit Jahren ist man gewöhnt,
daß von sozialdemokratischer Seite ein Antrag auf Ab
schaffung der Gesandtschaft in Berlin und München gestellt wird. Aber bisher ist dieser Antrag immer abgelehnt worden, und man dachte, daß es auch jetzt wieder geschehen werde, zumal die Finanzkommission die Gesandtschaften bewilligt hatte. So strengte sich der Ministerpräsident mit der Bekämpfung des sozialdemokratischen Antrags erst gar nicht nennenswert an, und auch sonst gab es nur eine unbedeutende Debatte. Bei der Abstimmung wurde die Berliner Gesandtschaft bewilligt, die Münchener aber abgelehnt. Es gab verdutzte Gesichter, und man ging in lebhafter Bewegung auseinander. Die Frage ist nun, ob es bei diesem Beschlüsse sein Bewenden haben wird. Die Volkspartei, die bei der kritischen Abstimmung bis auf wenige Ausnahmen gegen die Münchner Gesandtschaft stimmte, hat nachträglich Skrupel bekommen und in einer Fraktionssitzung ist beschlossen worden, bei einer zweiten Lesung, die verfassungsmäßig möglich sein soll, für die Wiederherstellung der Position zu stimmen. Daß die Gesandtschaft in München überflüssig ist, wird freilich im Grunde des Herzens auch von der Volkspartei nicht bestritten werden. Und wenn schon gespart werden soll und muß, so wäre hier immerhin ein geeignetes Objekt. Ferner ist aus den letzten Kammerverhandlungen noch ein Zwischenfall zu erwähnen, der sich bei der Beratung des Forstetats abspielte. Der Berichterstatter Abg. v. Balz hatte sich um Auskunft an einen
Oberförster gewandt, was indessen das Mißfallen des Forst- drrektors v. Graner erregte. Er erließ ein Rundschreiben an die Nachgeordneten Stellen, worin er die Mitteilungen an Abgeordneten scharf tadelte und disziplinarische Maßregeln androhte. Ueber diese Bevormundung wurde in der Kammer lebhaft Beschwerde geführt: man bezeichnete das das Schriftstück als eine Kränkung, als eine Beleidung der Abgeordneten. Der Forstdirektor v. Graner suchte sein Verhalten zu rechtfertigen und erklärte, nervös und reizbar, wie er ist, daß er bereit sei, nach vierzigjähriger Dienstzeit seinen Posten aufzugeben. Das wird denn wohl auch in nicht zu ferner Zeit geschehen. Denn auch der Finanzminister vermochte nicht, den Erlaß des Forstdirektors ganz zu billigen und ließ deutlich merken, wie unangenehm ihm diese Sache sei.
Eine „Zeppelin-Woche".
Wir haben wieder einmal eine Zeppelin-Woche gehabt. Alle Welt hat mit gespanntem Interesse die Unternehmungen des Reichsluftschiffs verfolgt, das sich, nach zahlreichen Uebungs- fahrten mit militärischer Besatzung am 1. April zu der lange angekündigten großen Fernfahrt nach München ausmachte. Noch in der Nacht wurde die Fahrt unter dem Kommando des Grafen Zeppelin selbst angetreten, und gegen 9 Uhr morgens war „Z. 1" über München. Dort ging es hoch her. Ganz München war auf den Beinen und staunte das Luftschiff an und jubelte ihm zu. Auch der greise Prinzregent und die Angehörigen der Königsfamilie waren versammelt, um der geplanten Landung des Luftschiffs auf dem Exerzierplatz Oberwiesenfeld beizuwohnen. Allein es kam nicht dazu. Der Wind, der schon während der Fahrt nach München ziemlich stark gewesen war, steigerte sich immer mehr und erreichte einen solchen Grad, gegen den das Reichsluftschifs mit seinen verhältnismäßig schwachen Motoren von 85 Pfcrdekräften nicht auskommen konnte. So mußte es auf die Landung verzichten und sich vom Winde treiben lassen. Der Tausende die zusahen, wie sich „Z. 1" immer weiter entfernte, bemächtigte sich große Unruhe und Besorgnis. Sie war indessen unbegründet, denn das Luftschiff ging am Nachmittage bei Dingolfing hinter Landshut in Niederbayern nieder, als sich ihm ein geeigneter Ankerplatz bot. Wäre es noch länger in der Luft geblieben, so hätte es Gefahr gelaufen, ins Oesterreichische abgetrieben zu werden. Die Landung gelang vorzüglich, und obgleich der Wind in sturmartiger Stärke wehte, befand sich das Luftschiff mil Hilfe des herbeigekommmen Militärs in guter Sicherheit. Dennoch übernachtete Graf Zepvelin mit der Besatzung vorsichtshalber in den Gondeln. Anderntags wurde dann die Rückfahrt nach München angetreten und obgleich der Wind immer noch erheblich war, auf dem Oberwiesen- feld gelandet. Ganz München war wieder zusammengeströmt,
und auch die offizielle Welt war wieder da. Der Prinzregent
