Gegründet

1877.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Bezugspreis ptr das Merteljahr dn Bezirk und RachbarortSverkehr Mk. 1.25

außerhalb Mk. '.Ni.

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Fernsprecher Nr. 11.

Anzeigenpreis bei einmaliger Ein­rückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechenderRabatt.

Reklamen 18 Pfg. die Textzeile.

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Dberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.

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S8.

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Dienstag, de« 88. April

Amtliches.

Die evang. PfarreiZwerenberg wurde dem Pfarrer Nathanael Hornberger an der Bruder- und Kinder- Anstalt Karlshöhe bei Ludwigsburg übertragen.

Die Schulstelle in Besenfeld ist zur Bewerbung ausgeschrieben.

Gurk ins Land.

'Es ändern sich die Zeiten..."

Seit jenen vielbesungenen Tagen, in denen derGroß­vater die Großmutter nahm", ist schon manche Aenderung eingetreten, aber so schroff wie heute sind die Gegensätze wohl noch nie gewesen. Das merkte ich dieser Tage so deutlich, als ich einer Versammlung der Frauenrechtlerin­nen beiwohnte. Wenn heute Friedrich Schiller noch ein­mal seineGlocke" schreiben würde, er dichtete u. ^ so: Die Frau muß hinaus ins feindliche Leben. . . . Die Frau müsse sich politisch betätigen, hieß es in jener Ver­sammlung, denn nur sie allein ist berufen, das wieder gut zu machen, was die Männer, denen die politische Reife fehlt, verkehrt geschaffen haben. Ja, wenn erst die Frau auf dm Plan tritt, dann muß sich alles, alles wenden. Den Männern, so wie sie heute sind, dürften nicht soviel poli­tische Rechte eingeräumt werden, ereiferte sich die Referen­tin, denn sie verstehen nicht, sie zu würdigen. Was macht ihr denn, wenn ihr das Stnmnrecht habt? rief jemand von den anwesenden Herren den Frauenrechtlerinnen zu. Wir sorgen zunächst dafür, daß die Akustik im Rathaus­saal besser wird," war die Antwort. Staune o Mitwelt über die erhabenen Pläne. Ihr Männer, tretet allesamt für das Frauenstimmrecht ein, damit jenes herrliche Ziel bald erreicht wird. Ueberhaupt wird dann vieles anders. Die Frau, die in früheren Zeiten, als die Welt noch nicht so weit fortgeschritten war, von früh morgens bis in die späte Nacht hinein um das Wohlergehen des Haushalts und das ihrer Kinder besorgt war, disputiert dann, wenn sie im Besitz des Frauenstimmrechts ist, mit ihrem Manne über Angelegenheit von Kommune, Staat und Reich. Sind aber die beiden Ehegatten entgegengesetzter Politi­scher Meinung, dann ist oft der schönste Streit fertig und

die aufhorchenden Kinder, sie hören es gerne.

Das menschliche Gemüt ist sehr verroht, klagt man bei passenden Gelegenheiten in vielen Vereinen usw. und man kann manchmal dieser Klage eine Berechtigung nicht absprechen. Lachten da neulich auf der Landstraße eine An­zahl Spaziergänger aus vollem Halse, als ein Auto- mobilist. dessen Gefährt gegen einen Kilometerstein ge­fahren war, in weitem Bogen über den Chausseegraben hinweg auf einen Acker geschleudert wurde. Glücklicher­weise erlitt sein Korpus keinen Schaden. Was hatte denn der arme Mann getan, daß alle Leute so schadenfroh sich anlachten? Er hatte doch nur die Lungen derer, die frische Luft schöpfen wollten, mit Staub und Benzindampf vollgepumpt und war so schnell gefahren, daß die Leute aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, entsetzt beiseite sprangen. Die Leute müssen sich nach uns richten lernen, sagen die Ritter vom rasenden Benzinhengst. Recht so, was wagen sich denn die Menschen, die nicht Auto fahren, überhaupt noch auf die Straße. Diese gehört doch den Automobilisten. Die Zeiten ändern sich eben, sie sind vorüber, wo man fröhlich zum Städtle hinauszog.

Das ist des Pudels Kern, sagte am Ostertage ein ver­schuldeter Baron, als er ein ihm von der Post gebrachtes künstliches Osterei öffnete, in dem ein ungemütlicher Gläu­biger eine dringende Zahlungsaufforderung verborgen hatte. Das rührte den Schuldner und schon wollte er dem Manne die Summe zuschicken, als er die unangenehme Entdeckung machte, daß der Geldschrank Wohl Urteile und Zahlungsbefehle, aber kein Geld enthielt. Das war be­trübend. ,

Das ist eine alte Geschichte, s ! ,

Doch bleibt sie ewig neu; ' - . , .

