in Stuttgart, die übrigen mehr für Verlegung nach Tübingen, ferner Eingaben von drei landwirtschaft­lichen Gauverbänden und von dreiViehversicherungs- vereinen, vom tierärztlichen Landesverein sowie von den Professoren der Tierärztlichen Hochschule. Der Kultusminister teilte mit, daß in diesem Sommer­semester nur noch 17 Studierende inscribiert seien, wovon 11 dem vierten und sechs dem sechstenSemester angehören, sechs aus Württemberg sind. Der Refe­rent R e m b o l d - Aalen beantragt: 1. die Ein­gaben der Regierung zur Kenntnisnahme mitzutei­len, insofern darin das Verlangen weiter landwirt­schaftlicher Kreise zum Vortrag kommt, 2. die K. Re­gierung zu ersuchen, im Zusammenhang mit der Aufhebung der Tierärztlichen Hochschule im Bedürf­nisfall im Etat einen Fonds zur Unterstützung der außerhalb Württembergs Studierenden der Tierheil­kunde zu gründen. Der Abg. Dr. Eisele bean­tragte mit dem Abg. Haußmann: Die auf Be­ladung einer tierärztlichen Hochschule in Württem­berg gerichteten Eingaben zur Berücksichtigung, die übrigen zur Kenntnisnahme zu übergeben. In der Debatte sprach sich der Redner der Volkspartei für den Fortbestand der Hochschule und zwar als einmü­tige Auffassung seiner Partei aus, ein Vertreter der Sozialdemokratie gegen den Fortbestand, Redner des Zentrums, der Konservativen und Deutschen Partei sprachen sich je für ihre Person, teils für, teils gegen den Fortbestand der Hochschule aus. Der Kult- minister betonte, daß die Regierung auf ihrem früheren Standpunkt nach wie vor stehe, also die Forterhaltung der Hochschule wünsche, aber auch die Verwilligung der für die Verlegung nach Tübingen erforderlichen Mittel erwarten müsse, jedenfalls wäre ein Stipendienfonds für auswärts Studierende eine dankenswerte Vorsichtsmaßregel. Bei der Ab­stimmung wurde der Antrag Eisele-Haußmann ab­gelehnt mit 9 gegen 5 Stimmen und ebenso der An­trag Rembold Ziff. 1 und 2 angenommen mit 9 Ja gegen 3 Nein und zwei Enthaltungen. Hernach be­antragte der Referent Rembold, die Bereitwillig­keit auszusprechen, die erforderlichen Mittel zu be­willigen, um den Professoren und Angestellten an der Tierärztlichen Hochschule einen entsprechenden Ausgleich für die ihnen durch Aufhebung der Hoch­schule zugehende Minderung ihrer Bezüge zu gewäh­ren und die Eingabe der Professoren der Tierärzt­lichen Hochschule um Entschädigung für erledigt zu erklären. Dieser Antrag wurde einstimmig ange­nommen.

Aus der Ersten Kammer.

Geh. Hofrat Dr. v. Jobst begründete eine An­frage bezüglich der Erichtung eines Ausstel­lungsparkes mit ständigen Gebäuden auf dem Cannstatter Rasen mit Bezug auf das württemb. Eroßschiffahrtsprojekt. Staatsminister v. Pischek gab die Erklärung ab, daß dieses Ausstellungspro- jekt noch nicht über die ersten Vorarbeiten hinaus gediehen sei und daß die staatlichen Behörden zu einer Beeinträchtigung der Schiffahrtsinteressen, die

durch die Ausführung des Ausstellungsprojekts ent-! stehen könnten, ihre Zustimmung nicht geben wür-! den. Abweichend von den Beschlüssen der Zweiten > Kammer wurde bei Beratung des Gesetzentwurfs über die israelitische Religionsge­meinschaft beschlossen, daß die Mitglieder des sog. engeren Rates, soweit sie besoldet sind, vom König auf Lebenszeit, im übrigen vom Ministe­rium des Kirchen- und Schulwesens aus der Zahl der vom weiteren Rat Vorgeschlagenen auf bestimm­te Zeit ernannt werden. Die Zweite Kammer hatte statt Ernennung der Oberkirchenvorsteher durch den König auf Lebenszeit Wahl durch den weiteren Rat auf 6 Jahre vorgesehen.

