Gr-r8«Lkt
1877.
-Ar / - 'Mi 1«
Sonn- - ->> FeMge.
Bezugspreis iLr ->Ll Vierteljahr l« Bezirk und KsHbararrZverkehr
Mk. 1.88.
»n^erhrlb Mk. 1.3S
D
AtteMetzFl
ün-MlerhaltunKsblLtt
mtzblatt Mr
AllgmemesÄlyeige
Fernsprech»» Nr. 11.
AnzeigerrpVE hei einmalig« Lkr rÄckung 10 diö- dt einkpaltlge Zeile; bei Wiederholung« entsprechenderRaüatiz
Reklame» 18 Pfg. die Textzetle.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.
Ks. 33
Ansgabeort Altensteig-Stadt.
Mittwoch, drrr 1V. Februar
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
190S.
DaS Stuttgarter Gchwarzwaw-LSafser- verforguugS-ProjeLt.
Professor Dr. Sauer von der K. Technischen Hochschule in Stuttgart sprach am letzten Freitag im Bürgerverein des nordwestlichen Stadtteils über die Trinkwasserversorgung von Stuttgart. Er streifte im einzelnen die in Betracht kommenden Projekte nämlich: 1) Schwarzwald, 2) Alb, 3) Neckartal, 4) Donaugebiet und schließlich 5) den Bodensee.
Ueber das S ch w a r z w a l d p r o jek t führte der Redner unter anderem aus: Das Buntsandsteingebiet im Schwarzwald liegt uns im Nagold- und Enzgebiet am nächsten. Für die Wasserversorgung Stuttgarts ist das erstere von besonderer Bedeutung, weil die oberen Teile des Enzgebiets bis heraus zur Wasserscheide ziemlich hoch aufragen und sich durch ganz besonders reichliche Niederschläge auszeichnen. Dann ist der Schwarzwald gerade in diesem Teil durch die liefen Täler der Enz und Eyach tief zerschnitten, so daß die im Bundsandstein sich sammelnden Grundwasserzüge in zahlreichen Quellen zu Tage treten. Daraus erklärt sich, daß man sein Augenmerk auf dieses Gebiet gelenkt hat und den Plan fassen konnte, Stuttgart mit Buntsandstein-Quell- wasser zu versorgen — ein etwas kühnes Projekt, das in jeder Hinsicht beinahe einzig dasieht: eine Großstadt wie Stuttgart nur mit reinem Quellwasser zu versorgen!
Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage des Ersatzes. Stuttgart entzieht für seine Wasserversorgung dem Gebiet 300—500 Sekundsnliter. Diese Menge muß nach dem neuen Wassergesetz ganz ersetzt werden und zwar soll dies geschehen durch die Anlage eines großen Stauweihers im Enztal, 3 Kilometer oberhalb Wildbad. Die natürlichen Bedingungen dieses Stauweihers sind außerordentlich günstig, denn das Grundgebirge von Granit bildet den Untergrund. Der Staumeiher soll 25 Meter hoch gestaut werden und einen Inhalt von 5 Millionen Kubikmeter haben; er soll zweimal gefüllt werden, so daß Stuttgart tatsächlich in der Lage ist, mit Hilfe des Stauweihers einen vollen Ersatz für das entnommene Wasser zu bieten. Damit wäre die wasserrechtliche Seite der Sache erledigt. Nun sind Bedenken gegen den Stauweiher erhoben worden. Sie beruhen hauptsächlich darauf, daß behauptet wird, die Anlagen zur Kraftwassergewinnung würden damit mehr oder weniger eingeschränkt werden. Das ist ein Irrtum. Im ganzen Enz- und Eyachgebiet liegen die Verhältnisse so günstig, daß man noch reichlich Gelegenheit hat, Wasserkraftaulagen zu errichten. Wenn der große Stauweiher in dem geplanten Umfang angelegt ist, kann er geradezu als hervorragendes Kulturwerk betrachtet werden; er würde jahraus, jahrein eine mittlere Wassermenge Massen und die Zeiten der Wasserklemme, die für die Industriellen im Enztat immer recht störend wirken, würden