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1877.

«tt Ä^MMe der Sona- und Festtage.

Bezugspreis M sas Vierteljahr tm Bezirk und Rachbarortsverkehr M. 1.28.

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Fernsprecher Nr. 11.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigebiatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg

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Ansgabeort Altensteig-Stadt.

Dienstag, der» 1. Dezember.

Amtsblatt für Pfalzgrasenweiler.

190».

Amtliches.

Infolge der zweiten Dienstprüfung sind u. a. nach­stehende Lehrer für befähigt zur Versetzung von ständigen Lehrstellen erklärt worden :Großhans, Jakob, von Beuren; Raaf, Wilhelm von Nagold; Hayer, Friedrich von Pfalzgrafenweiler; Lang, Wilhelm, von Gompelscheuer.

Uebert ragen wurde die Schulstelle in Erzingen, Bez. Truchtelfingen (Balingen), dem Schulamtsverweser Otto - Härter in Oberwaldach, Bez. Pfalzgrafenweiler.

In der Weinbauversuchsanstalt Weinsberg wird vom 11. bis 23- Januar1909 ein Kurs über Weinbehand­lung, Hefereinzucht und Kellerpflege der Weine abgehalten. Gesuche um Zulassung zu diesem Kurs sind spätestens bis zum 15. Dezember des Jahres an das Vor­steheramt der K. Weinbauversuchsanstalt zu richten.

Tagespolitik.

Nach der neuesten vom Ministerium des Kirchen- und Schulwesens herausgegebenen Statistik des Unter­richts- und Erziehungs wesens im Königreich Württemberg gab es am 1. Januar 1905 1379 (im Vor­jahre 1378) zum Geschäftskreis der evangelischen Oberschul­behörde und 852 (850) zum Geschäftskreis der kath. Ober­schulbörde zählende, zusammen 2231 Schulorte. Schulorte mit 1 evang. Schulklasse gab es 631, mit 2 Schulklassen 395, mit 3: 173, mit 4: 66, mit 5: 32, mit 6: 16, mit 7 : 19, mit 8 : 6. Schulorte mit 9 bis 370 Klassen waren es 41. Hilssklassen für Schwachbegabte gibt es 5 (im Vor­jahre 4) evang. und 1 (1) kath. Die Zahl der Schulklassen betrug im Geschäftskreis der evang. Oberschulbehörde 1700 (1670), zusammen 5527 (5410). Somit wurden innerhalb der Jahresfrist 87 (60) evang. Schulklassen neu errichtet. Abteilungsunterricht wurde an 1363 (1339) evang., 175 (124) kath. zusammen an 1538 (1463) Schulklassen erteilt. In den evang. Schulen waren 229 605 (223 206) Schüler, in den kath. 97 595 (96 309). Somit kommen bei den evang. auf 1 Klasse 59,99 (60,53) Schüler, bei den kath. 57,41 (59,15) Schüler. Allgemeine Fortbildungsschulen sind in 1233 evang. Schulorten eingerichtet. Die Zahl der Schul­klassen betrug daselbst 1498 (1488), die Zahl der Schüler 27 327 (76 782). Kath. Fortbildungsschulen gab es an 759 Schulorten mit 809 Schulkassen und 11785 Schülern. Zahl der Lehrstellen am 1. Januar 1908: 3839 (3752) auf evangelischer, 1700 (1630) auf kath. Seite, zusammen 5539 (5422). Von den 3839 evang. Lehrstellen sind 2859 für ständige Lehrer und Lehrerinnen.

