Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich.

Bezugspreis: In der Stadt incl. Trägerlohn Mk. 1.25 viertel­jährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarorts­oerkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Anzeigenpreis: 3m Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Re­klamen 25 Pfg.

Schluß für die Inseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

123.

Mittwoch, den 29. Mai 1912.

87. Jahrgang.

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Bezirksschulamt Neuenbürg.

Bekanntmachung.

Die Schulvorstände, 1. und einzigen Lehrer wer­den daran erinnert, die durch Verfügung der K. Ministerien des Innern und des Kirchen- und Schul­wesens vom 2. Oktober 1^11 (s. Amtsbl. 1911, S. 139141) geforderten Liften auf 1. Juni einzu­senden, bezw. Fehlanzeige zu erstatten.

Den 28. Mai 1912.

Bezirksschulinspektor B a u m a n n.

Bekanntmachung,

betreffend die Abhaltung von Unterrichtskursen in Obst- und Gemüseverwertung für Frauen und Mäd­chen an der K. Weinbauschule in Weinsberg und im Pomologischen Institut in Reutlingen.

An der K. Weinbauschule in Weinsberg und im Pomologischen Institut in Reutlingen werden im Laufe dieses Sommers sechstägige Unterrichtskurse, in welchen über Ernten, Sortieren, Verpacken und Dörren von Obst und Gemüse, über Herstellung von Marmeladen und Gelees, Pasten, Obstsäften, Konser­ven usw. praktische und theoretische Unterweisung er­teilt wird, abgehalten werden.

Näheres in der Beilage zumStaatsanzeiger" Nr. 122.

Dieses Watt kann u. a. bei den Schultheißen- iimteru eingesehen werden, welche zu diesem Zweck hiemit angewiesen we»tz^n, den Interessenten auf Wunsch Einsicht in denStaatsanzeiger" zu ge­währen.

Den 28. Mai 1912.

/ K. Oberamt.

Binder.

Stadt und Bezirk.

Calw, 29. Mai 1912.

8. V. Pfingstausflug des Schwarzwaldvereivs.

Ein Väckendutzend war es, das dem Ruse des Schwarzwaldvereins am letzten Samstag folgte. Bei schlechtem Wetter zogen sie aus, dem Wettergott ver­trauend, der dem Schwarzwaldverein noch immer hold war. In Straßburg hatte man noch Zeit, das Münster wenigstens von außen zu besichtigen. In Tllrkheim bei Colmar kamen wir um 8 Uhr abends an, von wo aus die Drei Aehren noch in später Abendstunde um (410 Uhr zu Fuß erreicht wurden. Im HotelZur schönen Aussicht" waren wir sehr gut aufgehoben. Bei zweifelhaftem Wetter wurde am Pfingstfest um 6 Uhr morgens abmarschiert; der Schwarze See" wurde um 10 Uhr, derWeiße See" um 11 Uhr erreicht. Trotzdem die die Seen umgeben­den Höhen durch Nebel verhüllt waren, verloren sie wenig von ihrem düsteren Reiz. Je höher wir stiegen, desto mehr verteilten sich die Nebel und als wir dieSeekanzel" erreichten, war der Ausblick nach beiden Seiten frei, weshalb eine längere Mit­tagsrast gehalten wurde. Von hier aus ging es, dem prächtigen Höhenweg folgend, der Grenze entlang, der Schlucht zu, die um 3 Uhr 15 erreicht wurde. Der alpine Charakter der Hochvogesen kam bei dieser Wanderung ganz besonders zur Geltung, selbst der Schnee war hier oben noch nicht vollständig verschwun­den. Ueber die nach der deutschen Seite steil ab­fallenden Felsen hatten wir prächtige Ausblicke in die Täler des schönen Elsaß. DieSchlucht", dieser vielbesuchte Vogesenllbergang, war durch großen Fuß- und Automobilverkehr sowohl von deutscher, als auch von französischer Seite stark belebt. Trotz achtstündigem Marsch wurde der steile Abstieg nach Retournemer zu Fuß unternommen und von hier brachte uns die Bimmelbahn am Lac de Longemer vorbei nach Eörardmer. Hier wurden die wegen

