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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.

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Ansgabeort Altensteig-Stadt.

Mittwoch, de« 9. Dezember.

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1908.

Der Dreibund

Verschiedene Vorgänge der letzten Zeit, besonders aber die wilden Deutschenhetzen in Prag und die neue Erregung in Italien gegen Oesterreich-Ungarn, wegen der Raufereien zwischen deutschen und italienischen Studenten der Wiener Universität lenken erneut die Aufmerksamkeit den Fragen zu, ob nicht die sich durch derartige Ereignisse immer wieder zeigenden Gegensätze zwischen den Völkern der Dreibundsstaaten die Grundlagen des Mitteleuropäischen Dreibundes all­mählich zu erschüttern drohen. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß der in Oesterreich sich immer offener bekun­dende Haß der slawischen Nationalitäten, besonders der Tschechen gegen ihre deutschen Mitbürger und das Deutsch­tum überhaupt der Dreibundspolitik der österreichischen Re­gierung imnier größere Schwierigkeiten bereitet, zumal außer­dem die Slavisierungstendenzen wenigstens in der inneren Politik des Donaukaiserstaats stets schärfer hervortreten. Bis jetzt ist es den Leitern der auswärtigen Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns allerdings noch immer gelungen, eine ungünstige Einwirkung der unverkennbar slaoenfreundlichen inneren Politik im zisleithanischen Teile der habsburgischen Monarchie auf das enge Bündnisverhältnis derselben zum Deutschen Reiche hintanzuhalten, aber man kann die Befürch­tung nicht ohne weiteres zurückweisen, daß die fortgesetzte antideutsche Strömung in den slavischen Volksschichten Oester­reichs, verbunden mit der schwächlichen Haltung fast noch jedes österreichischen Ministeriums seit den Zeiten des famosen Versöhnungskabinetts" des Grasen Taaffe gegen die politischen und nationalen slavischen Volksstämme, schließlich doch auf die auswärtige Politik und speziell auf die politischen Beziehungen der großen Donaumonarchie zu dem verbündeten Deutschland mehr oder weniger bedenklichabfärben" und sie gefährden müssen. Diese Besorgnis herrscht offenbar auch in den leitenden Berliner Regierungskreisen vor, und wenn man daselbst auch bis jetzt peinlichst jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten Oesterreich-Ungarns vermieden hat, so darf es doch als gewiß gelten, daß man an der Spree dem Anwachsen der antideutschen Tendenzen und Stimmungen jenseits der schwarz-gelben Grenzpsähle mit wachsender Be­sorgnis folgt.

Anderseits läßt das Verhältnis zwischen Oesterreich- Ungarn und Italien, der dritten Dreibundsmacht, immer wieder zu wünschen übrig. Es ist ja bekannt, daß in Italien stets eine starke und des Einflusses auf breite Volksschichten nicht entbehrende Partei bestanden hat, die durchaus für ein intimes Zusammengehen mit Frankreich ist, und welche daher nur widerwillig auf den Anschluß des Apeninnenkönigreiches an das deutsch-österreichische Bündnis sah. Von dieser franzosen­freundlichen Partei ging und geht daher vor allem der Wider­spruch gegen die offizielle Dreibundspolitik des römischen Kabinetts aus, und er erhält dadurch eine bemerkenswerte Unterstützung, daß in Italien die lange österreichische Fremd­herrschaft, deren letzten Reste ja erst das Jahr 1866 beseitigte, erhebliche Antisympathien gegen Oesterreich hinterlassen hat, die bei jeder Gelegenheit aufs neue Hervorbrechen. Dies hat sich eben auch jetzt wieder durch die antiösterreichischen Demon­strationen in ganz Italien anläßlich der genannten Vorgänge an der Wiener Universität gezeigt und die Franzosenfreunde in der italienischen Deputiertenkammer sind denn auch schon eifrig bei der Arbeit, die jüngste österreichisch-italienische Ver­stimmung für die politischen dreibundsfeindlichen Zwecke dieser Herrschaften auszubeuten, wie die Anfrage des Jrridentisten Barzilai in der Dienstagssitzung der Deputiertenkammer an den Minister des AeußerenTittoni hinlänglich beweist. Jedenfalls erschweren die antiösterreichischen Gesinnungen eines Teiles der italienischen Nation eine gedeihliche Weiterführung der Dreibundspolitik für die maßgebenden Staatsmänner Italiens ebenso sehr, wie man dies auch für die österreichischen Staats­männer infolge der wachsenden Slavisicrung Oesterreichs behaupten darf, sodaß die Frage des weiteren Bestandes des Dreibundes wohl als ein Problem der nächsten Zukunft gelten darf.

Fortwährend

werden Beste""'wen auf die ZeitungAus den Tannen" entgegengenommen.