Stadt und Bezirk.

Calw, 23. Mai 1912.

st. Sonderzug an Pfingsten. Der Sonderzug am Pfingstsonntag StuttgartCalwPforzheim wird nach folgendem Plan fahren:

Stuttgart Hbf. ab

ohne Aalt bis Calw

5.W Vm.

Bahnst. III.

Calw

an

6.l.',

Anschluß an

Hirsau

6.25

. Zug 1803

Bad Liebenzell

6.33 ..

nach Horb.

Monbach-Neubausen

6.40

Unterreichenbach

,,

6-47 ..

Erunbach-Salmbach

6.53

Dill-Weißenstein

6.59

Dillstein

,,

7.04

Brötzingen

,,

7 08

, . ,,

Pforzheim

743

Als Lotterieeinnehmer der staatlichen Klassen­lotterie ist lt. Bekanntmachung imStaatsanz." für Calw Karl Reichert, Kaufmann hier, angenom­men worden. Diejenigen, die schon seither in Klas­senlotterien gespielt haben, dürfte es interessieren, daß das neue Lotteriegesetz eine Verschärfung der Strafen für Las Spielen in fremden Lotterien ge­bracht hat. Als fremde Lotterien sind auch die säch­sische Landes- und die Hamburger Stadtlotterie an­zusehen. Die Verschärfung besteht darin, daß nicht wie seither nur derjenige bestraft wird, der solche Lose in Württemberg vertreibt, sondern nunmehr auch der Spieler selbst und zwar bis zu 600 Mk. oder mit Haft.

sc-l). Mutmaßliches Wetter. Die verschiedenen über dem Ozean, Frankreich und Süddemschland, so­wie der Nord- und Ostsee verteilten Luftwirbel haben den Hochdruck vom Festland nach Osten zu­rückgedrängt und beherrschen vorerst die Wetterlage. Für Freitag und Samstag steht anfangs noch küh­leres und trübes, dann aber wieder aufheiterndes Wetter bevor.

Nagold, 22. Mai. Bei dem letzten Gewitter ist in Wildberg ein kalter Blitzstrahl vorgekommen. Hier schlug der Blitz in einen Eiskellerschuppen und zersplitterte mehrere Balken, fuhr dann aber in den Eisraum selbst und zündete nicht.

Württemberg.

Stuttgart, 20. Mai: 1912.

