ung des Fürsten Bülow heranreicht. Um zwei Pole dreht sich bei der Reichsfinanzreform die Politik der Konservativen sie wollen von der Nachlaßsteuer verschont bleiben, und sie wollen die Liebesgabe behalten. Da der Liberalismus in diesen Fragen den Konservativen nicht zu Willen ist, nicht zu Willen sein kann, wenn er sich nicht selbst aufgeben will, so schwenken sie ab zum Zentrum, das bereit ist, den Kon­servativen dazu zu verhelfen, schon deshalb, weil sich auf diese Weise die Aussicht eröffnet, den Block zu zerstören und wieder zu Macht und Geltung zu kommen. Die Liber­alen aller Schattierungen, Freisinnige und Nationalliberale, lehnen es ab, zu diesem Spiel der Konservativen noch länger gute Miene zu machen, und es ist bezeichnend, daß sogar die Freikon- servativeu nicht mittun wollen und sich in der Angelegen­heit der Schnaps-Liebesgabe in der Finanzkommission von den Deutschkonservativen getrennt haben. Man dringt hier auf Klärung, man wünscht zu wissen, klar und bestimmt zu wissen, ob die Konservativen mit demalten" Block die Finanzreform machen wollen oder nicht. Wenn die Konservativen dabei bleiben was sie in diesen Tagen begonnen habeu, dann mag eben der Block und die Blockpolitik aufgchört haben; besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Vor allem aber hat man sich in den letzten Tagen gefragt: Wie stellt sich die Regierung dazu/ wie Fürst Bülow? Wird Fürst Bülow bereit sein, die Finanzreform auch mit dein Zentrum zu machen? Niemand hat auf diese Frage eine bestimmte Antwort zu geben vermocht. In einer Bezieh­ung ist allerdings ohne Verzug eine erwünschte und wertvolle Klarheit gewonnen worden, nämlich in Bezug auf die Stellung der ver­bündeten Regierung zu der Frage der Nachlaßsteuer.

Die Nordd. Allg. Ztg. hat eine Erklärung gebracht, daß die verbündeten Regie­rungen an der Nachlaß­steuer unbedingt festhalten.

Sie stellen sich also in reinen Gegensatz zu den Konservativen, und so wird es, zumal auch die Liebe- ralen unverrückbar auf dem Standpunkt stehen, daß auf die Besteuerung des Erb­anfalls nicht verzichtet wer­den kann, notwendig sein, die Durchsetzung gegen die Konservativen und das mit ihm verbündete Zentrum zu versuchen. Man wird zu diesem Zwecke der Nachlaß­steuer eine andere Form geben, die Form einer Erb­anfallsteuer, die, wie man weiß, durchaus nicht beiallen Angehörigen der Rechten und des Zentrums so schroff verworfen wird. Es ist freilich im höchsten Grade unsicher ob es im Reichstage schließlich zu einer Mehrheit reichen wird. Fällt aber die Nachlaß- oder Erbanfallsteuer, so ist die Krisis da, eine Krisis, die nach den Gesetzen der politischen Logik entweder zum Rücktritt des Reichskanzlers oder zur Auflösung des Reichstags führen müßte. Bei dieser Sachlage ist es ohne weiteres klar, daß man mit außerordentlicher Spannung der Aussprache ent­gegengesehen hat, die bei der Beratung des Etats des Reichs­kanzlers am Dienstag im Reichstage hereigeführt wurde. Wir haben darüber schon -ausführlich bericht. Im Allgemei­nen läßt sich feststellen, daß die Lage durch die Debatte und die Rede des Kanzlers nicht klarer geworden ist. Alles bleibt in der Schwebe.

Eine Debatte über auswärtige Politik.