nicht mehr vorhanden sein. Auch die verheerenden Wirkungen der oft mit ungeheurer Gewalt niedergehenden Regengrisse würden vermieden werden. Es würde also ein direkter großer Nutzen für das ganze Enztal entstehen. Jedenfalls ist die Anlage des Stauweihers durchaus nicht als eine Schädigung der Industrie und der Wasserberechtigten anzusehen, im Gegenteil, es wäre der erste Anfang einer rationellen Ausnutzung der Wasserkräfte, die bis jetzt im Enzgebiet außerordentlich gefehlt hat. Man hat besonders gegen den Stauweiher auch ins Feld geführt, daß er die Wiesenwässerung schädige. Bei den in Betracht kommenden Quellen handelt es sich aber hauptsächlich um höher gelegene Quellen, die aus dem eigentlichen Buntsandstcin kommen. Das Buntsandsteinwasser ist aber für die Wiestnbewässerung nicht günstig, weil es nicht nährstoffkräftig ist. Die übermäßige Wässerung der Wiesen mit reinem Bundsandstein- wasscr kann nicht immer als ein besonderer Vorteil angesehen werden.
Endlich hat man gegen die Qualität des Wassers Bedenken erhoben, und zwar aus hygienischen Gründen, weil es zu mineralarm sei. In diesem Bedenken liegt ein gewisser Widerspruch, wenn man weiß, daß sonst das Schwarzwaldwasser immer besonders gerühmt wird. Im übrigen kann man dieses Bedenken für zutreffend anerkennen und hinzu- sügen, daß sich ein mineralarmes Wasser jederzeit durch mineralische Zusätze verbessern läßt, nicht aber umgekehrt ein äußerst mineralreiches, hartes Kalkwasser für jeden Gebrauch verwendbar machen läßt. Der Vorzug ist hier zweifellos beim Schwarzwaldwaffer, das durch Zuführung von Muschelkalkquellen oder durch Zuführung eines gewissen Prozentsatzes unseres Berger Wassers jederzeit auf die gewünschte Zu
sammensetzung gebracht werden kann. Auch unsere Hausfrauen haben das weiche Wasser viel lieber als das harte, bei dem beispielsweise der Seifenverbrauch ganz außerordentlich ist. Städte, die mit Buntsandsteinwaffer versorgt werden, z. B. Heidelberg, haben sich bis jetzt durchweg wohl gefühlt und irgend welche Klagen sind dort nicht laut geworden.
Es dürfen also im allgemeinen die gegen das Schwarzwaldprojekt geäußerten Bedenken sich unbegründet erweisen. Nur eines muß man schlechthin zugeben: Die Projektierung des großen Stauweihers bedeutet eine Beunruhigung Wildbads, das sich gegen die Anlage eines Stauweihers, weil zu nahe b.i der Stadt, wehrt. Zwar hat man anderwärts, so in Sachsen, gar keine Bedenken getragen, Stauweiher vor ziemlich große Städte hinzulegen, und die Bewohner wurden im Vertrauen auf die große Sicherheit, welche diese technischen Anlagen jetzt gewähren, durchaus nicht beunruhigt. Bei Wildbad liegen die Verhältnisse freilich etwas anders, weil es sich nicht bloß um die Bewohner von Wildbad, sondern um die Kranken handelt, die zur Kur dorthin kommen. Wildbad fürchtet eine Beeinträchtigung seiner Frequenz, wenn der Stauweiher in die Nähe der Stadt gelegt wird, das hat man mehrfach in den Presseäußerungen vernehmen können. Auch könnte inan vielleicht daran denken, das Wasser der kleinen Enz durch einen Stollen in das große Enztal zu leiten. Jedenfalls würde allen bezüglichen Agitationen der Boden entzogen, wenn es den Technikern gelänge, diesen einen Punkt der Beunruhigung mit der Anlage des Stauweihers im Hauptenztal zu beseitigen.
