als den fünften Teil der Fläche von Württemberg: die Neckarwerke 1115 Quadratkilometer, E. K. H. 730, Gemeindeverband Calw 800, Beihin- gen-Pleidelsheim 700, Hohenlohe-Oehringen 475 Quadratkilometer, die Enzgauwerke 370 Quadratkilometer. Die nach ihnen in der Flächenausdehnung kommenden Ueberlandwerke erstrecken sich je nur auf etwa 200 Quadratkilomter oder weniger. Das leistungsfähigste Werk ist das der Stadtgemeinde Stuttgart; es versorgt zusammen mit Marbach und Poppenweiler 82 Quadratkilometer, besitzt aber Maschinen von einer normalen Gesamtleistung von 14 100 Kilowatt. Dagegen verfügen die Neckarwerke über 11 200 Kw., die E. K. H. über 1500 X-^v., der Calwer Verband über 875 Xn-., die Enzgauwerke über 1300 X^v. Der Neckarkreis ist fast vollständig elektrisiert. Nur die beiden an der badischen Grenze liegenden Oberämter Vrackenheim und Neckarsulm zeigen noch ausgedehnte Lücken, ferner sind Backnang und Botnang noch stromlos, und endlich ist der Mainhardter Wald der Elektrizität noch verhältnismäßig wenig erschlossen. Im Schwarzwaldkreis ist das Strohgäu und die Schwarzwaldgegendziemlich lückenlos versorgt, während im Iagstkreis, mit Ausnahme der Gegend um Heidenheim, in den der bayrischen Grenze zu gelegenen Oberämtern der elektrische Strom noch fehlt, das fränkische Unterland dagegen im Besitz von Kraftwerken ist. Mit Ausnahme von Ulm, Geislingen, Göppingen und Kirchheim, ebenso der Gegend der rauhen Alb, mangelt es den D o n a u k r e i s ober- ämtern am meisten der Elektrizität.
Vom Studium.
An der Universität Tübingen befinden sich im laufenden Sommerhalbjahr 2048 Studierende, gegenüber dem Vorjahr 70 weniger. Weibliche Studierende sind es 40. Im einzelnen studieren: Evang. Theologie 405, Kath. Theologie 160, Rechtswissenschaft 331, Medizin 356, Zahnheilkunde 16, Philosophie, Philologie und Geschichte 341, Kameral- wissenschast 122, Forstwissenschaft .27, Mathematik und Naturwissenschaft 276, Pharmacie 14. Hiezu kommen nichtimmatrikulierte, zum Besuch von Vorlesungen ermächtigte Personen 154, darunter 97 weibliche, sodast die Gesamtzahl der Teilnehmer am Universitätsunterricht 2202 beträgt. Von den 872 Nichtwürttembergern gehören andern Staaten des Deutschen Reiches 836, austerdeutschen Staaten 36 an. — An der landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim befinden sich im lausenden Sommerhalbjahr M5 Studierende, gegenüber dem Vorjahr (161) mehr 44. Weibliche Studierende sind es 2. 67 sind Wllrt- temberger, 138 Nichtwürttemberger. — Die Lehr- und Versuchswerkstätte zählt im lausenden Sommerhalbjahr 1912 41 Schüler und Schülerinnen, gegenüber dem Vorjahr 14 weniger. In der Schreinerei arbeiten 18, in der Metallwerkstätte 4, in der keramischen Werkstätte 3, dem sonstigen Kunstgewerbe gehören 16 an. 34 sind Württemberger, 7 Nichtwürt- temberger, davon 3 Ausländer. Die Kunstgewerbeschule zählt im laufenden Sommerhalbjahr 1912
67 Schüler, gegenüber dem Vorjahr 5 weniger. Von den Schülern besuchen: den Vorkurs 12, die Fachkurse für die Möbelindustrie 19, Modellieren und Holzschnitzen 9, Dekorations- und Glasmalerei, Musterzeichnen und graphische Künste 13, Ziselieren 4, Zeichenlehrer 10. 56 sind Württemberger, 11 Nichtwürttemberger.
