G chwarzwälder Sonntagsblatt.

leider fest, daß man in England uns als einen gefürchteten Rivalen ansieht und dementsprechend, ungeachtet aller freund­lichen Worte, behandelte. Vielleicht gelingt es einmal, diese Auffassung zu beseitigen, aber bis auf Weiteres muß man mit ihr rechnen.

Dankbare Gäste.

Jüngst war eine Anzahl französischer Studenten unter Führung des Professors Andler, eines geborenen Elsäßers, in Deutschland, und man hat sie hier (namentlich in Berlin) ungemein herzlich ausgenommen, hat ihnen glänzende Feste gegeben, auch sonst für Belehrung und Amüsement gesorgt und getan, als handle es sich um eine wichtige Sache der Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich. Aber unter­dessen hat sich ein böser Katzenjammer eingestellt, und wenn man auch gemeinhin die Lehren eines Katers leicht vergißt, so möchte man doch wünschen, daß es hier nicht der Fall wäre. Zunächst hat es alsbald nach der Heimkehr der jungen Herren in Paris Skandal gegeben. Die Chauvinisten schrieen:Vaterlandsverrat!" und dem Herrn Professor Andler wurde böse mitgespielt, bis dieser beichtete, daß er durchaus im Einvernehmen mit dem französischen Botschafter in Berlin gehandelt und sich genau nach dessen Wünschen gerichtet habe. Und dann machten auch die Herren Studiosi ihren einwandfreien Patriotismus klar. Einer schrieb, daß sie sich über die deutschen Trinksprüche lustig gemacht und mit bedeutsamem Augenzwinkern halblaut zugetrunken hätten: Aus die Revanche!" Es ist wirklich ein starkes Stück an Dankbarkeit für die genossene Gastfreundschaft, das die wohl­erzogenen Herr'chen sich geleistet haben. Die deutschen Herren, darunter sehrprominente" Persönlichkeiten, die den Besuch aus Frankreich mit Liebenswürdigkeiten und großen An­näherungstrinksprüchen überschüttet haben, werden ein schönes Gesicht gemacht haben. Sie sind mit ihrem Eifer böse hereingefallen. Hoffentlich ist es eine Lehre für die Zukunft. Wann wieder einmal Besuch kommt, wird man gut daran tun, sich die Gäste genau anzusehen. Solche wie die fran­zösischen Studenten hätten eher einen ordentlichen Tritt auf die untere Verlängerung des Rückens verdient.

Die Marokko-Wirren.

In Marokko sind die Franzosen fortwährend munter auf dem Kriegspfade. An der algerisch - marokkanischen Grenze sind umfassende Operationen im Gange zur Nieder­werfung der dort versammelten Eingeborenen-Scharen, und es ist in der letzten Zeit mehrfach zu ernsten Kämpfen ge­kommen. General Liautey, der zum Oberkommissar ernannt wordenist, hatsich anOrtund Stelle begeben. Auch in der Gegend von Casablanca wird gelegentlich gekämpft, um die Gegendzu beruhigen". Die Sache des Sultans Abdul Aziz steht trotz französischer Hilfe sehr schlecht. Mulm) Hafid hat so ziemlich ganz Marokko auf seiner Seite. Die Abgesandten, die er nach Paris geschickt hat, sind dort von den regierenden Herren nicht empfangen worden. Die Berliner Regierung, höflich und korrekt, wie sie ist, hat in Paris über den Em­pfang der beiden Sendboten Mulm) Hafids im Auswärtigen Amt Bericht erstattet. Im klebrigen ist festzustellen, daß sich M der deutschen Presse mehr und mehr Stimmen vernehmen lassen, die ein energischeres Auftreten Deutschlands in der marokkanischen Frage verlangen.

Neueste Nachrichten.

