s
SrgrLndet
1877.
glrfcH«in1 täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
BezugSpr e?s Kr das Vierteljahr im Bezirk und NachbarortSverkehr Mk. 1.28.
außerhalb Mk. 1.38.
MMtzblatt für
MenMig./t
uud'Uirlerhaltungzblatt
Fernsprecher Nr. 11.
Anzeigenpreis bei einmaliger Einrückung 10 Pfg. bi« einspaltige Zeile; bei Wiederholuage« entsprechenderRabatt.
Reklamen 18 Pfg. die Textzeilc.
S-trirtagr-Arrrgaber Ssntitagrblatt"
Sonntags-Anzeiger und Familien-Zeitung für die Bewohner des Schwarzwaldes.
Alle Abonnenten -er Zeitung „Aus den Tannen" erhalten das „Schwarzwälder Sonntagsblatt" als Sountagsansgabe gratis. Das „Schwarzwäldcr Sonntagsbiatt" kann auch für sich als selbständige Wochenansgabe bezogen werden und kostet im Vierteljahr »O Psg.
Kr. 179.
Ausgabeort Altensteig-Stadt.
Sonntagmorgen.
Herz, mein Herz, welch sanfte Lust Hegst dn heut in stiller Brust?
Aug, mein Aug, welch mildes Glück Strahlet dein verklärter Blick?
Jsts das holde Himmelblau?
Isis die bunte Blumenau?
Jsts der Vögel Morgenpsalm?
Jsts der Tau aus Gras und Aalm? —
Schön ist meines Gottes Welt, Blumenflor und Himmelszelt,
Süß das Wehn der Morgenluft, Rosenglanz und Nelkenduft.
Aber was mich fröhlich macht,
Heut ists mehr als Erdenpracht, Heut ist meines Herren Tag!
Selig, wer es fassen mag.
Süßer noch als Vogelfang Tönt mir heute Glockenklang, Sanfter weht als Frühlingswind Friede Gottes um sein Kind.
Heut im schmucken 'Kämmerlein Kehrt mein Heiland bei nur ein, Heut im schönen Gotteshaus Teilt man Himmelsgüter aus.
Wie der Tau sich niedersenkt.
Kraut und Blume milde tränkt,
So mit Gottes Wort und Geist Wird die Seele heut gespeist.
Wie die Lerche jubiliert,
Jubelnd sich im Blau verliert.
Also steigt mein brünstig Herz Heut in Andacht himmelwärts.
Sei willkommen, Tag des Herrn, Friedensengel, Morgenstern, Labequell im Wüstensand, Glockenlaut vom Heimatland!
Nachgeschmack vom Paradies,
Draus die Sünde mich verstieß, Vorgefühl der Himmelsrast Nach der Erde Müh und Last!
Tröst' auch heute die betrübt, Sammle was im Herrn sich liebt. Löse die gebunden sind,
Locke das verlorne Kind.
Bringe der verstörten Welt Einen Gruß vom Himmelszelt,
Ruf auch mir vom Vater zu:
Heil dir, Gottes Kind bist du!
Karl Gerock.
Sonntag, den 2. August
Wochen-Aundschau.
Die Wahl in Oberndorf.
