' ? rt, 22. Juni. Die Erste Kammer hält am Mittwoch den 1. Juli nachmittags 4 Uhr wieder eine Sitzung ab, in der die beiden Nachträge zum Etat, sowie der Gesetzentwurf betr. die Gewährung von Darlehen an die Gemeinde Darmsheim zur Verabschiedung kommen werden.
ss Stuttgart, 21. Juni. (Deutsche Landwirtschaftsausstellung.) Gestern vormittag fand eine Vorbesichtigung statt, wozu gegen 200 Teilnehmer aus dem Ausstellungsplatz sich eingesunden hatten.
ss Stuttgart, 22. Juni. Die Stadt Stuttgart veranstaltet Mittwoch abend zu Ehren der Deutschen Landwirts chaftsgesells chaft eine Begrüßungsfeier im Stadtgarten.
ss Stuttgart, 22. Juni. Der Staatsanzeiger beginnt heute mit der Veröffentlichung des Entwurfs einer neuen Kirchenverfassung der israelitischen Religionsgemeinschaft, wie er von der Israelitischen Oberkirchenbehörde auf Grund der von den sämtlichen Kirchenvorsteherämtern des Landes, von dem Verein der Rabbiner und der israelisischen Lehrer und von einer Anzahl angesehener Israeliten abgegebenen gutachtlichen Aeußerungen sestgestellt worden ist. Zweck der Veröffentlichung ist, den Entwurf, ehe er an die Staatsregierung und an die Stände gelangt, der öffentlichen Diskussion zu unterstellen.
ss Stuttgart, 22. Juni. Bezüglich der in Staatsgebäuden befindlichen Schullehrerwohnnngen sind die staatlichen Bauämter angewiesen worden, beim Aufzug eines neuen Lehrers auf Kosten der Baukasse drei Zimmer neu zu tapezieren und sonst in guten Stand zu setzen. Dieser Fortschritt gegen den seit 1892 bestehenden Zustand, der die Tapezierung von nur zwei Zimmern erlaubte, wird in Lehrerkreisen freudig begrüßt.
jj Stuttgart, 20. Juni. Der Polizeibericht schreibt: Der 32 Jahre alte, verheiratete Mechaniker, welcher in der Nacht vom 17. auf 18. ds. Mts. in einem Hause der Rost- bergstr. in Ostheim in selbstmörderischer Absicht Lysol getrunken hatte und nach dem kath. Hospital überführt worden war, ist daselbst gestern früh gestorben. — Beim Baden in einem Baggersee bei der neuen Schlachthausanlage in Gais- burg ertrank gestern abend ein 11 Jahre alter Knabe. Die sofort angestellten Wiederbelebungsversuche waren erfolglos. — Beim Passieren des Bahnüberganges bei der Ludwigsburgerstraße und Zufahrtstraße zum Nordbahnhof wurde gestern abend ein mit Backsteinen beladenes zweispän- niges Fuhrwerk von einem vom Hauptbahnhos kommenden Rangierzug erfaßt und teilweise zertrümmert. Das Sattelpferd erlitt auf der Brust eine klaffende Wunde. Tie Schuld an dem Unfall, bei welchem Personen nicht verletzt wurden, dürfte den Weichenwärter treffen, der die Schranken abzuschließen unterlassen hatte.
1s Heilbronn, 22. Juni. Gestern abend kurz vor 9 Uhr wurde ein hiesiger Gärtnergehilfe wegen Diebstahlsverdachts auf die hiesige Polizeiwache verbracht, um vernommen zu werden. Kaum war er auf der Wache, schoß er sich, ohne daß es verhindert werden konnte, eine Kugel in die Schläfe, wo die Kugel stecken blieb. Die Verletzung scheint nicht lebensgefährlich zu sein.
ss Neckarsulm, 22. Juni. In der Nähe von Kochertüren ist ein Dienstknecht vom Brambacher Hof beim Grasmähen der Maschine zu nahe gekommen und so zugerichtet worden, daß er ins städtische Krankenhaus geschafft werden mußte.
ss Waldstetten, 22. Juni. Bei der Fronleichnamsprozession ist nach einer Meldung der „Gmünder Zeitung" hier ein Altar im Wert von 100 Mark verbrannt. Es herrscht hier die Sitte, daß wenn der Geistliche den Altar verlassen hat, die Frauen einen Sturm auf den Altar machen und sich Blumen mitnehmen, die sie dann zu Hause ausbewahren in dein Glauben, der Blitz schlage nicht in das Haus. In diesem Gedränge wurde eine brennende Kerze umgestoßen,
sten Abend. „Herein," rief sie dann, als leise an die Litt gepocht wurde.
