js Stuttgart, 18. April. Ausgemandert sind im Monat März ds. Js. 1569 deutsche Reichsangehörige gegen 2361 im gleichen Monat des vorigen Jahres. Aus deutschen Häfen wurden außerdem 6308 Angehörige fremder Staaten ins Ausland befördert.
js Vaihingen a. E., 18. April. Beim Transport eines Rollwagens ist heute früh der 41jährige Arbeiter Kinzinger aus Enzweihingen ausgerutscht und hat sich eine so schwere Gehirnvecletzung zugezogen, daß er kurz darauf starb. Er hinterläßt eine Frau und fünf unversorgte Kinder.
js Heilbronn, 20. April. Die zuerst in der Heilbronner Presse aufgetauchte Nachricht, daß Kommerzienrat Spohn in Neckarsulm zum Neubau des hiesigen Stadttheaters ein unverzinsliches Darlehen von 200 000 Mk. vorgeschossen habe, scheint sich nicht zu bestätigen. Die Neckarsulmer „Unter!. Volksztg." erklärt, weder Kommerzienrat Spohn noch der in gleicher Angelegenheit genannte Kommerzienrat Rümelin wüßten etwas von der Sache.
js Kirchheim u. Teck, 18. April. Einen grausigen Fund machten heute früh die beiden hiesigen Totengräber, als sie den Friedhof betraten. Sie fanden an der das Leichenhaus abschließenden Tannenhecke den entseelten Leichnam des Jakob Haasis, Kaufmanns und früheren langjährigen Gemeinderats hier, bewacht von seinem Hunde. Der Verstorbene hat sich wie sich sofort ergab, in der Nacht von gestern auf heute durch einen Schuß aus seinem Revolver ins Herz entleibt, der Schuß ist wohl gleich tödlich gewesen. Der Selbstmörder ist, wie inan hört, seit einiger Zeit durch geschäftliche Widerwärtigkeiten mitgenommen worden.
js Dürnau OA. Riedlingen, 18. April. Der Bauer Göhler führte einen Dungwagen aufs Feld und nahm hiebei, um dem Kinde eine Freude zu machen, seinen vierjährigen Knaben mit, den er vorn auf den Wagen setzte. Während Göhler neben den Zugtieren ging, fiel der Knabe unversehens vom Wagen und erlitt hiedurch (wahrscheinlich wurde er überfahren) so schwere innere Verletzungen, daß er in der Nacht starb.
js Riedlingen, 20. April. Da alles teurer wird, haben nun auch die Hebammen unseres Oberamtsbezirkes aufgeschlagen. Sie wollen keine Geburt mehr gegen ein Honorar von weniger als 10 M. leiten.
js Aus Baden, 18. April. Die Untersuchung der mysteriösen Todesaffaire in Mannheim, über die wir schon berichteten, ergab, daß die Frau Bermann durch Cyankali- Vergiftung gestorben ist. Wie das Gift in die Speise kam, ist noch nicht aufgeklärt.
'(-/'Lahr, 18. April. In einem bei Kuhbach gelegenen Steinbruche kamen in letzter Zeit mehrfach Pulverdiebstähle vor. Vorgestern nachmittag war ein Gendarm an Ort und Stelle, um Erhebungen in der Sache zu machen. Die dort beschäftigten Steinbrecher nahmen jedoch gegenüber dem Beamten eine drohende Haltung an und die Brüder Rothmann aus Kuhbach griffen den Gendarmen tätlich an. Einer dieser beiden versetzte mit der Bierflasche dem Gendarmeir einen so wuchtigen Hieb auf den Kopf, daß der Gendarm schwer verletzt zu Boden stürzte. Während der eine der beiden Brüder in Hast genommen wurde, ist der eigentliche Täter flüchtig gegangen. '
" Berlin, 18. April. Das deutsch-französische Abkommen zur Festsetzung der Grenze zwischen dem Gebiete von Kamerun und Fra nzö fisch - Kong o ist heute nachmittag im Auswärtigen Amt vom Staatssekretär v. Schön und dem Botschafter Cambou Unterzeichner worden. — Der Temps schreibt: Der nicht bloß höfliche, sondern geradezu freundschaftliche Verkehr während der Grenzarbeiten wird auf die allgemeinen deutsch-französischen Beziehungen von bester Wirkung sein. Jedoch sei das Abgrenzungswerk
noch nicht völlig abgeschlossen, denn den Verwaltungen der beiden Kolonialgebiete bleibe die Lösung wichtiger Schiffahrtsfragen Vorbehalten, aber schon heute treten in voller Klarheit die beiderseits erreichten Vorteile hervor. Deutschland werde infolge der sehr günstigen Wege seinen Handel vergrößern können.
