Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich.

Bezugspreis: In der Stadt incl. Trägerlohn Mk. 1.25 viertel­jährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarorts­verkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. l.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg-, in Bayern und Reich 42 Pfg.

Anzeigenpreis: Im Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Re­klamen 25 Pfg.

Schluß für die Inseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamt sbez i rk Calw.

129. Mittwoch, den 5. Juni 1912. 87. Zahrgang.

Parlamentarisches.

Stuttgart, 4. Juni 1912.

Württembergischer Landtag.

Die Zweite Kammer setzte heute nachmittag die Beratung über die Vereinfachung der Staatsverwaltung fort und erledigte dabei das Departement der Auswärtigen Angelegenheiten- Jn der Debatte zerstreute der Ministerpräsident v. Weizsäcker die durch die Vereinfachungsbe­bestrebungen bei vielen Beamten des Verkehrs­dienstes hervorgerufene Beunruhigung. Die Regie­rung denke nicht an Zwangspensionierungen. Lin in dieser Hinsicht vom Ausschuß gestellter Antrag, wo­nach bei der Umwandlung von Stellen und bei der Uebertragung von Geschäften an Beamte mit ein­facherer Vorbildung im Sinne der Denkschrift nur allmählich und unter tunlichster Rücksichtnahme auf die beteiligten Beamten und ihre Aussichten auf ent­sprechendes Vorrücken vorgegangen werden soll, wurde angenommen, desgleichen die übrigen Aüs- schußanträge. Das Haus wandte sich dann den Ver­einfachungen im Departement des Innern zu und nahm den Antrag an, die Kommission für Ordens­matrikel und die Ablösungskommission als besondere Behörde aufzuheben. Zur Frage der Kreisregierun­gen beantragte der Ausschuß deren Aufhebung und eine Verteilung ihrer Geschäfte teils an die Bezirks­behörden, teils an das Ministerium, und ersuchte um alsbaldige Vorlage eines entsprechenden Gesetzent­wurfes. Dagegen beantragte der Abg. Rembold - Gmünd (Z.) namens seiner Partei eine Verein­fachung der Verwaltung unter Beibehaltung der Kreisregierungen; insbesondere durch Ausdehnung der Zuständigkeit der Bezirksbehörden, Einschrän­kung der Aüfsicht über die untergeordneten Behörden, Beseitigung von Beschwerdeinstanzen und Zuziehung von Laien. Der Abg. Häffner (D. P.) erklärte sich für den Ausschußantrag. Sodann wurde die Wei­terberatung auf morgen vertagt. Fortsetzung und Anfragen, darunter eine solche aller Parteien mit Ausnahme des Zentrums an den Minister des Innern, ob angesichts der bevorstehenden allgemeinen Neuwahlen die Ersatzwahl in Schorndorf nicht unter­bleiben kann.

Wie man hört, einigte sich der Seniorenkonvent heute dahin, daß in diesem Monat der ganze Be­ratungsstoff noch aufgearbeitet und so der Schluß der Tagung auf 28. ds. Mts. ermöglicht werden soll.

Stadl und Bezirk.

Calw, 5. Juni 1912.

Au.s dem Voranschlag des städtischen Haushalts.

I.

Im Zusammenhang mit der Beratung des städti­schen Haushalts im Rathauskollegium, von der wir einen ausführlichen Gesamtüberblick veröffentlichten, (vergl. Calw. Tagbl. Nr. 125 u. 126), geben wir heute einzelne wichtige Etatspositionen wieder, aus denen sich in der Hauptsache Einnahmen und Aus­gaben des Haushalts der Stadt zusammensetzen.

Der Etat 1912/13, übersichtlich von Stadtschult­heißenamt und Stadtpflege entworfen, umfaßt neben dem Hauptvoranschlag in 13 Beilagen die Voran- sckilagberechnungen für die Schulen, darunter auch die der gewerblichen Fortbildungs- und städtischen Frackenarbeitqfchule; ferner die der Georgenäumsver- waltung, über Hoch- und Tiefbauarbeiten, die Son­derverwaltung von Gas-, Wasser- und Elektrizitäts­werke, für Hospital- und Armenpflege, Schulkassen, und endlich eine Darstellung des Eesamtschulden- standes.

