Gegründet

1877.

M»sch«int täglich «it Ausnahme der Sonn- und Festtage.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg

«r. 805.

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Mittwoch, de« 2. September.

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1908 .

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Der Eidarrtag.

Das Volks-Empfinden ist mächtiger als alle Erwägun­gen. Das hat sich neulich bei der Aufbringung der natio­nalen Zeppelin-Spende bewiesen, das zeigt sich alle Jahre von Neuem, wenn der Sedantag kommt. Die Erinnerung an den zweiten September 1870, den wahren Geburtstag der deutschen Einheit, wird bei Allen, , die diesen Tag als denkende Menschen mitgemacht haben, nie verschwinden, im Gegenteil sie kräftigt sich, und sie sucht auch in dem jüngeren Geschlecht den schuldigen Respekt vor diesem Tage zu vermehren. Vor Anderen.sind es die Veteranen, die dieses Gedenken an den großen Ruhmestag pflegen, und wir dürfen überzeugt sein, daß das Blut jedes Deutschen auch fürderhin, wenn auch der letzte Veteran zur großen Armee abgegangen sein wird, schneller pulsieren wird, wenn man von Sedan spricht. Darum wollen wir vornehmlich in unserer Jugend das Verständnis für die große nationale Vergangenheit pflegen, dann wird es auch in der Zukunft um unsere nationale Kraft gut bestellt sein. Wir geben kein offizielles Programm für die Sedanfeier aus, wir lassen Jeden seine Gedanken rückwärts schweifen, wie es ihm beliebt. Aber wenn z. B. die Amerikaner seit Jahr­zehnten ihren Nationalsesttag haben und behalten, wenn die Franzosen selbst den Bastillesturm als den Geburtstag ihrer republikanischen Aera feiern, dann wollen auch wir laut und froh sagen: Wir denken an Sedan, Niemanden zum schweren Leide, uns aber zur Hellen Freude. Denn ein größerer Tag kann uns. nicht kommen!

Als des Reiches Geburtstag galt der zweite September, und darum ist er ein Tag nationalen Stolzes. Werfen wir nicht den ehrgeizigen und unruhigen Chauvinismus zusammen, der über die Grenzen fort die Hände nach fremdem Besitz weckt mit dem wahlberechtigten und wohltuenden National­stolz'; den elfteren verurteilen wir, den letzteren halten wir hoch. Täten wir es nicht, wir müßten die Augen Nieder­schlagen vor anderen kleineren, materiell und kulturell ärmeren Völkern. iDie große Bewegung, die heute die halb verkommene Türkei, das Osmanenreich ergriffen hat, was ist sie anders, als ein Entschluß des Nationalstolzes? Und Spanien und das von inneren schweren Wirren zerrüttete Portugal haben in diesem letzten Sommer mit wahrem nationalen Feuer die Hundertjahrfeier ihrer Freiheitskämpfe gegen den ersten Na­poleon begangen. Und wer das ganz in der Ordnung fand, das waren vor allem die Franzosen selbst! Dem deutschen Michel ist viel unbegründetes Erweiterungsgelüst, aber auch viel begründeteGemütlichkeit" vorgeworfen, und wir dürfen aus den Aeußerungen unserer Neider lernen. Aber keiner soll uns sagen, daß wir vor dem Geräusch des Tages die Erfüllung einer Ehrenpflicht, das Gedenken an den Sedan­tag, vollständig vorgessen konnten. Hoch stehen wir unter den Nationen, und darnach haben wir zu tun, was wir müssen, was uns unser Rang auferlegt.

Was das deutsche Reich bedeutet, scheu wir daraus, wie alles Kriegsgeschrei und sonstiger Spektakel doch immer wieder verstummen, sobald eine Erkenntnis davon kommt, was ein Konflikt mit dem deutschen Reiche bedeutet. Wir haben sin den 38 Jahren, die seit dem ersten Sedantage verflossen sind,? nicht allein eine Friedensmission gehabt, wir haben auch Friedenstaten ausgeführt. Ohne Deutschlands markige Kraft wäre längst ein europäischer Krieg gekommen, vielleicht sein Weltkrieg. Zu fürchten haben wir niemand mehr, um so tatkräftiger können wir uns weiter dem inneren Ausbau des Reiches widmen, der noch redliche aber auch segensreiche Arbeit erfordert. Denn eine jede Zeitspanne bringt neue Aufgaben, und sie zu erfüllen ist eine Ehre!

Tagespolitik.