Platzmangel in den überfüllten Hotels teilweise in der Stadt liegenden Privatquartiere sofort bezogen. An dem durch seine reizende Lage wohlbekannten Lac de Görardmer sammelten sich die Teilnehmer zu einem Rundgang, auch suchten sie ihre französischen Kenntnisse in verschiedenen Lokalen so gut wie mög­lich zu verwerten. Die Abfahrt am Montag erfolgte bei schönstem Wetter morgens ^ g Uhr; diesmal wurde der Schienenweg bis zur Schlucht benützt. Um 1^10 Uhr standen wir auf dem Gipfel des 1361 Meter hohenGroßen Hohneck". Der Ausblick auf die ganze Vogesenkette war klar und prachtvoll, weshalb hier oben längere Zeit gerastet wurde. Der Abstieg führte uns am Schießrothrieder Stauweiher und dem wildromantisch gelegenenFischbödle" vorbei durch eine steile Felsenschlucht nach Metzeral. Hier wurde in derSonne" bei vorzüglichem Muskateller die Beendigung der Fußwanderung gefeiert. Die An­kunft in Calw erfolgte 9 Uhr 12. Mit großer Be­friedigung blickten alle Teilnehmer auf die wohlge­lungene und überaus lohnende Pfingsttour zurück. Die Führung lag in den bewährten Händen von Herrn Paul Ee 0 rgii. Die Marschdauer im gan­zen betrug 13(4 Stunden und die Gesamtausgaben (einschl. Fahrt) für Alkoholfreie nach genauem Auf­schrieb 32 Mk. 35 Pfg. Hervorzuheben ist, daß wir bei der Fußwanderung fünf stärkere Gruppen von Pfadfindern und Jungdeutschland aus dem El­saß teils auf Vorposten, teils beim Abkochen im Lager usw. antrafen. Es freute uns, daß diese Jugendbe­wegung im Elsaß anscheinend sehr guten Boden ge­funden hat.

? Der Plan zur 1. Preutz.-Südd. Klassenlotterie

wird jetzt bekanntgegeben. Die Zahl der Lose be­steht aus 380 000 Stammlosen und 36 000 Frei­losen mit 190 00 in fünf Klassen verteilten Gewin­nen und zwei Prämien. Die Ziehung der 1. Klasse findet am 10. und 11. Juli, die der 2. am 9. und 10. August, der 3. Klasse am 6. und 7. September, der 4. Klasse am 11. und 12. Oktober und die der 5. Klasse vom 8. November bis 2. Dezember d. I. statt. Be­merkenswert ist, daß von der kommenden Loterie an die Freilose nicht mehr zugunsten der Lotteriever­waltung mitspielen. Das hatte dem Fiskus mit­unter recht erhebliche Einnahmen gemacht, die nun fortfallen. Künftig kommen die ausgesetzten Ge­winne ausschließlich den Spielern zugute.

st. Die Schwurgerichtssitzungen des 3. Quartals

werden am Landgericht Tübingen am Montag, 8. Juli, vormittags 9 Uhr beginnen. Zum Vorsitzenden wurde Landgerichtsdirektor Schuster vom Schwurge­richt Tübingen ernannt.

(!) Kraftsporterfolge. Bei dem am 26. und 27. Mai in Pforzheim stattgefundenen Verbandswett­streit des schwäbischen Athletenbundes erhielt der hiesige 1. Kraftsport-Verein den 6. Preis der ge­stellten Musterriege, sowie 4 weitere Preise im Ringen und Stemmen und erzielte hiemit bei starker Konkurrenz einen schönen Erfolg. Kraft Heil!

4t- Bad Liebenzell, 28. Mai. Der gestrige Ein­bruch geschah nachts zwischen 11 und 12 Uhr, als noch Gäste anwesend waren. Gestohlen wurde die ge­samte Tageseinnahme von zirka 600 Mk., die bereits in die oberen Räumlichkeiten gebracht waren. Die Nachforschungen, die noch in der Nacht mit dem Cal- wer Polizeihund ausgenommen und am Tag fort­gesetzt wurden, waren leider bis jetzt ohne Erfolg; der Hund verlor die Spur am Friedhof. Jetzt soll noch ein Stuttgarter Polizeihund auf die Spur ge­setzt werden.