Unter Titel I, Gemeindevermögen, sind an Einnahmen aufgeführt: Mietzinse aus städtischen Wohnungen und damit zusammenhängen­de Einnahmen 9560 Mk., Pachtzins 7150 Mk., Obst­

erlöse 50 Mk., Holzerlöse 45 000 Mk. Für Fischpacht­einnahmen sind 270 Mk. eingesetzt. Als Zuschuß aus dem Gaswerk werden laut Eemeindekollegiumsbe- schluß nicht, wie im Voranschlag aufgeführt, 5000 Mk., sondern tatsächlich 8000 Mk. eingesetzt. Ins­gesamt sind aus dem Gemeindevermögen 70 656 Mk. an Einnahmen berechnet; Ausgaben 30 404 Mk., die siib auf folgende Unterabteilungen beziehen: Unter­haltung und Umbauten an städtischen Gebäuden 5400 Mk.; Bau und Pflanzung an Feldgrundstücken, Oeden, Steinbrüchen usw. 400 Mk., Wirtschafts­führung und Waldhut 2610 Mk., Kulturkosten und Holzhauerlöhne 6000 Mk., Anlage und Unterhaltung von Waldwegen 500 Mk. 5000 Mk. sind vorgesehen für Kaufpreise, die nicht auf den Grundstock über­nommen werden, Zinse aus Kaufpreisen (Nonnen- machersches Mühleanwesen), Kapitalschulden, Zinse und Tilgungsraten, Schulden vom Bau der Stutt­garterstraße (4 Proz. aus 30 000 Mk. 1200 Mk), Verzinsung schwebender Schulden, alles in allem unter Titel Eeldvermögen an Ausgaben 13 444 Mk. An Einnahmen aus Steuern und Ab­gaben (Titel II) sind im Voranschlag eingesetzt 7000 Mk. Gemeindekapitalsteuer, 2800 Mk. Wohn- steuer und Rekognitionsgebühr (Abgaben der nicht innerhalb der Gemeinde wohnenden Bürger), 2600 Mk. Grundstücksumsatzsteuer, 200 Mk. Zuwachs­steuer, 8500 Mk. Verbrauchsabgabe von Vier, 2700 Mk. Hundesteuer und 150 Mk. Wandergewerbesteuer; zusammen 23 850 Mk. Höher gegenüber dem letzten Voranschlag eingesetzt ist die Gemeindekapitalsteuer um 200 Mk. und die Vierverbrauchsabgabe um 500 Mk. Die Ausgaben des Titels Steuern und Abgaben lauten auf 25 000 Mk. Amtskörperschaftsumlage, 1850 Mk. Einkommen- und Kapitalsteuer für den Staat, 3750 Mk. Verbrauchsabgabe an Bier (Rück­vergütung, Kontrolle usw.). Der Titel schließt mit 32 380 Mk. Ausgaben.

)( Die Abteilung des Telegraphen-Bataillons

Karlsruhe, die im Laufe des gestrigen Tages hier eintraf, hat ordentlich Leben in unser Calw gebracht. Mit ihr kam wieder einmal eine angenehme Abwechslung in das Bild des Straßen­lebens und jedermann, wenn er an einer Soldaten­gruppe vorüber kam, betrachtete sich die Ankömm­linge und ihre Wagen. Die Abteilung hat ihre Telegraphenzentrale in der Wanderarbeitsstätte er­richtet, wohin Plakate mit entsprechenden Hinweisen an verschiedenen Häusern der Stadt wiesen. Durch einzelne Straßen laufen dieDrähte" der neuen Telegraphenlinie, allerdings in geringerer Höhe als die königlich württembergischen. Manch einer, der gestern spät nach Hause zu gehen versuchte, wird das lebhaft begrüßt haben! Gar schön hörte sich der Zapfenstreich an, der um 10 Uhr geblasen wurde. Die Abteilung bleibt bis morgen.

sc-b. Mutmaßliches Wetter. Die letzte atlantische Depression ist kaum über uns weggezogen, da kündigt sich bereits ein neues Tief vom Ozean an. Die Wet­terlage bleibt daher unsicher. Für Donnerstag und Freitag sind weitere Gewitterstörungen, sonst aber vorherrschend trockenes und warmes Wetter zu er­warten.

Kreuzottergefahr! Vor Kreuzottern sei jetzt wie­der gewarnt. Große Vorsicht wird für das Lagern im Walde angeraten; gewarnt wird ferner, sich im feuchten Moose niederzulassen, denn selbst Plaid und Wolldecken halten Kreuzottern vom Angriffe nicht ab. Als direkt gefährlich wird das Barfußgehen in Laubwald-Unterholz bezeichnet, denn hier halten sich die Kreuzottern oft auch dann auf, wenn der Boden nicht allzu feucht ist. Den Warnungen sei ein kur­zer Hinweis darauf angefügt, wie man sich bei einem Kreuzotternbiß zu verhalten hat: In erster Linie ist die Bißwunde gut auszusaugen, dann mit feuchter Erde zu belegen und mit einem reinen Tuche zu ver­binden. Das Auswaschen der Wunde mit Salmiak­

geist ist ebenso wie feuchte Erde zur Linderung des Schmerzes geeignet. Empfohlen wird ferner, die Bißwunde sofort mit gutem Branntwein (Kognak, Rum, Korn) auszuwaschen. Als unerläßlich wird die möglichst schnelle Hinzuziehung eines Arztes be­zeichnet.