Und wem sie just passieret, ' , ' i '

Dem bricht das Herz entzwei. ^

Allerdings muß bemerkt werden, daß dein Emp­fänger des so wunderbar gefüllten Ostereies der Schrecken über seine Geldlosigkeit gesundheitlich nicht geschadet hat, da er derartige unglückliche Momente schon gewöhnt war.

Nentengütergeseh.

Vom Verein zur Begründung ländlicher Heimstätten e. V. Zentrale Stuttgart ist an beide Kammern des ivürtt. Landtags eine Eingabe gerichtet worden, die in mehr als einer Hinsicht interessant ist. Es wird darin um einen Be­schluß der Kammer gebeten, wonach der Inhalt des für Preußen und Hohenzollern allgemein gültigen Renten­gütergesetzes vom 27. Juni 1890 nebst der Ergänzung vom 7. Juli 1891 einer eingehenden Durchsicht unterzogen werde, und sodann dieses Gesetz gekürzt und angepaßt den jedesmaligen örtlichen Verhältnissen, auch im Königreich Württemberg zur Einführung gelange. In erster Linie sollen bei der Bildung der sogenannten Rentengüter die geringeren Nutzen abwerfenden königlich Württemberg;- scheu Staatsdomänen in Betracht gezogen werden; die-? selben würden wie bisher noch weiter bestehen bleiben; nur kleinere Teile derselben, etwa je 3040 Morgen bei einer jeden Domäne, sollen zur Erstellung kleiner und kleinster Reutengüter verwendet werden.

Sodann aber solle auch Privatpersonen, ähnlich' wie in Preußen und in Hohenzollern, dieses Recht, Renten­güter in verschiedener Größe aufzumachen, stets auf deren besonderen Ansuchen von dem Staate ohne jede Verzöge­rung von Fall zu Fall bewilligt werden, wenn nachgewie­senermaßen keine Spekulation von seiten des Antrag­stellers und Besitzers des in Frage kommenden Geländes je beabsichtigt wird. Ganz besonders aber sollen in dieser Hinsicht gemeinnützige Vereine vom Staate dadurch unter­stützt werden, daß ihnen, wie ja auch das Rentengüter­gesetz andeutet, die zur Aufmachung nötigen Gelder vom Staate stets bewilligt werden, gemäß den in dem Gesetze vorgesehenen Bestimmungen, Falls in der betreffenden Gegend kein geeignetes Staatsland Vorhänden sein sollte, oder falls einige in sehr schlechtem Ertrage befindliche Privatländereien dadurch in besseren Kulturzustand ge­bracht werden können, so soll das für den Ankauf des Ge­ländes und die Erstellung der Gebäude dieser Heimstätten nötige Geld vom Staate bewilligt werden. Da dieses Rentengütergesetz nicht etwa nur allein die Zertrüm­merung schlecht rentierender großer Güter, Latifundien beabsichtigt, welch letztere in Süddeutschland nicht so zahl­reich vorhanden sind als in Norddeutschland, sondern da dasselbe ganz besonders die Erstellung kleiner und kleinster Heimstätten für die minderbemittelten Volksklassen überall im ganzen Lande anstrebt, so steht, von diesem Gesichts­punkte aus betrachtet, einer Einführung des Rentengüter­gesetzes, stets angepaßt den örtlichen Verhältnissen, in Württemberg Wohl nichts im Wege.

In Preußen werden bereits kleinste Stellen (Heim­stätten) als Rentengüter an Gärtner, Arbeiter, Taglöhner, Pensionisten, Invaliden und sonstige Interessenten, die sich dem Obst- und Gartenbau widmen wollen, schon in der Größe von einem preußischen Morgen, gleich Vi Hektar, an vergeben. Mithin kann also selbst dort, wo der Boden schon sehr parzelliert sein sollte, dieses Rentengütergesetz in Anwendung gebracht werden. Die infolge der allge­meinen Landflucht in so vielen furchtbaren Gegenden, sogar in der Nähe der Städte, vernachlässigten Ländereien werden alsdann in die höchste Kultur durch die Besitzer dieser kleinsten GartenbauRentengüter (Heimstätten) ge­bracht werden. Der Obst- und Gartenbau, besonders aber die so hohen Gewinn bringende Kultur der Beerenfrüchte und Frühgemüse, werden in so manchen schlecht rentieren­den Weinbergen, selbst in nächster Nähe der größeren Städte, ungemein gefördert werden, ebenso auch die Kultur der anderen Obstgattungen in den entfernter liegenden Ge­genden des Landes. Viele fast unausgenützt daliegende Ländereien aber würden einer erhöhten Kultur erschlossen. Mithin würden sowohl die Großgrundbesitzer, als auch die kleinen Besitzer, von diesem Gesetze Vorteil haben, da durch! die Einführung desselben die stets wachsende Leutenot auf dem Lande nach und nach beseitigt wird. Ebenso wird das Gesetz den Besitzern der Fabriken in den Landstädten, sowie deren Arbeitern, selbst von Nutzen sein, ferner auch unzähligen anderen Minderbemittelten, die jetzt bei dem Kampfe ums Dasein in den großen Städten so oft unter­liegen müssen. Endlich aber wird der Staat selbst davon den größten Gewinn haben, da sich seine Einnahmen bald ungemein erhöhen werden; Tausende aber, welche jetzt in das Ausland gehen, werden gerne in ihrer Heimat bleiben, da sie alsdann hier eine sichere Existenz finden werden.