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DerEtat für das württembergischeKon- tingent weist 1 911908 Mk. (-j- 383 500 Mk.) Ein­nahmen auf. Die fortdauernden Ausgaben betragen 24 725 579 ( 56 750 Mk.,) die einmaligen Ausgaben be­laufen sich auf 4 623 618 ( 551 432 Mk.). Im Etat für das Reichsmilitärgericht werden die fortdauernden Aus­gaben mit 561 069, die einmaligen Ausgaben mit 850 000 Mk. (Neubau eines Dienstgebäudes) angesetzt. Der Etat für das Reichskolonialamt führt an ordentlichen Einnahmen 3780 Mk. ( 256 885 Mk.) auf. Die fortdauernden Aus­gaben belaufen sich auf 2 63-7 383 (4- 738 236 Mk.) Die einmaligen Ausgaben des ordentlichen Etats betragen 26 729 134 Mk. ( 13 176s338 Mk.)

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Die Sparsamkeit ist doch kein lehrer Wahn, sondern ist in dem Voranschläge für die Ausgaben des Reiches im Etatsjahr 1909 zur erfreulichen Tat geworden. Gerade diejenigen Etatstitel, für welche Spar­samkeit in erster Linie empfohlen zu werden pflegt, der Militär-, der Marine- und der Kolonialetat, weisen be­merkenswerte Minderforderungen auf. Der Gesamtbedarf der MilMrverwaltung bleibt um rund 20 Millionen Mk. hinter dem diesjährigen zurück. Mehrere Millionen betragen auch die Minderausgaben beim Marineetat. Um mehr als 14 Millionen Mk. ist im Kolonialetat der Reichszuschuß für die Schutzgebiete geringer geworden. Das sind doch alles schätzenswerte Erscheinungen, die wir um so freudiger be­grüßen können, als die Wehrkraft des Reiches durch sie nicht beeinträchtigt wird. Man wird es angesichts dieser be­

merkenswerten Sparsamkeitsproben auch mit Ruhe hinnehmen müssen, daß nach dem Urteile der Sachverständigen die drei­jährige Dienstzeit bei der Kavallerie und reitenden Artillerie beibehalten werden muß, um die Kriegstüchtigkeit dieser Truppengattungen nicht zu vermindern. Erfreulich ist es auch, daß die Schutztruppe für Deutsch-Südwestasrika bis zum 1. April k. I. um weitere 500 Mann verringert, und daß durch eine Neuformation die Ausgabe für unser ostasiatisches Departement um 25 Prozent herabgesetzt werden wird.

Der freisinnige Verfassungsantrag, der mit denen des Zentrums und der Sozialdemokraten am Mittwoch zur Beratung im Reichstage gelangt, fordert die Schaffung eines Staatsgerichtshoses, der dem Reichsgericht angegliedert werden soll. Ferner verlangt er die Verant­wortlichkeit des Reichskanzlers oder dessen Stellvertreters gemäß der badischen Gesetzgebung. Danach haftet der Reichs­kanzler für die politischen Handlungen des Kaisers und zwar auch dann, wenn diese Handlungen nicht bloß der Verfassung entgegen, sondern auch dann, wenn sie die Wohl­fahrt oder Sicherheit des Reiches bedrohen. Endlich wird von den Freisinnigen auch eine Aendmung der Geschäfts­ordnung beantragt, die eine leichtere Handhabung des Jnter- pellationsrechts nnd eine bisher nicht mögliche Beschluß­fassung am Ende einer Jnterpellationsdebatte einführt.

Kaiser Franz Joses hat keine rechte Freude an seinem 60jährigen Regierungsjubiläum, das am 2. Dezember ist, während die Feierlichkeiten schon im Sommer stattgefunden haben. War eben erst Wien der Schauplatz skandalöser Vorgänge, so haben sich die Tschechen in Prag bei dem 60jährigen Stiftungsfeste der Lesehalle der deutschen Studenten wieder von der pöbelhaftesten Seite gezeigt.

