* Berlin, 1. September. Wie der „Lokal-Anzeiger" von zuständiger Stelle erfährt, beruht die Meldung eines russischen Blattes, zwischen Deutschland und Schweden sei bei Gelegenheit des jüngsten Besuches des Kaisers Wilhelm in Stockholm eine Militärkonvention abgeschlossen worden, auf Erfindung.
* Essen, 1. September. Auf der Zeche Adolf von Hansemann sind seit heute morgen ein Obersteiger und 2 Bergleute von giftigen Gasen eingeschlossen. Bis heute abend ist es noch nicht gelungen, zu den Verunglückten zu gelangen. Der Obersteiger wollte mit den beiden Bergleuten Nachsehen, ob die Lust in dem Schacht, der seit längerer Zeit verlassen war, ein weiteres Arbeiten gestatte. Einen dritten Bergmann hatte er vor der Grube zurückgelassen und mit ihm ein Klopfzeichen verabredet für den Fall, daß ihm und seinen beiden Gefährten etwas zustoße. Der dritte Bergmann hat jedoch ein Signal nicht vernommen, weshalb man annimmt, daß die Leute wahrscheinlich durch die giftigen Gase betäubt wurden und dann erstickten.
Ausländisches.
* Odessa, 1. Sept. In eine Wohnung, in der mehrere Kaufleute versammelt waren, drangen heute Räuber ein und forderten Geld. Als ihnen dieses verweigert wurde, warfen sie eine Bombe und verwundeten einen der Kaufleute schwer. Die herbeigeeilte Polizei erschoß zwei der Räuber und nahm die übrigen fest.
ff Stockholm, 1. Sept. Die Eltern Sven Hedins haben von dem Privatsekretär des Vizekönigs von Indien ein Telegramm aus Simla erhalten, wonach SvenHedin nach anstrengender, erfolgreicher Reise guter Gesundheit ist. Seine Ankunft in Simla wird anfangs September erfolgen.
Das deutsche Beispiel.
jf Paris, 1. Sept. Eine französische Liga für Luftschifffahrt ist in der Bildung begriffen, nach dem Vorbild des Deutschen Flottenvereins. Ihr Zweck ist die Ausrüstung der französischen Armee mit einer Flotte von lenkbaren Ballons und Flugmaschinen. In England hat ein dort als Professor tätiger französischer Geistlicher als Ergebnis einer Sammlung 100 000 Francs gespendet.
Der niederländisch-venezolanische Konflikt.
* Rotterdam, 1. Sept. Der Berichterstatter des „Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet in einem Brief von Mitte August, daß das Vorgehen des Präsidenten Castro gegenüber der Insel Cura ao immer lächerlicher wird. So bestimmte er, daß Schiffe, die von Cura^ao nach Venezuela abfahren, nicht mehr von dem in Cura^ao ansässigen Konsul deklariert zu werden brauchen, weil für ihn die Insel nicht mehr existiere. Ferner werden Reisende nicht mehr in Venezuela eingelassen, sogar keine Venezolaner, welche von Curcu.ao kommen. Die Bewohner der Insel richteten an den Gouverneur die Bitte, er möchte die Ausfuhr von Waffen und Munition nach Venezuela freigeben, damit der venezolanische General Rolando, der die Revolution gegen Castro anführt, wirksam unterstützt werden könnte.
Die Umwälzung in der Türkei.
* Konstantinopel, 1. Sept. Die Streikbewegung sämtlicher Bahnarbeiter bei der Orientbahn nimmt einen ernsten Charakter an. Die türkischen Arbeiter hindern die willigen christlichen Arbeiter an der Arbeit. Das Militär ist machtlos; die vorgestern abend requirierten Truppen brachten Verstärkung. Die Ausständigen stehlen und rauben; die Sicherheit der Stadt ist gefährdet. Die Forderungen der Ausständigen sind nicht
dabei? Auch wenn ich Ihnen im Namen des Kameraden Brands- j böser die Versicherung abgeben kann, daß er im Fall Ihrer ! Weigerung entschlossen ist. Sie zu provozieren — wenn es sein i müßte, selbst an einem öffentlichen Ortes"
Horst kehrte sich ab und ließ sich wieder vor seinem Schreib- § tisch nieder. !
„Ich betrachte unsere Unterhaltung als beendet, mein Herr!' > sagte er, indem er ein vorhin beiseite gelegtes Buch aufschlug, j »Luten Morgen!' i
Der junge Reserve-Offizier war mit seinem Latein zu Ende; ! das Benehmen Kainachs ließ ja an Deutlichkeit nichts zu wünschen ! übrig, aber er batte die dunkle Empfindung, daß er in den Augen Brandshöfers vielleicht lächerlich werden könnte, wenn er sich so i wie ein Schuljunge fortschicken ließ. i
„Ich bin noch immer der Meinung. Herr Leutnant, daß Sir ! mich nur nicht recht verstanden haben können", brachte er nach i wenigem Zandern etwas unsicher heraus. „Wenn Sie Ein- !
