Nach Telegrammen ans Rom macht sich an der Un­glücksstätte bereits der Geruch der zahllosen Leichen bemerk­bar. Man hört auch immer noch auS den Trümmern ver­zweifeltes Schreien und Hilferufe.

In Catania kommen fortwährend Schiffe mit Flücht­lingen an, die sich alle in jammervollem Zustande befinden. Sie sind geistig gelähmt und geben auf Fragen keine Ant­wort, sondern murmeln nur immer die Namen ihrer unter den Trümmern gelassenen Angehörigen. In dem einge­stürzten Hotel sind 160 Gäste umgetomme», etwa 90 da­von waren Engländer und Amerikaner, 43 waren Deutsche. Daruter befanden sich mehrere Hochzeitsreisende. Entsetzliche Szenen spielten sich ab.

Der Eingang in die Meerenge von Messina ist nach Privatmeldungen fast ganz verstopft durch Leichen von Tieren, Menschen und durch Wrackteile. Das Aussehen der Meerenge ist völlig verändert. Beide Küsten sind umge- mandelt: die calabrische Küste ist ebener worden, die sizilische hat andere Buchten und Tiefen erhalten.

ss Palermo, 30. Dez. Gestern abend ist die erste amt­liche Drahtnachricht des Präfekten von Messina hier einge­troffen. Sie besagt, daß das Unglück jede menschliche Ein­bildungskraft übersteigt. Messina ist fast gänzlich zerstört. Die Zahl der Toten sind auf Zehntausende geschätzt. Die allgemeine Bestürzung und Verwirrung zu beschreiben, ist unmöglich. Die bisher geleistete Unterstützung ist ungenügend. Außergewöhnliche Hilfsmaßnahmen tun dringend not, ins­besondere aber Lebensmittel. Die Fenersbrunst, deren man bisher nicht Herr werden konnte, breitet sich an mehreren Stellen der Stadt ans.

!s Einem Telegramm des B. T. ans Rom zufolge sind in Messina nur wenige Gebäude erhalten, so die Fassaden des Rathauses und des Hotels Trinacria, deren Inneres eingestürzt ist. Von den 160000 Einwohnern hätten sich höchstens 12 000 gerettet. Flüchtlinge aus Messina schildern den Augenblick der Katastrophe in Farben die an den Unter­gang von Pompeji erinnern: Während die Menschen in angstvollem Gewühl sich durch die Gassen drängten und von oben Steine und Balken, ja ganze Balkons auf die Flücht­linge niederhagelten, machte das Meer dazu eine Musik wie 1000 losgelassene Raubtiere. In den Straßen stand das Wasser kniehoch. Tiefe Finsternis herrschte, die nur durch den Feuerschein der brennenden Häuser durchbrochen wurde. Während und nach der Katastrophe verrichteten die wenigen anwesenden Offiziere, Militärärzte und Soldaten wahre Heldentaten. Augenzeugen des Untergangs von Reggio berichten: Die Stadl lag in ruhigem Schlummer, als plötzlich ein fürchterliches Donnern unsichtbarer Kanonen einsetzte und das Meer in wilder Brandung in die Stadt drang, alles überschwemmend. Ganze Straßenzüge stürzten unter dumpfem Geräusch und bei dem Geheul der Menge. Alles mar das Werk weniger Minuten. Tie Zahl der in Messina ausgehrochenen Sträflinge beträgt 267 außer 300 Dirnen. Tie Zuchthäusler- machten mit den städtischen Ge­sindel gemeinsame Sache und terrorisierten die Stadt. Truppen erschossen eine Anzahl Freibeuter.

Nach den letzten Meldungen aus Messina werden die Verwundeten zunächst im Bahnhof nntcrgebracht, dessen eine Hälfte unversehrt geblieben ist. Die Nachrichten von der Garnison von Messina lauten sehr ungünstig. Die Kaserne Sant Elena, wo 3 Kompagnien lagen, ist zerstört. Nur 20 Soldaten sind gerettet. Vom 89. Infanterie-Regiment sind nur 10 Mann übrig geblieben, von 400 Zollwächtern nur 13.

js Rom, 30. Dez. Zn Reggio liegen unter den Trümmern mehrere hundert Soldaten begraben. Zahlreiche Polizeibe­amte wurden getötet oder verletzt. In Palmi wurden bis gestern abend 300 Leichen geborgen. ' Man befürchtet, daß noch weitere dreihundert unter den Trümmern liegen. Der

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Gram um Tinge, die nicht abznwenden,

Höhlt, statt zu heilen, unfern Busen ans.

Shak speare.

Unter den: Vauernkittel.

