Gegründet

1877.

KrfcHeinl täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

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Fernsprecher Nr. 11.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

Rr. 82

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Dienstag, de« 3. März

Auch für den Monat

Mörz

werden Bestellungen auf unsere Zeitung Aus den Tannen" entgegengenommen.

Amtliches.

Ueber tragen wurde die Schulstelle in Hof und Lembach, Bez. Murr (Marbach), dem Stellvertreter Paul Schaudt in Ebhausen.

Die Derstfche« «nd die Pole«.

Nachdruck verboten.

Man muß schon bis in die heute ziemlich weit zurück­liegenden Reichstags-Debatten über das längst verflossene Sozialistengesetz gehen, um eine solche Bewegung und Er­regung wiederzufinden, wie sie in der Verhandlung über die Enteignungs-Vorlage von polnischem Grundbesitz in Posen und Westpreußen im preußischen Herrenhause be­standen hat. Aeußerlich gab es ja den Spektakel nicht, der bei den Erörterungen über das Sozialisten-Ausnahmegesetz laut wurde, aber die Spannung war die gleiche. Und es scheint, als ob dem sogenannten polnischen Edelmut doch reichlich mehr zugetraut worden wäre, .als er verdient. Eine Sonderbestimmung, wie sie das Enteignungsgesetz.darstellt, ist nie eine Kleinigkeit, aber etwas Hartes kann man recht gut noch erträglich finden, wenn damit Härterem vorgebeugt werden solle. Und was man nicht für alle Ewigkeit bestehen lassen will, das kann man in seiner Geltungs-Dauer ja be­grenzen !

Es gibt wohl kaum euren anderen Volksstamm, der in politischer Beziehung so viel gute internationale und einflußreiche Freunde hat, wie der der Polen. Daß sie dafür die Deutschen mit ihrem ganz besonderen Hasse be­ehre«, namentlich auch, seitdem als ein festes Bollwerk des Deutschtums das deutsche Reich wieder errichtet worden ist, hat seinen guten Grund : Die Deutschen sind die intelligentesten Gegner der Polen; das ist's was sie nicht verwinden können! Das einstige Königreich Polen ist z. Z. unter Rußland, Oesterreich und Preußen geteilt, und die Polen haben es in Rußland und auch in Oesterreich Jahrzehnte lang weit schlimmer, wie in Preußen gehabt. In Wien sind sie seit der unglückseligen Nationalitäten-Politik des Ministeriums Taaffeliebes Kind" geworden, so sehr, daß einer der Ihrigen, freilich nur ein knappes Jahr, österreichischer Ministerpräsident wuroe. Das war derStaatsstreichler" Graf Badeni. Neuerdings versuchen sich die Polen nun auch in Petersburg anzuschmeicheln, nur zu dem Zweck, um besser auf Deutschland loshacken zu können. In Paris hatten sie von je einen großen Stein im Brett, und die französischen Schriftsteller und Aristokraten schwärmten stets für das Polentum. Da ist es denn nicht eben schwer, eine gehörige Attacke gegen die deutsche Polen-Politik los­zulassen. Daß andere Staaten ganz bedeutend schärfere Maßnahmen gegen renitente Bevölkerungsteile ergriffen haben, ohne sich groß zu besinnen, das wird kurzer Hand vergessen. Mag das im Auslande geschehen, aber Deutschland, welches die Polen und ihren fanatischen Haß gegen alles Deutsche kennt, darf für seinen Teil nichts vergessen. Die Enteig­nungsvorlage für die Gebiete polnischer Zunge ist ein preußisches Gesetz, aber die ganze Polen-Angelegenheit ist eine deutsche. Die letzten, durchaus nicht immer mehr ver­hehlten Pläne der Polen auf Wiedergewinnung ihrer alten politischen Selbständigkeit sind nur nach der Zertrümmerung des deutschen Reiches zu verwirklichen, und diesem letzteren Schwierigkeiten und Verdrießlichkeiten zu bereiten, ist stets die eifrige polnische Arbeit gewesen. Manche politische Jntrigue ist von dieser Seite her eingefädelt, und zarte polnische Frauenhände haben es erfolgreich verstanden, ein­flußreichen fürstlichen Damenfingern das Netz anzuvertrauen, das über Deutschlands Gedeihen geworfen werden sollte. Hinterher hat es ja stets geheißen:Das ist nicht wahr!" Aber Fürst Bismarck wußte, was er tat, wenn er den Polen einfach gerade heraus in öffentlicher Parlaments­sitzung sagte:Was Sie treiben, ist Hochverrat!" Deutsch­land kann viele und weitgehende Rücksichten üben, aber es

Amtsblatt für Pfalzgrasenweiler.