" Stuttgart, 22. Mai. Die Kammer der Abgeordneten hat heute die Beratung der Bauordnung begonnen.

js München, 22. Mai. Seit gestern Abend vernimmt im Justizpalast der Berliner Untersuchungsrichter, Landge­richtsrat Schmidt in Anwesenheit des Vertreters des Fürsten Eulenburg eine große Anzahl von Zeugen. Die gestrigen Vernehmungen dauerten bis nachts 12" Uhr.

Leipzig, 22. Mai. Vor dem Reichsgericht begann heute unter großem Andrang des Publikums die Verhand­lung der Revision Hardens gegen das Urteil des Land­gerichts Berlin I. Harden ist persönlich mit Justizrat Bernstein erschienen. Als Vertreter des Nebenklägers, von Moltke, ist Justizrat Sello anwesend.

Leipzig, 23. Mai. (Telegramm.) Das Reichsgericht hat im Hardenprozeß das Urteil -es Landgerichts Berlin l aufgehoben und die Sache an die Vor-Jnstanz zurück- verwiesen.

* Paris, 22. Mai. In der Zucker-Raffinerie von Say ereignete sich eine Explosion, deren Entstehungsursache unbekannt ist. 42 Arbeiter und Arbeiterinnen wurden verletzt, darunter 8 schwer. Der Material­schadenist bedeutend. Nach einer späteren Meldung beträgt die Zahl der Schwerverletzten 11. Hinsichtlich der Ursache glaubt man, daß der Zucker st aub durch einen elektrischen Funken in Brand geriet und daß da­durch die Entzündung von Gas verursacht wurde.

* Paris, 22. Mai. Aus Fez wird dem Temps vom 17. Mai gemeldet, daß Mulay El Kebir, der Bruder des Sultans Abdul Aziz, der vor einigen Tagen Rabat heimlich verlassen hat, bei Mulay Hafid in Mekines eingetroffen ist.

js Fez, 22. Mai. Meldungen aus Mekines bestätigen, daß Mulai Hasid am 18. Mai um 8 Uhr morgens, begleitet von seinen Wesieren und dem Minister des Aus­wärtigen, mit großem Gepränge unter dem Donner der Geschütze mit Musik und unter Huldigungsrufen der Bevölkerung seinen Einzug in Mekines gehalten hat.

Ein schlechter Soldat.

Skizze von C. Crome-Schwiening.

(Nachdruck verboten.)

Er war ein schlechter Soldat trotz seiner kräftigen Gestalt, trotz seiner derben Knochen.

Sie sagten's ihm alle die Offiziere, die ihn herunter­putzten, die Unteroffiziere, die rauh und auch oft roh zu ihm waren, die Kameraden, die ihn hänselten und ver­spotteten.

Und doch war er gesund, breitschultrig und voll Kraft. Vielleicht steckte ein Plus von Kraft in ihm, das ihn unge­füge machte und täppisch.

Gerade, weil äußerlich so augenscheinlich das Zeug zu einem guten Soldaten in ihm steckte, verschärfte sich der Un­wille seiner Vorgesetzten gegen ihn. Und doch gab er sick so redliche Mühe! Was halfs? Auch der eiserne, alles beugende Drill befreite ihn nicht von seiner angeborenen Schwerfälligkeit. Er machte die Gewehrgriffe so wuchtig wie keiner, aber, wenn einernachklappte", so war er es. Beim Einrichten der Glieder wurde sein Name gewiß jedesmal zu­erst genannt, immer mit den traditionellen zoologischen Bei­worten, soviel Mühe er sich auch gab, gerade zu stehen, wie die andern. Keiner gab sich beim Detail-Exerzieren und bei den Hebungen der Kompagnie soviel Mühe wie er vergeblich!

Die unaufhörliche Angst, wieder etwas unrichtig zu »achen, lähmte ihn immer im entscheidenden Augenblick. So hatte er sich in sein Schicksal ergeben, ein schlechter Soldat zu sein, und er wäre so gern ein guter gewesen.

dünner werdenden Eisfläche. Und eines Tages ging's in der Kaserne wieder von Mund zu Mund:Das Eis hält nicht mehr, wir müssen vom Apollogarten wieder über die Brücke zurück."