Was den Einfluß des Stauweihers auf die Thermalquellen betrifft, so ist wohl anzunehmen, daß diese Quellen aus einer größeren Tiefe kommen. Wir wissen, daß dieses Thermalspaltensystem ein ganz scharf begrenztes ist, und mau gewinnt da die Vorstellung, daß eine sonstige Kommunikation mit den Spalten, die im Enztal etiva im Gebiete des geplanten Stauweihers das Gebiet durchsetzen, nicht wahrscheinlich ist. Damit würden wohl die Bedenken wegfallen, die man durch Beeinflussung des Thermalquellensystems durch den Stauweiher hegen könnte; denn im andern Falle wäre es schon denkbar, daß das kräftig ausgestaute Wasser in die Tiefe drückt und schließlich bis zu diesem Thermalquellenspaltensystem vordringt. Es würde damit eventuell eine Temperaturerniedrigung des Thermalwassers eintrcten können, was natürlich von sehr unangenehmen Folgen begleitet wäre, da das Thermalwasser in Wildbad nur einen sehr geringen Auftrieb hat. Die über diese Frage gehörten Sachverständigen sind aber der Ansicht, daß eine Beeinflussung der Thermalwasser nicht zu befürchten sei.
Wie man vielfach gehört hat, werden die Kosten für das Schwarzwaldprojekt aus etwa 12 Millionen Mark veranschlagt, wobei die gesamten finanziellen Erfordernisse inbegriffen wären. Es wäre dies somit das billigste Projekt, da z. B. das Neckartalprojekt auf ca. 15 Millionen, das Jllerprojekt aus über 20 Millionen und das Bodeuseeprojekt auf nahezu 40 Millionen Mark geschätzt wird.
Es verlautet, daß in Sachen der Stuttgarter Wasserversorgung die städt. Verwaltung demnächst eine Denkschrift veröffentlichen wird, in der die Wasserversorgungsfrage eingehend behandelt und das derzeitige Stadium der Unterhandlungen hinsichtlich der verschiedenen Projekte mitgeteilt werden wird.
Tagespolitik.
D i e b ad i s ch e D emo kra ti e hat soeben mit dem Beschluß ihrer Offenburger Vertrauensmännerversammlung die einseitige Erneuerung des Blockbündnisses mit den Nationalliberalen abgelehnt.
* *
*
Wie die bayerischen Bauern über die bayerische Vermögenssteuer senken, sagte der Abg. Bieckh in der Kommission: „Die Bauern müssen erst lernen, ihr Vermögen einzuschätzen, dann erst wird eine Vermögenssteuer eingeführt werden können. Ein schnelles Vorgehen wird vielen Bauern und Gewerbtreibenden zum Schaden gereichen. Wird die Vermögenssteuer zu einem Rock, der uns zwickt, lehnen wir sie ab.'
Gestern Vormittag ist der König und die Königin von England von der Londoner Victoria-Station abgefahren, um heute Dienstag zum Besuche des Kaisers und der Kaiserin in Berlin einzutreffen. — Daß man sich keinen Illusionen über die Wirkungen des Besuches auf die Beziehungen zwischen den beiden Ländern hingeben soll, wird von der Oeffentlichkeit hüben und drüben mit mehr oder weniger lebhaftem Temperament betont.