Eine wahre Geschichte von N. N.

Fortsetzung. Nachdruck verboten. -

Dgr König ging lebhaft, rasch voran, vorbei an dem schon geöffneten Cvrrpö mit der Krone, vorbei an allen Ragen Mich nur der junge Priester, den er angeredet hatte, dem leeren Raume des Bahnhofs, wo der Äco>Wsch,.stetzcn blieb. Minute aus Minute verstrich, eine Viertelstunde stuar vergangen, und seitwärts von der ver­stummten Mepschemnnsse stand der König noch immer im effrigffW dem Geistlichen. Sein Gesicht, seine

Gebärden Sekunde zu Sekunde lebhafter ge

worden: «nn MuKkLKo.Rot brannte auf seinen Wangen, er Mr blitzende Auge gar nicht ab von "nL-oF-.-NE-'' emem Antlitz, das von einer yentffen -Menoe feuchtere, wie im Glanz immer böherer UsÄLMWqMykriMsttinS

lo-Äik Äschen Üm ÜstchEen. das ganze versammelte Volt,

niemand sprach, ein eine Silbe zu hören. <mande vorüber, sab man, d'e Hand reichte, sab, daß bist Hrlltd NösteAchÄst Hjllle Minute in der seinen bielt. in herzlichster Weise dabei »nla, ihm sprach, daun einen Schritt vorangehend, seinen Begleiter, noch immer an der Hand haltend, nachzog und abermals stehen blieb, und nun hörten die Nächststehenden deutlich die Worte:

Präfekt von Reggio di Calabria berichtet, daß der Ort voll­ständig zerstört ist und Tausende umgekommen sind.

In Palmi sind 428 Tote geborgen, während die Zahl der Verletzten nicht festzustellen ist. Die Bevölkerung hält sich ohne Kleider und Nahrungsmitel auf dem freien Felde auf. In Bagnara beträgt die Zahl der Toten gegen 1000, in Sant Enfemia 1500, in Seminara 400.

js Nach den letzten Berichten aus Rom haben nach der Katastrophe in Calabrien und Sizilien der Aetna, der Vesuv und der Stromboli ihre Tätigkeit plötzlich ein­gestellt.

ss Rom, 30. Dez. In ganz Italien herrscht tiefe Trauer. Die Börsen und Theater sind geschlossen. Ueberal werden Hilfscomites gebildet. In Rom hat sich ein Centralcomite gebildet, das die ans privatem und öffentlichem Wege ge­sammelten Gelder cntgegennimmt und die Organisation von Hilfsaktionen in die Wege leitet. Den Vorsitz hat der Herzog von Aosta übernommen. Aus allen Teilen der Erde gehen Beileidstelegramme ein. Die gesamte Presse lädt zu Samm­lungen ein.

Das Schicksal der Deutsche«.

* Berlin, 30. Dez. Die telegraphischen Weisungen an die deutschen diplomatischen und konsularischen Vertreter in Italien um Beschaffung näherer Angaben darüber, ob und wie weit deutsche Landsleute von der Erdbebenkatastrophe betroffen worden sind, haben bisher nichr zum Ziel geführt, weil die regelmäßigen Verbindungen mit den Unglücksstätten unterbrochen und die Ermittlungen von Einzelheiten an Ort und Stelle außerordentlich erschwert sind. Aus denselben Gründen hat auch das Ersuchen an die italienischen Behör­den um Auskunft bisher ohne Erfolg bleiben müssen.

Eine heute nachmittag eiugelausene Depesche des deutschen Botschafters in Rom, Grasen Monts, lautet:Wegen des Schicksals des Konsuls und der deutschen Kolonie in Messina habe ich unverzüglich von der italienischen Regierung Ans- knnft erbeten. Wegen der Unterbrechung der Verbindung wird ein Aufschluß schwerlich sogleich zu erhalten sein.'

Der deutsche Konsul in Palermo meldet:Ueber das Befinden des Konsuls Jakob und der deuischen in Messina ist hier auch auf amtlichem Wege nichts festznstellci!, da die Verbindungen unterbrochen sind. Hier ist nichts versehrt."

' Nom, 30. Dez. Ter deutsche Generalkonsul in Neapel teil! über das Schicksal der deutschen Kolonien in Messina mit: Der Konsul Jakob ist mit seiner Familie gerettet. Im ganzen befinde» sich unter de» bisherige» Geretteten 81 Deutsche.