lud den Grafen Zeppelin zum Frühstück und verlieh ihm die goldene Luitpoldmedaille, eine sehr seltene Auszeichnung. Auch die Luftschifferoffiziere und die Ingenieure Zeppelins erhielten Auszeichnungen. Alsdann ging die Fahrt zurück zum Bodensee, wo abends das Schiff wohlbehalten in der Ballonhalle geborgen wurde. Es war ein voller Erfolg, darüber ist alles einig. Die Brauchbarkeit und Leistungsfähigkeit des Zeppelinschiffes hat sich aufs neue glänzend bewährt. Lange hat Z. 1 übrigens nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht. Schon am Montag den 5. stieg es wieder auf und zwar diesmal zu einer Dauerfahrt. Sie sollte 25 Stunden dauern ivurde aber nach elf Stunden, wohl infolge des stark windigen Wetters, beendet. Die ganze Zeit hindurch manöverierte das Luftschiff über Oberschwaben und dem Bodensee. Ursprünglich war wohl eine Fahrt nach Ulm in Aussicht genommen. Wilde Gerüchte über das weitere Fahrtprogramm verursachten weithin im Lande in der Bevölkerung große Bewegung. Allenthalben glaubte man der „Z. 1" werde erscheinen und suchte das Himmelszelt nach ihm ab. Besonders toll ivar es in Stuttgart, wo die Leute massenhaft stundenlang auf den umliegenden Höhen standen und auf Dächern und Türmen Ausschau hielten. Die Enttäuschung war dann groß. Am Dienstag hat dann das Luftschiff vormittags und nachmittags Aufstiege unternommen, am Nachmittage mit einer Landung aus dem Konstanzer Exerzierplatz. Dennoch war es damit noch nicht genug. Am Abend trat „Z. 1" noch eine Nachtfahrt an. Man muß es den Militärluftschiffern lassen: fleißig und unermüdlich sind sie. Mit dieser Nachtfahrt ist übrigens ihre Tätigkeit in Friedrichshasen einstweilen abgeschlossen. Die meisten sind nach Berlin zurückgekehrt, und nur ein Wachkommando ist in Friedrichshasen zurückgeblieben. Später wird das Reichsluftschiff wahrscheinlich nach Metz gebracht werden. Unterdessen geht der „Z. 2" seiner Vollendung entgegen und wird wohl in einigen Wochen mit den Probefahrten beginnen können.
Osterferien und Osterreisen.
In der Politik ist nach den Stürmen der letzten Wochen österliche Ruhe eingekehrt. Wie gut das tut! Reichstag und die sonstigen Parlamente haben ihre Pforten für eine Weile geschlossen, und die Herren Abgeordneten stärken sich in der Heimat zu neuen Taten. Fürst Bülow hat sich mit seiner Gattin und dem Stabe, der ihn auch auf Reisen begleitet, am Sonntag nach Venedig aufgemacht, um dort auch diesmal wieder kurze Osterferien zu genießen. Er wird dort unmittelbar nach dem Feste den Kaiser treffen, der sich nun, da der politische Horizont wieder klarer geworden ist, mit seiner Familie (das heißt mit einem Teil seiner Familie, denn sie ist bekanntlich sehr zahlreich) einen Frühlingsaufenthalt im Mittelmeere gönnen und ein paar Wochen in seiner Besitzung Achilleion auf der griechischen Insel Korfu verbringen will. In Venedig schifft er sich auf der Hohenzollern, die dort bereits eingetroffen ist, ein. Man spricht bei dieser Gelegenheit von einer Begegnung mit dem König von Italien allein Bestimmtes steht noch nicht fest. Auch das was sonst von bevorstehenden Monarchenreisen und Monarchenbegegnungen geschrieben wird, ist durchaus unbeglaubigt und man kann es sich füglich sparen, darauf näher einzugehen. Erwähnt werden mag immerhin, daß dabei auch eine angeblich geplante Begegnnng zwischen dem Deutschen Kaiser und dem Präsidenten der französischen Republik die Rede ist. Ganz unmöglich ist eine solche Begegnung nach der Verständigung über Marokko nicht mehr,- aber so ganz einfach liegt die Sache auch jetzt noch nicht.
Die Wahl in Ulm.
Im Landtagswahlkreise Ulm ist am vorigen Samstag im zweiten Wahlgange der Ersatzwahl für den verstorbenen demokratischen Abgeordneten Rechtsanwalt Mayer der nationälliberale Kommerzienrat Wieland gewählt worden. Er erhielt 3004 Stimmen, während auf den Sozialdemokraten Göhring 2833 und den Demokraten Münz 1361 Stimmen fielen. Im ersten Wahlgange war das Stimmenverhältnis: Deutsche (natl.) Partei 2348, Sozialdemokratie 190k, Volkspartei 1746, Zentrum 904 Stimmen. Die Sachlage für den zweiten Wahlgang war ungewöhnlich interessant. Die Volkspartei sah sich vor die Frage gestellt, ob sie ihre Kandidatur aufrechterhalten ooer zurückziehen solle. Sie entschied sich für das erste, obgleich sie vollkommen klar darüber war, daß sie keine Aussicht mehr hatte, das Mandat zu behaupten. Durch die Aufrechterhaltung der Kandidatur entging sie indessen einem immerhin unangenehmen Dilemma. Wie die Dinge in Ulm liegen, wo bisher der Kampf uni das Mandat immer zwischen der
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Karte zur Fahrt des Reichslustschiffes Zeppelin I. nach München.