Der Verbandstag der landwirt­schaftlichen Genossenschaften, fand heute unter überaus zahlreicher Beteiligung unter dem Vorsitz von Oberreg.-Rat Bai er im Festsaal der Liederhalle statt. Dieser begrüßte die Erschienenen, besonders die Ehrengäste Staatsmini­ster v. Pischek, den Vertreter des Finanzministe­riums, v. Blessing, den Vorstand der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft, Regierungsdirektor v. Sting, Reg.-Rat Spindler vom Ministerium des Innern und den Vertreter der K. Hofbank, Geh. Hofrat v. Staib. Staatsminister v. Pischek wies auf die große Beteiligung am Verbandstag hin, anerkannte die ersprießliche Wirksamkeit des Verbands, beson­ders die erfolgreiche Tätigkeit des seitherigen Vor­stands, Prof. Dr. v. Seemann, und gab der Hoffnung Ausdruck, daß der Verband auch unter der neuen Leitung segensreich weiterwirken werde. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen: Dem Verband ge­hören zur Zeit an 1572 Genossenschaften mit rund 168 000 Mitgliedern, darunter 1225 Darlehens­kassenvereine, 277 Molkereigenossenschaften, 28Milch- verkaufsgenossenschaften, 14 Weingärtnergenossen­schaften, 9 Dresch-, 7 Getreideverkaufs-, 1 Fleckvieh­zucht, 1 Schweinezucht-, 3 Getreidemühle- ,1 Latri­nenverkaufs-, 4 landwirtsch. Konsumgenossenschaften, die Vereinigten Käsereien des württ. Allgäus, 1 landwirtschaftliche Genossenschaftszentralkasse. Gegen das Vorjahr ergibt sich ein Zuwachs von 61 Genos­senschaften mit 3419 Mitgliedern. Der Gesamtum­satz sämtlicher 1206 Darlehenskassenvereine kann auf 220 Mill. Mk. geschätzt werden gegenüber 210 Mill. i. V. Die Verbandsrechnung ergibt in Einnahme und Ausgabe Mk. 76180.33, das Verbandsvermögen Mk. 35 856.23, somit eine Abnahme gegen das Vor­jahr von Mk. 3856.25. In den Ausschuß neuge­wühlt wurden Schultheiß Landtagsabgeordneter Förstner-Uebrigshausen und Schultheiß Ehrler-Ber- lichingen. Die Anträge des Verbandsausschusses wegen Erhöhung des Verbandsbeitrags von 7 auf 8 Pfg. pro Mitglied, auf Einführung von Rechen­kursen und Einrichtung einer Beratungsstelle zur Er­teilung von Rechtsauskunft in landwirtschaftlichen Angelegenheiten wurden angenommen. Direktor Schmidt trug hierauf den Geschäftsbericht der Käufstelle vor. Vermittelt wurden für 1002 Ver­eine Kunstdünger, Kraftfuttermittel, Kupfervitriol und Schwefel sowie Kohlen und Koks im Wert von Mk. 2 479 394, ferner 22 Kassenschränke im Wert von Mk. 9001, landwirtsch. Maschinen und Molkerei­artikel im Wert von Mk. 175 938. Das Geschäfts­ergebnis übersteigt dasjenige des Vorjahrs hinsicht­lich des Werts um Mk. 606144 29,4 Prozent und hinsichtlich der Zahl der Wagenladungen um 294 7,3 Prozent. Die Bilanz auf 1. Juni 1910/11 weist in Aktiva und Passiva auf Mk. 212 960.14. Die Kaufstelle hat sich im abgelausenen Geschäftsjahr gut weiterentwickelt. Anschließend hieran fand die Generalversammlung der Genossenschafts­

Tyrcrnn Ehre.

47) Roman von K. Lubowski.

(Fortsetzung.)

Er schickt den Diener fort und trägt sie auf seinen Armen in das duftige Helle Mädchenstübchen. Er bettet sie sorglich, löst ihr die Sachen und reibt ihre eiskalten Hände. Sie müssen beide ganz allein sein. Niemand darf von dem wissen, was sie sich sagen wer­den. Jürgen ahnt, weshalb die Schwester zusam­mengebrochen ist. Der brennende Wunsch, ihr über das Furchtbare fortzuhelfen, dämmt das rasende Wutgefllhl in ihm ein. Er kniet an ihrer Seite und gibt ihr all die Kosenamen, die er längst vergessen zu haben meinte.

Endlich schlägt sie die Augen auf. Er könnte auf­schluchzen, als er ihren irren, verzweifelten Blick sieht und doch lächelt er, um ihr Mut zu machen.

Sie sieht scheu umher. Was ist nur mit ihr ge­schehen? Ein dunkler Schleier liegt über ihrem Glück, den muß sie forthaben, denn er hüllt es ein und verbirgt es, daß sie meinen könnte, es sei ver­schwunden. Aber er läßt sich nicht fortreißen; er ist mit ihm verwachsen. Ihr Glück ist dunkel geworden und ihr Glaube erschüttert. Nun steht sie wieder in der Wirklichkeit.

Ein Schrei kommt von ihren Lippen. Sie um­klammert den Bruder mit beiden Armen.

