Gegründet
1877.
AssiHeint täglich «it Ausnahme der Sonn- nick Festtage.
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eußerhalb Mk. 1.35.
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MenMa.Möl
Mmtzblatt für
Fernsprecher Nr. 11.
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Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.
Sk. 17».
Ausgabeort Mtensteig-Stadt.
Samstag, de« 1. August
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
1908.
Tagespolitik
Im Laufe des Monats August wird sich der Kaiser nach Elsaß-Lothringen begeben. Da sich auch Fürst Bülow in seiner Begleitung befinden wird, so liegt der Gedanke nahe, daß der Besuch mit der teilweisen Neuregelung der innerpolitischen Verhältnisse der Reichslande in Verbindung steht.
Die Kais ermanöver werfen ihre Schatten voraus. Für die Manöver ist in der Kriegsgliederung bei jedem Armeekorps eine Luftschifferabteilung vorgesehen, bei denen jedoch nur die Verwendung des Fesselballons zu Ausklärungszwecken in Aussicht genommen ist. Der Lenkballon des Luftschifferbataillons soll dagegen nach der Köln. Ztg. in diesem Jahre noch nicht in Tätigkeit treten,- weil mit seiner Führung und Bedienung erst noch ein größerer Stamm von Offizieren und Mannschaften ausgebildet werden soll. Neben den üblichen Signalballons, bei denen die Kugelform beibehalten ist, wird ausschließlich der Drachenballon gebraucht, dessen Einführung die Militärluftschiffahrt etwas unabhängiger von der Witterung gemacht hat.
Die Teilnahme an der Enthüllung des Kai ser-Friedrich-Denk mals in Swinemünde soll der Kaiser abgelehnt haben, weil man kein Reiterstandbild gewählt hat. Eine Audienz des Bürgermeisters ist abgelehnt worden.
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Zu Bismarcks Gedächtnis veröffentlicht das Reichskanzler-Organ, die „Nordd. Allg. Ztg.", am zehnjährigen Todestage des großen Staatsmannes einen Artikel, in dem sowohl die Größe der Persönlichkeit wie des Werkes unseres ersten Reichskanzlers gewürdigt wird. — Der Staubwolken entrückt, die der Tageskampf unvermeidlich aufwirbelt, steht die Persönlichkeit Bismarcks, so heißt es da, längst in heroischer Größe vor dem geistigen Auge der Nation da als Kämpfer, als Pfadfinder und als Führer in dem Ringen um die Einigung des deutschen Volkes und um die Sicherung der errungenen Einheit gegen äußere Widersacher und innere Feinde. Der Haß dieser letzteren beweist durch seine Unversöhnlichkeit nur, daß er nicht sowohl dem Schöpfer des Werks, als vielmehr diesem selbst gilt. Wie keine Partei Bismarck für sich in Anspruch nehmen darf, so wird niemand, welcher politischen Richtung er immer angehört,- Bismarck hohe Achtung und den schuldigen Tribut des Dankes versagen, sofern er sich des Werkes freut, das vor einem Menschenalter meisterhaft gefügt wurde.
Bier und Tabak sollen zu Nutz und Frommen der Reichsfinanzreform steuerlich herangezogen werden. So meldet die „Franks. Ztg." und wir können nur hoffen, daß die Angaben des Blattes nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen. Danach soll die Brausteuer so stark erhöht werden, daß eine Abwälzung der Mehrbelastung von den Brauereien auf die Konsumenten gerechtfertigt erscheint. Hierdurch hofft man, die Brauereien der Steuererhöhung günstig zu stimmen. Noch schärfer soll dem Tabak zu Leibe gegangen werden. Aus ihm sollen durch Einführung einer Zigarrenbanderole an Stelle der bisherigen Gewichtssteuer 50 Millionen Mark Mehreinnahmen gezogen werden.
Die Mitwirkung des Zentrums an der Reich sfinanzresorm hängt, wie der frühere Zentrumsabgeordnete Bachem schreibt, davon ab, ob man dem Zentrum einen Platz im Präsidium gewährt. Bachem verlangt, daß einZentrumsabgeordncter schon im Herbst in das Reichstagspräsidium ausgenommen werde. Diesem Verlangen kann indessen, von allem anderen abgesehen, schon deshalb nicht entsprochen werden, weil die Session nicht geschlossen, sondern nur vertagt ist, also bei der Wiederaufnahme der Reichstagsverhandlungen eine Präsidentenwahl gar nicht stattfindet. Es ist aber gleichwohl nicht ausgeschlossen, daß das Zentrum Gelegenheit zu positiver Mitarbeit an der Reform wohl erhält und nimmt.
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Die 120 Millionen im Juliusturm. Es ist eine Streitfrage geworden, ob der Kriegsschatz von 120 Millionen Mark im Spandauer Juliusturm völlig zinslos liegt oder ob dafür 120 Mill. Reichsschatzfcheine umlaufen.