! Althengstett, 4. Juni. Vor nicht langer Zeit wurden durch Vorträge und Belehrungen die Land­wirte zum Anschluß an das Gemeindeverbands-Elek- trizitätswerk gewonnen. Es wurden ihnen die Strom­lieferungsbedingungen bekannt gegeben, nach welchen der Pauschalsatz einheitlich für 3 ?8 monatlich 3 15 L beträgt. Kaum ist das Werk recht in Betrieb genommen, so erscheinen neue Stromlieferungs­bedingungen, die eine wesentliche Erhöhung des Pauschalsatzes mit sich bringen. Der Pauschalsatz ist nun nicht mehr in einem Einheitspreis, sondern im Verhältnis zum Grundbesitz festgelegt. Bis zu 2 Im bezahlt monatlich 3 15 L, 3 Im 3 -4t 50 L, 4 Im

3 80 , 5 3 -K 95 ^, 6 Im 4 10 L,7 Im

4 25 u. s. w. Der bisherige Einheitspreis von

3 -4t 15 L ist nun der niederste Satz, der aber fast nie zur Anwendung kommt, da Landwirte mit nur 2 Im Grundbesitz in der Regel keinen elektr. Betrieb haben. Landwirte mit 5 und 6 Im Grundbesitz bezahlen also statt seitherigen 37 80 L künftig 47'<1t 40 bezw.

49 -R 20 Allerdings erhält derjenige, welcher nur Futterschneidmaschinen angeschlossen hat, 25 Ermäßigung. Damit ist aber den Landwirten die Ausnützung der Kraft durch Anschluß von noch ande­ren Maschinen erschwert. Man hört die Abnehmer sagen:Hätte ich das gewußt, eine Rübenmühle oder Dreschmaschine hätte ich nicht gekauft und angeschlos­sen." Die Abnehmer haben sich unter den alten Preisen angeschlossen und verbindlich gemacht. Eine Aenderung derselben nach so kurzer Zeit erscheint nicht gerechtfertigt und erweckt berechtigte Unzufrie­denheit. Man hat zu der Verbandsleitung das Ver­trauen, daß die Härten des neuen Tarifs beseitigt werden.

Nagold, 4 .Juni. Das Anwesen des Christian Damsohn, Fuhrmanns hier, ging am 1. Juni d. I. an Hermann Stottele jr., Baümwart hier, durch Kauf um den Preis von 10 000 Mk. über. Felder sind nicht inbegriffen.

Sprechsaal.

(Für Einsendung unter dieser Rubrik übernimmt die Redaktion nur die preßgesetzliche Verantwortung.)

In den letzten Tagen konnte man im Georgenäum die Wahrnehmung machen, daß viele Kinder die Pflanzen abbrachen, um sie beim Kinderfest zu ver­wenden. Es ist sehr bedauerlich, daß dies den Kin­dern nicht untersagt worden ist. Es fällt ferner sehr unangenehm auf, wenn man sieht, daß Kinder in Be­gleitung von Erwachsenen Papiere herumwerfen, ob­wohl in nächster Nähe die vom Verschönerungsverein in dankenswerter Weise aufgestellten Papierkörbe sind. Auch viele Dllten und andere Vesperpapiere sieht man in den Wegen liegen neben Stoffresten von Frauen ,die im Stadtgarten nähen. Dieser Hin­weis sollte genügen, den Eltern aufzugeben, ihre Kinder zu ermahnen, den schönen Stadtgarten mög­lichst säuberlich zu erhalten, in den Wegen zu bleiben, keine Bänke zu beschmutzen und keinen sonstigen Unfug zu treiben.

Württemberg.

Versorgung Württembergs mit Elek­trizität.

Fast genau die Hälfte von Württemberg ist in den Stromkreis der Elektrizitätswerke einbezogen: von den 19 507,34 Quadratkilometern des Königreichs Württemberg gehören rund 9800 Quadratkilometer zu den mit Elektrizität versorgten Gemeinden. Die sechs größeren Ueberlandwerke nehmen für sich allein 4200 Quadratkilometer in Anspruch, also etwas mehr