Wendungen gegen die Satisfaktionsfähigkeit meines Freundes haben, so ist es Ihre Pflicht, mir dieselben zu nennen. Oder ! verweigern Sie etwa grundsätzlich die Genugtuung mit der ' Waffe?" .. - - I !
„Ja, ich verweigere sie grundsätzlich!"
Jules Schmieding setzte seinen Zwicker wieder auf, und schon um ihn an seinem Platze zu erhalten, mußte er den Kovi weit in den Nacken zuriicklegen.
„Ah, das ist allerdings was anderes!" sagte er hochmütig. »Unter solchen Umständen wird die Sache wohl von anderer Stelle weitergeführt werden müssen, und ich will hier nicht länger stören. Guten Morgen!"
Stolz wie ein Held, der ganz allein mit einer Schar von Feinden fertig geworden ist, verließ er den Schauplatz, oer seines Lebens größte Tat gesehen hatte. Horst von Kainach aber stützte ! den Kopf in die Hand und seufzte tief auf. Die eisige Ruhe, die ! er dem anderen gezeigt hatte, mußte wohl doch nicht der wahre !
angenommen worden. Alle Werkstätten sind geschlossen. — Die gestrige Versammlung des Komitees der Angestellten der anatolischen Bahn lehnte die Verhandlung mit dem Direktor ab; die Situation bleibt ernst.
Marokko.
* Paris, 1. Sept. Nach hierher gelangten Meldungen wird der Pachthof Alvrenz, in wechem Abdul Aziz Quartier genommen hat, von keinem französischen Militärposten überwacht. Abdul Aziz soll auch nicht beabsichtigen, das Vorgehen der Franzosen zu stören. Man glaubt auch, daß er keine neuen Anstrengungen gegen Mulay Hafid unternehmen wird; er besitzt überhaupt keine Mittel dazu.
Deutschland und die Anerkennung Muley Hafids.
Deutschland hat zur Anerkennung Muley Hasids die Initiative ergriffen. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: „Wir erfahren, daß die kaiserliche Regierung durch ihre Vertreter den Regierungen der Signatarmächte von Algeciras hat mitteilen lassen, daß die kaiserliche Regierung angesichts der neuen Lage in Marokko die Signatarmächte von Algeciras darauf Hinweisen zu sollen glaubte, daß eine rasche Anerkennung Muley Hafids im Interesse der endlichen Beruhigung der marokkanischen Verhältnisse liege.
Allerlei. In dem Dorfe Regisheim bei Gebweiler i. E. ist die 53 Jahre alte Frau Sieffert ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Es liegt Raubmord vor. Der Mörder der Frau Sieffert ist in einem Burschen gleichen Namens verhaftet worden. Er soll noch zwei Mitschuldige haben, die aber flüchtig sind. — Im Zuchthaus in Kaiserslautern überfielen Sträflinge den Aufseher Ripplinger, knebelten ihn und nahmen ihm die Schlüssel und seinen Revolver ab. Auf das Schreien des Ueberfallenen kamen andere Aufseher und Militär zu Hilfe und überwältigten die Meuterer. Der Sträfling Noß aus Göttelborn schoß sich darauf eine Kugel in den Kopf. — Der Bankbeamte Mayer aus Hamburg, der 15 000 Mk. unterschlug und sich im Ostseebad Grömitz als Freiherr v. Berken aufhielt, hat sich, nachdem er erkannt worden war und verhaftet werden sollte, im Hotel erschossen. — Bei Montierung eines elektrischen Laufkranes auf der Friedrich Alfred-Hütte stürzte das Gerüst ein. 3 Arbeiter fielen in den Hafen, 2 von ihnen ertranken. — Die Zahl der an Vergiftungserscheinungen nach dem Genüsse von Schabfleisch erkrankten Schwestern im Virchow-Krankenhause ist aus 80 gestiegen, wovon 30 mit hohem Fieber darniederliegen. — Ein Hauptmanns-Bursche in Berlin hatte letzten Sonntag Abend seinen Urlaub überschritten und wollte, um ins Haus zu kommen, über die Mauer eines Nachbargrundstücks klettern. Er kam auch auf einen an die Mauer grenzenden Schuppen hinauf, brach dann aber durch dessen Dach hindurch und fand dabei, durch Genickbruch seinen Tod.
Vermischtes.
