Erscheinungsweise: kmal wöchentlich.
Bezugspreis: 3n der Stadt incl. Trögerlohn Mir. 1.25 vierteljährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarorts- verkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Psg., in Bayern und Reich 42 Psg.
Anzeigenpreis: 3m Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Psg., außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Psg.
Schluß für die 3nseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.
Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.
^ 104.
Samstag, den 4. Mai 1912.
87. Jahrgang.
Amtliche Bekanntmachungen.
Erlaß an die Ortsschulräte,
betr. Statistik der nicht vollsinnigen Kinder.
Gemäß Erlaß des K. Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens vom 1. Mai 1905 hat jährlich eine statistische Aufnahme sämtlicher Kinder stattzufinden, welche, obgleich im Schulpflichtigen Alter stehend, durch ein körperliches oder geistiges Gebrechen dauernd ver- indert sind, am Unterricht der öffentl. Schulen sich zu eteiligen.
In diese Statistik sind aufzunehmen', s) die blinden,
b) die schwach- und blödsinnigen,
c) die epileptischen,
ci) sonstige durch körperliches Leiden dauernd vom Schulunterricht ferngehaltene Kinder, und zwar nur diejenigen, welche im laufenden Jahr neu in das schulpflichtige Alter eintreten.
Nicht sind aufzunehmen die taubstummen Kinder, über welche eine Statistik schon angeordnet ist (Reg. Vl. 1902 S. 153) und die nicht schwachsinnigen, sondern schwach begabten Kinder, welche die Volksschule besuchen.
Die statistische Aufnahme erfolgt mittels eines Fragebogens, der im Bedarfsfälle vom Oberamt bezogen werden kann.
Für jede Gemeinde ist der Fragebogen vom Ortsvorsteher und dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Ortsschulrats in dreifacher Ausfertigung anzulegen und bis spätestens 15. Mai d. Z. in doppelter Ausfertigung dem gemeinsch. Oberamt in Schulsachen vorzulegen. Das dritte Exemplar des Fragebogens ist von dem geschäftsführenden Vorsitzenden des Ortsschulrats aufzubewahren.
Lalw, 3. Mai 1912.
Für das gemeinsch. Oberamt in Schulsachen.
Reg.-Rat Binder.
K. Oberamt Calw.
Bekanntmachung.
Es wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß der für den Katastergeometer- Distrikt II aufgestellte Katastergeometer Krauß am 1. ds. Mts. seinen Dienst angetreten hat. Die Kanzlei des Herrn Katastergeometers Krauß befindet sich im Hause des Herrn Stadtbaumeifters Hohnecker in Talw, alte Stuttgarterstraße 621.
Den 3. Mai 1912.
Regierungsrat Binder.
An die Ortsbehörden für die Arbeiterversicherung.
Die im letzten Quartal aufgerechneten Quittungskarten sind dem Oberamt alsbald einzusenden.
Calw, 3. Mai 1912.
K. Oberami:
Amtmann Rippmann.
Bekanntmachung
der K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, betr. die Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten von 1912.
Unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 17. April 1912 bringen wir zur Kenntnis der Beteiligten, daß die Ausstellungsgegenstände in der Zeit vom 7.—11. Mai einzusenden sind, soweit nicht die Verfertiger der Gegenstände bis zum 6. Mai von der Nichtzulassung benachrichtigt worden sind. Die Sendungen sind zu richten „An die Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten in Ulm".
Bei der Einsendung sind folgende Vorschriften genau zu beachten:
1. Die Einsendung erfolgt nicht durch jeden Aussteller gesondert, sondern durch die örtlichen gewerblichen Vereinigungen. Nur wenn sich die nächst erreichbare gewerbliche Vereinigung weigern sollte, eine Arbeit weiterzugeben, kann diese unmittelbar eingeschickt werden.
2. Die gewerblichen Bereinigungen befördern sämtliche bei ihnen eingelaufenen Ausstellungsstücke in einer Sammelsendung.
3. Zeder Kiste oder jedem Pack ist ein Verzeichnis der darin enthaltenen
Ausstellungsgegegenstände anzuschließen, das die Namen der Aussteller und eine Aufführung der sämtlichen, von jedem Aussteller gefertigten Arbeiten enthält. Vordrucke für diese Verzeichnisse gehen den Vereinigungen, von denen nach den Anmeldungen Arbeiten einzusenden sein werden, von hier aus zu.
