Gegründet
1877.
KrlcHeint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Bezugspreis sür das Vierteljahr im Bezirk und Nachbarortsverkehr Mk. 1.35
außerhalb Mk. 1.35.
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Amtsblatt für
ÄktenML.I'tLöl.
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undMlerhaltungsblatt
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Fernsprecher Nr. 11.
Anzeigenpreis dci etnmaltgcr iiin- lückung 10 Pfg. „N einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechend erRabatt.
Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.
Nr. 3
- - ^
Ausgabeort Altensteig-Stadt.
Samstag, den 4. Januar
Amtsblatt für Pfalzgrasenweiler.
1908.
An unsere Leser!
Nach Verteilung der Probmummern des in unserem Verlag erscheinenden „Schwarzwälder Sonntagsblattes ^ wurde vielfach der Wunsch laut, dieses Sonntagsblatt auch dm Lesern unserer Zeitung „Aus den Tannen" zukommen zu lassen. Wir haben uns deshalb nun entschlossen, das „Schwarzwälder Sonntagsblatt" zunächst versuchsweise vom neuen Jahr ab zugleich als SonntagsanSgabe für die Zeitung „Ans de« Tannen" erscheinen zu lassen, wovon wir unsere Leser hiermit höflichst in Kenntnis setzen.
Hochachtend
Verlag von „A«S den Tannen".
WM" Dringende Anzeige»
welche in die Sonntagsausgabe gewünscht werden, bitten wir spätestens bis SamStag
morgens 8 Uhr aufgeben zu wollen.
Amtliches.
Ueber das Vermögen der Molkereigenossenschaft Ueberberg e. G. m. u. H. ist das Konkursverfahren eröffnet worden.
Es wird vom Kgl. Oberamt Nagold znr allgemeinen Kenntnis gebracht, daß die von der Kgl. Kreisregierung sür die Oberamtssparkasse Nagold in widerruflicher Weise genehmigte Zulassung einer Einlage öffentlicher Körperschaften und reichs- und landesgesetzlicher Krankenkassen in unbegrenzter Höhe durch Entschließung des Kgl. Ministerium des Innern vom 20 d. Mts. wieder zurückgenommen und der Einlagehöchstbetrag auch für diese Verwaltungen auf 5000 Mk. beschränkt worden ist, da gemäß Art. 15 Abs. 2 Ziff. 3 der Bez.-O. sür alle Einleger ein Höchstbetrag festzusetzen ist.
Aenderung der Satzungen der Bezirks - krankenpflegeversicherung Calw.
Durch Beschluß der Amtsversammlung vom 27. November d. I. sind die Beiträge zur Bezirkskranken- pflegeversicherung erhöht worden, wie folgt: 1. für jugendliche männliche Dienstboten und Lehrlinge von 12 auf 15 Pfg., 2. für erwachsene männliche Dienstboten von 15 auf 17 Pfg., 3. für weibliche Dienstboten von 12 auf 14 Pfg., 4. für die nicht unter Ziffer 1—3 fallenden Personen von 15 auf 17 Pfg., und zwar je pro Woche.
Für das Jahr 1908 sind U nterri chtskurse für Fleischbeschauer in Aussicht genommen: in Stuttgart mit Beginn am 9. Januar — Unterrichtsleiter: Veterinärrat Kösler; in Reutlingen mit. Beginn am 16. Juni — Unterrichtsleiter: Stadttierarzt Blümer. Die Gesuche um Zulassung zu den: Kurse in Stuttgart sind spätestens bis zum 3. Januar, die übrigen Gesuche spätestens 14 Tage vor dem Beginn des betreffenden Kurses bei dem Unterrichtsleiter einzureichen.