Mit außerordentlicher Spannung hat man in allen politischen Kreisen dem Ausgang der Landtagsersatzwahl im Bezirke Oberndorf entgegengesehen. Bei der Wahl vom Dezember 1906 wurde das Mandat, das geraume Zeit im Besitze der Volkspartei war, vom Zentrum im zweiten Wahlgang mit nur acht Stimmen Mehrheit erobert, weil die Deutsche (natl.) Partei sich infolge der zwischen ihr und der Volkspar!ei eingetretenen Verstimmung nicht hatte entschließen können, ihre Zählkandidatur zurückzuziehen. Das Oberndorfer Mandat machte das Zentrum zur stärksten Fraktion der Abgeordnetenkammer, wo das Zentrum 25, die Volkspartei 24 Sitze hatte. Gewisse Verstöße gegen das Wahlgesetz führten zur Ungiltigkestserklärung der Wahl in Oberndorf, und so schien starke Aussicht auf Rückeroberung des Mandats durch die Volkspartei zu sein. Diese Aussicht hat sich indessen als unbegründet erwiesen: das Zentrum hat es fertig gebracht, sogar im ersten Wahlgang zu siegen. Sein Kandidat, Arbeitersekretär Andre, der bisherige Mandatsinhaber, ein junger Mann von noch nicht 30 Jahren, erhielt 3355 Stimmen, Redakteur Roth, Generalsekretär des Eisenbahn- nnterbeamten-Verbands (Volksp.) 1891, Arbeitersekretär Stolle (Soz.) 1233 Stimmen. Bei der Hauptwahl von 1906 war das Stimmenverhältnis: Zentrum 2647, Volkspartei 1496, Sozialdemokratie 1117, Deutsche Partei 494. Diese Zistern machen sofort klarj daß das Zentrum einen geradezu glänzenden Erfolg erzielt hat. Sein Stimmenzuwachs beträgt über 700, während der volksparteiliche Kandidat, der diesmal von der Deutschen Partei unterstützt wurde, nicht einmal die Stimmenzahl dieser beiden Parteien bei der letzten Wahl zu erreichen vermochte; es fehlen daran rund 100. Die Sozialdemokratie endlich, die Hoffnung gemacht hatte, an diezweite Stelle zu rücken, hat sich mit einem bescheidenen Mehr von etwas über 100 Stimmen begnügen müssen. Dabei war die Wahlbeteiligung außerordentlich stark — über 90 Proz. —, eine Folge der großen Bedeutung, der dieser Wahl beigemessen wurde, und einer Agitation, wie man sie in Württemberg kaum je erlebt hat. Fanden so doch allein am letzten Sonntage vor der Wahl an die 70 Wählerversammlungen statt.. Das Zentrum hatte seinen Agitationsstab von auswärts verstärkt, aus Bayern wirkten die Abgeordneten Dr. Pfeiffer und Königbauer mit, und außerdem gab Reichstags- abgeordneter Giesberts eine Gastrolle. Die Volkspartei, für die von Abgeordneten besonders Konrad Haußmann und Liesching eingrisfen, erhielt Zuzug aus Baden von den Abgg. Oskar Muser und Heimburger. Ungewöhnlich war auch die stark persönliche Zuspitzung des Wahlkampfs. Ter volksparteiliche Kandidat sah sich sehr üblen Anwürsen ausgesetzt und zudem warf man ihm seine Vergangenheit als Zentrumsmann und Windhorstbündler vor. Giesberts operierte außerdem noch mit einer Abwandlung des Gröberschen Worts von den „Saubengeln". Andererseits wurde dem Zentrumskandidaten Andre vorgehalten, daß er ehedem Mitglied einer sozialdemokratischen Gewerkschaft war. Und was dergleichen Erbauliches sonst noch ausgetischt wurde. Sachlich spielte in dem Wahlkampf die württ. Schulreform die Hauptrolle und natürlich auch die Blockpolitik, die nun einmal zu eisernem Bestand der politischen Erörterung geworden ist. Aber diese sachlichen Fragen haben nicht den Ausschlag gegeben. Ten Ausschlag für den Mißerfolg der Volkspartei gegeben habe vielmehr einmal die Schwierigkeiten, die sie mit ihrer Kandidatur hatte. Es gelang ihr nicht, einen geeigneten Mann im Bezirk zu finden und so verfiel man auf den Redakteur Roth, der eben nicht zugkräftig war. Dazu kamen die ungünstigen Wirkungen schwerer lokaler Wirren in Schramberg, wo eine eigentümliche Stadtschultheißenwahl das unterste zu oberst gekehrt und ein geschlossenes Zusammengehen der liberalen Parteien verhindert hat.
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
1908.
Des Kaisers Rückkehr.