Die Hilfsaktion.

jj Neapel, 30. Dez. Der König und die Königin sind gestern abend hier eingetrosfen. Das Königspaar wurde von der Bevölkerung lebhaft begrüßt und begab sich sofort nach dem Arseiral und von da aiz ^D ord dstz HuMMiffes Bittprio. Omaimele, woraus die Reis^nachDtessind'angetrsten wurde.

js Zn Mailand hat die Lombardische Sparkasse sofort M Million Lire für die Erdbebengebietc gespendet.

Von der Zentralleitnng des Wohltäügkeitsvereins in Württemberg ist eine einheitliche Sammlung für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Süditalien und Sizilien organi­siert worden.

* Berlin, 30. Dez. Das Protektorat über das deutsche Hilfskomitee für Sizilien übernabm die Kaiserin, das Ehren­präsidium Reichskanzler Fürst Bülow. Dem Hilfskomitee gehören hervorragende Männer aus ganz Deutschland an, unter anderem auch der Statthalter von Elsaß-Lothringen, Graf Wedel.

. Hamburg, 12. Dez. Zum Zwecke frachtfreier Beför­derung von Liebesgaben aus Deutschland an die überle­bende Bevölkerung der zerstörten Städte in Sizilien und Calabrien entsendet die Hamburg-Amerika-Linie den am

Seien sie überzeugt, daß ich allez tun werde, was ni n > Macht steht. Die Sache ist schwierig, muß aber doch gehen Behalten Sie daher Mut und empfehlen Sie chm Geduld. Sagen Sie ihm auch, wie es mich gefreut hat, ^ er nächst Gott, seinem Könige vertraut hat grü tzen Lw ihn von mir, von seinem Könige, der ihn hoch- achiet und bewundert!"

Niese Worte liefen von Mund zu Mn. wurden in tausendfacher Weise ansgelegt und e M Wie verschieden aber auch darüber die Lesart und Aiiiicbt in der Meinung tarn alles überein:daß der König außer- ordentlich zum Katholizismus hinneige/ und viele Blatter, viele Zeitungen berichteten in ihren Spalten:daß ans seG ner Reise durch Westfalen der König von Preußen die katholisch.- Geistlichkeit ganz besonders ausgezeichnet habe."

Nach uni) nach verloren sich diese Gerüchte wieder, um einige Jahre später stärker denn je aufzutauchen. Es war urii die Zeit als in die preußische Residenz ein katholischer Priester aus Westfalen gekommen war, der unbehinderten .st'-tritt zu oem Privattabinett des Königs hatte und wäh- rcnd mehrerer Woche,! fast täglich von der erhaltenen Er- lauoms Gebrauch machte. Er war oft über eine Stunde allein bei dem Könige, er sprach viel und angelegentlich mir die,en> ,n den Gesellschaften, zu denen er gezogen wurde, und die Beobachter wollten bemerken, daß Fried- r> v Wilhetw nach den Unterredungen mit dem Priester noch siimtenlang ernster und nachdenklicher war, als sonst.

Als man den Geistlichen zum letztenmal im königlichen chlvste zu Berlin sah, strahlte sein Gesicht von einer so unverkennbaren innen: Seligkeit, daß alle, die ihn erblick- ten. sta zuslüsierten:der hat sein Ziel sicher erreicht." Sie batten nicht Unrecht! Pater Ignatius hatte jetzt wirklich das Ziel seines StrebenS erreicht: der Gespiele seiner Kin- oerinhre, der Jüngling, welcher des Mordes überführt, der

5. Januar von Hamburg abgehenden DampferJlyria" »ach einem sizilianifchen Hafen. Zur frachtfreien Beförde­rung für diesen Dampfer bestimmte Liebesgaben müssen um­gehend unter der Adresse: Speditionsabteilung derHam- burg-Amerita-Linie" in Hamburg, Freihafen-Kaiser Wil­helmshasen abgesandt werden.

Vermischtes.

8 Die Uhr mit einem Rade. Eine bedeutsame Er­findung hat, wenn sich eine Mitteilung der Zeitschrift LnKlisI, meelmnio bewahrheitet, ein Uhrmacher namens Brighton in Kalifornien gen,acht. Während bisher die Uhrkünstler ihr Hauptaugenmerk darauf richteten, durch allerlei Vorrichtungen oder durch besondere Kleinheit der Uhr es gibt eine Uhr, die in eine Erbse eingebaut ist Hervorragendes zu leisten, har Brighton durch ganz besondere Einfachheit des Uhr­werks den Rekord geschlagen. Die ganze Uhr wird von einem einzigen Rädchen bewegt und in Gang gehalten, das dieUnruhe" darstellt. Es werden dabei noch 31 kleine Stahlbälle benutzt, die den Gang der Uhr durch regel­mäßiges Abrollen über eine Zickzackbahn bewirken. Das ist der ganze Mechanismus, der an die Stelle der heutigen vielen Rädchen und Federchen tritt. Eine Feder ist hier nicht mehr nötig, und da die leichtgebanten Federn stets der Anlaß zum Versagen derUhr waren, so scheint mit dieser neuen Er­findung ein Werk geschaffen zu sein, das unverwüstlich ist.