1908.

darf diese nicht so weit treiben, daß es Pläne gegen sein Staatswohl auf sich beruhen läßt. Wir wollen nur wün­schen, daß diese polnische Sache nicht noch einen breiteren Raum in der Reichspolitik gewinnt, wie es heute schon der Fall ist. Dann wäre Deutschland wirklich übel dran, dann müßte seinen verantwortlichen Staatsmännern mit Recht .der Vorwurf gemacht werden, den Polen zu viel vertraut, aber ihre Agitation zu wenig gewürdigt zu haben.

Tagespolitik.

Der Münchener Universitäts streit. Der Senat der Universität München hat derAugsb. Postztg." zufolge dem gegen den Professor Schnitzer aufgetretenen Pro­fessor Bardenhewer eine Rüge erteilt. Professor Bardenhewer soll sich an das Ministerium gewendet haben.

Wie preußische Wahlrechtssrage ist nach tzsw bor die bedeutendste Parole der gegenwärtigen poli­tischen Agitation und der Erörterungen in der politischen Presse. Eine merkwürdige taktische Haltung nimmt in dreser Frage die Sozialdemokratie oder vielmehr deren Parteileitung in Berlin ein. Bon dieser Stelle aus wurde nämlich der Kampf um das Wahlrecht in Preußen als eine Episode in dem von der Sozialdemokratie prokla­miertenKlassenkampf" bezeichnet und es wurde unter diesem Gesichtswinkel abgelehnt, grundsätzlich mit den linksstehenden bürgerlichen Parteien in dieser politischen Bewegung zusammenzugehen. Dieser Standpunkt der so­zialdemokratischen Partei zeugt von einer politischen Kurz­sichtigkeit ohnegleichen. Durch das preußische Wahlrecht ist die Arbeiterschaft am allerstärksten benachteiligt. Eine Bewegung zur Beseitigung dieses politischen Unrechts müßte nun von vornherein darauf eingerichtet werden, möglichst erfolgreich die gerechte Sache zu verfechten, unter Voranstellung derjenigen Maßnahmen im poli­tischen Kamps, die die sicherste Gewähr auf einen Erfolg, wenn auch nur einen Teilerfolg, bieten. Statt diesen stößt die Parteileitung der Sozialdemokratie die ent­schiedenen Liberalen der bürgerlichen Kreise durch die Verkoppelung des Wahlrechtskampses mit dem sogen. Klassenkampf, der in Wirklichkeit doch nur in der Theorie vorhanden ist, direkt vor den Kops und macht mit solchen Ungeschicklichkeiten dem freiheitlich gesinnten Bürgertum es unmöglich, trotz der Gemeinsamkeit des Ziels auch gemeinsam zu kämpfen. An einer solchen Taktik, wie sie die Sozialdemokratie in der Wahlrechtsfrage für gut findet, können in der Tat unsere Reaktionäre und nament­lich die Verfechter des Dreiklasscnwahlrechts ihre Helle Freude haben. Man mag über politische Kampfesweise im allgemeinen denken wie man will, das ist doch ohne weiteres klar, daß es im Wahlrechtskampf auf dem von der Parteileitung der Sozialdemokratie eingeschlagenen Wege einfach nicht geht. Auch in den Kreisen der sozial­demokratischen Partei selbst dürfte die Haltung des Partei­vorstandes lebhaftem Widerspruch begegnen.

Der Riesenkampf im deutschen Bauge­werbe wird zum 1. April immer wahrscheinlicher. Die Aussperrung soll sich über das ganze Reich westlich der Oder erstrecken und mindestens ZOO 000 Bauarbeiter umfassen. Viele tausende Arbeiter der verwandten Berufe werden in

Mitleidenschaft gezogen.

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Der deutsche Handelstag ist auf den 20. und 21. d. Al. nach Berlin einberufen. Auf der Tagesordnung stehen: Fernsprechgebühren, Börsengesetz, Fragen der

Organisation des Handwerks. An den Verhandlungen werden lautVoss. Ztg." die Staatssekretäre Dernburg und Krätke, die preußischen Minister v. Delbrück und v. Rhein­baben, sowie der Reichsbankpräsident Havenstein teilnehmen. Zu dem Festmahl des Handestages wird der Reichskanzler Fürst von Bülow erwartet.