Die Voss. Ztg. befaßl sich mit der Frage und kommt zu dem Schluß, daß zwischen den 120 Millionen im Juliusturm und den durch Gesetz von 1874 ausgegebenen 120 Millionen Mark in Reichskaffenscheinen kein Zusammenhang besteht. Der Schatz im Juliusturm bringt mithin keinerlei Zinsen. Die 120 Millionen Reichskassenscheine ersetzten nicht die bar im Juliusturm liegenden Goldmünzen, sondern lösten nach Errichtung des Reiches das Papiergeld der Einzelstaaten ab.
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In der Kieler Landesverrats« che sind dortigen Blätttern zufolge wieder fünf aufsehenerregende Verhaftungen erfolgt, darunter von zwei Kaufleuten aus Hadersleben. Der Untersuchungsrichter soll die Briefsperre über vier frühere Großlieferanten der Marineverwaltung verhängt haben, die gleichfalls im Verdacht des Verkaufs geheimer Pläne an eine fremde Macht stehen. Angeblich ist der ungeahnten Umfang annehmende Landesverrat nicht zugunsten Frankreichs, sondern Englands verübt worden.
Gegen den Bürgermeister von Husum, D r. Schücking, war das Disziplilinarverfahren eingeleitet worden, weil er an der preußischen Verwaltung scharfe Kritik geübt und eine freisinnige Kandidatur angenommen hatte. Ein Vertreter des Ministers des Innern soll ihm vorgehalten haben, wie er es sich als öffentlicher Beamter überhaupt erlauben könne, eine freisinnige Kandidatur anzunehmen. Da nun aber die Freisinnigen eine Blockpartei, mithin Regierungspartei sind, hat der Fall Schücking eine neue Blockkrise heraufbeschworen, man wollte daraus auch schon dem Reichskanzler einen Strick drehen, und tatsächlich hört es sich mehr als komisch an: Eine Regierungspartei wird von der Regierung bekämpft. Nun nimmt das Organ des Kanzlers die N. A. Z. zu dem Falle Schücking das Wort. Sie stellt fest, daß in dem Falle des Bürgermeisters Dr. Schücking- Husum vie in dessen Schriften zum Ausdruck gekommene politische Gesinnung nicht der Anlaß gewesen ist, ein Dis- ziplinareingreifen auzuordnen. Der Artikel des Bert. Tageblatts vom 15. Mai, Wahlen aus dem Lande, gab vielmehr Anlaß zur Prüfung von dem besonderen Gesichtspunkt aus, inwieweit darin der Vorwurf gegen die preußischen Landräte, die Wahlen unzulässig zu beeinflussen, enthalten sei. Ob die Beurteilung der allgemeinen amtlichen und schriftstellerischen Tätigkeit Schückings dem Regierungspräsidenten hinreichenden Anlaß bot, ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Amtsentsetzung einzuleiten, bedarf noch der Prüfung, die der Minister des Innern unverzüglich insbesondere nach der Richtung hin vornehmen wird, ob nach Lage des Gesetzes eine Einstellung des Verfahrens zur Zeit noch erfolgen kann. Im Verlaufe der Erörterungen wurde auch behauptet, der Minister des Innern habe auf Bürgermeister Schücking einen Druck ausgeübt oder ausüben lassen, um ihn zur Niederlegung seines Mandates für die freisinnige Volkspartei zu veranlassen. Diese Behauptung entbehrt jeder tatsächlichen Begründung.
Für den Todestag König Humberts hatten die italienischen Anarchisten eine große Kundgebung geplant. Die Polizei in Mailand verhaftete in einer kleinen Druckerei 4 Anarchisten und beschlagnahmte einige Tausend gedruckte Aufrufe zur Verherrlichung des Königsmörders Bresci.
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Im englischen Unterhause erklärte in Beantwortung einer Anfrage über die angeblichen Gefahren, die bei den von Lord Beresford befohlenen Manövern vorhanden gewesen sein sollen, der erste Lord der Admiralität, Mac Kenna, daß der Gerichtshof der Admiralität die Lage geprüft habe, in der sich die Flotte in dem Augenblick befand, als das erwähnte Signal gegeben wurde, und daß er überzeugt sei, daß das Manöver keineswegs gefährlich war. (Beifall.) Sobald Kontreadmiral Scott die Ausführung des Befehls mit Gefahren verbunden glaubte, war er berechtigt, einen anderen Weg einzuschlagen und Beresford gab ihm auch entsprechende Signale.
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Ter Freudentaumel, der das ganze türkische Volk erfaßt hat, hält noch immer an, und er bricht am stärksten da aus, wo die jungtürkische Bewegung am weitesten fortgeschritten war. Und in der Freude ist man zu allem bereit. Die Ernüchterung wird ja nicht ausbleiben, und dann wird man wohl merken, daß man im Rausch der Freude denn doch zu weit gegangen ist. Denn daß nun auch die
gemeinen Verbrecher samt und sonders auf freien Fuß gesetzt werden, wie dies aus Uesküb gemeldet wird, dürste denn doch nicht die Absicht des heiligen Padischah gewesen fein. Und es dürfte auch kaum im Interesse des Volkes selbst liegen, den gemeingefährlichen „Brüdern" die Vorrechte der Konstitution aufzudrängen. Na, allzu lange wird ja der Freudenrausch nicht mehr anhalten, man wird schon von maßgebender Stelle einen Riegel vorschieben und zeigen, daß man noch immer Herr im Hause ist.