-?o Simmozheim ,28. Mai. Nachdem nun die großartige Blütezeit günstig verlaufen ist, prangt nun die ganze Umgebung unseres Dorfes in saftigem Grün. Die altbekannten sog.Heu-Schrecken", die sich anfangs des Frühjahrs bei manchen Viehbe­

sitzern einstellten, sind daher nun spurlos verschwun­den. Beglückt ziehen nun unsere Bauern mit der Sense auf der Schulter hinaus zum ersten Schnitt, und am Abend tönt der Dengelschlag wieder durch unser Dorf. In letzter Zeit wurde auch unsere alte Kirchenuhr durch eine neue ersetzt, die von der bekannten Turmuhrenfabrik Perroth in Calw erstellt wurde. Letzten Freitag und Samstag wurde Eemeindevisitation durch Regierungsrat Binder-Calw vorgenommen.

st. Nagold, 28. Mai. Die hiesige Bezirksgeometer­stelle ist dem Hilfsgeometer Erieshaber hier über­tragen worden.

Herrenberg, 28. Mai. Als Gutspächter Mößner vom Hasenstallenhof bei Schreinermeister Gack Möbel auflud,scheuten die Pferde in dem Augenblick, als der Wagen zur Abfahrt bereit war, und rasten von der Stuttgarterstraße in die Seestraße. An der Kurve bei Kutscher Krauß stürzte der Wagen um, das auf dem Wagen sitzende 13jährige Töchterchen wurde vom Wagen geschleudert, blieb aber unverletzt. Dagegen wurde an den Gegenständen ziemlicher Schaden an­gerichtet. Die Pferde, die mit dem umgestürzten Wagen weiterliefen, kamen vor dem Gasthaus zur Rose zu Fall, ohne dabei weiteren Schaden zu neh­men.

Pforzheim, 28. Mai. Am 25. ds. Mts. wollte die 32 Jahre alte Fabrikantenfrau Klara Kuppen­heim von hier im Hofe des Chevaulegersregiments in Nürnberg bei einer Probe zum Pfingstpreisreiten mit dem Pferde ein Hindernis nehmen. Das Pferd blieb am Hindernis hängen und warf die Reiterin ab. Das Pferd kam dann auf die Reiterin zu liegen, wodurch Frau Kuppenheim zu Tode gedrückt wurde.

Pforzheim, 28. Mai. Ein schwerer Unfall er­eignete sich hier im Hause Kaiser Friedrichstraße H4. Während die Ehefrau des Josef Heilig sich in oer Küche beschäftigte und einen Eimer mit heißer Koch­brühe in die Ecke gestellt hatte, spielten ihre zwei Kinder, ein Knabe und ein Mädchen im Alter von 4(4 und 31/2 Jahren in der Küche. Das 3(4 Jahre alte Kind Alwine Melanie machte einen Sprung, fiel aber dabei nach rückwärts direkt in den Eimer mit der heißen Brühe und verbrühte sich den Körper derart, daß es im Kinderspital, wohin es verbracht worden war, seinen Verletzungen erlag.

Württemberg.

Landesversammlung der evange­lischen Arbeitervereine Württembegs.

Der wllrtt. Landesverband der evangelischen Ar­beitervereine hielt während der Pfingstfeiertage hier seine Landesversammlung ab. Die Stadt hatte aus diesem Anlaß Flaggenschmuck angelegt. Am Pfingst­sonntag abend fand in der städtischen Turnhalle die offizielle Begrüßungsversammlung statt, bei der außer den musikalischen und gesanglichen Vorführun­gen mehrere Redner, darunter Stadtpfarrer Lam- p a r t e r - Stuttgart als Vorsitzender des Landes­verbands, Begrüßungsansprachen hielten. Der Ver­treter des Stuttgarter Vereins, Hahn, sprach über Evangelische Arbeiterschaft und Kirche", Professor Fauth überArbeiter und Arbeit", der Vertreter des Göppinger Vereins überDas Verhältnis zwi­schen Arbeitgeber und Arbeiter", Parteisekretär Fischer-Heilbronn überDas Verhältnis des Einzelnen zum Staate". Am Pfingstmontag wurde im Gasthaus zur Laute die offizielle Hauptversamm­lung abgehalten, zu der Regierungsrat Stiefen- hofer von Biberach, Eewerbeinspektor Fischer in Vertretung der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, und Prälat von Hermann in Vertretung der evangelischen Oberkirchenbehörde erschienen wären. Minister v. Pischek sandte ein in warmen Worten ge­haltenes Begrüßungsschreiben. Die Versammlung