Der Kaiser hat bei dem Festmahl für das Reichs­land, das am Sonntag abend im Straßburger Kaiserpalast stättfand, eine bedeutsame Rede gehalten, die sich in erster Linie mit dem europäischen Frieden und den Bürg­

schaften für seine Erhaltung befaßte. Der Monarch sagte u. a.:Seit nunmehr 37 Jahren haben Sie (die Reichsländer) in Frieden Ihren verschiedenen Be­rufen obliegen können und das schöne Elsaß-Lothringen ist in dieser Zeit mit der ungeahnten Entwicklung des Deutschen Reiches Schritt haltend, in höcherfreulicher Weise empor­geblüht. Als Bewohner dieses Grenzlandes haben Sie natur­gemäß das größte Interesse an der weiteren Erhaltung des Friedens und ich freue mich, Ihnen als meine innerste Ueber- zeugung aussprechen zu können, daß der europäische Friede nicht gefährdet ist. Er beruhtaufzu festen Grundlagen, als daß sie durch Hetzer­eien und Verleumdungen, vom Neid und der Mißgunst einzelner eingegeben, so leicht nmgestürzt werden könnten. Eine feste Bürgschaft bietet in erster Linie das Gewissen der Fürsten und Staats­männer Europas, die sich Gott gegenüber verantwortlich wissen für das Leben und Gedeihen der ihrer Leitung an­vertrauten Völker. Zum anderen ist es der Wunsch und der Wille der Völker selbst, sich in ruhiger Entwicklung die großartigen Errungenschaften fortschreitender Kultur nutzbar zu machen und in friedlichem Wettbewerb ihre Kraft zu messen. Und zuletzt wird der Friede gesichert und verbürgt auch durch unsere Wehrmacht zu Wasser und zu Lande, durch das deutsche Volk in Waffen. Stolz auf die unver­gleichliche Manneszucht und Ehrliebe seiner Wehrmacht ist Deutschland entschlossen, sie ohne Bedrohung anderer auch ferner auf der Höhe zu erhalten und sie auszu bauen, ivie es das eigene Interesse erfordert, niemand zu Liebe und niemand zu Leid."

Zur Rede des Kaisers schreibt dieNationa l-Z e i- tung":Diese neueste Friedensrede des Kaisers wird nicht verfehlen, überall großen Eindruck zu machen. Die wichtigste Andeutung ist jedoch die, daß die englischen Abrüstungsvor­schläge zurückgewiesen werden. Diese Worte werden auf­klärend wirken, ohne daß sie zu verstimmen brauchen." Das Berliner Tageblatt" bemerkt unter anderem: Man versteht jetzt, weshalb die Mission des englischen Schatz­sekretärs Lloyd George scheitern mußte, noch ehe sie be­gonnen hatte. Der Kaiser läßt keinen Zweifel daran, daß das Deutsche Reich das Maß seiner Wehrmacht ausschließlich nach seinen eigenen Interessen bemessen will. Aber er sagt auch, daß wir niemanden bedrohen. Die Erhaltung unserer Wehrmacht, der friedliche Wettbewerb andererseits, das ist die Signatur der Gegenwart. Mit diesem Dilemma, so beschwerlich es ist, muß man sich für absehbare Zeit absurden."

In deutschen Städten ist Kommunal-Eigentum der Besitz von 510 Elektrizitätswerken (unter 2301 überhaupt), 842 Gasanstalten (von 1385 überhaupt) und von 48 Straßenbahnen unter 181. Eine Gas- und Elek­trizitätssteuer fallen mithin für die Stadtkassen recht ins Gewicht.

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Staatssekretär Dernburg hat vor seiner Ab­reise aus Südwestafrika in Swakopmund eine Rede ge­halten, worin er seine unterwegs gesammelten Eindrücke wiedergab und die Einrichtung von Handelskammern, Land­wirtschaftskammern und einer kommunalen Kreditanstalt zu­sagte. Er bemerkte dann, einige wenige bittere Wahrheiten seien ja anzuführen. Südwestafrika sei nicht reich, aber un­gewöhnlich produktiv und fleißigen Menschen biete es sichere Existenz und Wohlstand. Die Krisis, die jetzt bestehe, sei eine natürliche Folge des Aufstandes und einige Vorsicht im Kreditgeben notwendig. Der Wunsch der Bevölkerung nach größerem Anteil der Verwaltung und Verantwortung solle durch Einrichtung von Handelskammern, Landwirt- schastskammern re. erfüllt werden. Die Verordnungen für die Eingeborenen sollen bestehen bleiben. Die Erzfunde seien so günstig, daß nur erstklassige Ausbeute zu erwarten seien. Das Land verdiene durchaus seinen guten Ruf und endlich sei der Gouverneur das Muster eines echten Süd- Afrikaners. Da werden wohl die Farmer zufrieden gestellt werden.

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Die persischen Revolutionäre treten gegen den rückfälligen Schah mit wachsender Zuversicht auf. Nach einem Telegramm des Berl. Tageblatts aus St. Petersburg verlautet dort, daß sich in Täbris die Revolutionäre in der

Sladt verschanzt und dem Schah ein Ultimatum von fünf Tagen gestellt haben, das unter anderem die Forderungen enthält: Berufung eines Ministeriums aus den Reihen der Revolutionäre, Abschaffung aller Reaktionäre aus Teheran und Gewährung einer Amnestie. Dem neuen Gouperneur von Täbris haben die Revolutionäre ebenfalls ein Ultimatum gestellt, in dem sie ihn ausfordern, die Sladt binnen fünf Tagen zu verlassen, andernfalls werde er ermordet werden.

