19. und 20. Jahrhundert in Württemberg noch nicht erreicht wurde, was wohl auf das Fortschreiten der Hygiene, der sozialen Versicherung mit ihren Vorbeugungsmaßregeln, ans die Verbreiterung ärztlicher Hilfe und die allgemeine Auf­klärung der Bevölkerung über gesundheitsschädliche Einflüsse zurückzuführen ist. Allerdings ist auch die Abnahme der Geborenen und die dadurch bewirkte Verminderung der Kin­dersterblichkeit an dem gesamten Rückgang der Sterblichkeits­ziffer mit schuld. Der Geburtenüberschuß von 31610 Per­sonen ist nur unerheblich kleiner als i. I. 1906 und stellt die höchste Ziffer dar, die bisher in Württemberg vorge­kommen ist.

ss Göppingen, 2. Jnli. Der Massenbrandstifter Lipp von Kleineislingen ist auf Antrag des Gerichtsarztes für sechs Wochen in eine Irrenanstalt zur Beobachtung seines Geistes­zustandes eingewiesen worden. Die Verhandlung wegen seiner zwaiHig Brandstiftuugen wird daher nicht mehr in der nächsten Schwurgerichtsperiode in Ulm erfolgen können.

ss Ulm, 2. Juli. Als gestern ein Untersuchungsge­fangener dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden sollte, machte der Gefangene am Justizgebäude plötzlich einen Be­freiungsversuch. Obwohl gefesselt, gab er dem ihn begleiten­den Aufseher mit den Beinen und Händen einen Stoß, daß dieser Hinsiel; dann wollte er dem Ausgange zueilen, wurde aber noch innerhalb des Gebäudes ergriffen und wieder in seine Zelle zurückgebracht.

' Friedrichshasen, 2. Juli. Der Stadtrat von Luzern sandte heute ein Telegramm an den Grafen Zep­pelin, worin er seine Freude über den Besuch mittelst Luftschiffs Ausdruck gab. Die Regierungsräte Fischer und Deminghoff aus Berlin sind hier eingetroffen.

* Heidelberg, 1. Juli. Heute Nacht konnte hier ein Helles Nordlicht beobachtet werden, das den ganzen Nord­himmel in schwefelgelben Schein tauchte und die Sterne vollständig verdunkelte. Es war die ganze Nacht sichtbar, und die Mitte des ovalen Scheines war ganz genau im Norden. Die Helligkeit war so stark, daß man die Zeit auf der Taschenuhr ablesen konnte.

* Würzburg, 2. Juli. Vor dem Untersränkischen Schwur­gericht begann heute die Verhandlung gegen den Schmied Höfling, sowie dessen beide Stieftöchter, Johanna und Char­lotte Nickel, die gemeinsam 5 Kinder, deren Vater Höfling war, ermordet und die Leichen im Keller vergraben oder in den Main geworfen haben. Höfling ist noch weiter in fünf Fällen der Anstiftung zum Verbrechen gegen das keimende Leben angeschuldigt. Die Verhandlung entrollte ein Bild tiefster moralischer Verkommenheit.

* Lindau, 1. Juli. Eine heftige Explosion ereignete sich gestern Abend beim Einladen der Postpakete in den Postwagen des Personenzugs 610 (Lindau-Kempteu). Eines der Pakete, das Sprengstoffe enthalten haben dürfte, war in tausend Stücke zerrissen worden. Verletzt wurde niemand. Ein in dem Postwagen beschäftigter Oberkoudukteur ist jedoch infolge des Schreckens erkrankt.

* Frankfurt, 2. Juli. Nach einer Mitteilung der Franks. Ztg. aus Köln belaufen sich die Kosten der Restau­ration des Kölner Doms, die sich besonders auf den Chor erstrecken soll, auf 10 Millionen Mark.

js Berlin, 2. Juli. Zu dem bereits gemeldeten Unfall des Groß'schen Militärluftschiffes wird noch gemeldet: Das Luftschiff ist gestern nachmittag in der Höhe von 400 in auf Charlottenburg zugefahren. Dabei ist es bei Gewilter- bildung von einem Luftwirbel gefaßt und bis zu 1600 in in die Höhe gerissen worden. Der Luftwirbel war so stark, daß sich das Luftschiff permanent im Kreise drehte. Beim Fallen hat es seine Form verloren, so daß es dem Steuer nicht mehr gehorchte. Irgendwelche maschinelle Teile sind

nicht beschädigt worden. Menschen wurden nicht verletzt. Das Luftschiff wird auseinandergenommen und nach dem Uebungsplatz in Reinickendorf transportiert und wird binnen kurzem wieder fahrfähig sein.

* Elberfeld, 2. Juli. Gestern abend 7 Uhr 10 Minuten ist beim Anfahren des Personenzuges 420 an der Haltestelle Gebelsberg die beigegebene Schiebelokomotive so stark auf den Zug aufgefahren, daß durch den Anprall 7 Personen unerheblich verletzt wurden. Der Betrieb ist nicht gestört, der Materialschaden gering.

Ausländisches.