4. An den Ausstellungsgegenständen sind vor der Absendung die Kärtchen mit der Angabe des Namens des betreffenden Lehrlings usw. gut zu befestigen.
5. Bäcker, Konditoren und Gärtner» die Arbeiten ausstellen, werden je besonders benachrichtigt, an welchem Tage sie die Arbeiten einzusenden haben.
Die Einlieferung dieser Arbeiten erfolgt durch die Aussteller unmittelbar hierher. Im übrigen sind jedoch auch von ihnen die allgemeinen Vorschriften zu beachten.
6. Die Einlieferung der sämtlichen Ausstellungsgegenstände erfolgt entweder durch die Post (als portopflichtige Dienstsache) oder mit der Bahn unfrankiert. Besondere Fuhrwerke dürfen nur insoweit verwendet werden, als der hierdurch verursachte Aufwand die Kosten der Beförderung mit der Bahn nicht erheblich übersteigt.
Angesichts der großen Zahl ganz gleichmäßiger Gegenstände, die bei der Ausstellung Zusammenkommen, ist die genaueste Einhaltung vorstehender Vorschriften unumgänglich notwendig, da sonst Verwechslungen und andere Irrungen nicht zu vermeiden sind.
Ausstellungsstücke, die erst nach dem 11. Mai ein- kommen oder die nicht zuvor für die Teilnahme an der Ausstellung angemeldet worden sind, können nicht angenommen werden.
Die Eröffnung der Ausstellung wird noch bekannt gemacht werden.
Stuttgart, den 30. April 1912.
M o ft h a f.
Die Gemeindebehörden
werden mit Bezug auf den im „Lalwer Tagblatt" Nr. 99 erschienenen Erlaß vom 22. vor. Mts. ersucht, Vorstehendes den Interessenten bekannt zu geben. Calw, den 3. Mai 1912.
K. Oberamt. Binder.
Parlamentarisches.
Berlin, 3. Mai.
Aus dem Reichstag.
Am Bundesratstisch sind Staatssekretär Delbrück und Unterstaatssekretär Wahnschaffe erschienen. Präsident Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1 Uhr. Vor Eintritt in die Tagesordnung erbittet und erhält der Präsident die Ermächtigung, dem Kronprinzen zu seinem Geburtstag die Glückwünsche des Hauses aussprechen zu dürfen. Zunächst steht auf der Tagesordnung die Beratuna der von der verstärkten Geschäftsordnungskommission getroffenen Abänderung der Bestimmungen der Geschäftsordnung über Interpellationen.
Staatssekretär Delbrück gibt im Namen der verbündeten Regierungen eine Erklärung ab, in der er feststellt, daß nach Artikel 27 der Reichsverfassung der Reichstag seine Geschäftsordnung allein zu regeln hat und dementsprechend die vom Reichstage zu beschließenden Abänderungen der Geschäftsordnung weder eine Erbreiterung der verfassungsmäßigen Rechte des Reichstages, noch Beschränkungen der verfassungsmäßigen Rechte des Kaisers, der verbündeten Regierungen und des Reichskanzlers herbeiführen können. Unter dieser ausdrücklichen Verwahrung erklärte er aber, daß der Reichskanzler den Wünschen des Hauses auf eine weitere Ausgestaltung seiner Geschäftsordnung insofern entgegenzukommen bereit ist, als er unter der Wahrung des Rechts der Ablehnung im einzelnen Fall die in Aussicht genommenen kurzen Anfragen nach Möglichkeit beantworten wird oder durch seinen Stellvertreter und Kommissar beantworten lassen will, sofern der Gegenstand zur verfassungsmäßigen Kom