Percr, Maxim, der Sohn des Erfinders des Maschinengewehrs, hat sich eine neue Feuerwaffe patentieren lassen, die vermittelst einer an der Mündung des Laufes angebrachten sinnreichen Vorrichtung fast geräuschlos schießt. Dieser Geräuschdämpfer bewirkt, daß beim Abfeuern des Geschützes statt des Knalles nur ein schwaches Zischen zu vernehmen ist. Die militärischen Sachverständigen sagen voraus, daß die neue Erfindung sämtliche Heere der Welt in die Notwendigkeit einer vollständigen

Umbewasf n u n g versetzen und überhaupt eine Umwälzunng in der ganzen Kriegstechnik Hervorrufen würde. Maxim hat bereits eine Fabrik zur Herstellung von Handwaffen und schwerem Geschütz eingerichtet und wird seine Erfindung in allernächster Zeir der amerikanischen Regierung zum Erwerb anbieten.

Ein neues Bombena'ttentat meldet der Draht aus Südamerika. Gegen den Wagen des Präsidenten Alcorta von Argentinien (der vor einigen Wochen einen Staatsstreich inszeniert und das Parlament nach Hause ge­schickt hatte) wurde am Freitag abend eine Dynamitbomde geschleudert, die jedoch nicht explodierte. Der Präsident kam in seinem Wagen vom Regierungsgebäude in Buenos Aires und wollte vor seiner Privatwohnung abfteigen, als ein Individuum die Bombe warf. Der Täter wurde verhaftet.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 28. Februar«

Am Bundesratstisch Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg. Der Präsident eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Minuten.

Die vom Abg. Held (natl.) nachgesuchte Genehmi­gung zur Einleitung eines Strafverfahrens gegen ihn selbst wird erteilt. Dann wird die Beratung des kleinen Befähigungsnachweises fortgesetzt.

Malkewitz (kons.) dankt dem Staatssekretär für die Uebermittlung der Denkschrift betr. die Zusammen­stellung der Wirkungen der Gewerbeordnungsnovelle im Jahr 1907.

Cuno (freist Vp.) führt aus: Seine Partei müsse ihre endgültige Zustimmung von weiteren Abänderungs­anträgen in der Kommission abhängig machen.

Schefbeck (Z.) schließt sich dem Vorredner an und verwahrt die bayerischen Handwerker gegen den Vorwurf der Lehrlingszüchterei.

Die Debatte schließt damit. Die Vorlage geht an eine Kommission von 28 Mitgliedern.

°Es folgt sodann die erste Lesung der großen Ge­werbenovelle in Verbindung mit der ersten Lesung des Gesetzesentwurfs betr. Herstellung von Zigarren in der Hausarbeit, sowie des internationalen Berner Ab­kommens über das Verbot der Nachtarbeit der gewerb­lichen Arbeiterinnen und das Verbot der Verwendung von gelbem Phosphor.

Staatssekretär des Innern v. Bethmann-Holl- weg erklärt, die Regierung habe die Pflicht, sich mit der Frage der Heimarbeit eingehend zu beschäftigen. Me Kontrolle werde viele Schwierigkeiten bereiten, daher müsse man mit viel Vorsicht an die Sache Herangehen, sonst könnte man, wenn man mit rauher Hand eingreife, Werte zerstören, die hochgehalten werden müssen. (Beifall.) Die Negierung werde mit der Kommission des Reichstags in vollster Sachlichkeit an der Fertigstellung dieser Fragen arbeiten und alle Einzelheiten sorgfältig prüfen. (Beifall.)

Dr. Pieper (Z.) begrüßt die Vorlage. Das Zentrum sehe in der Vorlage manche Forderungen er­füllt und werde in der Kommission bereitwillig Mitarbeiten. Mit dem zehnstürrdigen Maximalarbeitstage für Ar­beiterinnen seinen seine Freunde besonders einverstanden.

Sielermann (kons.) begrüßt die Vorlage mit Freude.

Hehl zu Herrnsheim (natl.) heißt die Vorlage ebenfalls mit ganz besonderer Freude willkommen.

Molkenbuhr (Soz.) kann in das Lob, das die anderen Vorredner der Vorlage gespendet haben, nicht einstimmen. Was hier geboten werde, erfülle nicht ent­fernt die berechtigten Forderungen der Arbeiter.

Hierauf erfolgt Vertagung. Morgen 1 Uhr Fort­setzung. Schluß gegen 7 Uhr 15 Min. ^

Berlin, 29. Febr/

Präsident Graf Stolberg eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min. Am Bundesratstisch Staatssekretär v. Bethmann-Hollweg.

Bei der fortgesetzten Beratung des Gesetzesentwurfs betr. die Herstellung von Zigarren in der Hausarbeit in Verbindung mit der Gewerbeordnung legt Pach- nicke (freist Vgg.) dar, die Vorlage übertreffe an Be­deutung alle Arbeiterschutzgesetzentwürfe seit 1890. Er halte es für durchaus zweckmäßig, die Zahl der be­schäftigten Leute als entscheidend für die Unterscheidung von Fabrik und Handwerk anzunehmen. Bei einem ge-