Gegründet

1877.

grscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Bezugspreis für das Merteljahr im Bezirk und Nachbarortsverkehr Mk. 1.25

außerhalb Mk. 1.36.

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MMblatt für

Fernsprecher Nr. 11.

Anzeigenpreis bet einmaliger Ein­rückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Mederholungen entsprechenderRabatt.

Reklamen IS Pfg. die Textzeile.

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

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83.

Ansgabeort Altensteig-Stadt.

Mittwoch, de« 4. März

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1908.

Amtliches.

Die Zahl der Unfall-, Invaliden- und Altersrentner beträgt z. Zt. in Altensteig-Stadt 74, Altensteig-Dorf 6, Berneck 30, Beuren 11, Ebershardt 17, Ebhausen 48, Egenhausen 33, Ettmannsweiler 12, Fünf­bronn 20, Garrweiler 2, Gaugenwald 4, Simmersfeld 31, Spielberg 25, Ueberberg 25, Walddorf 37, Wart 17, Wenden 3.

Die Maul- und Klauenseuche in Heiningen, O.-A. Göppingen, ist erloschen.

Der Kampf «m das preußische Wahlrecht.

Derlib erale Land eso erb and inWürttemberg hat gestern in seiner aus allen Landcsteilen besuchten Ausschutzsitzung zu Stuttgart nach einer eingehenden Aus­sprache über die politische Lage einstimmig folgende Er­klärung beschlossen:Der liberale Landesverband für Württemberg betrachtet die Wahlrechtserklärung Bülows vom 10. Januar 1908 als eine bewußte Brüskierung des deutschen Liberalismus und als einen Verzicht auf dessen Vertrauen und Mitarbeit. Deshalb ist das schärfste Miß­trauen gegen Bülows Politik auch im Reich geboten, und es muß von den für Fortschritt und Freiheit in den Reichstag entsandten Abgeordneten erwartet werden, daß sie von den Forderungen des Liberalismus nichts preis­geben. Mehr als je ist die Einigkeit der liberalen Gruppen eine Notwendigkeit ersten Ranges. Denn sie müssen mit der Möglichkeit rechnen, daß sie über kurz oder lang allein auf die eigene Kraft angewiesen sein werden, und in dieser Lage wäre Uneinigkeit gleichbedeutend mit politischer Ohnmacht. Die ganze Zukunft des Liberalismus beruht jetzt auf dem Bestand und' dem Fortschritt der Einigung. Sie muß durch alle Wechselfälle der Politik durchgehalten werden. In erster Linie ist daher jetzt die freisinnige Fraktionsgemeinschaft zu wahren und weiter auszubauen. Der liberale Landesverband hat zu den Mitgliedern der Fraktionsgemeinschaft das Vertrauen, daß sie bei aller» politischen Entscheidungen den Grundsätzen eines ent­schiedenen Liberalismus Geltung verschaffen und der Not­wendigkeit der Förderung der liberalen Einigung Rech-

WM tragen werden." ' > -

* »

Der Zentralvorstand der Nation allibe- ralen Partei nahm zur Landtagswahlreform durch eine Resolution Stellung, welche die Reform für un­aufschiebbar erklärt und in ihrem Inhalt ausspricht, daß von der Einführung des Reichstagswahlrechts in Preußen abzu­sehen sei, dafür aber als Forderungen anfstellt: geheime und direkte Stimmabgabe, andererweite Einteilung der Wahlbezirke und für das Wahlrecht selbst Rücksichtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Schichtung des Volkes in ihrer Bedeutung für die Gesamtwohlfahrt. Diese Resolution soll dem preußi­schen Vertretertage der nationalliberalen Partei unterbreitet werden.

Der freisinnige Wahlrechtsausschuß hat nun folgen­den Aufruf erlassen:

Die preußische Wahlrechtsfrage ist in Fluß ge­kommen. Nachdem während vieler Jahre die freisinnigen Parteien im preußischen Landtag in unermüdlicher Treue für die Verbesserung des preußischen Wahlrechts ge­kämpft haben, hat gerade die schroff ablehnende Antwort, diö der Reichskanzler am 10. Januar im preußischen Landtag gegeben hat. die Bevölkerung auf den ganzen Einst des Kampfes für die Einführung des Reichstaas- wahlrechits in Preußen hingewiesen. Vor aller Welt hat der erste Beamte des Reiches sich dahin ans gesprochen, daß die Einführung des Reichstagswahlrechtes in Preußen mit dem Stäatswohl nicht vereinbar sei. Wir haben darüber eine direkt entgegengesetzte Meinung und werden alles tun, dieser besseren Ueberzeugung zum Siege zu verhelfen. Alle freisinnigen und demokratischen Partei­tage haben das Reichstagswahlrecht sür Preußen gefor­dert, und von den drei liüksliberalen Parteien ist ein Ausschuß gebildet worden, der nichts anderes betreiben will, als den Wahlrechtskampf in Preußen mit der Losung:Die Zwingburg muß niedergezwüngen werden!"