Der Bericht des Senators Chautemps über das fran­zösische Marinebudget betont die heikle Lage der See- streitkräste Frankreichs, weil Frankreich den militärischen Wert von Kreuzern und kleineren Schiffen überschätzt und den Bau von Panzerschiffen vernachlässigt habe. Der Bericht stellt dann die Ueberlegenheit der französischen Granate fest, spricht sich lobend über das französische Pulver aus, be­dauert aber die Unzulänglichkeit des Effektivbestandes, die die Mobilisation der Reserveschiffe verzögern würde. Zum Schluß weist der Bericht aus die mangelhafte Arbeit und die Disziplinlosigkeit in den Arsenalen hin.

Zwischen Japan nnd Amerika ist ein Ab­kommen getroffen worden über die Politik beider Länder im Stillen Ozean. Dieses Abkommen bindet jede der beiden Mächte, die Besitzungen der andern >u achten und die In­tegrität Chinas zu verteidigen. Es gewährt allen Nationen oort gleiche Vorteile für Handel und Industrie und bestimmt, daß, falls Verwickelungen den status guo bedrohen sollten, beide Mächte in Verhandlungen darüber eintreten, was gemeinsam zu tun sei. Mit diesem Abkommen ist eine der- einstige kriegerische Auseinandersetzung zwischen den beiden großen Nebenbuhlern im Pazifischen Ozean zwar nicht aus dem Bereiche der Möglichkeit gerückt, denn papierene Ab­machungen verlieren selten ganz ihren papierenenCharakter,bleiben vielmehr zerreißbar; aber für absehbare Zukunft ist ein kriegerischer Konflikt ausgeschlossen. Präsident Roosewelt, dessen Amtsperiode mit dem 5. März kommenden Jahres endigt, hat sich durch dieses Abkommen mit Japan noch zum Schluß als einen so weitschauenden und genialen Staats­mann erwiesen, daß die Amerikaner alle Ursache haben, ihm ein denkbares Andenken zu bewahren.

Deutscher Reichstag.

* Berlin, 28. Novbr.

Fortsetzung der ersten Beratung der Reichsfinanzreform.

Abg. Erzberger (Ztr.): Von den Rednern sind die Steuerprojekte so zerpflückt worden, daß nur wenige unver­sehrt geblieben sind. Schon vor einem Jahre standen wir vor einer Kanzlerkrisis, die aber durch den parlamentarischen Rütlischwur beigelegt wurde. Wo bleibt jetzt der Reichs­kanzler ? Warum beseitigt er nicht den großen Riß im Block? Das Zentrum hat stets in schweren Zeiten Hülfe für das Blühen und Gedeihe r des deutschen Vaterlandes ge­

leistet. In diesem Sinne werden wir auch sachlich an der Finanzreform Mitarbeiten, nicht um der schönen Augen des Reichskanzlers willen. Eine Ausdehnung der Erbschafts­steuer aus die Deszendenten und Ehegatten lehnen wir heute ab, wie wir es früher getan haben. Mit seinen Angriffen aus die Gewerkschafter hat der Finanzminister nicht nur die sozialistisch, sondern auch die christlich-organisierten Arbeiter getroffen. Ein Staatsminister mit derartig reaktionären Ansichten kann nicht als Vertrauensmann des ganzen Volkes gelten. (Sehr richtig im Zentrum.) Heute wird dem Zentrum die Schuld für die Finanzmisere zugeschoben. Existierte das Zentrum nicht, dann hätten wir, nach Ansicht des Herrn Müller-Meiningen, das Paradies auf Erden. (Heiterkeit. Sehr richtig bei den Freisinnigen.) Es liegt aber am System. Der Reichstag sollte das Budgetrecht mehr ausdehnen und stets darauf dringen, daß seine Abstriche auch beachtet wer­den. Was mag die Regierung im Umherziehen an Reise­spesen, Depeschen und Zulagen kosten? Ganze Regimenter werden nutzlos zu Paraden von Osten nach Westen ge­schickt. Statt Sparsamkeit in den Kolonien werden viele Millionen verschwendet, namentlich für den Ausbau von Kiautschou. Ein wunder Punkt ist ferner die enorme Zu­nahme der Militärpensionen. Wenn wir nicht dazu über­gehen, jährlich einige Millionen im Etat zu streichen, so kommen wir in 5 Jahren zu einer neuen 500-Millionen- Forderung. (Beifall im Zentrum.)