' Warschau, 2. Juli. Die Fabrikstadt Ozorkow im Gouvernement Kalisch wurde von einer Feuersbrun it heimgesucht. 5 Personen fanden den Tod in den Flammen. Mehrere Häuser, Fabriken und die Kirche sind bereits abge­brannt ; das Feuer dauert noch fort.

jj Washington, 2. Juli. Der frühere Botschafter in Tokio, Luke Wright, der als Nachfolger Tafts das Staats­sekretariat des Krieges übernimmt, hat gestern den Amtseid abgelegt.

Ei« Gruben-Unglück.

js Jusowka, (Gouv. Jekaterinoslaw), 2. Juli. Gestern Nacht wurden infolge einer Gasexplosion in einem Schacht der Katharinen-Gesellschaft gegen 200 Arbeiter getötet. 73 wurden lebend geborgen, wovon noch 10 starben.

X Jusowka, (Gouv. Jekaterinoslaw), 2. Juli. Nach weiteren Nachrichten über das Grubenunglück sind bisher 187 Leichen geborgen worden, die sämtlich starke Brandwunden auf wiesen. Die Rettungsar- beiren werden eifrig fortgesetzt.

Vermischtes.

js Der Prozeß gegen die Mörderin ihres Bräutigams,

in dem die Bürgermeistertochter Beier zum Tode verurtelt worden ist, beweist, wie tief ein des sittlichen Halts beraubtes Mädchen sinken kann. Vater und Mutter waren der Mörderin nie die rechte Stütze, und so ist sie allmählich zu Grunde gegangen. Sie betätigte ihre Sinnlichkeit ohne Schranken und bewies in allem ein Raffinement, wie es erst wieder gesucht werden soll. Kalt überlegte sie den Mord und kalt führte sic ihn aus. Alles hatte sie bis ins Kleinste überlegt, um einen Selbstmord wahrscheinlich zu machen. Auf ein paar Fäckchungen kam es ihr nicht an. In dem gefälschten Testament des Ermordeten ist dessen Handschrift mit solcher Genauigkeit nachgeahmt worden, daß selbst Mutter und Bruder getäuscht werden konnten. Und in beinahe un­heimlicher Weise wußte sich die Angeklagte zu beherrschen. Die Energie, die sie hier zeigte, in anderer Weise angewandt, das Laster hätte sich unterdrücken lassen. Nur Zufälle offenbarten die Angeklagte als Mörderin. Sonst so schlau, machte sie hier eine Dummheit, die das ganze Treiben der Angeklagten bloßlegte, lieber die Rolle, die der Hauptlieb­haber der nun zum Tode Verurteilten, der Kaufmann Merker, in dem Prozeßverfahren gespielt hat, schweigt man am besten. Der Verteidiger hielt ihni vor, daß die Angeklagte ihn schonte, er aber dns Gegenteil tat. Die einstige Geliebte hatte denn für ihn auch nur verächtliche Blicke. Sie will aus Liebe zu dem Manne gehandelt haben, er hat jedoch für sie nichts mehr übrig; ihre Frivolität, sagt er, hat ihm die Lippen geöffnet. Ein Prozeß wie dieser ist gottlob äußerst selten. Noch können deutsche Mädchen und Frauen als das Ideal eines weiblichen Wesens gelten, dem sich der Mann ruhig anvertrauen, dem er den Kopf in den Schoß legen kann. Die paar schlechten Ausnahmen können den Ruf der vielen Guten und Edlen nicht schmälern!

8Adressat per Ballon abgereist.'" DieFranks. Ztg." schreibt: Es gibt kleine Interpunktionszeichen in dem fort­laufenden Texte unserer Entwicklung, die man verzeichnen soll, weil sie morgen schon überholt, übermorgen schon ver­gessen sind. Wir hatten an einen unserer Mitarbeiter in dringlicher Angelegenheit ein Telegramm abzusenden. Ant­wort bezahlt. Statt der ersehnten Antwort kam eine amt­liche Mitteilung;Telegramm unbestellbar, Adressat per Ballon abgereist". Heute verblüfft uns das noch und das mit dem roten Streifen beklebte Blatt geht von Hand zu Hand . . . Morgen schon werden wir unsere Freunde nur noch draht­los erreichen irgendwo im Weltall, wo sie, ihr Flügel- roßchen unter den Beinen, bei der nächsten Luftstation an- fragen, ob kein redaktioneller Steckbrief wegen Urlaubsüber­schreitung hinter ihnen her ist. Lacht da Jemand? Wir bitten ihn nur das Telegramm in die Hand zu nehmen, auf dem in ganz gewöhnlichen Lettern stehtper Ballon abge­reist", als ob sich's um eine kleine Trambahnfahrt handle . . . Und das Aergerlichste ist nur, daß wir den Kerl nun wirklich nicht erwischen können, denn die verfluchten Ballöner haben es heute noch an sich, daß man nicht weiß, wo sie niedergehen . . ., armseliges, rückständiges Fuhrwerk . . . Morgen wird's schon anders sein. Aus dem Balkon steht unsere Flugmaschine, in der Westentasche haben wir das Mikrophon für Telephongespräche mit dem Südpol ....