Die finanzielle «nd wirtschaftliche Lage in Rußland
Da man von der revolutionären Bewegung in Rußland keine ernste Gefahr für die politische Entwickelung Rußlands mehr fürchtet, so inuß das Ausland im neuen Jahre besonders der Stand der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Rußland interessieren, und da muß gesagt werden, daß die riesig hohe Schuldenlast Rußlands, die Unehrlichkeit vieler russischer Beamten und die Rückständigkeit von Rußlands Landwirtschaft, Handel und Verkehr die gedeihliche Entwickelung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse Rußlands nach wie vor sehr schwierig gestalten. Das Schlimmste sür die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse Rußlands ist aber nicht nur die riesige Schuldenlast, sondern auch die Notwendigkeit, zur Deckung dringender Ausgaben immer wieder neue Anleihen machen zu müssen. So wird es auch eine der ersten Aufgaben der neugewählten Duma sein, sofort der Regierung eine neue Anleihe zu bewilligen. Nach den offiziellen Angaben betrug Rußlands Staatsschuld Anfang des letzten Jahres 7 681 895 948 Rubel. Indessen ist jetzt die gesamte Verschuldung Rußlands weit größer. Bekanntlich ist die russische Regierung bei dem Berliner Bankhaus Mendelssohn kurzfristige Verpflichtungen in Höhe von 150 Millionen Rubel inoffiziell eingegangen, die nun fortwährend pro
longiert werden. Dazu kommen sogenannte bedingte Schulden, die zum Teil durch Ländereien, zum Teil durch das Guthaben von Privatunternehmern gedeckt werden. In dieser Rubrik figurieren die von der russischen Regierung garantierten Obligationsanleihen der Privateisenbahnen, die das hübsche Sümmchen von 1110 500 000 Rubel ausmachen; ferner gehören dazu die Pfandbriefe der Adels- und Agrar- Staatsbanken in Höhe von 1 105 817 000 Rubel. Somit betrug die gesamte Verschuldung Rußlands vor der letzten Milliardenanleihe die Summe von 10 048 000 000 Rubel. Mit dieser Anleihe, sowie mit den „außergewöhnlichen" und stets geheim gehaltenen Verpflichtungen der russischen Regierung dürste die gesamte Verschuldung Rußlands mindestens 12 600 000 000 Rubel betragen. Aber schon die Verzinsung dieser Summe erfordert ein großes Kapital. Denn allein die Zinsen für die offizielle Staatsschuld betragen 341669 871 Rubel, die für die bedingte Staatsschuld inklusive Amortisationszinsen 98000 000 Rubel, so daß Rußland offiziell bis 1906 insgesamt 439 000 000 Rubel Zinsen zu zahlen hatte. Nun kommen die harrenden Zinsen für die letzte große Anleihe, sowie für die sonstigen Prolongationen und Transaktionen, so daß die nunmehrige Verschuldung Rußlands mindestens jährlich 10 Mk. Zinsen pro Kopf ausmacht. Mit dieser kolossalen Schuldenlast kann Rußlands wirtschaftliche Lage nicht emporblühen, und es bleibt eine Hauptaufgabe der russischen Regierung und der Duma die Staatsausgaben zu vermindern und die Einnahmen zu erhöhen.
Landesnachrichten.
Attenst-ig, 3. Januar.
Die Standesamt-Bücher unserer Stadt verzeichnen sür 1907 Geburten 59 Kinder: 28 Knaben, 31 Mädchen, Eheschließungen 21, Todesfälle 45 (darunter 3 totgeborene Kinder, 3 auswärts beerdigte). Von den 59 Kindern wurden in der evang. Gemeinde getauft 49 (1 starb bald, 1 ist 1908 getauft, 4 sind nicht getauft), getraut wurden sämtliche 21 Ehepaare, beerdigt wurden 36 Personen, nämlich 10 Kinder: 5 Knaben, 5 Mädchen, 5 led. weibliche Personen, 13 Verheiratete: 4 Ehemänner, 9 Ehefrauen, 8 Verwitwete: 2 Männer, 6 Frauen. Der älteste Verstorbene erreichte ein Alter von 91 Jahren, 10 Mon., die Aelteste von 83 Jahren und 4 Monaten.
' Ehrenzeichen. Unter den von I. Maj. der Königin mit dem silberneir Ehrenzeichen für Dienstboten Bedachten befindet sich in unserer Gemeinde Rosine Roll, die 25 Jahre bei der Familie Louis Maier gedient hat.
Lssesrucvt.
Wer hätte nicht einmal von Glück geträumt? Wer nicht gehofft, es einmal zu erringen? Hör' ich die Welle, die ans Ufer schäumt,
So meine ich, sie müßte es mir bringen.
Heirnatmauber.
Novellette von Paul Bernhard.
(Nachdruck verboten.)
Die Verwaltung einer schweizerischen Berg-Bahn hatte im Spätherbst des vorletzten Jahres die Stelle eines Bahnwärters ausgeschrieben. Es war für die Bude Nummer 36. Sie liegt hoch oben im Gebirge, und es ist einsam da und unwirtlich, besonders, wenn es zum Winter geht; und daher kam es auch, daß sich nicht ein einziger Bewerber für die ausgeschriebene Stelle fand.
Endlich, nach Wochen, meldete sich ein Mann, der es wagen wollte, in die Einöde hinaufzuziehen.
Der Verwaltungsdirektor sah den neuen Beamten prüfend an.
„Sie heißen Knabe und sind aus Deutschland?" fragte er im reinsten Französisch, indem er die Papiere durchsah.
„Ja," antwortete der Angeredete, „ich bin in der Mark Brandenburg geboren."
„Sie haben sich viel in der Welt umgesehen?" sprach der Direktor weiter und las eifrig in den Papieren.
Knabe schwieg und sah ängstlich zu dem Beamten hin.
„Sie sind doch nicht mehr jung, sechsundfünfzig Jahre, wie ich hier lese — warum führen Sie so ein unstetes Leben? Warum kehren Sie nicht in Ihr Vaterland zurück?"