Stuttgart, 4. Mai. Der Verband württ. Gemeinderechner hielt im großen Saal des Bürgermuseums in Stuttgart seine Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende, Stadtpfleger Weilenmann - Nürtingen, hieß die aus allen Landesteilen zahlreich besuchte Versammlung willkommen und teilte mit, daß seitens des Verbandes gestern eine Eingabe über die Gehalts-, Anstellungs- und Dienstverhältnisse an das Ministerium abgesandt worden sei. Der Vorstand habe auch in dieser Angelegenheit eine Audienz beim Staatsminister des Innern, Dr. v. Pischek, gehabt. Der Minister habe sich in keiner Weise festgelegt, aber eine wohlwollende Prüfung und Berücksichtigung der berechtigten Wünsche der Gemeinderechner zugesagt. An eine Abänderung der Ee- meindeordnung sei allerdings vorerst nicht zu denken, doch soll bezüglich der Anstellungsverhältnisse eine Anweisung an die Oberämter ergehen, um in dieser Sache aus die Gemeinden einzuwirken. Beschlossen wurde die Einführung von Vorträgen über Kassen- und Rechnungsführung, sowie die Herausgabe eines kurzen Leitfadens zur Anleitung der Ee- meinderechner. Ueber die Eingabe an das Ministerium des Innern betr. die Gehalts- und An- stellungsverhültnisse der Rechner berichtete der Schriftführer Stadtpfleger Dreher-Calw. Zur Verbesserung der Eehaltsverhältnisse ist für Nichtfachleute ein bestimmter Gehaltsrahmen aufgestellt. Weiter werden für die Rechner Amtsräume und Bedienung, sowie Vergütung für Kassenabmangel gefordert, auch sollte ihnen, ähnlich wie dies bei den Oberamtspflegern ist, beratende Stimme bei den Verhandlungen der Eemeindekollegien eingeräumt werden. An Staatsminister v. Pischek wurde ein Telegramm abgesandt mit der Bitte um eine wohlwollende Prüfung und Berücksichtigung der in der Eingabe niedergelegten Wünsche. Hierauf wurde der Vorstand wiedergewählt. Die nächste Kreisversammlung findet in Horb, die nächste Landesversammlung wieder in Stuttgart statt. An die Verhandlungen schloß sich ein gemeinsames Mittagsmahl, bei welchem Stadtpfleger Hegele - Leonberg den Königstoast ausbrachte.
Fellbach, 4. Juni. Gestern hat sich ein 25jähriger junger Mann von hier in Waiblingen im Haus seiner früheren Verlobten erschossen. 14 Tage vorher hatte diese das Verhältnis mit ihm abgebrochen und ihm den Verlobungsring zurückgeschickt. Da ein Versuch zur Wiederanknüpfung fehlschlug, griff der Unglückliche vor ihren Augen zum Revolver und schoß sich eine Kugel durch die Schläfe.
Oberndorf, 4. Juni. Im benachbarten Voll fiel gestern beim Heuabladen die 67 Jahre alte Rosine Pfennig so unglücklich vom Wagen, daß sie schwere
Verletzungen erlitt. An ihrem Auskommen wird ge- zweifelt.
Ravensburg, 4. Juni. Nach einem Beschluß des Oberschwäbischen Agitationsausschusses der Fortschrittlichen Volkspartei wird der diesjährige Oberschwäbische Parteitag im September hier abgehalten. Für das nächste Jahr wurde Geislingen in Aussicht genommen. Zugleich hat der Ausschuß auch die Vorbereitungen für die Landtagswahl getroffen.
Aus Welt und Zeit.
Linz, 4. Juni. Zwei Einbrecher drangen gestern früh von dem Dache eines Hauses in eine Kammer, durchbrachen den Fußboden und gelangten so in einen Juwelierladen. Sie erbrachen sämtliche Kästen und raubten Schmuck und bares Geld im Werte von 80 000 Kronen. Ein Wächter wurde durch das Geräusch aufmerksam. Er verständigte die Polizei, die ein großes Aufgebot zur Umzingelung des Hauses sandte. Die Einbrecher ergaben sich ohne Widerstand. Die ganze Beute wurde in ihren Taschen gefunden.