Handel und Verkehr.

js Stuttgart, 1. Juli. Der heutigen Ledermesse in der städtischen Turnhtrlle in der Forststr. waren etwa 650 Ztr. zugeführt. Die Preise stellten sich per Ztr.: Sohlleder 1 Mk. 40 Pfg. bis 1 Mk. 50 Pfg., Wildvacheleder 1 Mk. 10 Psg. bis 1 Mk. 20 Pfg, Wildoberleder la 2 Mk. 10 Pfg. bis 2 Mk. 20 Psg., Wildoberleder l > a 1 Mk. 80 Psg. bis 2 Mk., Schmalleder 2 Mk. 10 Pfg. bis 2 Mk. 20 Pfg., Kalbleder 2 Mk. 80 Pfg. bis 3 Mk. 50 Pfg., Zaum-Zeug- und Roß­leder 2 Mk. 70 Pfg. bis 1 Mk. 80 Pfg., Schafleder 15 bis 30 Mk. per 10 Stück.

Voraussichtliche» Wetter

am Samstag, den 4. Juli: Heiter, trocken, heiß.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altenstetg.

Wir machen unsere Leser aus die neuen, jetzt ausge­gebenen Oberamtsbeschreibungen aufmerksam, die als Sonderdrucke aus der vom K. Statistischen La.rdesamt herausgegebenen großen Landesbeschreibung im Verlag von W. Kohlhammer in Stuttgart erschienen sind. Jedes Oberamt ist in besonderem Hefte einzeln zu haben, und ist mit Bildern und einer prächtigen Karte des betr. Regierungskreises versehen, die sonst einzeln mehr kostet als das ganze Heft, dessen Preis nur 80 Pfg. ist. Uns liegt z. B. die Beschreibung unseres Oberamts Nagold vor, welche zwar die Einwohner­zahlen noch nach einer früheren Zählung enthält und auch sonstige Neuerungen nicht berücksichtigt, die aber wirklich sowohl über die allgemeinen Verhältnisse des Bezirks, als über die einzelnen Wohnsitze re. Auskunft gibt. Zu beziehen durch die W. Rieker'sche Buchhdlg., L. Lauk in Altensteig.

Wer weiß, wieKnorr-Sos" Suppen, Gemüse, Saucen, Salate würzt, würdigt dieses Originalfabrikat in hohem Maße und kann es nicht mehr entbehren.

IMensLeig-SLadl.

Bekanntmachung

betr. das Beerensammeln in de« Stadtwaldungen.

Das Sammeln von Waldbeeren aller Art in den Stadtwaldungen ist für Auswärtige nur mit besonderer Erlaubnis gestattet.

Erlaubnisscheine können gegen Bezahlung von 1 Mark pro Person bei Oberförster Pfister gelöst werden.

Mit dem Reff dürfen Heidelbeeren vor dem 25. Juli und Preiselbeeren vor dem 24. August weder von Hiesigen, noch von Auswärtigen gesammelt werden.

Zuwiderhandlungen find strafbar.

Den 2. Juli 1908.

SLadlfchutth.-AmL:

Welker.

Veknirirttirnchttirg.

Das Sammeln von Heidelbeere«

in meinen Waldungen mit dem Reff ist vor dem 15. Juli strengstens bei Strafe

verboten

sowie das Sammeln von Preiselbeeren vor dem 15. August.

Ueberberg den 3. Juli 1908.

Altensteig-Stadt.

Freiwillige Fenermehr

Diejenigen Mitglieder, welche das Feuerwehrsest in Sulz besuchen, haben nächsten Sonntag, den 5. d. Mts. morgens präzis 6fts Uhr anzutreten. Abfahrt mit Zug 7.12 Uhr. Ausrüstung: Helm bezw. Mütze und leere Gurt.

Den 2. Juli 1908.

Das Kommando.

Altensteig.

Radsahrcr- Verciu.

Heute Samstag abend Uhr

Drrsammlnng

in der Linde, Besprechungen über verschiedene in nächster Zeit vor­kommende Festlichkeiten, daher zahl­reiches Erscheinen notwendig, be­sonders der in Oberschwandorf ge­wesenen Fahrer.

Der Vorstand.

Teiirer^h.

nßchaiW.

Im Wege der Zwangsvollstreckung kommt das bisher den Georg und Michael Widmaier gehörige

Sägewerk mit Znbehörde«

im oberen Teinachtal, 1 da 95 » Wiesen md 5 a Aeckern im Gesamtschätzungswert von 24 600 Mk. nebst der wrhandenen 17pferdigen Wasserkraft am

Dienstag, den 7. Jnli IS««, mtzm. 2

ms dem Rathaus in Teinach zur Versteigerung.

Den 19. Mai 1908.

Verw.-Aktuar: Hilligardt.

Wie schon mehrere Jahre, so komme ich auch wieder am nächsten Montag, den 6. Juli nach Nagold, und am Dienstag, den V. Juli nach Bernerk auf den Markt, um mit einigen norddeutschen Grundbesitzern einen größeren Transport gute,

junge MMt«

zu kaufen.

Albert 8evi, Krüngen.

Georg Derrgler.