8 Die Geschwindigkeit der Wolken. Die Geschwindigkeit, mit der die Wolken ihren Ort verändern, ist eins der besten Mittel zur Feststellung des Vorhandenseins der Richtung und der Geschwindigkeit der Strömungen in den oberen Luftschichten. Zu ihrer Bestimmung kommen übrigens auch Sonderballons und Drachen in Betracht, mit deren erster Anwendung der Name des amerikanischen Gelehrten Rotch in engstem Zusammenhang steht. Häufig ist die Wolkenge­schwindigkeit von sehr erheblicher Bedeutung, und die Vor­richtungen zu ihrer Bestimmung erfahren daher stets neue Verbesserungen. DieNature" beschreibt ein neues, von Richard in Paris konstruiertes Instrument, das einen hohen Grad von Genauigkeit bei solchen Messungen gestattet. Seine wesentlicheren Bestandteile sind zwei im Innern eines Kastens unter einem Winkel von 45 Grad angeordnete Spiegel, die das durch ein besonderes Linsensystem einfallende Bild des beobachteten Gegenstandes empfangen und sein Vorüberziehen an einer Gradeinteilung zu verfolgen gestalten. Voraus­setzung ist natürlich genaue Kenntnis der Höhe, in der die beobachtete Wolke dahinzieht. Zwei derartige Instrumente, die in bekanntem Abstand von einander dieselbe Wolke avisieren, gestatten, deren Höhenlänge zu bestimmen und geben gleich­zeitig zwei Geschwindigkeitsmessungen. Die ganze VorrichOma gleicht einer etwas schrägangelegten photographischen Kam die außer der nach vorn gerichteten Objektivmnndnng eine zweite senkrecht nach oben trägt. Das Ganze ist eine ans drei Stellschrauben ruhende kreisförmige Plattet bar aufmontiert, die gleichfalls in Grade geteilt ist. N dieser Beweglichkeit um eine senkrechte Achse ist das g Instrument auch noch nin eine horizontale drehbar, so datz eine Einstellung nach jeder beliebigen Richtung durch Schrauben- drehung niühelos erzielt werden kann.

unsere ZeitungAns den Tannen" für das 1. Quartal 1909 alsbald zu bestellen, wenn Sie das noch nicht getan haben.

VrrsntWortlicher Redakteur: Ludwig Lank, Allrnstetg,

Mann, der mehr und mehr sein Freund geworden, war frei! frei durch den Ausspruch des Königs!

Während einzelne Hanxtülätter der Tagespresse sich mit dem möglichen llel ertritt des Königs von Preußen zur ka­tholischen Religion beschäftigten, entbleiten mehrere Lokal, blätter der Provinz Westfalen die Nachricht:Der Bauer Andreas D.. rer vor einigen Jahren, des Mordes beschul- Ngt zum ö che verurteilt war, von Sr. Majestät aber zu lebenslänglicher Gefängnisstrafe begnadigt wurde, ist jetzt in Anbetracht selvcr musterhaften Führung und infolge oc'ngender Bittgesuche seiner braven Eltern, deren nun melmger einziger Sohn er jetzt, nach dem kürzlich erfolgten Wide seines Bri ders, ist, am gestrigen Tage auf Befehl des Königs seiner Haft entlassen und von dem Pater Ig­natius, den: früher,, Freiherr,, Adolar von K., nach seiner

Heimat geleitet worden."--

Mit welchen Gefühlen sah Andreas jetzt seine Heimat wieder! Er ertrug den Anblick nicht, als er mit Pater Ig­natius das Eichenwäldchen durchschritten und tzom Saum des Waldes aus hinüberschaute nach dem von den alten Linden umschattete,! Hcfe seiner Eltern.

Jckl kann dort nicht eintreten!" rief er erbebend und warf sich dann taut schluchzend in die Arme seines Freun­des, seines Retters.Ich kann nicht!" wiederholte er schaudernd.

(Schluß folgt.)

Kasernenhofblüte. Sergeant:Musketier Nolle, machen Sie nicht so'dämliches Gesicht wie Nußknacker, der uff 'ne weeche Pflaume beißt."

Splitter.

Es gibt Menschen, die nur in Freiheit, und solche, die nur unter Druck ihr Höchstes leisten.

Es gibt Hemmnisse, die treiben, Tciebe, die hemmen