Am Montag hat der Reichstag eine große Aussprache über die auswärtige Politik gepflogen. An Anlaß dazu fehlte es ja nicht, denn es gibt derbrennenden" Fragen in der Welt gar viele Fragen, die Deutschland sehr nahe berühren. Als Ergebnis der Debatte ist vor allem festzustellen, daß die Leitung der auswärtigen Politik diesmal ungewöhnlich gut weggekommen ist. Das ist schon lange in dieser Weise nicht mehr dagewesen; sogar die Sozialdemokratie versagte sich nicht, wenigstens in einem Punkte, nämlich in der Balkanpolitik, die Haltung Deutsch­lands ausdrücklich zu billigen.

Balkan-Friede.

Das bedeutsamste Ereignis der Woche ist, daß es ge­lungen ist die Balkankrisis einer friedlichen Erledigung zuzu­führen. Bis zuletzt hat die Ungewißheit angedauert, und der Friede hing nur noch an einem Haar. Aber schließlich ist doch alles gut gegangen, und am Sonntag konnte Europa die Botschaft entgegennehmen, daß der Friede gesichert sei. Diese erfreuliche Wendung wurde eingeleitet und ermöglicht dadurch, daß sich die russische Regierung, bestimmt durch eine Anregung von deutscher Seite, bereit erklärte, die Annexion Bosniens und der Herzegowina gurch Oesterreich vorbehalts- los anzuerkennen. Der Rückzug Serbiens ist durch ein dyna­stisches Moment erheblich erleichtert worden. Der Kronprinz

Schwarzwälder Sonntagsblatt.

Georg, der unabläßlich zum Kriege hetzte, hat seinen Verzicht auf die Thronfolge erklärt. Den Anstoß dazu gaben die schweren Beschuldigungen in der Presse, die erhoben wurden, weil er seinen Diener mit Schlägen und Fußtritten dermaßen traktierte, daß der Aermste starb. Abgesehen von derKriegs­partei" atmet in Serbien alles auf, daß man den sauberen Burschen als Thronfolger mit guter Manier losgeworden ist. Der Diener Kolakowitsch ist sein Name hat also eine patriotische Tat vollbracht, als er sich infolge der kronprinz- lichen Fußtritte zu seinen Vätern versammelte. Freilich hat man es hinterher, wie das so geht, hingestellt, als sei er die Treppe herunlergefallen.

Neueste Nachrichten.

Hochdorf O. A. Freudenstadt, 1. April. (Corr.) Heute nachmittag 3.30 Uhr fand Landjäger Staiger von Besenfeld auf Hochdorfer Markung einen Registrier-Luftballon, welcher dem beigegcbenen Schreiben zufolge heute früh von der meteorologischen Station in Straßburg ausgelassen wurde. Die ausgesetzte Belohnung von 5 Mark mußte der Finder redlich verdienen, da er die Ballonhülle hoch oben von den Aescen einer Forche herabholen mußte. Die Hülle ist infolge­dessen stark beschädigt, während der Apparat mir den In­strumenten vollständig unversehrt am Boden lag und nun

auf dem hiesigen Rathaus seiner Abberufung nach Straß­burg harrt.

ss Tübingen, 2. April. Beim Kartoffelkrautverbrennen auf einem Acker kam ein 6 Jahre altes Mädchen dem Feuer zu nahe, daß die Kleider des Kindes Feuer fingen, und das Kind solche Brandwunden erlitt, daß es kurz darauf starb.

ss Stuttgart, 2. April. (Kurzer Bericht, ausführlicher Bericht folgt am Montag.) Die zweite Kammer setzte heute die Beratung des Forstetats fort, nahm an den Holzver- kausskosten einen Abstrich von 2000 Mk. vor, erhöhte den Etatssatz für Wegebauten mit Rücksicht auf die Ablehnung der Eyachwaldbahn, die 25000 Mk. erfordert hätte, um 35 000 Mk., den für Holzhaulöhne, der falsch berechnet worden war, um 100 000 Mk. und genehmigte 200 000 Mark nicht für 20, wie im Etat vorgesehen war, sondern für 24 Forstwarthäuser. Morgen Fortsetzung und kleinere Vorlagen.