Der Reichskanzler zur Lage.

js Am gestrigen Montag ergriff der Reichskanzler im Reichstag das Wort zur politischen Lage. Er sagte: Die politische Lage in Europa würde in den letzten Monaten von dem Umschwung in der Türkei beherrscht. Wenn behauptet worden ist, diese Bewegung sei von Verschwörern" angeführt worden, die ich unfreundlich be­handelt habe, so ist das nicht richtig. Die Führer der Be­wegung waren Offiziere, die zum Teil im deutschen Heere ausgebildet worden sind und die uns ein gutes Andenken bewahren. Wir sind nicht deshalb Gegner der neuen Be­wegung, weil wir zum alten Regime in freundschaftlichem Verhältnis standen. Bei ;eder Gelegenheit haben unser Vertreter Frhr. v. Marschall und andere die Reformen be­fürwortet. Wir haben niemals Land dort begehrt, nicht aus Moral, sondern weil unsere geographische Lage keinen Anlaß dazu bot; um so eifriger ist unser Wunsch für die Wohlfahrt der neuen Türkei. Bei der Wahrung der deutschen Interessen war ich mir klar, daß.wir 1. anderen Mächten den Vorrang lassen müssen. Gewiß haben wir heute mehr wirtschaftliche Interessen auf dem Balkan als zu Bismarcks Zeiten, aber nicht so große, daß wir dort eine führende Stellung einnehmen müßten. Der 2. Punkt war die Treue zu Oesterreich-Ungarn. (Bravo!)

Daß Oesterreich seinen Plan nicht vorher mitgeteilt hat, darüber bin ich ihm nichl bös, ja ich bin ihm sogar dankbar dafür; dankbar, weil ich weiß, daß Oesterreich-Ungarn seine Angelegenheiten selbst entscheiden muß. Ich habe Herrn Jswolski keinen Zweifel darüber gelassen, daß wir uns in der Konferenzfrage nicht von Oesterreich trennen. Herr Jswolski hat mir versichert, daß in keinerlei Weise ein offenes oder ein geheimes Abkommen zwischen Rußland und England mit einer Spitze gegen Deutschland besteht. Ich bin ferner überzeugt, - Italien ein Interesse daran hat, wie mit Deutschland so mit Oesterreich-Ungarn ver­bündet zu sein. Ein berühmter Diplomat sagte mir einmal, Italien kann mit Oesterreich nur verbündet oder verfeindet sein. Ich glaube, diejenigen meinen es schlecht mit Italien, die ihm zu Abenteuern raten, die seinen Aufschwung in Frage stellen. Das marokkanische Problem birgt noch Schwierigkeiten in sich, doch hoffe ich auf eine Verständigung. Von den Sozialdemokraten sind unsere Konsulatsbehörden in Casablanca wegen des Schutzes der Deserteure angegriffen worden. Damit haben sie sich auf den Standpunkt der französischen Militaristen und Nationalisten gestellt. Möge dieser militärische Geist, den sie hier beweisen, wenn es gilt, der PolitikdeseigenenLandesSchwierigkeitenzu bereiten,ihnen auch die Beratung des Militäretats bleiben. (Heiterkeit.) Als ein genauer französischer Bericht vorlag, haben wir aus das vorher auszusprechende Bedauern Frankreichs verzichtet und die Angelegenheit einem Schiedsgericht überwiesen. Von einer Niederlage der deutschen Politik war keine Rede. Das japanisch-amerikanische Abkommen be­trachten wir mit der Sympathie, die es dadurch verdient, daß es aufs neue eine befriedigende Entwickelung im fernen Osten gewährleistet. Wegen der Vorgänge, in Prag haben unsere Vertreter sofort die nötigen Schritte getan, damit unseren Reichsangehörigen der nötige Schutz zuteil wird. Darüber hinaus etwas zu tun, wäre nicht richtig. Ich kehre noch einmal zur Lage im nahen Orient zurück. Wir freuen uns, wenn England sich günstig zur Türkei stellt. Wir wünschen eine gesunde Türkei, und wenn England dies auch wünsche, so kann uns das Eng­land nur näher bringen. Wir konkurrieren in Konstan­tinopel nicht mit England. Wir wünschen, daß eine Kon­ferenz zum Beruhigungsmittel wird. Diejenige«, die den Frieden stören wollen, sind zu schwach, die ihn störe» könnten, haben keinen Grund, es zu wolle«. Unsere äußere Politik ist einfach und klar. Wir werden die deutschen Interessen wahren, unseren Verbündeten und Freunden treu zur Seite stehen und wollen in llebereinstimmung mit diesem hohen Hause und dem deutschen Volke alle auf die Er­haltung des Friedens gerichteten Bestrebungen unterstützen und fördern. (Lebh. Beifall.)