Abg. Emmel (Soz.): Die Erhebung von zwangs­weisen Beiträgen zu den Gewerksschaftskassen ist nichts ver­wunderliches, müssen doch die Handwerker zu den Zwangs- Innungen auch Zwangsleistungen entrichten. Die neuen Steuern bringen den Arbeitern nur Arbeitslosigkeit und Sorge. Die Sozialdemokratie hat nicht den geringsten An­laß, ihren Obolus für die Reichsfinanzreform beizufteuern, weil sie von dem jetzt herrschenden Regierungssystem doch bloß aufs brutalste unterdrückt wird, für dessen Aufrecht­erhaltung sie kein Interesse hat. Infolge der neuen Steuern wird die Arbeitslosigkeit noch verstärkt werden. Wir ver­langen eine Einschränkung der Ausgaben, sowie eine Aende- rung des politischen Systems nach der Richtung, daß im Interesse der Masse der Bevölkerung und nicht gegen sie regiert wird. Dem bestehenden System bewilligen wir keinen Mann und keinen Groschen. (Beifall bei den Sozialdemokr.) Auch wir treten dafür ein, daß die stärkeren Schultern schärfer herangezogen werden. Nachdem wir aber 1906 die Nachlaßsteuer abgelehnt haben, kann man nicht ohne weiteres erwarten, daß wir ihr jetzt zustimmen. Die Reichsvermögens­steuer können wir nicht als Ersatz der Nachlaßsteuer be­trachten. Eine Reichsvermögenssteuer würde ein Reichs­einkommenssteuer nach sich ziehen. Was würde aber dann aus den Finanzen der Einzelstaaten werden. Einen Weg zur Verständigung erblicken wir in der Einführung der Er­höhung der Matrikularbeiträge, die von den Einzelstaaten durch Erhöhung der Besitzsteuer getragen werden soll. Meine Freunde werden beim Etat das Prinzip der Spar­samkeit in jeder Weise praktisch zur Geltung bringen. Abg. Hilpert (Bauernbd.): Eine Finanzreform ohne Heran­ziehung der stärkeren Schultern ist undenkbar. Die gegen­wärtige Vorlage trifft aber fast durchweg die ärmeren Volks­schichten. Damit schloß die erste Beratung. Tie Vorlage wurde einer besonderen Kommission von 28 Mitgliedern überwiesen. Die nächste Sitzung findet am Montag Nach­mittag um 1 klhr statt. T.-O. : Gewerbeordnungsnovelle: Frauenarbeit. Schluß gegen 4 Uhr.

Lanvesnachrichten.

Altensteig, so. Nov.

Zum Weihnachtsgeschäft.

Von Geschäftsleuten wird oft darüber geklagt, daß das Geschäft eben nicht mehr wie früher gehe. Die Anhäng­lichkeit der alten treuen Kundschaft schwinde immer mehr und das Publikum kaufe vielfach aus verlockende Anzeigen hin entweder in den Warenhäusern der größeren Stadt oder bei Versandtgeschäften, die oft weiß Gott wo in entfernten Gegenden des deutschen Vaterlandes oder gar außerhalb desselben ihren Sitz haben. Besonders aber sei dies vor Weihnachten der Fall, wo man auf ein gutes Geschäft an­gewiesen sei. Es ist unstreitig viel Wahres an dieser Klage. Aber ebenso wahr ist es, daß viele Geschäftsleute nichts dagegen tun und neben dem fortwährenden Jammern untätig zusehen, wie der entfernte Geschäftsmann durch ge­schickte Reklame das Geschäft macht. Die Geschäftsverhält­nisse haben sich tatsächlich sehr geändert nnd wer dem nicht