„Weil ich dort niemanden mehr habe," sagte Knabe leise.
„Oder haben Sie sich irgendwo gegen das Gesetz vergangen?" fragte der Direktor weiter, ihn scharf fixierend.
„Ich bitte, reden Sie die Wahrheit. Wenn ich Sie für den Posten engagieren soll, muß ich wissen, wer Sie sind, denn die Stelle, die auszufüllen ist, erfordert einen pflicht- getreuen Mann, der sich seiner Verantwortung ganz genau bewußt ist."
Daraus gab sich Knabe einen Ruck, nahm eine steife, militärische Haltung an und richtete den vollen Blick seiner großen, blauen Augen auf den Beamten.
„Herr Direktor," begann er, „ich habe in meiner Heimat weder das Gesetz noch sonst jemanden zu fürchten, und wenn ich nicht zurückkehren will nach Hause, so habe ich dafür nur rein persönliche Gründe, die ich Ihnen nicht klarlegen kann. Ich weiß sehr wohl, daß der Posten, um den ich mich jetzt bewerbe, treue Pflichterfüllung und Verantwortung erheischt, ich weiß auch, daß es eine Einöde ist, in die ich gehen werde, denn ich kenne das Gebirge genau; aber das schreckt mich nicht, im Gegenteil, ich suche die Einsamkeit, und ich will dort oben nur meiner Pflicht leben, und daß ich bisher stets meine Pflichttreuerfüllt habe, dafür haben Sie ja in den Zeugnissen dort Beweise genug."
Der Direktor blätterte noch immer eifrig in den Papieren. Die Zeugnisse waren tadellos, eines wie das andere. Der Mann imponierte ihm. Das ruhige, sichere Auftreten, die bestimmte Sprache und der klare, feste Blick, all das sprach zugunsten des Bewerbers — überdies war keine Zeit zum langen Besinnen, denn es hatte sich ja außer diesem Einen kein Anderer gemeldet — und so wurde er denn engagiert. » »
Das Bahnwärterhäuschen Nummer 36 lag hoch oben im Gebirge und schon Ende Oktober war es zugedeckt mit Schnee und Eis. Es war ein Blockhaus aus riesigen, dicken Stämmen, die Wind und Wetter Trotz boten. Aus zwei Bäumen nur bestand es, Wohn- und L-chlafraum. Es lag mindestens zweihundert Fuß höher als die Schienengeleise. Man hatte es auf einen freiliegenden Vorsprung gebaut,
weil nur für die beiden Schienengeleise Platz aus dem Felsen gehauen war. So konnte der Wärter von seinem Häuschen aus wohl die Strecke übersehen, aber jedesmal, wenn er die Weichen zu stellen hatte, mußte er den steilen Weg hinunter klettern. Und das geschah sechsmal am Tage und zweimal in der Nacht. Es war ein schwerer Dienst und ein sehr verantwortungsvoller dazu, denn durch ein geringes Versehen des Wärters konnte gerade hier ein heilloses Unglück geschehen; bei einer falschen Weichenftellung mußte ein Zusammenstoß erfolgen, da sich hier gerade fast alle Züge kreuzten, und dann wäre alles rettungslos dem Verderben preisgegeben, denn gleich neben dem Geleise gähnte eine abgrundtiefe Kluft.
Hier oben hauste nun der neue Bahnwärter. Er hatte sich sehr bald eingelebt; gerade die Beschwerden des verantwortungsvollen Dienstes gewährten ihm Trost. Arbeit! Das war es ja, was er suchte — Arbeit bis zur Erschlaffung ! Und dann die Einsamkeit, diese wunderbare Stille hier oben, dies 'Alleinsein mit der großen, erhabenen Natur, das entschädigte ihn ja für alles Ungemach des Postens. Tagelang kam kein Mensch zu ihm hinauf, nur zweimal in der Woche erschien der Läufer vom Dorf, der ihm die Nahrungsmittel brachte. Sonst sah er nur noch die Menschen, die in den Zügen an ihm vorübersausten. Und jedesmal, wenn so ein Zug vorübergesaust war, lächelte der 'Alte i'till und zufrieden und dachte: „Wie gut habe ich es jetzt doch, daß ich mich in meine Einsamkeit zurückflüchten kann."
Sein Stübchen war klein, aber traulich und warm. An die Wände hatte er Bilder geklebt, Buntdrucke u. billige Holzschnitte, meist Schlachtenbilder und Jagdabenteuer aus dem fernen Westen; auch ein Haussegen war da, mit blauer Seide und Goldperlen gestickt, das war ein Andenken von seiner seligen Mutter, das Einzige, was er noch von ihr besaß. Und in der Mitte der großen Wand hing eine Photographie, ein Landgut darstellend, eines jener Güter,