Gens, 4. Juni. Die Juwelendiebe, die in letzter Zeit mehrere große Einbrüche verübten, brachen in der Nacht zum Montag in das Uhrmachergeschäft von Berthoud ein. Sie erbeuteten kostbare goldene Uhren, Perlen und Diamanten im Werte von 100 000 Frs.
Lüttich, 4. Juni. Gestern abend kam es bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu Kundgebungen vor dem Rathaus und dem sozialistischen Volkshaus. Die Bürgergarde und die Gendarmerie schritten ein und gaben Salven ab. — 3 Personen wurden getötet und 15 schwer verletzt. Die Straßen im Zentrum der Stadt wurden um 10 Uhr abends von der Bürgergarde, von Militär und Gendarmerie besetzt.
Konstantinopel, 4. Juni. Der gestrige Riesenbrand kam früh in einem im Bau befindlichen Holzhause zwischen der Ahmedmoschee und dem Marmarameer zum Ausbruch. Anfänglich schien das durch Fahrlässigkeit entzündete Feuer unbedeutend, wie so viel beim Beginn der warmen Jahreszeit täglich vorkommende Brände. Erst nach einigen Stunden erschienen die Feuerwehren von Per« und anderen Stadtteilen, da die Feuerwehr von Stambul den Brand allein nicht meistern konnte. Ein scharfer Südostwind, der sich gegen die Mittagsstunde aufmachte, verlieh dem Feuer rasch eine große Ausdehnung.Zahl- reichs durch die seit 14 Tagen herrschende Hitze ausgetrocknete Holzhäuser flammten in wenigen Augenblicken aus. Die Abgebrannten kampierten mit ihren wenigen Habseligkeiten auf den umliegenden Plätzen, besonders vor der Ahmedmoschee, auf dem Almendan- platze mit dem Brunnen Kaiser Wilhelm II. Der ganze Stadtteil wurde durch Militärposten abgesperrt. Die Zahl der abgebrannten Häuser wird auf 1200—2300 geschätzt.
Newyorl, 4. Juni. Der „Globe" schreibt in seinem gestrigen Leitartikel, das deutsche Besuchsgeschwader werde mit einer Herzlichkeit empfangen, die mehr als offiziell sei. In Deutschland erkämpfen die Amerikaner ein Land, das einen wertvollen Beitrag ge-
Tyrann Ehre.
57) Roman von K. Lubowski.
(Fortsetzung.)
„Um diesen Preis will ich es nicht wissen. Wer bürgt mir überhaupt dafür, daß Sie nicht lügen?" schreit sie ihr entgegen.
Nora hört nicht auf sie. Ihre Seele beugt sich der Macht, mit welcher sie der Verzweifelten das Glück zurückgeben kann. Es muß heraus. Sonst erstickt sie daran.
„Ich bin —"
Adda kann sich nicht länger beherrschen. Sie darf kein Wort weiter hören. Mit sicherer Hand führt sie den Todesstreich gegen die vermeintliche Feindin.
„Ich will Ihnen sagen, was Sie sind: eine Dirne!"
Nun ist es gesagt. Nora fährt mit der Hand nach dem Herzen, als ob ihr ein Messer hineingestoßen wäre. Sie will reden, aber ihrer Stimme fehlt der Laut. Sie will die andere töten, aber ihre Hände sind matt und kraftlos.
Dann will sie sortgehen, weit fort, wo sie das schreckliche Wort nicht kennen, aber sie bricht zusammen. Haltlos, geknickt, wie eine Blüte, die der Sturm sortgeworfen hat. Sie kann sich aus eigener Kraft nicht wieder emporheben. Da neigt sich Adda mit kalten, harten Zügen zu ihr herab.
Sie will ihr aufhelfen — trotzdem! Sie ist ja auch ein Mensch und von Gott geschaffen.
Aber Nora stößt ihre Hand zurück und schreit wild aus.
Nicht anrühren!" wimmert sie.
Dann gelingt es ihr doch, sich emporzuringen. Eie taumelt vorwärts. Ein paar Mal stößt sie gegen
zierliche Tischchen und leichte Ständer. Eine Marmorsäule fällt herab und zerspringt.