Eine neue deutsche Zeitung in Deutsch-Ostasrika soll demnächst in Dar-es-Salam unter dem Titel „Dar-es-Salamer Rundschau" erscheinen. Das wird neben der „Schambara- Post" und der „Deutsch-ostafrikanischen Zeitung" das dritte deutsche Blatt der Kolonie sein.
8 Auch ein Automobil-Abenteuer. Letzte Woche hatte eine Automobil-Gesellschaft, die mit Windeseile die Strecke Zug-Aerts durchfuhr, ein „nettes" Abenteuer. Bei Eiola war ein Landmann damit beschäftigt, ein wohlgefülltes Faß Jauche auf seine Wiesen zu führen. Das heransausende Auto wollte das bäuerliche Vehikel überholen, rannte aber an, kam zum Stillstand und riß im gleichem Moment den Zapfen aus dem Jauchewagen, so daß sich das „edle Naß" im weitem
An-druck seiner Gemütsstimmung gewesen sein: denn mit sein» Aricitsfreudigkcit war es jedenfalls vorbei. Gedankenlos blätterte er in den vor ihm liegenden Bäckern, und er schrak zusammen, wie wenn er auf einem Unrechl ertappt worden wäre als er plötzlich hinter seinem Rücken die Tür gehen hörte uni den wohlbekannten leisen Schritt seiner Mutter vernahm.
Frau von Kainach war gekommen, ihren Sohn zum Mittagessen zu rufen, und sie strich liebkosend mit ihrer schmalen, weißen Hand über seinen Scheitel.
„Wie blaß Du wieder aussiehst, Horst, und wie ernst! — Mußtest Du denn wirklich so angestrengt arbeiten? Ich batte gehofft. Du würdest diesen dienstfreien Tag benutzen. Dich zu zerstreuen oder ein wenig mit mir zu plaudern."
Er fuhr sich hastig über Stirn und Augen, als ob er da etwas wegwischen wollte, und bemühte sich, ein Lächeln zu erzwingen.
„Vergib mir. liebe Mutter! Diese Beschäftigung da ist vielleicht wirklich überflüssig. Ich habe doch keine rechte Aufmerksamkeit dafür."
Sorgend und liebevoll forschten ihre Augen in seinem Antlitz. Der leichte Ton. in dem er ihr geantwortet hatte, vermochte sie ebenso wenig zu täuschen als das erheuchelte Lächeln.
„Wann endlich werde ich Dein altes, fröhliches Gesicht wieder- ,,^m. mein Sohn?" fragte sie bekümmert. „Kann es Dir denn wirklich so schwer fallen, die Erinnerung an eine Unwürdige zu verwinden?"
„Ich werde sie verwinden, Mutter; aber das Vergessen kommt nicht über Nacht. Du wirst schon noch ein wenig Geduld mit mir haben müssen. Denn Du verlangst doch nicht, daß ich Dir eine Komödie Vorspiele — nicht wahr?"
„Der Himmel bewahre mich davor, das zu wünschen. Es hat mir webe genug getan, als ich zum erstenmal die Empfindung batte, daß Du nicht mehr ganz offen gegen mich gewesen seist. Aber es schneidet mir auch ins Herz, wenn ich Tag für Tag ohnmächtig zusehen muß, wie Du Dich in stillem Gram um
Bogen ins Auto ergoß. Gerade liebenswürdig waren die nassen, nur an Pariser Parfüm gewöhnten Insassen nicht gestimmt, als tätige Hände damit beschäftigt waren, das Auto auszuschöpfen.
Z Gas-Motorschiffe sind das Neuste im Schiffsbau und englische Zeitungen prophezeien daraus schon eine neue Marine-Aera. Die Maschinen können bei demselben Kohlenverbrauch um fünfzig Prozent mehr Kraft entwickeln. Das wird wenigstens behauptet, ob es stimmt, das bleibt abzuwarten.
8 Ein Restaurant mit unsichtbarer Bedienung. Aus
Newyork wird berichtet: Im Herzen des hiesigen Theaterbezirks wird jetzt ein kellner- und trinkgeldloses Restaurant errichtet werden. Der Gast findet auf seinem Tisch eine auf der Platte befestigte Schreibtafel, auf die er seine Bestellung schreibt. Diese wird auf elektrischem Wege nach der Küche übertragen. Nicht lange daraus versinkt die Mitte des Tisches im Fußboden, so daß nur der äußere Rand oben bleibt. Mit den bestellten Speisen und Getränken beladen, steigt die Tischplatte aus den unteren Regionen wieder empor. Zahlung wird geleistet an eine der aufsichtsührenden Persönlichkeiten, die wie die Gründer des Restaurants erklären, nicht aus der „Trinkgelder-Klasse" heroorgegangen sind und sich daher mit ihrem Salär begnügen. Die neue Anlage ist aus die gleichzeitige Speisung von 5000 Personen berechnet. Ob aber so viele kommen werden, ist fraglich, denn die Preise sollen die der gegenwärtigen „Hummern-Paläste", wie man hier die vornehmlich von der Lebewelt frequentierten Speisehäuser nennt, noch übertreffen.