Di< Fervfahrt d<S 3 1 «ach «Sachs«.

Z 1 steigt auf.

' Dingolfing, 2. Slpril. Nachdem Z 1 hier über Nacht blieb Graf Zeppelin mit den Offizieren verbrachte die Nacht trotz der großen Kälte in der Gondel stieg das Luftschiff heute vormittag um 11 Uhr 30 Min. auf um die Heimreise über München anzutreten. Die Witterung war sehr schlecht und es herrschte empfindliche Kälte zum Teil war auch leichter Schneefall eingetreten.

München, 2. April. Das Luftschiff S. M. Z. 1 wurde in Niederviehbach auf dem Landungsplatz gegen 11 Uhr klar gemacht und erhob sich alsbald majestätisch in die Lüfte, um sofort die Richtung nach München zu nehmen. Ein tausendköpfiges Publikum war mit den Vormittagszügen noch in Niedrrviehbach angekommen, die meisten waren doch nur mehr Augenzeuge der Abfahrt des Ballons, die wieder unter unbeschreibliche« Jubel der Menge erfolgt. Kurz vor dem Aufstieg hielt Gras Zeppelin «tue überaus herzliche Ansprache, in der er seinen Laut für die Hilfeleistung «ob freaudlich« Ausuahme in Nirdervirhbach zum Ausdruck

brachte. Die Bürger der umliegenden Orte von Niedervieh­bach haben die Aufstellung einer Erinnerungstafel an der denkwürdigen Landungsstelle beschlossen.

Die Landung in München.

* München, 2. April. Das Luftschiff ist um I?/» Uhr auf dem Exerzierplatz Oberwiesenfeld glatt gelandet.

* München, 2. April. Die Landung des Reichsluft­schiffes ist glatt und glücklich von statten gegangen. Wie der Schütze die Scheibe, so traf das Reichsluftschiff die ihm bezeichnet« Stelle und saß wie hingegossen an der Erde. Militärische Hilfe schien kaum nötig. Aus dem atemlosen Staunen der Menge lösten sich die ersten Jubelrufe, als Graf Zeppelin aus der Gondel stieg. Die freudige Erregung der Menge war aufs höchste gestiegen und machte sich in jeder Weise Lust. So rief eine alte Dame fortwährend außer sich vor Rührung:Lieber, lieber Zeppelin!" und wollte ihn umarmen. Das Surren der Motors machte aber auch manche Pferde scheu, so daß sich während der Landung mancher Reiter in weniger elegantem Bogen, aber komplett von seinein Pferde trennte.

* München, 2. April. München bildet heute schon wegen der günstigen Mittagszeit, zu der die Ankunft des Luft­schiffes avisiert war, ein noch lebhafteres Bild als gestern. Die Stadt ist reich beflaggt. Eine endlose Reihe von Straßenbahnwagen mit den PlakatenZu Zeppelin auf dem Oberwiesenfeld" rollen dicht besetzt nach dem Landungsplätze. Das Wetter hat sich aufge­heitert. Teilweise vom herrlichsten Sonnenschein bestrahlt schwebt das Luftschiff unter der jeder Beschrei­bung spottenden Begeisterung der Bevölke­rung über München Oberwiesenfeld zu. Es war ein imposanter Anblick, wie der Ballon von Nordosten kommend, auf den Exerzierplatz einschwenkte, der von einer in München noch nie gesehenen Volksmenge belagert war. Als sich das Luftschiff Punkt 1 Uhr 45 Min. zum Landen senkte, wurden Taue ans geworfen. Die Luftschifferabteilung trat in Aktion. Unter den Klängen von 3 Militärkapellen u. dem Gesang der Wacht amRhein" des Publi­kums vollzog sich die Landung vollständig glatt. Tosende und brausende Hochrufe erschollen von allen Seiten. Als die Gondeln den Boden berührten und Zeppelin der Gondel entstieg, da kannte die Begeisterung keine Schranken mehr. Die jubelnde Volksmenge durchbrach den starken militärischen Kordon und nur mit äußerster Mühe gelang es der Infanterie und schweren Reitern, von denen einige unsinnig ins Publikum Hineinritten, eine Panik zu ver­hüten und für Zeppelin und seine Begleitung einen Weg zu reservieren, woselbst er die ihn erwartenden Hoheiten, voran den Prinzregenten, begrüßen konnte. DerRegent, der den Grasen herzlich willkommen hieß, fuhr mit ihm sofort im offenen Landauer in das Verwaltungsgebäude der Luftschifferabteilung, woselbst ein Frühstück eingenommen wird. Die Fahrt von Niederviehvach nach München ist trotz des starken Windes, mit dem das Luftschiff zu kämp­fen hatte, vollständig glücklich gelungen. Der Ballon be­findet sich in tadellosem Zustande. Graf Zeppelin wird das jetzt eingetretene günstige Wetter benützen, um vielleicht un­gefähr um (i.4 Uhr die Rückfahrt nach Manzell anzutreten.