Amtsblatt für Psalzgrafenweiler.

19V8.

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Mai und Juni INS

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Tagespolitik.

König Otto von Bagern vollendet am heutigen Montag das 60. Lebensjahr. Der Zustand des seit Jahr­zehnten in geistiger Umnachtung lebenden unglücklichen Fürsten ist unverändert. Das Leben vermag ihm nichts mehr zu bieten.

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Das Kaiserpaar aus Korfu. Erholung und Arbeit wechseln für den Kaiser auch auf Korfu ab. Die Ausflüge werden vom Wetter begünstigt; einer galt der türkischen Küste. Am Samstag hatte der Kaiser den griechischen Ministerpräsidenten und den Bürgermeister von Korfu zu Gast geladen. Am heutigen Montag speist der Kaiser beim König von Griechenland. Der Besuch in Bari in Unteritalien soll wegen der schlechten Gesundheitsverhält­nisse dort aufgegeben sein.

Der deutsche Reichstag eröffnet am heutigen Dienstag seinen kurzen, nachösterlichen Sessionsabschnitt mit einer Tagesordnung, die nicht weniger als 60 Petitionen aufweist. Die Sitzung beginnt erst um 2 Uhr nachmittags. Am Mittwoch kommt dann das Gesetz über den Unterstütz­ungswohnsitz an die Reihe. Auch die Kolonialbahnvorlagen werden mit Beschleunigung verabschiedet werden. Am 14. Mai will Staatssekretär Dernburg bereits seine Ostafrika-Reise von London aus antreten. Bis zu dem genannten Termin müssen also alle parlamentarischen Kolonialfragen gelöst sein. Trotzdem Pfingsten erst in den Juni fällt, rechnet man doch für die Maimilte mit der Vertagung.

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Die Reichseinnahmen haben sich im Berichtsjahre 1907/8 nicht ungünstig gestaltet. Die Zölle ergaben 88 Mill. Mark mehr, die Zigarettensleuer 5,9 Mill., die Erbschafts­steuer 22 Mill., die Fahrkartensteuer 7,9 Mill., die Fracht­urkunden 4,39 Mill. Mark mehr usw. Die größten Fehl­beträge hatten die Wertpapiersteuer mit 15^/, Mill. und die Steuer von Kaufgeschäften mit 7 Mill. Mark weniger.

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Von den Fonds, die aus der französischen Kriegskostenentschädigung gebildet wurden, sind außer den zur Neige gehenden Jnvalidenfonds nur noch der Kriegsschatz im Spandauer Juliusturm und ein Rest des Reichstagsgebäudefonds vorhanden, der sich auf 51 578 Mk. und 38 Pfg. belauft.

Die beiden Seeverträge, das Nordsee- wie das Ostseeabkommen, von denen das elftere der Anregung Deutschlands, das andere derjenigen Rußlands zu danken ist, herrscht bei allen beteiligteu Regierungen lebhafte Befriedigung. Beide Abkommen stellen eine Ergänzung, bezw. den Abschluß zu dem Mittelmeervertrage dar und be­sitzen die gleiche Bedeutung wie dieser. Sie sind dankens­werte Friedensgarantien. In diesem Sinne sind sie von der Presse aller Signatarmächte, nicht zuletzt auch von der­jenigen Englands, wie wir gern konstatieren wollen, begrüßt worden. Der französische Minister des Auswärtigen, Pichon, äußerte über die Abkommen: Die Unterzeichnung der beiden Vertäge, deren Zustandekommen vor einigen Jahren noch eine Sache der Unmöglichkeit gewesen wäre, darf von aller Welt als eine Schutzwehr des Friedens be­trachtet werden. Beide Verträge zeugen von dem Wunsche der Großmächte, jede Gefahr eines Konfliktes aus ihren Beziehungen zu beseitigen. In England, das durch seine Nichtbeteiligung an dem Ostseeabkommen etwas verschnupft ist, werden neben den beifälligen gelegentlich auch noch immer verdrießliche Stimmen laut. So meint derStandard", der Friede der Welt werde zwar nicht durch papierne Er-