Ein Sonntag war herangekommen und auch derschlechte Soldat" hatte einmal wieder die ihm nur sehr selten erteilte Erlaubnis zum Ausgehen erhalten. Die Freude darau wurde ihm verbittert durch einen harten Auftritt mit seinem Unteroffizier. Der war in übler Laune und ließ ihn die blitzblanken Knöpfe noch dreimal nachputzen, ehe er ihn ent­ließ. Darüber war's fast dämmerig geworden und in trüb­seliger Stimmung, mit gesteigertem Haß gegen seinen Vorge­setzten schlich sich derschlechte" Soldat endlich zur Kaserne hinaus, der Stadt zu.

Der Unteroffizier ging auch, natürlich in den Apollo- garten. Er trank auf seinen Aerger manchen Schoppen und zu dem gabs der lustigen Gesellschaft heute genug dort.

Auch derschlechte Soldat" saß in einem versteckten Winkel des Etablissements, sog an einer schlechten Zigarre und nippte brütend an seinem Bier. Als er seinen Unter­offizier ausstehen und umschnallen sah, zog es ihn mit un­widerstehlicher Gewalt ihm nach, trotzdem er noch ein halbes Stündchen Zeit gehabt hätte, um rechtzeitig in die ihm zur Hölle gewordene Kaserne zurückzukehren.

Drinnen im Tanzsaal tönte die lustige Tanzmusik sort, als er ins Freie trat, nm den Weg am Flusse entlang bis zur Brücke hinunterzugehen. Die flotte Walzerweise verfolgte ihn und unbeholfen pfiff er sie zwischen den Zähnen nach, aber plötzlich stockte sein Fuß, ein anderer Ton drang zu seinem Ohr, ein Schrei der höchsten Not, schon halb erstickt, drüben vom Flusse her.

LMM

Zum Einsturz der Musikfesthalle in Görlitz.

Die Trümmerstätt«. Rechts: Baumeister Sehring.

Vielleicht wäre er es geworden, hätte er während seiner Rekrutenzeit einen geduldigeren Ausbilde-Unteroffizier gehabt. Aber er war an einenscharfen" geraten, der nur zornigen Tadel kannte.

Und gerade diesen hatte das Schicksal zu seinem Kor­poralschaftsführer bestimmt, als er in die Kompagnie kam. Da verlor er alles Zutrauen zu sich. Er war einmal vom Schicksal dazu bestimmt, der Prügeljunge der Kompagnie zu werden.

Der Unteroffizier gehörte zu jenen, die auf Details im Dienst verbissen sind. Seine Korporalschaft war immer ein Muster gewesen seit er denschlechten Soldaten" darinnen hatte, gab's häufigere Monita. Als er aber mit ihm ein paar Mal beim Hauptmann zum Rapport erscheinen mußte, da war's ganz aus und die volle Schaale des unterosfizier- lichen Zornes, täglich neu gefüllt, ergoß sich über das Haupt des Ungelenken.

So ward jeder Tag für ihn ein schwerer, demütigender. Aber er trug's. Zu der Furcht vor seinem Korporalschafts­führer aber gesellte sich allmählich eine dumpfe Wut, die im Gefühl ihrer absoluten Ohnmacht sein tägliches Martyrium nur verschlimmerte.

Der Winter kam ein harter Winter. Der Fluß, der Kaserne und Exerzierplatz von der Stadt trennte, war stark zugefroren und tagsüber belebt von munteren Schlitt­schuhläufern. Während die Brücke ein gut Stück flußabwärts lag, hatten jetzt die dienstfreien Unteroffiziere und Mann­schaften, wenn sie ein jenseits des Flusses gelegenes gern von ihnen frequentirtes Etablissement aufsuchen wollten, die schönste Gelegenheit, dasselbe schneller zu erreichen. Sie gingen über die breite sichere Eisdecke des Flusses und waren am Ziel. Das war doppelt angenehm abends vor dem Zapfenstreich man konnte noch ein Glas trinken und kam doch auf diesem näheren Wege über das Eis noch vor Toresschluß in die Kaserne.