München, 2. April. Während des Frühstücks im Ge­bäude der Luftschifferabteilung überreichte der Prinz - regent dem Grafen Zeppelin die Prinzregent Luitpold-Medaille in Gold, ferner dem Major Sperling den Militärverdienstorden 4. Kl. mit der Krone, dem Hauptmann George und Oberleutnant Masius den Militärverdienstorden 4. Kl., dem Oberingenieur Dürr, Jngenieuer Müller und Luftschiffkapitän Hacker die Prinzregent Luitpold-Medaille in Silber.

Das ReichsluftschiffZ. 1" wurde in Landsberg a. Lech um ^ 5 Uhr, in Kempten um ^«6 Uhr, in Mindelheim um 6 Uhr, in Memmingen um '/g7 Uhr, in Leutkirch um ».7 Uhr, in Wangen um 7 Uhr 5 Min., in Tettnang um 7 Uhr 20 Min. gesichtet.

Die Heimfahrt von München.

* München, 2. April. Nachdem sich Graf Zeppelin vom Regenten, den übrigen Prinzen, den Ministern, die sämtliche erschienen waren und den Honoratioren aufs herzlichste ver­abschiedet hatte, wurde das Luftschiff nach 3 Uhr wieder flott gemacht. Punkt * z4 Uhr erhob sich das Luftschiff aus der es umgebenden Menschenmauer leicht und elegant unter beständigen Hochrufen der es umgebenden Menschenmauer und wandte sich gegen mäßigen Südwestwind ankämpfend in der Richtung nach Pasing, wo es allmählich den Blicken der Zuschauer entschwand.

Die Landung in Manzell.

' Manzell, 2. April. 7^/. Uhr abends. Das Reichs­luftschiff ist soeben glücklich gelandet und in der Hollle geborgen worden. Der Jubel in Friedrichs Hafen ist unbeschreiblich.

Friedrichshasen, 2. April. Wie in den Tagen der großen Fernfahrt im August so herrschte auch heute nachmittag ein buntbewegtes Treiben. Von nah und fern ist alles zusammengeströmt um das Luftschiff bei der Rück­kehr zu begrüßen. Flatternde Wimpel und bunte Flaggen wehen überall von den Häusern herab. Di« Reichsbaüon- halle in Manzell ist zur Feier des Tags mit Fahnen und frischgrünem Tannenreis festlich geschmückt. Ein nimmer enden wollendes Hurra brauste durch die Luft alsZ. 1" in majestätischer. eleganterFahrtüber Friedrt chs- hasen wegfuhr, ebenso auch als um '/,9 Uhr Graf Zeppelin zum deutschen Hau« zurückkam. Ms spät in die Nacht hinein brauste der Jubel noch fort.

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