Zum Besuch des Königs Eduard in Berlin schreibt die Nordd. Allg. Ztg.: „Wir werden in den nächsten Tagen die Freude haben, Ihre Majestäten den König und die Königin von England als Gäste am Berliner Hof verweilen zu sehen. Wir heißen König Eduard und seine erlauchte Gemahlin ehrerbietig willkommen und wünschen den hohen Anverwandten unseres Kaisers, den Souveränen des britischen Weltreiches, in Berlin von Herzen die Gastfreundschaft zu erwidern, die im November 1967 das deutsche Kaiserpaar auf englischem Boden gefunden hat. Auch für die Beziehungen zwischen dem deutschen und dein englischen Volk versprechen wir uns Gutes von dieser Zusammenkunft. Die Kundgebungen freundwilliger Gesinnung und verwandtschaftlicher Zuneigung, zu denen der Besuch willkommenen Anlaß gibt, werden eine neue Ermutigung für alle sein, die in Deutschland und England bemüht sind, einer Entfremdung zwischen den beiden Reichen entgegenzuwirken und die deutsch-englischen Beziehungen in sichere Bahnen zu lenken. Mehr als je können sich die Freunde eines guten Einvernehmens diesseits wie jenseits des Kanals überzeugen, daß aus den persönlichen Verhältnissen der Monarchen ihren Bestrebungen keine Schwierigkeiten erwachsen. Freilich wird es noch unverdrossener Aufklärungsarbeit bedürfen, um das Ziel zu erreichen, das in der Sicherung einer aus die gegenseitige Wertschätzung begründeten Freundschaft zwischen den beiden Völkern vorgezeichnet ist. Aber auf dem Wegs dorthin möge der Besuch des britischen Königspaares und der Empfang, den Deutschland ihren Majestäten bereitet, einen Fortschritt bringen. In diesem Sinne wünschen wir den kommenden Festtagen einen ungetrübten Verlauf und eine lange günstige Nachwirkung.' Den leitenden Berliner Blättern ging von dem Chefredakteur des bekannten englischen Blattes „Morning Leader" folgende sympathische Kundgebung zu: „Bei der so bedeutsamen Gelegenheit des Besuchs des Königs Eduard bei Kaiser Wilhelm erlaubt sich der Chefredakteur des „Morning Leader", den Kollegen der deutschen Presse seine besten Wünsche zu übermitteln. Die wahren Empfindungen des britischen Volkes sind weder in dem Melodrama des Theaters, noch in der nach Sensation heischenden Presse zu finden, wohl aber in den Millionen von Heimen der Männer, die in Kontoren, in Fabriken, in Werkstätten und auf den Aeckern arbeiten, und unter diesen ist das Gefühl für das deutsche Volk tief und dauernd."
Der durch das Stein'sche Buch angefachte Streit, wer das Krügertelegramm angeregt habe, geht weiter. Die „Frkf. Ztg." gräbt aus den Zeitungen und Akten des Reichstags aus den Januar- und Februartagen des Jahres 1896 folgendes aus: Am 12. Februar 1896 ging dem Reichstag ein Weißbuch über die südafrikanische Republik zu, das die Verhältnisse vor und nach dem Jamesonschen Einfalle behandelt. Da ist auch ein Bericht des Freiherrn v. Marschall darin, in welchem er dem englischen Botschafter gegenüber das Telegramm, das durchaus keine Feindseligkeit gegen England bedeute, rechtfertigt, und in der Reichstagsdebatte vom 13. Februar 1896 gab es großen Beifall, als der Abg. Hamacher erklärte, alle Deutschen seien stolz aus die Kundgebung des Kaisers als auf einen Akt echt deutschen Selbstbewußtseins und einen Ausdruck der Gefühle des deutschen Volkes. Der damalige Staatssekretär Frhr. v. Marschall nahm in Verteidigung jenes Telegramms für Deutschland das Recht in Anspruch, mit dem gleichen Freimut, wie er den Engländern eigen ist, zu sagen, was wir denken und fühlen. Er schloß: „Wir beanspruchen für uns die Freiheit, daß wir offenkundiges Unrecht, welches unsere Interessen bedroht, als solches bezeichnen, und daß wir unserer Genugtuung darüber, daß das Unrecht unterlegen und Recht doch Recht geblieben ist, in der Form Ausdruck geben, wie es dem Empfinden der ganzen Nation entspricht." Wiederholten lebhaften Beifall auf allen Seilen des Hauses verzeichnet der Parlamentsbericht nach diesen Worten, und der Abg. Lieber, damals der Führer des Zentrums, erklärte sich durch diese Darlegungen des Staatssekretärs im Namen seiner