Dem kalten Nordost folgten lindere Lüfte. Sie hatten genug zu tun, um das mehrere Fuß mächtige Flußeis minder stark zu »lachen, und trotz des Tauwetters hatte sich die Zahl der auf dem Flusse am Eislauf sich Vergnügenden kaum gemindert. Aber allmählig blieben auch sie fort und nur einige Wagehälse sah man noch auf der blanken immer

Nun stockte auch ihm das Blut. Das Eis dort in der Flußmitte konnte keinen Men­schen mehr tragen wer war der Vorwitzige, der, um einen kleinen Umweg zu ersparen, sein Schicksal so versucht hatte ? Aber er besann sich nicht lange. Es mußte ein Kamerad sein schon stand er, fast ohne zu wissen, was er begann, auf dem festen weißen Ufer­eise, das noch hielt, und da wenige Meter vor ihm, sah er die Einbruchstelle und nun hob sich aus dem unter dem Eise dumpf gurgelnden Wasser ein Arm, dessen Hand sich in den Rand der Bruchstelle krallte und nun erschien auch ein Kops zur Hälfte nur über der dunklen Flut. Der schlechte Soldat" warf sich vorsichtig nieder und schob sich näher an die Einbruchstelle he­ran. nun erschien auch der Kopf des Verunglückten, der einen neuen erstickten Hilfenif aus-

des Retters Arm, der sich nach Derschlechte Soldat" hatte

stieß, ganz über dem Wasser.

Eine Sekunde lang blieb ihm ausstreckte, bewegungslos, in dem Ertrinkenden seinen Quäler, den Unteroffizier, erkannt. Die eine kurze Sekunde hindurch kämpfte er einen qualvollen Kampf. Aber dann griffen seine Hände nach Arm und Haar seines Peinigers und nun bewährte sich seine unge­füge Kraft. Mit einem Ruck, der seine ganzen Kräfte ver­einte, riß er den schon halb Bewußtlosen zu sich auf das noch tragende Eis und von hier aus auf das sichere User.

Und dann standen sie einander gegenüber, derschlechte Soldat" und der vom sicheren Tode Errettete, und ihre Blicke trafen sich. Der Unteroffizier blieb stumm, als er seinen Retter erkannte und wandte sich scheu und hastig zum Gehen. Langsam, in bescheidener Entfernung, folgte ihm der schlechte Soldat und kam gerade noch an das Ka­sernentor, als dasselbe just geschlossen werden sollte.

Keiner von ihnen hat den Vorfall je erwähnt, weder der Unteroffizier noch er. Aber dennoch war er glücklich. Der Tadel seines Vorgesetzten traf ihn nach wie vor, aber er klang milder, das Verletzende darin war verschwunden.

Heute beim Kompagnieexerzieren klappte er wieder nach. Auf der Stirn des Hauptmanns schwoll die donnerte ihn an und sagte zu dem neben Feldwebel.

Ein schlechter Soldat! Wenn wir ihn nur erst wieder los wären!"

Interessante Kleinigkeiten.

In Kamerun, unweit dxm Dorfe Barika (Mukuri) wurde auf einem noch nicht betretenen Gebirgspfade ein völlig ver­steinerter Wald gefunden, der eine Länge von 34 Km. besitzt.

Licht und Wärme besitzen großen Einfluß auf die Färbung der Schmetterlinge.

Am Roten Meere befindet sich ein Berg Dschebel Nakus, d. i. Glockenberg, welcher dadurch berühmt wurde, daß er nach Sonnenuntergang Töne von sich gibt, welche Aehnlichkeit mit dem Klange großer Glocken besitzen.

Die bedeutendsten Schwammsischereien sind die im Archipel auf Naxos und den benachbarten Inseln.

Zornader. Er ihm stehenden