Ein schüchternes junges Mädchen stand auf der Schwelle. „Verzeihen Sie, gnädiges Fräulein," begann es vertagen, „ich bin Helene, Ihre neue Karmmerjungfer. Darf ich Ihnen beim Ankleiden behülslich sein? Hoffentlich gelingt es mir. Sie zufrieden zu stellen."
„Daran zweifle ich nicht, Helene," ermunterte Asta mit verbindlichem Lächeln. Im Fveiburg stand mir keine Jungfer zur Verfügung-, ich mutzte daher mir selbst helfen und bin mm gar nicht verwöhnt. Bitte, packen Sie meine Kleider aus, ich möcht^hsute Abend gern sehr hübsch aussehen, es liegt mir sehr viel daran, zu gefallen."
Nach Verlauf von kaum einer halben Wunde stellte sich Asta vor den Spiegel und befriedigt lächelte ste ihrem eigenen Bilde entgegen. Das rosa Kaschmirkleid mit weiten Spitzen und Schleifen paßte so gut zu dem dunkeln Haar, das mit Weißen Rdsenknospen leicht zufommenge- halten wurde, und dsie dunkeln, schelmischen Augen verliehen dem frischen Antlitz einen eigenartigen Reiz.
„Früher Hatzte ich diesen Ton," flüsterte ste neckend, Äs jetzt der laute Ton der Glocke in den Speiseßaal rief, „ich wEe nicht.-Pen und muMe es doch. Doch jetzt bin ich und tue alles, was ich will."
„UNd was willst Du denn tun?" ertönte plötzlich scherzend eine Stimme an ihrer Seite.
Asta schaute sich erschreckt um und schaute in das lächelnde Antlitz ihres Vormundes. „Ich sah Ste gar nicht, Herr von Warneck; Sie haben mich erschreckt," ries ste aus und lachte gezwungen.
„In, bin ich denn so klein, daß eine junge Dame mich nicht sehen kann?" gab er in seiner heiteren Weise zurück.
Ein Blick in seine lächelnden Augen überzeugte Asta,
die den Brand verursachte. Während der Prozession selbst wurde bei den Jungfrauen, die mit brennenden Kerzen im Zug gehen, ein Kleid angezündet und nur durch rasches Eingreifen der Umstehenden wurde ein Unglück verhütet.
jj Ellwangen, 22. Juni. (Gausängerfest.) Gestern wurde hier das 8. Ostgauliederfest des Schwäbischen Sängerbundes abgehalten unter Beteiligung von ca. 1000 Sängern, sowie einer zahlreichen Volksmenge.
' Von der Nebelhöhle. Am Pfingstmontag wurden an Eintrittsgeldern 2000 Mt. netto erlöst, welche den beiden Gemeinden Genkingen und Oberhausen zu gut kommen. Diese Summe wurde noch nie erreicht.
ss Ulm, 22. Juni. Die Strafkammer verurteilte den Notar Mich. Strecker von Hayingen, der zu Beurkundungen seinen Gehilfen hinausschickte, sie aber als von ihm selbst vollzogen mit seiner Unterschrift versah, wegen falscher Beurkundung im Amt zu drei Monaten Gefängnis.
* Aus dem Allgau, 19. Juni. Auf eigenartige Weise hat gestern der 21jährige Sohn des Kurzwarenhändlers Wülste in Haldenwang seinen Tod gefunden. Der junge Mann stach sich in einer Gastwirtschaft mit einer Gabel so unglücklich in den rechten Oberschenkel, daß er sich die Schlagader verletzte. Sofort schoß das Blut in starkem Strahle aus der Wunde und nach kaum einer Viertelstunde war der junge Mann eine Leiche. Er hatte sich verblutet.
jj Vom Bodensee, 22. Juni. In den Lagen der Hochalpen hat der Föhn in den letzten acht Tagen mit dem Schnee ganz bedeutend aufgeräumt; nicht nur tagsüber, sondern auch während der Nacht herrschten hohe Temperaturen. Der Bodensee steigt fortwährend. Auf dem Säntis, der den Winter hindurch immer eine Schneedecke von über drei Meter hatte, liegt der Schnee nur noch 30 om hoch. Mit Beginn des nächsten Monats können Hochtouren bereits unternommen werden. — Bei dem letzten großen Föhnsturm am Freitag kamen auf hoher See zwei Keßwyler Segelschiffe in Seenot und waren gezwungen, die Ladung über Bord zu werfen. Das Dampfboot Bavaria nahm die beiden Seegelschiffe ins Schlepptau.