Kurzer Getreide-Wochenbericht
der Preisberichtsstelle des deutschen Landwirtschaftsrats
vom 25. bis 31. August 1908.
Es stellten sich die Preise für inländisches Getreide am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualiät, wobei das Mehr (-j-) bezm. Weniger (—) gegenüber der Vorwoche in ( ) beigefügt ist, wie folgt:
Weizen Roggen Hafer
Frankfurt M. 202 0z (—7VI 182 /z (-ff2',/z) 177 Vz (-j-ll'/z) Mannheim 220(—'/) 185 (—3) 172 (—1)
Stuttgart 225 (—) 183 (—2) 183 (—)
München 218 (—7) 180 (—1) 171 (—)
Handel und Verkehr.
* Uracher Fruchtschranne vom 29. August. Roggen 8.90—9.10 Mk., Gerste 8.90—9.10 Mk., Haber 8.80 bis 9.20 Mark, Dinkel 8.20—8.30 Mark.
' Aus dem Kartoffolmarkt-Vericht vom 31. Aug. 1908 von der Preisberichtstelle des D. L. R. Für Kartoffeln in Wagenladungen von 10 000 Kg. ist bezahlt worden in Mark für 50 Kg.: Berlin Rosen (frühe) 1.70—1.80, Frühe weiße 1.90—2.00, Rote Dabersche 2.20—2.40, Magnum bonum 1.90—2.20, Weiße runde 1.70—1.75, Frankfurt a. M. Frühe, Kaiserkrone 2.75, Rosen frühe) 2.50, Frührosa 2.50, Mannheim Frühe weiße, Kaiserkrone 2.65, Frühgelbe 3.00.
Voraussichtliches Wetter
am Donnerstag, den 3. September: Wolkig kühl, Aufhören der Niederschläge.
Vereniwottlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altensteig.
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! einen Verlust verzehrst, den Du in Wahrheit vielmehr als eiv Glück denn als ein Unalück ausehen müßtest. Dies Mädchen hat Deine Liebe niemals verdient, und wie ich Dich zu kennen glaubte, wähnte ich, daß schon Dein Stolz Dir verbieten muffe ^ nm sie zu trauern."
Er schüttelte den Kopf und machte eine freundlich abwehrend«
^ Bewegung.
„Tn meinst es herzlich gut. liebe Mutter, aber wenn mich i wirklich der Gram um mein verlorenes Glück verzehrte, io wäre ! dies der rechte Weg nicht, mich ihn vergessen zu lehren. Sie hat mein Vertrauen verraten. — das ist wahr; — aber dieser Verrat ^ war so ungeheuerlich und so unbegreiflich, daß mir immer wieder ! der quälende Zweifel kommt, ob sie ihn nicht vielleicht unter dem i Drucke eines furchtbaren Zwanges begangen habe — und ob sie l nicht vielleicht insgeheim von mir Rettung erhoffte noch in jenem s Augenblicke, da sie sich scheinbar für immer von mir lossagte.
! Ich werde sie nie mehr darum befragen können: denn über dem j Abgrund, der uns jetzt von einander trennt, gibt es keine Brücke, ! und sie ist für mich nur noch wie eine Gestorbene: aber hast Du ^ selber niemals die Empfindung gehabt, Mutter, daß eine Sünden i deren wir uns gegen Verstorbene schuldig gemacht, schwerer als j jede andere auf unsere Seele drückt?" i Eine wachsende Unruhe und Verlegenheit batte sich in de» ^ Mienen der Frau von Kainach gezeigt.
„Aber um Simmelswillen. Horst — was find das für töricht«, j selbstquälerische Gedanken! War sie denn nicht die freie Herrin ' ihres Willens? Und hat sie nicht durch ihr Benehmen in jener ^ Nacht zur Genüge bewiesen, daß es ihr keineswegs an Mut und , Entschlossenheit gebrach, diesen Willen durchzusetze»? Sei ver» ^ sichert, daß es da keinen anderen Zwang gab. als den, welchen i die Lockungen des Reichtums und die Furcht vor der Armut auf sie übten."
Er blickte vor sich nieder und schüttelte noch einmal da» Kopf.
(Fortsetzung folgt.)