Dieser freisinnige Wahlrechtsgusschuß hat seine Ar­beiten begonnen. Sein Bureau ist Berlin W.. Köthener Straße 48. Wir bitten alle Liberalen in Stadt und Land, dazu zu helfen, daß dieser Wahlrechtsausschuß ein wirkungsvoller Faktor im politischen Leben Deutschlands werde. Dazu gehört aber vor allem auch, daß der Wahl­rechtsausschuß von der ganzen Bevölkerung durch Mit­

wirkung unterstützt wird. Er wird seinerseits Versamm­lungen veranstalten, aufklärende Flugschriften und andere Drucksachen verbreiten, überhaupt auf jede Art und Weise me Forderung der Wahlrechtsreform für Preußen in den Vordergrund der öffentlichen Erörterung stellen. Zu er- M,gleicher Wirksamkeit aber sind erhebliche materielle Mittel erforderlich. Alle liberale Zeitungen ersuchen wir. Gaben für diesen Zweck entgegenzunehmen und an das obengenannte Bureau zu übersenden. Jede Gabe ist will­kommen. Helfe, wer helfen kann!"

Tagespolitik.

Die drei Versionen in Sachen der Steuerreform, die gegenwärtig durch die Presse gehen, wonach einmal die Vorlagen über das Branntweinmonopol und die Zi­garrenbanderole zurückgezogen werden, zum anderen an­geblich im Reichsschatzamt mit fieberhafter Eile gearbeitet werden soll, um noch schleunigst etwas zustande zu bringen, und drittens endlich fertig ausgearbeitete Vor­lagen bestimmt für den Herbst in Aussicht gestellt werden, sind, wie die Neue Politische Korrespondenz schreibt, alle drei unzutreffend. Formell sei die Situation insofern un­verändert, als die beiden Stengelschen Steuervorlagen sich nach wie vor beim Bundesrat befinden. Im übrigen ergebe sich die Situation aus der kurzen Rede, die Staats­sekretär Sydow unlängst im Plenum des Reichstags hielt, und in der er darlegte, daß er sich zunächst in die Materie und das Vorgefundene Material einarbeiten müsse. Irgend welche bestimmte Beschlüsse seien demnach bisher nach keiner Richtung gefaßt. Nur das eine sei allerdings zweifel­los, daß, wenn der Reichstag sehr früh in die Ferien gehen sollte, dann von einer Einbringung der Steuer­vorlagen in der gegenwärtigen Tagung nicht mehr die Rede sein könnte.

Im Gegensatz' zu dieser Meldung versichert dieMil.- Pol. Korresp.", daß die Stengelschen Entwürfe zur Zeit im Reichsschatzamt einer fundamentalen Umarbeitung unterzogen würden. Die Mehrbelastung des Branntweins solle die Gestalt einer reinen Fabrikatssteuer erhalten. Die umgeformte Banderolensteuer dagegen soll vorläufig nur die teuren Tabaksorten treffen. Geradezu aber feier­lich klingt, was dieMil.-Pol. Korresp." über die Pläne des neuen Reichsschatzsekretärs mitzuteilen weiß. Sie schreibt: In Kreisen, die Exzellenz Sydow nahestehen, behauptet man, daß sein eigener Gedanke die Sanierung der Reichsfinanzen über die Poftverwaltung hin sei. Ihr möchte er in der Aufbringung der Reichseinnahmen eine ähnliche Stellung zuweisen, wie sie die Eisenbahnen im Etat Preußens spielen. Angeblich setzt die Reichspost an den Postgebühren der Zeitungen jährlich fast 35 Mill. Mark zu. Etwa 11 Millionen Ginnahmett auf diesem Gebiete stehen volle 45 Millionen Unkosten gegenüber. Hier will bestimmten Anzeichen zufolge die Sydowsche Reform zuerst einsetzen und, unter gerechter Würdigung dm: Verhältnisse, Mehreinnahmen von vielen Millionen schaffen. Auch eine Erhöhung der Worttaxe für Jnland- telegramme von 5 aus 7 Pfennig gehört unter die dem neuen Staatssekretär zugeschriebenen Finanzpröjekte. Nur die Grundtaxe von 50 Pfennig sür zehn Wortedas Telegramm des kleinen Mannes" soll beibehalten werden.

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Der Sprachenparagraph des Vereinsge­setzes ist von der Reichstagskommisfion abgelehnt worden. Die Kommission nahm in ihrer Montag-Sitzung bei der Abstimmung über den 8 7 zunächst 4 Absätze (25) des freisinnigen Antrags an, lehnte dann aber in der Gesamt- avstimmung den 8 7 ab. Die zweite Lesung des Vereins- gesetzentwurss im Reichstag beginnt am Mittwoch den 11. März.

Wie es heißt, hat der Kaiser genehmigt, daß an Stelle des im Jahre 1902 eingeführten Karabiners der ver­längerte Karabiner 98 mit Aufpflanz- und Zusammensetz- vörrichtung tritt. Das Seitengewehr soll bei der Kavallerie für Manöver und Feld an Stelle des Degens treten. Zunächst

sollen bei neun Kavallerieregimentern Versuche stattfinden. * *

Die englische S t r a f e xp edi ti o n gegen die Zakkakehls ist beendet. Die Truppen kehren nach Peschawar zurück. Die Zakkakehls haben sich vollständig unterworfen und Bürgschaft dafür geliefert, daß die Schuldigen, die die letzten Einfälle in Britisch-Jndien unternommen haben, be­straft werden.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 2. März.

Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. Am Bundesratstisch ist Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg erschienen.

In der fortgesetzten Beratung der Gewerbenovelle tührt Abg. Enders (frs. Vp.) aus, mit der gesetzlichen Regelung der Heimarbeit tue man einen Schritt in ein dunkles Land. Die Selbsthilfe und der Staat müßten Mitwirken, um die Uebelstände in der Heimarbeit zu be­seitigen, ohne sie selbst in ihren Grundlagen zu erschüttern. Die Hausindustrie-Ausstellung in Berlin habe nur ein un­vollkommenes Bild der Heimarbeit gegeben. Es handle sich darum. Reformen zu schaffen, die den gesunden Kern der Heimarbeit betreffen, denn die Heimarbeit sei eine an sich gesunde und notwendige Folge der industriellen Entwicklung. Notwendig sei auch die Ausdehnung der Gewerbeaussicht aus die ganze Hausindustrie durch be­sondere männliche und weibliche Inspektoren.

Burck Hardt (wirtsch. Vgg.) verlangt die Einbe­ziehung der Heimarbeiter in die Versicherung und die Auf­stellung von Tarifverträgen, durch welche die Lohnver­hältnisse gebessert werden.

Naumann (frs. Vgg.) erkennt das Verdienst der Berliner Heimarbeiterausstellnng an. Vielfach seien die Bestimmungen der Vorlage unausführbar. Ein allge­meines Verbot der Hausarbeit sei nicht angängig, höchstens könne dies partiell geschehen. Die Wohn- und Schlaf­räume der Hausarbeiter seien durchaus unzulänglich. Eine Einschränkung der Kinderarbeit sei absolut notwendig, doch müßten die Vorschriften darüber einfachere sein. Was die Gewerbeaufsicht betreffe, so sei das. Landessache. Das vorgeschriebene Register müsse der vollsten Oeffentlichkeit preisgegeben werden, dann werde es ein brauchbares In­strument zur Bekämpfung der Auswüchse der Heimarbeit.

Schiffer (Ztr.) meint, die Arbeitgeber sollten all­gemein prüfen, ob eine Verkürzung der Arbeitszeit nicht eine Schädigung der Industrie bedeuten würde.

Everling (natl.) begrüßt die erfreuliche Aufnahme, die die Vorlage im allgemeinen gefunden habe. Imer­freulich sei nur die Haltung der Sozialdemokraten ge­wesen.

Günter (frs. Vgg.) meint, die vorliegende schwie­rige Materie lasse sich nicht auf einmal regeln.

Stadthägen (Soz.) erklärt, er und seine Freunde denken bei der Vorlage an eine Kur a la Dr. Eisenbarth.

Erzberger (Z.) lobt die Bestrebungen des Ber­liner Käuserbundes, der in die Schlupfwinkel der Heim­arbeit eindringe und Gutes schaffe.

Damit schließt die Diskussion. Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Dienstag 1 Uhr: Reichsamt des Innern. Schluß nach 6 Uhr.: §

Landesnachrichten.

Altensteig, 3. März.

s Riß. Eine bemerkenswette Beobachtung wurde dieser Tage von spielenden Kindern gemacht. Es ist ein etwa 30 om breiter Erdriß im Floßkanal der Nagold hinter dem Gasthof zumgrünen Baum". Der Spalt beginnt in der Mitte des Bettes und läuft in einer Länge von etwa 67 Meter bis hart ans Ufer, zu dem er in einem Winkel von etwa 30 Grad liegt. Ein von Tübingen berufener Geologe hat bereits nachgewiesen, daß in dem Spalt eine beträchtliche Menge Wasser versickert, doch konnte dies bei dem gegenwärtig hohen Wasserstand noch nicht näher fest­gestellt werden. Für die Zeit des niederen Wasser- slandes wäre dies aber von weittragender Be­deutung. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.

ss Calw, 2. März. Heute waren der Straskammer- vorsitzende und der Staatsanwalt von Tübingen in den Staatswaldungen von Stammheim zur wiederholten Unter­suchung des Jagdvergehens und der schweren Widersetzlichkeit gegen das Jagdschutzpersonal, wegen dessen der Schreiner Kirchherr von Stammheim vom Landgericht Tübingen und vom Reichsgericht in Leipzig zu 9 Monaten Gefängnis ver­urteilt worden ist. Seit längerer Zeit werden die Forst- schutzleute durch nächtlichen Unfug, Einweisung der Fenster usw. belästigt. Als Täter vermutet man ein Wilderer­konsortium aus dem Bezirk und aus der Nähe der badischen Grenze.

jj Calw, 2. März. Das Dienstmädchen in einer Conditorei betrieb einen schwunghaften Eierhandel der nach