* Karlsruhe, 22. Juni. Die Hauptverhandlung in dem Beleidigungsprozeß, den Frl. Olga Molitsr gegen den Schriftsteller Paul Lindau angestrengt hat, beginnt in Karlsruhe am 25. Juni vormittags 10 Uhr.
Airsländisches.
* Innsbruck, 22. Juni. Die nächst der Martinswand gelegene Ottts ch aft ff ir l ist, wie ein Telegramm aus Innsbruck meldet, vollständig niedergebrannt. Das Feuer ist wahrscheinlich durch die Unvorsichtigkeit spielender Kinder entstanden und breitete sich infolge des herrschenden Srurmes mit rasender Eile aus. Im ganzen brannten 164 Häuser, darunter dieKirche, der Pfarrhof, das Post- und das Gemeindeamtsgebäude, nieder. Das ganze Dorf liegt in Schutt und Trümmern. 1 3 0 0 Personen sind obdachlos. Unter den Obdachlosen herrscht großer Mangel an Kleidern und Nahrungsmitteln. Wie amtlich sestgestellt worden ist, beträgt der durch die Brandkatastrophe angerichtete Schaden 1 200 000 Kronen, denen eine Versicherungssumme von 600 00 Kronen gegenübersteht. Die Zahl der Toten beträgt nach neueren Feststellungen 4, doch werden noch mehrere Personen vermißt. Bei dem Hilfskomitee, das sich im Laufe des gestrigen Tages in Innsbruck bildete, liefen bis mittags außer großen Spenden an Kleidern und Lebensmitteln etwa 20 000 Kronen ein. Erzherzog Eugen spendete 2000 Kronen.
js Rom, 22. Juni. Die Arbeitskammern in Bologna und Spezia proklamierten den Streik als A kt derSoli -
darität in Parma. Trotz des Streiks ist ein Teil der Geschäfte geöffnet. In Spezia arbeiten die Arbeiter regelmäßig weiter. In Bologna machten die Arbeiter nach einer Versammlung den vergeblichen Versuch, die Arbeit in der Tabakmanufaktnr zum Stillstand zu bringen. Die Ordnung wurde nicht gestört.
' Allerlei. Bei einer Schlägerei in Gelsenkirchen wurde ein dabei Beteiligter von einem Schutzmann erschossen. Ein Schutzmann wurde schwer verletzt. — Bei einem Zusammenstoß eines Automobils mit einem mit Ausftüglern besetzten Leiterwagen wurden mehrere Personen schwer verletzt. — Ein von der Prinz-Heinrich-Fahrt zurückkehrendes Automobil verunglückte bei Jrxleben. Ein Leutnant war sofort tot, die anderen Insassen kamen mit leichteren Verletzungen davo. — In Solingen hat ein Messerschleifer in einem Tobsuchtsanfall seiner ihm erst seit 8 Wochen angetrauten Frau und dann sich selbst den Hals durchschnitten. Beide sind tot.
Handel und Verkehr.
* Neuenbürg, 20. Juni. Dem heutigen Schweinemarkt zugeführte 25 Stück Milchschweine wurden zu 30—35 Mk. das Paar verkauft.
' Herrenberg, 20. Juni. Auf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 126 Stück Milchschweine, Erlös pro Paar 30 —44 Mk.; 28 Stück Läuferschweine, Erlös pro Paar 50—80 Mk. Angebot und Nachfrage schwach.
* Ulm, 22. Juni. Dem Schweinemarkt waren nur 168 Milchschweine und 7 Läufer zugesührt. Der Handel gestaltete sich lebhaft. Milchschweine kosteten 19—28 Mk., Läufer 45—50 Mk. per Stück.
Voraussichtliche» Wetter
am Mittwoch, den 24. Juni; Wolkig, mäßig warm, Aufhören der Niederschläge.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altensteig.
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die Bestellung auf unsere Zeitung für das nun beginnende S. Quartal bei der nächsten Postanstalt, dem Postboten, Briefträger, Agenten oder Austräger anfzugeben, damit Unregelmäßigkeiten in der Zustellung vermieden werden.
datz ihr Vormund sich über ste belustigte uind dieses reizte ihren Unwillen.