Ausländisches.
js Petersburg, 18. April. Den Blättern zufolge steht die Ernennung eines Generalissimus aller Land- und See- strcitkräfte Rußlands, dem auch der Kriegs- und Marineminister unterstellt werden soll, bevor. Als Kandidat für diesen Posten wird allgemein Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch bezeichnet. — Die russisch-japanischen Verhandlungen betreffend den Fischereivertrag sind ins Stocken geraten, da zwischen dem Minister des Aeußern und dein japanischen Gesandten Meinungsdifferenzen entstariden sind.
* St. Petersburg, 18. April. Die Polizei entdeckte eine neue Verschwörung gegen die kaiserliche Familie. Geplant war ein Anschlag anläßlich der Hochzeit der Großfürstin Maria Pawlowna mit dem Herzog von S o ed erm an l and. Bei Haussuchungen in den Wohnungen der Verschwörer wurden darauf bezügliche höchst wichtige Funde gemacht.
* Korfu, 18. April. Heute nachmittag erschien Graf Eulenburg im Auftrag des Kaisers im königlichen Schloß, um den König von Griechenland zum Ostermorgengottesdienst im Achilleion einzuladen. — Nach den bisherigen Reisedispositionen verläßt die Hohenzollern am 1., spätestens 2. Mai Korfu und bringt das Kaiserpaar nach Bari, von wo aus das Hohenstaufenschloß Castell Monte besucht wird. Die kaiserliche Seereise endet am 6. Mai in Pola, von wo aus das Kaiserpaar sich nach Wien begibt. Alsdann folgt ein Besuch in Donaueschingen beim Fürsten von Fürstenberg, dem sich die Fahrt nach Straßburg zur Einweihung der Hohkönigsburg anschließt.
js Toledo in Ohio, 18. April. 200 000 ausständige Minenarbeiter in den Central Kohlendistrikten werden am Montag die Arbeit wieder aufnehmen, nachdem gestern mit den Grubenbesitzern ein Uebereinkommen aus der Grundlage der früheren Lohnsätze getroffen worden ist.
Allerlei. Der Wettbeiverb für neue bayerische Postwertzeichen ist mißglückt. Der erste Preis von 1000 Mark konnte überhaupt nicht verteilt werden. — Der Aufenthalt des Münchner Erpressers Jmhof wurde in der Schweiz festgestellt. Die Polizei fahndet eifrig nach ihm. — In Römerswyl bei Luzern hat eine plötzlich irrsinnig gewordene Frau ihren fünf Kindern die Schädel mit einer Axt ein- geschlagen.
Ernster Konflikt zwischen Italien «nd der Türkei
" Rom, 18. April. Die Pforte hat dem italienischen Botschafter in einer Note vom 13. ds. Mts. mitgeteilt, daß die N e ne r r ich tu n g italienischer Po sta n sta lte n in der Türkei nicht gestattet werde. In der Note heißt es weiter, daß die Pforte bestimmte Befehle erteilt habe, die Eröffnung italienischer Postämter zu verhindern. Inzwischen ist die Botschaft benachrichtigt worden, daß diese Befehle dahin gingen, neu eröffnete italienische Postanstalten durch Tru p p en ab t ei tun g e n bewachen zu lassen, um den Zutritt des Publikums mit Gewalt zu verhindern. — Die italienische Regierung ist gegenüber dieser schweren und ungerechtfertigten Provokation entschlossen, ihr Ansehen und ihre Rechte energisch zu wahren und hat Befehl ge
geben, daß 3 Flottendivisionen in die türkischen Gewässer abgehen und sich für jede Eventualität bereit halten sollen. Sobald die italienischen Schiffe in den türkischen Gewässern angekommen sind, wird die italienische Regierung gleichzeitig eine Note an die Mächte und an die Pforte richten. Sie wird darin auf die Verletzung der internationalen Rechte und Verträge durch die Türkei Hinweisen, teils in der Frage der Postämter, teils in anderen Fragen, in denen die Pforte sich zum Nachteil der italienischen Rechte Uebergriffe und Gewalt zu Schulden kommen ließ. Von der Antwort, welche die Pforte gibt, werde die künftige Haltung der italienischen Regierung und die zukünftige Aktion des Geschwaders abhängen. Das Ziel, das sich die italienische Regierung bei ihrer Zwangsmaßregel steckt, ist klar und genau umschrieben: Schutz der italienischen Rechte in gänzlich bestimmten Fragen. Vollkommen phantastisch sind daher die Gerüchte, welche die Nachricht von der Mobilisierung des Geschwaders entstehen ließen, namentlich, daß Italien daran denke, sich irgend einer türkischen Provinz zu bemächtigen. Die Politik Italiens ist keine Politik der Abenteuer, sondern eine Politik der Notwehr. Diese Beschaffenheit sichert ihr die Sympathie aller Mächte.