Tagespolitik.

Wir lesen in der Frankfurter Zeitung: Der Eingriff des Bischofs Keppler von Rottenburg in die schwebenden Württemberg! sehen Schulsragen charakterisiert sich als ein Uebergriff der Kirche auf das Rechtsgebiet des Staates, der durch den Ton und die Art der Veröffentlich­

ung dieserVorstellung" noch besonders kräftig betont werden sollte. Es handelt sich nicht darum, daß das bischöfliche Ordinariat zu spät Kenntnis von dem Entwurf erhalten hat; denn bei den engen Beziehungen zwischen dem Ordinariat und der obersten Schulbehörde für das katholische Volksschulwesen, dem katholischen Kirchenrat, war der Inhalt des Entwurfs dem Bischof so zeitig bekannt, daß sich sein Einfluß bereits konnte geltend zu machen suchen, noch ehe der Entwurf das Licht der Abgeordnetenkammer erblickt hatte. Der Bischof will aberamtlich" gehört und bei einem staatlichen Gesetzgebungsakt befragt werden und Mitwirken, was gleichbedeutend ist mit der Verneinung der Souveränität des Staates und der Stabilierung eines Miteigentumsrechtes der Kirche neben dem Staate auf dem Gebiete der Schule. Nicht bloß die Volksvertretung, sondern auch die Regierung wird aber die Pflicht haben, öffentlich und mit der nämlichen Entschiedenheit, mit der das bischöfliche Ordinariat die Rechte des Staates angegriffen hat, diese staatlichen Rechte zu ver­teidigen und das Ordinariat in seine Schranken zurückzu­weisen.

Beim Fürsten Philipp zu Eulenbnrg in Liebenberg hat nach der Kreuzztg. dieser Tage eine den Kranken völlig überraschende, eingehende gerichtsärzrliche Untersuchung stattgefunden. Sie hatte das Ergebnis, daß jede Möglichkeit einer neuen gerichtlichen Verhandlung in absehbarer Zeit ausgeschlossen erscheint.

Glückliches Oldenburg. Während aus fast allen deutschen Bundesstaaten Steuer-Jeremiaden kommen, ist in Oldenburg die Finanzlage so gut, daß der Landtag eine Herabsetzung der Finanz- und Vermögenssteuer beantragt. Die Regierung will aber noch die Klärung der unsicheren Einnahme-Verhältnisse im Reiche abwarten. Daran tut sie auch Recht, da das neueste Reichsdesizil 1.13^2 Millionen, wie Exzellenz Syoow milteilt, beträgt.

Stopp! So kann die deutsche Reichsregierung einmal nach K o n st a n t i n o p e l rufen, denn die Türken drohen mit der Ausdehnung des Boykotts aut deutsche Waren, weil angeblich österreichisch-ungarische Fabrikate unter deutscher Flagge eingesührt werden sollen. Das wäre ein Unterfangen, das wir uns denn doch nicht stillschweigend ge­fallen lassen könnten.

Die erste deutscheT i a m a n t e n b ö r se" in in Lüderitzbucht Deutsch-Südwest-Asrika gegründet worden für den Handel mitMinen-Anteilen, Grundstücken, Effekten w. Sie zählt etwa 40 Mitglieder und drei Makler. In Windhuk wurde eine Korporation der Kaufleute und eine Handelskammer errichtet.

An die Lust gesetzt ist Admiral Germinet, der Chef des französischen Mittelmeergeschwaders, wegen seiner Aeußerung, seine Flottille sei wegen Munitions-Mangels nicht gefechtstüchtig. Er kann nun in der Jnaktivität über seine Worte Nachdenken, die übrigens von seinen Kameraden als ganz zutreffend bezeichnet werden.

In der Türkei herrschen trotz der neuen Aera lieb­liche Zustände: Der Kriegsminister forderte vom Padischah 75 000 türkische Pfund für Verpflegung der Sultans-Leib­garde. Abdul Hamid antwortete, Las Geld ist längst be­zahlt, was aber der Minister wieder bestritt. Jetzt sind Sultan und Minister dermaßen zusammengeraten, daß der letztere der Leibgarde keinen Proviant mehr liefern will.

Landesnachrichten.

Nutzen und Annehmlichkeiten einer Gasversorgung.

lieber dieses zeitgemäße Thema sprach am Samstag in Freudenstadt der Direktor des Reutlinger städt. Gas- und Wasserwerkes, W. Kleinfeldt. Wir ent­nehmen demGr." hierüber folgendes: Der Referent sühne zuerst an der Hand einer schematischen Zeichnung den Fadri- kationsgang des Gases vor, worauf er die Anwendung des elektrischen Stromes und des Gases zu Beleuchtungs­zwecken in ihren verschiesenartigen Formen einer Ver-