Kaiser Wilhelm ist von seiner Nordlandreise heimgekehrt. Am Donnerstag traf er in Swinemünde ein, wo sich Reichskanzler Fürst Bülow, seine Sommerfrische in Norderney ein paar Tage unterbrechend, eingefunden halte, um dem Kaiser Vortrag zu halten. An Stoff wird es nicht gefehlt haben, an inner-politischem wie auswärtigem. In der inneren Politik ist es namentlich die Reichsfinanzreform, die, je näher wir dem Herbst kommen, desto mehr die politische Erörterung beherrscht und äußerst schwierige Fragen schafft, und in der auswärtigen Politik gibt es der Tinge gerade genug, über die eine Aussprache zwischen Kaiser und Kanzler angezeigt sein mag. Demnächst wird übrigens der Kaiser wieder eine Begegnung mit dem König von England haben, und zwar am 11. August auf Schloß Friedrichshof im Taunus, wo der König auf seiner Reise nach Marienbad Station macht. Die Anregung zu dieser Begegnung ist von englischer Seite ausgegangen. Man brauch! davon nicht viel Wesens zu machen. Wenn sie vorbei ist wird es „auch noch so" sein. Man kennt das nachgerade. Uebrigens ist der König von England, der fortwährend in der Welt herumreist und Staatsvisiten überall gemacht hat, seinen offiziellen Besuch in der Reichshauptstadt noch schuldig. Das ist auch so ein kleines Moment zur Kennzeichnung der Sachlage.
Eine Verfassung in der Türkei.
In der Türkei sind merkwürdige Dinge vorgegangen, Dinge von geschichtlicher Bedeutung. Der Sultan hat seinem Volke eine Verfassung gegeben, genauer gesagt: er hat die Verfassung von 1876 wieder in Kraft gesetzt. Damals, im August 1876, kam der jetzt noch regierende Sultan unter schweren Wirren auf den Thron. In Konstantinopel war eine internationale Konferenz versammelt, die der Türkei Reformen ausnötigen sollte. In dieser Lage gelang es dem Großwesir Midhai Pascha, den Sultan Abdul Hamid zur Annahme des Verfassungsentwurfs, den Midhat schon unter dem vorigen Sultan ausgearbeitet hatte, zu bewegen. Die Herren Diplomaten der internationalen Konferenz machten lange Gesichter und gingen auseinander, denn da die Türkei also Reformen einführte, mit Verfassung und Parlament, war eine internationale „Reformaktion" überflüssig geworden. Das Parlament trat auch zusammen, am 17. März 1877, aber ein langes Leben ward ihm nicht beschieden. Es kam der ruffisch-türkische Krieg und als dieser zu Ende war, machte der Sultan auch mit dem Parlament ein Ende. Am 19. Februar 1878 wurde es aufgelöst und seitdem hat man nichts mehr von ihm gesehen. Die Verfassung freilich bestand alle die Zeit hindurch bis auf den heutigen Tag zu Re t — in der türkischen Gesetzsammlung. Nun ist sie zu neuem Leben erweckt worden, und um es hier gleich beizu- sügen, sie ist sehr „modern", sehr europäisch. Bürgerliche und politische Gleichberechtigung aller türkischen Staatsangehörigen, freie Ausübung der Religion auch für Nicht- muselmanen, persönliche Unverletzlichkeit, Preß- und Versammlungsfreiheit, Verantwortlichkeit der Minister, Budgetrecht und Kontrollrecht des Parlaments, Unabhängigkeit der Gerichte und was sonst noch zu einem konstitutionellen Staatswesen gehört — alles ist darin enthalten. Das Parlament benetzt aus zwei Häusern, einem Senat und einer Abgeordnetenkammer. Wahlberechtigt ist Jeder, der irgendwie Steuern zahlt. Die Abstimmung ist geheim. Also eine wunderschöne Sache und mit ihr hat der Sultan sein Volk jetzt aufs Neue beglückt. Wie kam das nun? Das kam daher, daß die jungtürkische Bewegung, die in Makedonien ihren Ausgangspunkt hat, unwiderstehlich um sich griff, namentlich in der Armee. Tie Truppen in Makedonien standen bald ganz auf Seite der Jungtürken und die Zivilbehörden teils freiwillig teils unfreiwillig ebenfalls. Tie Versuche, durch Versprechungen und Beförderungen der Führer und ähnliche sonst beliebte Mittel der Bewegung