' Rom, 18. April. Das italienische Geschwader wird wahrscheinlich eine der zahlreichen Inseln im Aegä- is chen M eer gegenüber Kleinasien besetzen und s o lange dort bleiben, bis die Tü rkei sich fügt. — Heute abend setzen der Marineminister und der Minister des Aeußern die genaue Zusammenstellung des Operationsgeschwaders fest, das aus mindestens 6 Linienschiffen bestehen wird.
Handel und Verkehr.
js Stuttgart, 16. April. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben 30 Ochsen, 19 Bullen, 198 Kalbeln und Kühe, 599 Kälber, 592 Schweine. Verkauft: 27 Ochsen, 14 Bullen, 158 Kalbeln und Kühe, 599 Kälber, 574 Schweine. Unverkauft: 3 Ochsen, 5 Bullen, 40 Kalbeln und Kühe, 0 Kälber, 22 Schweine. — Erlös aus I 2 Kilo Schlachtgewicht: Ochsen: 1. Qualität, a) ausgemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität, b) fleischige und ältere von — bis — Pfg., Bullen (Farren): 1. Qualität, a) vollfleischige von 67 bis 68 Pfg., 2. Qualität, b) ältere und weniger fleischige von 65 bis 66 Pfg., Stiere und Jungrinder:
1. Qualität, ») ausgemästete von 82 bis 84 Pfg., 2. Qualität, b) fleischige von 80 bis 81 Pfg., 3. Qualität, 0 ) geringere von 76 bis 78 Pfg., Kühe: 1. Qualität, s) junge von — bis — Pfg., 2. Qualität, 1) ältere gemästete von 58 bis 68 Pfg., 3. Qualität 0 ) geringere von 38 bis 48 Pfg., — Kälber: 1. Qualität, a) beste Saugkälber von 100 bis 103 Pfg., 2. Qualität, b) gute Saugkälber von 95 bis 98 Pfg., 3. Qual. 0 ) geringere Saugkälber von 88—93 Pfg. Schweine: 1. Qual, a) junge fleischige von 64—65 Pfg.
2. Qualität b) schwere fette von 62—63 Pfg., 3. Qual, geringere (Sauen) von 54 bis 55 Pfg. Verlauf des Marktes: lebhaft.
' Nürtingen, 15. April. Vieh- und Schweinemarkt. Zutrieb 11 Mastochsen, verkauft 7 Stück, Preis 516—560 M., 52 Zugochsen, verkauft 28, Preis 450—530 M., 85 Stiere, verkauft 52, Preis 283—442 M., 142 Kühe und Kalbeln, verkauft 83 Stück, Preis 210—560 M., 129 Stück Jungvieh, verkauft 91, Preis 120—284 M.; Rindvieh zusammen 419 Stück, verkauft 261, 56 Stück Läuserschweine, verkauft 50, Preis 30—50 M., 182 Milchschweine, verkauft 232. Zu Markt wurden gebracht: 419 Stück Vieh und 238 Schweine. Der Markt war gut befahren. Im ganzen war die Tendenz eine aufsteigende und wird sich bei einigermaßen guten Futteraussichten noch mehr steigern.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altensteig.
Das Osterei.
Novelle von R. Hoffmann.
Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
„Tu schweigst aber jetzt von Werners Osterei, Erich," mahnte Frau Helmbrecht, denn vielleicht entscheidet sich Martha doch noch für Herrn Sundheim und Du wirst doch selbst zugeben, daß Herr Sundheim eine viel glänzendere Partie für unsere Tochter wäre als der simple Johannes Werner."
„Ja, ja, Susanne, da hast Du recht, das Osterei werde ich einstweilen verstecken. Martha, Martha, komm doch einmal her!"
Helmbrechts Stimme erklang laut durch die geöffnete Tür im ganzen Hause, aber Martha erschien nicht.
„Hat der Trotzkopf vielleicht schon gar Wind von der ganzen Sache bekommen und läßt uns nun in der Verlegenheit sitzen. Martha, Martha! Bitte komm doch einmal her!" rief Helmbrecht nochmals.
Aber statt der Tochter erschien jetzt die dicke Köchin Anna auf der Türschwelle und meldete:
„Herr Helmbrecht, Fräulein Martha ist vor zehn Minuten ausgegangen. Ich glaube, sie wollte in den Schloßpark gehen und in einer Stunde wieder zurück sein."