petenz des Reichstages gehört und nicht ein schwebendes Gerichts-, Verwaltungs- oder Disziplinar- Verfahren betrifft. Gröber (Z.) führt als Berichterstatter aus: Den Mitgliedern des Reichstages soll es gestattet sein, an den Reichskanzler kurze Anfragen zu stellen, die schriftlich einzureichen sind und sich auf die Bezeichnung der Tatsachen beschränken müssen. Eine Besprechung der Antwort des Reichskanzlers und Anträge zur Sache sind unzulässig, dagegen können bei der Besprechung einer Interpellation Anträge gestellt werden, welche die Feststellung verlangen, daß die Behandlung der Angelegenheit durch den Reichskanzler der Anschauung des Reichstags entspricht oder nicht. Ledebour (S.): Namens meiner Partei kann ich erklären, daß wir, wenn wir eine Erweiterung der Machtbefugnisse des Reichstags erstreben, dies durch direkte Anträge auf Verfassungsänderung zum Ausdruck bringen. Abg. Kreth (kons.): Wir wiederholen unseren schon in der Kommission gestellten Antrag, daß sich Anfragen nur auf die innere und äußere Politik zu beschränken haben. Abg. List - Eßlingen (natl.): Durch die kurzen Anfragen wird ein lebhafter und friedlicher Meinungsaustausch mit der Regierung stattfinden können, doch geht uns die Erweiterung des Fragerechts auf jedes Mitglied des Hauses zu weit. Uebri- gens wollen wir die Entwicklung der Dinge erst einmal abwarten. Abg. Müller- Meiningen (F.V.): Anfragen die ein Verwaltunasverfahren betreffen, darf der Reichskanzler nicht ablehnen, sonst müssen wir wieder zu dem schweren Geschütz der Interpellation greifen. Abg. v. Halem (Rchspt.): Den konservativen Abänderungsanträgen stimmen wir zu. Abg. Bell (Z.): Wir wollen solche Anfragen ausschließen, die in ein Verwaltungsverfahren ein- greifen. Abg. Graf Westarp (kons.): Angesichts der durch die Erklärung des Staatssekretärs geschaffenen veränderten Situation beantrage ich Zurückverweisung an die Kommission. Dies würde der Wurde des Hauses entsvrechen. Bell (Z.): Angesichts des Widerstandes der Linken ziehen wir unsere Anträge zurück. Abg. Graf Westarp (K.): Die Befugnisse des Präsidenten müssen revidiert werden, sonst ergeben sich aus der Geschäftsordnung die schlimmsten Konsequenzen. (Große Unruhe und Lärm links.) Abg. Keth (kons.): Wenn die Dinge so harmlos liegen, wie Sie sie darstellen, dann verstehe ich Ihre Unruhe und Ihren Eifer nicht. Abg. Graf Posadowsky (Wild): Jede Annäherung an den Parlamentarismus lehne ich ab (bravo rechts) weil ich infolge der Entwicklung Deutschlands das Parlament für unfähig halte, die Zügel der Regierung zu ergreifen. (Lärm links.) Damit schließt die Debatte. Die Paragraphen betr. die kurzen Anfragen werden unter Ablehnung der Regierungsanträge in der Kommissionsfassung angenommen. Es folgt die Beratung der Paragraphen betr. die Interpellationen. Dr. B e l l (Z.): Dem Reichstag soll das Recht gegeben werden, Anträge im Anschluß an eine Interpellation zu stellen, ob die Behandlung der dem Gegenstand der Interpellation bildenden Angelegenheit durch den Reichskanzler der Anschauung des Reichstags entspricht oder nicht. Kreth (kons.): Wir erblicken in der Möglichkeit bei Interpellationen Anträge zu stellen, einen Vorstoß gegen den föderativen Charakter des Reiches und eine Einschränkung der Rechte des Kaisers und seiner Stellung. Einen Reichstagsbeschluß über die Politik des Reichskanzlers ziffernmäßig abzugeben, geht über den Kanzler hinweg zu einer Kritik des Kaisers. (Sehr richtig rechts, Lachen links.) Uns steht der Royalismus höher als der parlamentarische Ehrgeiz. Wir brauchen eine feste Regierung. Abg. David (Soz.): Nach Meinung des Herrn Kreth darf man den Vertrauensmann des Kaisers, den Reichskanzler, nicht scheel ansehen, aber gerade seine Partei läßt die Reichskanzler über die Klinae sprin-