Jürgen, sage mir die Wahrheit! Hast du auch davon gehört, daß Hans Weddo"

Sie kann nicht vollenden. Ein wahnsinniges Grauen schüttelt sie.

Er streichelt ihr 5>aar und legt ihr Haupt an sein Herz.

Still ganz still, Addachen. Du bist doch ein Soldatenkind. Wein dich aus"

So ist es wahr, Jürgen? Du weißt?"

Ich weiß nichts gar nichts."

Du weißt doch etwas. Quäle mich doch nicht so sehr. Sie haben es heute schon übergenug getan. Sei doch barmherzig, Jürgen, ich habe keine Mutter, zu der ich in dieser schweren Stunde gehen könnte, und keinen Vater, der mich anhören und verstehen würde. Ersetze du mir beidehalte mich, Jürgen laß mich klar sehen! Ob du es glaubst, will ich wissen."

Ich glaube es noch nicht, Adda."

Noch nicht aber du meinst, daß die Zeit kom­men wird?"

Davor bewahre dich und mich der liebe Gott. Denn wenn ich es glauben muß, schieße ich ihn über den Haufen, oder er mich, je nachdem der Zufall ge­rade gelaunt ist."

Er sagt es ganz ruhig und kaltblütig. Der An­blick der gebrochenen, blassen Schwester, die er heute zum erstenmal weinen sieht, verhalf ihm zur Klar­heit.

Adda hat das Wort, das ihm die rohe Kraft und das Muß, das die Ehre gebieterisch ausspricht, zu diktieren, nicht mehr gehört. Sie hat schon wieder die Besinnung verloren.

Die Klarheit ist da. Jürgen von Wachenhusen weiß jetzt, was er zu tun hat. Gestern abend, nach­dem er Tettau aufgesucht und um eine Unterredung gebeten hatte, spielte er den Spion. Wie ein Dieb hat er sich an den Hofbrunnen, an dem einst Frau Wachtmeister Hirse stand, geschlichen. Stundenlang hat er warten müssen, ehe Tarenbergs hohe Gestalt

in den spärlich erleuchteten Flur eintrat. Er hat gesehen, hier mit seinen beiden gesunden Augen, wie ! er neben ihr gesessen hat, wie er sie zum Abschied ge­küßt hat. Geradewegs in das kleine Zimmerchen flog sein scharfer Blick. Kein Vorhang, keine Jalou­sie machte ihm Schwierigkeiten. Was er gesehen, ge­nügte ihm als Beweis. Eines weiteren brauchte er nicht.

Er hatte es auch Adda gesagt. Kurz und knapp, denn die Weichheit hilft hier nichts. Sie wird ihre Sache heute noch mit ihm in Ordnung bringen er erst morgen.

Sein Vater muß zuvor mit ihm sprechen. Das kann ihm nicht geschenkt werden. Er muß erst wis­sen, ob er sein Ehrenwort gibt, daß sein Oberst als Vater seiner Tochter von ihm verlangen wird, ver­langen muß, wenn er sich etwa aufs Leugnen ver­legen wollte. Er, Jürgen, hat seinem Vater heute eröffnet, daß Leutnant von Tarenberg bis gestern Addas Verlobter gewesen ist.

Die Liebe für den einzigen Freund ist tot. An ihrer Stelle lebt die Verachtung. Aber er weiß nicht, ob das Mitleid im entscheidenden Augenblick nicht erwachen wird. Das darf nicht sein. Er muß also sein Ehrenwort haben, um ganz kaltblütig zu wer­den und ganz sicher zielen zu können. Vor die Pistole soll er ihm auf jeden Fall, trotzdem er aus der Reihe derer, die man der Satisfaktion für würdig hält, ausscheidet, sobald er schuftig genug ist, aus Angst vor der Öffentlichkeit oder um seiner blühenden Karriere halber, ein falsches Wort zu geben. Es wird eben bei ihm eine kleine Ausnahme gemacht. Sonst ist die Strafe, für so einen nicht hart genug.

(Fortsetzung folgt.)