„Sie hat sicher ein Rendezvous mit dem andern," erklärte jetzt Frau Susanne erbost, „und heute oder morgen erscheint Herr Sundheim und wir haben den Aerger, wenn Martha nicht vorher andern Sinnes wird. Wir müssen das Rendezvous verhindern. Nimm Deinen Hut und Stock, Erich, ich bin auch gleich zum Ausgehen fertig. Wir müssen sogleich nach dem Schloßvarke gehen und Martha zurück ins Haus holen."
„Ja ja, das werden wir tun," eutgegnete Helmbrecht und bald befand er sich mit seiner Frau auf dem Wege zum Schloßparke.
Helmbrechts hatten vor kaum einer Viertelstunde ihre hübsche Villa verlassen, als vor derselben ein eleganter Wagen vorfuhr. Ein stattlicher Herr von etwa dreißig Jahren stieg aus dem Wagen und begab sich mit elastischen Schritten in das Landhaus. Sein Gang und seine Haltung zeigten männlich stolzes Selbstbewußtsein und Zuversicht, und als er der auf sein Klingeln öffnenden Köchin Anna seine Karte übergab, rechnete er sicher darauf, mit offenen Armen in der Villa empfangen zu werden.
„Die Herrschaften sind leider augenblicklich nicht zu Hause," sagte Anna mit einem tiefen Knix, aber mit eiligen Blicken die Karte musternd ahnte sie im weiblichen Gefühle, um was es sich bei diesem Besuch wohl handeln würde und sagte deshalb so verbindlich als möglich, „aber bitte, treten Sie nur ein, Herr Sundheim, die Herrschaften können jede Minute zurückkommen, und sie würden sicher sehr bedauern, Sie nicht haben empfangen zu können."
„Aber haben Sie denn eine Ahnung, meine gute Küchenfee, weshalb ich komme," sagte Sundheim jovial und trat in das Haus.
„Eine Ahnung habe ich sicher, gnädiger Herr," entgegnen Anna und geleitete Herrn Sundheim in den Salon, denn ich glaube es ist von Ihnen heute vormittag im Hause schon viel gesprochen worden. Bitte nehmen Sie auf dem Sofa Platz, gnädiger Herr, ich glaube sogar, Ihr Besuch ist in dem Hause sehr angenehm."
„Ach, das ist ja reizend, was Sie da sagen, mein gutes Mädchen," rief Suudheim lachend und drückte Anna auS Freude über den vielversprechenden Empfang einen Taler in die Hand.
„Sie sind zu gütig," eutgegnete die Köchin mit einem tiefen Knix. „Sie können mir auch vertrauen, Herr Sundheim. Ich heiße Anna Quellmalz, mein Vater war Vorarbeiter bei Herrn Helmbrecht, und ich bin schon fünf Jahre Köchin in seinem Hause."
„Das freut mich ungamein," erwiderte Sundheim, „denn dann kennen Sie auch alle Personen im Hause ganz genau,, zumal das Fräulein Martha."
„Na, und ob ich die kenne! So ein gutes, so ein liebes Fräulein ist sie, daß sie jeder Mensch gern haben muß."
„Ja natürlich," eutgegnete Suudheim lachend. „Das ist auch meine Meinung von dem Fräulein."
„Nun, dann haben Sie wohl gar Absichten?" rief jetzt die neugierige Anna erstaunt.
„Absichten?" entgegnete Sundheim lachend. „Nun, so spricht man wohl nicht in Bezug auf eine vornehme junge Dame. Ich verehre das Fräulein. Ich lernte sie letzten Winter in Gesellschaft einer Cousine aus dem großen Maskenball in der Harmonie kennen und habe sie seit der Zeit nicht wieder gesehen. Aber ihr rosiges Antlitz, ihre sprühenden dunkeln Augen und ihr kastanienbraunes Haar sind mir unvergeßlich geblieben."
„Dunkles Augen und kastanienbraunes Haar soll unser Fräulein haben?" rief jetzt die Köchin erstaunt. „Da irren Sie sich wohl, Herr Sundheim, denn unser Fräulein ist blond, ganz richtig blond und hat hellblaue Augen."
„Mädchen, was reden Sie da!" schrie jetzt Sundheim und fuhr erschrocken in die Höhe. „Ist das die volle Wahrheit? Ist das Fräulein Helmbrecht wirklich blond und hat blaue Augen? Können Sie mir das ganz bestimmt versichern?"
„Ja, sie ist wirklich blond, ganz richtig blond und hat blaue Augen," erklärte die Köchin mit dem Tone der Ueberzeugung.
(Fortsetzung folgt.)