Gegründet

1877.

Fernsprecher Nr. 11.

KrscHeint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Bezugspreis für das Vierteljahr im Bezirk und Nachbarortsverkehr M. 1.35

außerhalb Mk. 1.35.

N

8

MenMa.Mdl

Mirtzbtatt für

ovsi-on

Anzeigenpreis bei einmaliger Ein­rückung 10 -pfg.

einivalt ge Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.

Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.

Ssnntagr-Aurgabs:SehuxrpzrväldeV Ssnnt«grbl«tt"

. : Sounrags-Ruzoiger und Familien-Zeilung flir die Bewohner des Schwarzwaldes. .^ -

Nr. 4

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Sonntag, den 5. Jannar

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

ISO».

An unsere Leser!

Nach Verteilung der Probenummern des in unserem Verlag erscheinendenSchwarzwälder SonntagsblattrS" wurde vielfach der Wunsch laut, dieses Sonntagsblatt auch den Lesern unserer ZeitungAus den Tannen" zukommen zu lassen- Wir haben uns deshalb nun ent­schlossen, dasSchwarzwälder Sonntags- .blatt" zunächst versuchsweise vom neuen Jahr ab zugleich als SonntagSansgabe für die ZeitungA«S den Tannen" erscheinen zu lassen, wovon wir unsere Leser hiermit höflichst in Kenntnis setzen.

Hochachtend

Verlag vonA«S den Tannen".

Dringende Anzeige«

welche in die SonntagSansgabe gewünscht werden, bitten wir spätestens bis morgens

S Uhr aufgeben zu wollen.

Ein Rückblick.

Wir stehen am Anfang des Jahres, und da ist es Ge­wohnheit, Rückschau zu halten auf die verflossene Zeitspanne, eine Gewohnheit, die in dem Bedürfnis der menschlichen Natur wurzelt, die Vergangenheit zu betrachten, zu über­denken und an die Gegenwart zu knüpfen, um neue Hoff­nung für die Zukunft zu gewinnen. Verschiedenartig ist eine solche Jahres-Rückschau. So läßt man seine per­sönlichen Erlebnisse, äußere und innere, an seinem Geiste vorüberziehen; die Resultate der beruflichen Arbeit, des be­ruflichen Strebens werden zusammengefaßt, die Bilanz wird gezogen; dann gibt es noch die Rückschau auf die Zeitvor­gänge und öffentlichen Begebenheiten, und das ist etwas, was Zeitungen vornehmlich angeht, daß sie als Organ der öffentlichen Meinung dem Publikum Mittler sein sollen zur Kenntnis und zum Verständnis der Dinge, die in der Welt Vor­gehen.

Wenn wir uns dieser Aufgabe hier unterziehen, so kann es nur in der Weise geschehen, daß wir aus der Fülle der Geschichte kurz seine Momente andeuten nicht ausführen die dem Jahre sein Gepräge, seinen Charakter gegeben haben. Und da liegt uns am nächsten die Gestaltung der wirtschaftlichen Verhältnisse, denn diese berühren jeden Ein­zelnen mehr oder weniger. Wir haben in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt, wie er fast ohne Beispiel dasteht. Der allgemeine Wohlstand ist stark gewachsen, und auch jene, denen es nicht vergönnt war, ihren Besitz zu mehren, haben durch Gunst der Verhältnisse eine Erleichterung ihres Da­seinskampfes erfahren. Nun aber geht es leider bergab, rascher bergab, als man wohl erwartet hatte, und wir sehen beim Eintritt in das neue Jahr das graue Gespenst einer

6Q

Sei wieder mrt.

Die Jahre eilen;

Die Zeit entfliegt.

Kein friedlich Weilen; Vernichtung siegt.

Reich mir die Hände,

Du teures Blut;

Dem Groll ein Ende!

Sei wieder gut!

Blick auf zur Sonne,

Zum grünen Wald!

Ach, all die Wonne,

Wie stirbt sie bald!

Du Aug', du wildes,

Du Aug' voll Glut,

Sei mir ein mildes!

-Sei wieder gut!

Komm, laß uns denken Der alten Zeit,

Den Groll versenken In Ewigkeit.

Das Lied der Lieder,

Drin Friede ruht,

O, sing niir's wieder:

Sei wieder gut!

August Günther.

wirtschaftlichen Krisis vor uns. Wie schwer sie werden, wie lange sie dauern wird, vermag niemand zu sagen. Aber daß sie sehr hart ans vielen lasten wird, ist leider gewiß, das zumal, weil die allgemeine Verteuerung aller Bedarfs­artikel, die der Aufschwung gezeitigt hat, hinübergeht in die Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs. Auch bei uns in Württemberg zeigt es sich bereits, wenngleich eine Ernte, die im allgemeinen gut genannt werden kann, namentlich was den Weinbau anbelangt, seine Wirkungen zunächst noch etwas aufhält und mildert.