Adda sammelt ganz mechanisch die Trümmer zusammen. Aus dem Bruchstück in ihrer Hand steht der goldene Spruch: „So du eine müde Menschenseele weißt, bette sie an dein Herz!"
Endlich hatte Nora die Tür gefunden. Sie legt die Hand auf die Klinke und richtet sich mühsam an ihr in die Höhe.
Dann stürzt sie hinaus. An der Blattpflanzengruppe vorüber, über die gutgepflegten Kieswege zum Gartentor hinaus, die Straße hinunter, weiter, immer weiter. Ein paar Jungen lachen hinter ihr her. Ein besonders kecker, kleiner Lümmel ruft aus vollem Halse:
„Lop do ne so dull du, Juch Mudder hett dat Middag noch lang ne taurecht!"
Sie hört es nicht. Ihr liegt nur das eine, schreckliche Wort im Ohr — Dirne! Wie eine Peitsche saust es auf ihre Glieder herab und hetzt sie wie ein Wild. Es muß doch einen Ort geben, an dem sie den Klang nicht hört. Zehn Minuten mag sie so gelaufen sein. Da rauscht es neben ihr. Die Gertraude ist es, die im Frühlingsfieber rast. Im Sommer kriecht sie ganz zahm und flach dahin, so daß man die Steine auf ihrem Grunde sieht. Jetzt überstürzt sie sich in tollen Sprüngen. Nora hebt den Kops ein wenig. Was wollen die Schaumkronen von ihr? Winken Sie nicht „komm! komm!"?
Da schreit jemand wieder das häßliche Wort. Sie hört es genau. Sie will in die Flut hinein, um sich von ihm zu retten. Es geht nicht. Eine Faust reißt sie zurück. Sie weiß nicht, daß es der Sturm ist, der an ihren Kleidern zerrt. Einen Augenblick steht sie still und legt die Hände an die Schläfe. Da gellt die Stimme schon wieder. Um Gottes willen, sie kann sie nicht noch einmal hören.
Ein Sprung, ein klatschendes Zusammenschlagen. Die Schaumkronen fliegen entsetzt auseinander. Ein dunkler Punkt hat sich in ihre Mitte geschoben. Sie springen neugierig vor, sie hasten zurück, dann schieben sie sich spielend ganz nahe heran und einen sich zu dem alten, lockenden Tanz. Das Frühlingsfieber rast weiter, sehnsuchtsvoll und wild.
Aber sie hat doch noch nicht sterben sollen. Die göttliche Vorsehung hält die Hand über ihrem Haupte und die himmlische Majestät vergibt dem geängstigten Kinde. Kaum eine Minute, nachdem die stolzen Schaumkronen der Gertraude mit dem schlanken Mädchenkörper Fangball spielten, kommt Leutnant von Wachenhusen eiligen Schrittes von der Reitbahn her über die Brücke gegangen. Am Ufer stehen ein paar Frauen und ringen die Hände. Die Kinder drängen sich furchtsam hinter die mütterlichen Schürzen und der kleine Flachskopf, der vorher die kecke Rede führte, verzieht das Gesicht zum Weinen. An die Rettung der Unglücklichen denkt keiner außer Wachenhusen. Im Augenblick hat er die Sachlage überschaut. Das Bett der Gertraude ist, trotz der Wildheit in der Strömung, schmal. Deshalb wird er es in den langen, schweren Stiefeln schaffen. Mantel, Säbel und Mütze wirft er ab. Dann stürzt er in die kalte, rebellische Flut hinein.
Eine Greisin ist unter den Frauen am Ufer. Sie murmelt mit zitternden Lippen ein Gebet. Es ist ein altes Osterlied, in dem die Wonne über die Auferstehung nach dunkler Schreckensnacht jauchzt. Sie hat es in ihrer Jugendzeit mit den anderen in der Spinnstube gesungen und es ist als einziges in ihrem immer schwächer werdenden Gedächtnis haften geblieben. Die Anderen halten den Atem an. Neue Zuschauer strömen herzu. Es gibt ohnehin in dem kleinen Städtchen wenig genug Abwechslung, da müssen sie das hier gründlich ausnutzen. (Forts, folgt.)