„Ich bin kein Kind mehr," gab ste daher schmollend zurück, „wenigstens behandelte man mich nicht so in Freiburg. Sie lachen über mich; das bin ich von den Herren in Freiburg auch nicht gewohnt gewesen."
Thilo lachte herzlich. „So, wirklich, hattest Du denn so häufig Umgang mit jungen Herren?'"
Mas Aügen blitzten zornig. „Sie behandeln mich noch gerade wie vor acht Fahren," ries ste unwillig, mit dem Fuße stampfend, „aber damals mußte ich mir diese Behandlung gefallen taffen. Das hat sich jetzt geändert, Herr von Warneck, das bedenken Sie Wohl," nttt diesen Worten ging sie an ihm vorüber dem Speisesaal zu. Doch Thilo stand gjtttch wieder an ihrer Seite. „Mein liebes Kind, ich wollte Dich gewiß nicht erzürnen," schmeichelte er. „Komm, gib mir die Hand, wir wollen Freundschaft schließen."
Asta blickte mit flammenden Augen zu ihm empor. „Es ist mir lieber, Ste zürnen mtr, denn Ihren Spott ertrage ich nicht; ich bin jetzt kein Kind mehr," gab ste finster zurück.
„Wirklich nicht? in meisten Augen bist Du immer noch ein Kind; ein liebes herziges Kind, recht geschaffen um verhätschelt und verwöhnt zu werden. Wir wollen Freunde sein, Asta, itveue Freunde auf Du und Du, willst Du? Nun komm, dias Esten ist serviert und ich bin sehr hMgRg." Seine Worte klangen so melodisch und einschmeichelnd, daß Asta glücklich lächefte, ihre Hand leise auf seinem Arm legte und zustimmend nickte.
„Dqs ist recht/ rief Thilo heiler, und führte ste an seinem Arm in den Speisesaal, wo Frau von Warneck schon an der Tafel wartete. Ihr Antlitz erhellte sich sichtlich, als ste die Heiden in so gutem Einvernehmen sah, vielleicht erfüllte sich dennoch ihr bängst vergessener Traum und Asta wurde später Herrin auf dem Erlenhof.
Es waren in Astas Herzen die widerstreitendsten Gefühle erwacht, als ste jetzt in der alten Heimat war, die sie vor acht Jahren verlassen, mit der Hoffnung, ste nie wieder zu sehen. Sie lachte, plauderte und scherzte wie ein glückliches Kind, sogar in Gegenwart des verhaßten Vormunds, besten Name allein hingereicht hatte, das Blut in ihren Adern erstarren zu machen. Er war doch eigentlich ein sehr angenehmer Gesellschafter, gestand ste sich, als man sich von der Tafel erhob, und ste Frau v. Warneck in den nebenan grenzenden Salon folgte. So heiter wie Heute war ste stets bet Fräulein Norden gewesen, und doch hatte ste gefürchtet, auf dem Erlenhofe nie wieder fröhlich sein zu können.
„Und jetzt erzähle mir über Dein Leben in Fretburg und was Du gelernt hast," begann die ältere Dame, Äs sie ihr Lieblingsptätzchen in einer Fensternische eingenommen und für Asta einen Sessel an ihre Seite gerücS hatte. Kannst Du spielen? Asta bestätigte es. „Auch zeichnen und malen?" forschte Frau von Warneck weiter.
„Nein, ich hatte Unterricht genug und der Professor Müller hat sich viel Mühe mit mtr gegeben, aber meine Talente waren doch zu gering," entgegnete Asta ruhig.
„O, das ist schade, aber die Musik wird Dich entschädigen. Bist Du von der Reise nicht zu ermüdet, um unS etwas dorzutvagen, sobald Thilo hier ist?" .
„Nein, es wird mir ein Vergnügen sein. Ich hoffe ich kann Dich zufrieden stellen, liebe Tante, denn unser Musikdirektor hat sich sehr mit uns geplagt. Ich habe Fräulein Norden versprechen müssen, ihr zu schreiben, ob Du mit meiner Stimme zufrieden bist.'
(Fortsetzung folgt.)
Harmonisches Bild. „Tie Frau Rat ist wie da Donnerwetter." — „Ja, und der Herr Rat der Blitzableiter.