Landesnachrichten.

Attenkleig. 1. Septbr.

* Internationale wissenschaftliche Ballonaufstiege finden am Donnerstag, den 3. September in den Morgenstunden stack. Es steigen Drachen, bemannte oder unbemannte Ballons in den meisten Hauptstädten Europas aus. Ter Finder eines jeden unbemannten Ballons erhält eine Be­lohnung, wenn er der jedem Ballon beigegebenen Instruktion gemäß den Ballon und die Instrumente sorgfältig birgt und an die angegebene Adresse sosorttelegrophisch Nachricht sendet.

Egenhausen, 31. Aug. (Korr.) Am Sonntag Nacht gab es zwischen hiesigen jungen Bursche» im Gasthaus zum Adler Streitigkeiten, welche sich nachher auf der Straße sort- setzten und wobei das Messer wieder eine Rolle spielte. Zwei von den Burschen wurden durch mehrere Messerstiche schwer verletzt. Arzt und Landjäger waren heute früh in Tätigkeit, aber gestochen will niemand haben. Verhaftungen sind noch keine erfolgt.

* Neuenbürg, 29. Aug. Heute fand eine Sitzung des Gemeindeverbands der Schwarzwald-Wasserver­sorgung hier statt, in der die Ausnahme der Gemeinden Engelsbrand, Salmbach und Schwarzenberg, Neuhengstett und Oberreichenbach in den Verband und der Anschluß der Parzellen Calwer Hof und Windhof, Stadtgemeinde Calw, an die Schwarzwald-Wasserversorgung beschlossen wurde. Mit den neu hinzugekommenen umfaßt der Verband nunmehr 53 Gemeinden und Wohnplätze mit 14 865 Einwohneni. Bei dem sich anschließenden Mittagsmahl im Gasthaus zum Bären wurden dem Herrn Vertreter der K. Regierung, sowie dem um den Gemeindeverband der Schwarzwald-Wasier- versorgung hoch verdienten Regierungsrat Voelter in Calw der Dank des Verbandes ausgebracht.

ss Tuttlingen, 31. August. Tie Zwicker in der Schuh­fabrik von Martin und Comp, reichten vor 14 Tagen ihre Kündigung ein, weil einer verlangten Lohnregelung nicht in gewünschtem Maße Rechnung getragen wurde. Da in­zwischen eine Einigung nicht erzielt wurde, so sind sämtliche Zwicker seit letzten Samstag in Ausstand getreten.

! Stuttgart, 31. August. Gestern ist hier nach langem und schwerem Leiden der langjährige frühere Vorstand der Zentrallftelle für Gewerbe und Handel, Staatsrat v. Gaupp im Alter von 72 Jahren geworben. Gaupp hatte seine Laufbahn als Hilfsarbeiter bei der Zentralstelle begonnen. Von 18711877 war er Oberamtmann in Neuenbürg, dann Regierungsrat bei der Kreisregierung in Ludwigsburg, von wo aus er in das Ministerium des Innern berufen wurde. Seine Ernennung zum Vorstand der Zentralstelle erfolgte sodann i. I. 1882; im Jahre 1904 trat er in den Ruhestand. Sein Nachfolger wurde der jetzige Präsident v. Mosthaf, unter dessen Vorstandschaft alsbald durchgreifende Neuorganisationen im Geschäftskreis der Zentralstelle eing- leitet wurden. Große Verdienste hat sich Staatsrat v. Gaupp erworben um die große Ausstellung in Stuttgart im Jahr 1896. Vom Jahr 189399 gehörte er auch der Ersten Kammer an, doch war er wegen seiner gesundheitlichen Ver­hältnisse genötigt, aus eine Betätigung in dieser Körperschaft zu verzichten und sich ganz seinem Hauptamt zu widmen.

js Stuttgart, 31. Aug. Ter Ballon Württemberg ist heute vormittag kurz nach 11 Uhr bei Fronsbach, OA. Back­nang, gelandet. Infolge starker Belastung durch Regen war ihm vorzeitig der Ballast ausgegangen.

! Stuttgart, 28. August. Tie württ. Staatseisenbahnen erzielten im Monat Juli aus dem Personenverkehr eine Einnahme von 2 565000 Mk. gegen 2 504 045 Mk. im Vorjahre. Im Güterverkehr betrugen die Einnahmen mit 3 803 000 Mk. um 76 398 Mk. weniger als wie im gleichen Monat des Vorjahrs, sodaß der Rückgang der Einnahmen im Juli 1908 gegenüber demselben Monat des Vorjahrs sich aus 15 443 Mk. beläuft. Vom 1. April bis letzten Juli 1908 betrugen die Gesamteinnahmen der württ. Staats­bahnen 25 295 000 Mk. gegen 25 267 195 Mk. im Vor­jahre, sodaß das Mehr im zweiten Vierteljahre 1908 gegen­über dem Vorjahre 27 805 Mk. beträgt.