Der Antrag, das Kabinett Franco in den Anklagezu stand zu versetzen, ist von der portugisischen Kammer in zweiter Lesung abgelehnl worden.
Landesnachrrchten.
AkteEeig, gl. Juli.
Anläßlich der demnächst stattfindenden militärischen Herbstüüungen sei darauf hingewiesen, daß es zur Vermeidung von Verzögerungen in der Zustellung der Manöverpostsendungen dringend erforderlich ist, die Sendung mit genauer richtiger und deutlicher Aufschrift zu versehen. Zur genauen Aufschrift gehören: Familiennamen (möglichst auch Vornamen, Dienstgrad, Truppenteil, Regiment, Bataillon, Kompagnie, Eskadron, Batterie, usw.) und für gewöhnlich der ständige Garnisonsort, eintretendenfalls mit dem Zusatz; „Oder nachzu senden." Die Angabe eines Marschquartiers als Bestimmungsort empfiehlt sich in der Regel nicht, ebenso nicht die Anwendung der Bezeichnung „postlagernd". Bei den mit „postlagernd" bezeichneten Sendungen erfolgt im Nichtabholungsfalle eine Nachsendung nach dem nächsten Marschquartier nur dann, wenn besonderer Antrag durch den Empfänger gestellt wird.
* Wir möchten nicht versäumen, auch an dieser Stelle auf das am Sonntag abend 5 Uhr in der Stadtkirche Nagold stattfindende Konzert des Seminars aufmerksam zu machen. Außer dem 1. Teil des Händelschen Oratoriums Samson mit seinen prächtigen Chören und Solopartien mit Orchesterbegleitung kommen im ersten Teil des Programms Sologesänge (Herr Sauter-Ludwigsburg) von Mendelsohn, Hugo Wolf und Lochner, Violinsrückc von Reger und Rheinberger, Chöre von Barner und Faißt, sowie Sätze aus Bachfchen und Rheinbergerschen Orgel- sonaten zu Gehör.
jj Neuenbürg, 30. Juli. Bei dem Leichensund in Herren- alb handelt es sich nicht um ein Verbrechen, sondern um ein Unglück. Die gefundene Leiche ist fine der 68 Jahre alten Witwe Martina Weiß, die Heidelbeeren gesucht hat. Sie stürzte auf einen Stein und erhielt tödliche Verletzungen am Kopfe, denen sie nach kurzer Zeit erlag.
jj Horb, 30. Juli. Das zwei Jahre alte Mädchen des Telegraphenarbeiters Graf wurde auf der Straße von der Mähmaschine erfaßt und überfahren. Es ist schwer verletzt und mußte einer Operation unterzogen werden; aber es schwebt nicht in Lebensgefahr.
jj Tübingen, 30. Juli. Zu allgemeiner Ueberraschung sind die Tunnelbauten am hiesigen Schloßberg (Eisenbahnbau Tübingen-Herrenberg) eingestellt worden. Der Grund hiezu soll der Mangel an Geld sein. Diese Verzögerung des Bahnbaues ruft nicht geringe Verwunderung hervor.
js Mössingen, 30. Juli. Ein Motorradfahrer aus Ulm fuhr hier mit seinem Rad gegen eine Telegraphenstange und trug gefährliche Verletzungen am Kopf davon.
* Trochtelfingen, 29. Juli. Vor einigen Wochen half der hiesige Schreinermeister und Gemeinderechner Freudemann, wie dies bei den Schreinern üblich ist, eine Leiche in den Sarg legen. Kurz danach schwoll eine Hand so an, daß er sich schleunigst in die Klinik nach Tübingen begeben mußte, wo Blutvergiftung durch Leichengift konstatiert wurde. Trotz sofortiger Amputation des Armes erlag der Bedauernswerte der Vergiftung unter furchtbaren Schmerzen. Auch feine Ehefrau mußte unter gleichen Vergiftungserscheinungen nach Tübingen gebracht werden, konnte aber gerettet werden. Anscheinend hat Freudemann eine kleine Verletzung an der Hand gehabt, die das Leichengift ausnahm.
js Oberndorf, 30. Juli. Laut Blättermeldungen wird im Bezirk das Gerücht verbreitet, die Wahl des Abgeordneten Andre solle abermals angefochten werden. Als Gründe werden angegeben, daß im Wahllokal im Oberndorfer Rathaus ein Vertreter der Zentrumspartei sich im Jsolierraum häuslich niedergelassen habe, um die Namen der Wähler zu notieren. Er habe dabei einen Platz eingenommen, von dem aus es ihm möglich gewesen sei, das Einlegen der Stimmzettel in die Wahlkouverts zu beobachten. Demgegenüber wird von