Das politische Leben Württembergs ist in diesem Jahre von den Wahlen beschattet worden, die Ende des vorigen Jahres zum ersten Riale unter der neuen Verfassung begonnen und am 9. Januar mit den Landesproportional­wahlen abgeschlossen wurden. Die Gestalt der Volksver­tretung hat sich gegen früher wesentlich verändert. Was die Zweite Kammer anbelangt, so hat es sich durch die Partei­gruppierung bei den Wahlen so gefügt, daß die Volkspartei ihre Stellung als stärkste Fraktion an das Zentrum hat ab­geben müssen: die Volkspartei zählt 24, das Zentrum 25 Abgeordnete. Demnach hat die Volkspartei in Herrn

von Payer wieder den Präsidenten gestellt, als Ausdruck der allgemeinen politischen Situation. Am 8. Januar wurde der neugewählte Landtag vom König mit einer Thronrede eröffnet, und die Tagung hat sich mit kurzen Unterbrechungen so weit in den Sommer hineingestreckt wie nie zuvor, näm­lich bis zum 10. August. Vor allem war es die Erledigung des Hauptsinanzetats, die den Landtag beschäftigte und noch mehr Zeit in Anspruch nahm als sonst. Zahlreiche, man kann fast sagen: zahllose Anträge aus dem Hause wurden dabei gestellt und erörtert. Im übrigen sind als bedeutsame Leistungen zu buchen die Erledigung der großen Eisenbahn­vorlage mit der Riesenforderung für den Bahnhofsneuban in Stuttgart und die Verbesserung des Einkommens und der Dienstverhältnisse der Beamten. Dann mag noch erwähnt werden, daß am 1. Dezember die neue Gemeinde- und Be­zirksordnung in Kraft getreten ist.

Für die Reichspolitik stand der Beginn des Jahres im Zeichen der Wahlbewegung. Sie war die Folge der Aus­lösung des Reichstags am 13. Dezember 1906, jenem denk­würdigen Tage, der eine neue Aera in der innerdeutschen Politik einleitete, der Aera der Blockpolitik, derkonservativ- liberalen Paarung ', wie Fürst Bülow gesagt hat, mit ihrer Devise: Gegen Zentrum und Sozialdemokratie. Die

Reichstagswahlen am 25. Januar und die Stichwahlen am 5. Februar haben zwar dem Zentrum in seinem Mandats­besitz keinen Abbruch getan, vielmehr hat diese Partei noch einige Sitze gewonnen, aber die Sozialdemokratie hat eine Niederlage erlitten, wie sie kaum jemand erwartet hatte: nicht weniger als 36 Mandate gingen ihr verloren, und nur mit 43 Abgeordneten kehrte sie in den neuen Reichstag zurück. In diesem verfügt derBlock", von den Konserva­tiven bis zu den süddeutschen Demokraten, über eine, wenn auch kleine Mehrheit. Aber in dieser Mehrheit gibt es so viele Gegensätze über die Nächstliegenden gesetzgeberischen Aufgaben, daß die Frage des Zusammenhalts des Blocks geradezu die Frage des Jahres geworden ist. Die erste Session des Reichstags, der am l 9. Februar eröffnet wurde, war nur kurz und galt in der Hauptsache lediglich der Fertigstellung des Etats. Im Laufe des Sommers hat dann der Reichskanzler Fürst Bülow auf dem Nordsee­eilande Norderney mit den Führern der Blockparteien.und auch sonst eifrig Zwiesprache gehalten, um für die parla­mentarische Winterarbeit den Weg freizumachen. Daß der Erfolg dieser Bemühungen nicht zweifelsfrei gewesen ist, hat in der kurzen Tagung des Reichstags vor Weihnachten jene Krisis gezeigt, deren Verlauf noch in aller Gedächtnis ist. Zweierlei ist gewiß: Fürst Bülow steht und fällt mit dem Block, das ist das eine; das andere ist, daß die Par­teien, die den Block bilden, bereit sind, daran festzuhalten. Aber wie dieser gute Wille sich bei den entscheidenden poli­tischen Fragen beispielsweise der Steuerfrage be­währen wird, steht ganz und gar im Ungewissen. Das neue Jahr hat uns die Antwort zu bringen. In den hohen Regierungsstellen sind mehrfache Veränderungen erfolgt. Die erste davon ist der Rücktritt des Staatssekretärs Grasen Posadowsky, deS langjährigen verdienstvollenMinisters für Sozialpolitik", dessen Ausscheiden viel bedauert worden ist, aber als unvermeidlich bezeichnet wurde, weil er der Block­politik sich nicht anpaßte. Erfreulicherweise ist mehrfach autoritativ bekräftigt worden, daß auch unter seinem Nach­folger Herrn v. Bethmann-Holliveg in der Fortführung der Sozialpolitik nicht Halt gemacht werden soll. Dann darf nicht versäumt werden, die Ernennung des Bankdirekrors Dernburg zum Staatssekretär des neugeschaffenen Kolonial­amts hervorzuheben, womit in der Kolonialpolitik, die eine Kette von Skandalen geworden war, eine neue Aera einge­leitet worden ist. Im Zusammenhänge damit mag ver­zeichnet werden, daß der Ausstand in Südwestafrika, der so viel Blut und Geld erfordert hat, im letzten Jahre sein Ende gefunden hat. Der Wechsel im preuß. Kultus-