Gegründet

1877.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.

Bezugspreis für das Vierteljahr im Bezirk und Nachbarortsverkehr Mk. 1.25

außerhalb Mk. 1.35.

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Amtsblatt für

Fernsprecher Nr. 11.

Anzeigenpreis bei einoialigcr <sio- i-ückung 10 Big. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechend er.Nabart.

Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.

Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadl, Lalw u. Neuenbürg.

Nr. 224

Ausgabeort Altensteig-Stadt.

Donnerstag, den IS. Dezember

Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.

1907.

KefteUrmgen

ans «nsere ZeitungAus de« Tannen"

für das 1. Quartal 1S«8

bitten wir bald möglichst zu machen.

Amtliches.

Handelskammerwahlen.

Im Januar 1908 ist die Neuwahl für die i. I. 1902 gewählten und für die i. I. 1905 auf 3 Jahre gewählten Mitglieder der Handelskammern vorzunehmen. Die vom Oberamt geprüften und richtig gestellten Wählerlisten der Abstimmungsbezirke Nagold, Altensteig-St. und Wild­berg find vom 18. bis 27. Dezember d. Js. je einschließlich auf den Rathäusern in Nagold, Altensteig-St. und Wildberg zu jedermanns Einsicht aufgelegt. Ein­sprachen gegen die Wählerlisten wegen Aufnahme unbe­rechtigter oder Uebergehung berechtigter Personen sind binnen der Ausschlußfrist von einer Woche nach Beginn der Auf­legung unter Beifügung der erforderlichen Bescheinigung beiin Oberamt Nagold anzubringen. Zur Teilnahme an der Wahl sind nur die in den Listen eingetragenen Personen berechtigt.

Die Ursache« der großen Geldkrifis in Amerika.

Nach der wochenlangen Andauer der großen Geldkrisis gelangt man auch in Amerika nach einiger Ueberlegung immer wieder zu der Frage, wer hat eigentlich die Krisis angestiftet. Neben den schwindelhaften Spekulationen des Kupfertrustes, der sich nicht scheute, selbst die Weltstatistik zu fälschen, um seine Zwecke zu erreichen, gewinnt man die Ueberzeugung, daß dem Präsidenten ein großer Teil der Schuld beizumessen ist. Roosevelt hat monatelang auf die Trusts mit Keulen eingeschlagen, nur um für seine dritte Präsidentschaftskandidatur eine volkstümliche und bequeme Agitation zu führen. Er hat aber nicht daran gedacht, daß sich die Milliardenstarken Leute auch ihrer Haut wehren würden. Wie einRough Rider" hat er auf die Trusts eingehauen, aber nicht wie ein Staatsmann. Ohne daran zu denken, was an ihre Stelle zu setzen ist, wollte er sie vernichken, ohne zu bedenken, daß diese Trusts heute ein Wirtschaftsleben der Vereinigten Staaten, eine bereits seit Jahren von der Bevölkerung anerkannte Einrichtung sind, die allerdings einer Verbesserung dringend bedürftig seien. Wenn sie auch zur Aussaugung des Volkes und nur zur Füllung ihrer eigenen -Taschen dienten, so empfand der ein­zelne Bürger das doch nur in geringen: Maße. Alan mußte vorher überlegen, wie sich die Folgen eines derartigen Feld­zuges gestalten würden. Jetzt wird versichert, daß der Kongreß zu den in Aussicht genommenen Maßnahmen seine Einwilligung geben werde. Daran glauben wir noch nicht, die beiden sich im Kongreß haarscharf gegenüberstehenden Parteien, die Demokraten und die Republikaner, befehden sich in einer Schärfe, wie man es in: politischen Leben anderer Völker kaum wieder findet, und die Demokraten werden sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen, den Repu­blikanern, deren Held ja Roosevelt ist, gehörig auf die Finger zu klopfen. So große Patrioten werden die Demo­kraten nicht sein, daß sie die Maßnahmen des republikanischen Präsidenten sofort und durchaus gutheißen. Schließlich kann auch der Staat für die augenblickliche Linderung der Lage wenig mehr tun, als bereits geschehen ist. In der Haupt­sache gilt es, die Wiederkehr derartiger Zustände zu ver­hüten, und hierzu wird es einer umfangreichen Gesetzgebung bedürfen, in erster Reihe der Schaffung einer United States Bank, die mit weitgehenden Mitteln und Vollmachten aus­gerüstet ist. Das ganze Bankwesen der Vereinigten Staaten bedarf einer einheitlichen Leitung, selbst beide jetzt bestehen­de und eigentlich zu keiner Klage Veranlassung gebende Nationalbanken wird man reformieren, sie dem politischen Einfluß der Einzelstaaten entziehen und als reine Geldinstitute neu schaffen müssen. Das dürfte eine notwendigere Staats­hilfe sein als die Unterstützung mit barem Gelde. Denn man täusche sich darüber nicht: auch der Ausgabe der Schatzanweisungen und Panama-Fonds wird es nicht ge­lingen, den einmal mißtrauisch gewordenen Mnkees die funkelnden Dollars aus der Tasche zu ziehen. Man meint zwar, derartige Krisen überständen sich in Amerika viel leichter als in der alten Welt. Diesmal kann man sich darin irren, denn die Krise von 1907 ist zu weit und tief­gehend gewesen, als daß sie so leicht überstanden werden könnte.

Tagespolitik.

Der als Redner in Württemberg und weit über dessen Grenzen hinaus wohlbekannte und geschätzte Professor Dr. Karl Kindermann, Hohenheim-Stuttgart, veröffentlichte jüngst unter dem Titel:Parteiwesen und Entwicklung in ihren Wirkungen auf die Kultur der modernen Völker" in dem Verlage von Ferdinand Enke, Stuttgart, eine hochinteressante Studie, die weiteste Beachtung verdient.

Aus den großen Anstrengungen, die heutzutage eine jede Partei unternimmt, neue Anhänger zu gewinnen, und aus den vielen Reden, die dabei von den Vertretern der einzelnen Richtungen gehalten werden, ergibt sich für den Laien auf den ersten Blick ein geradezu trostloses Durch­einander, aus dem er keinen Weg zu finden weiß. Da ist denn zunächst eine Aufklärungsarbeit erforderlich, die es jedem, der sich politisch betätigen will, möglich macht, sich ein klares, umfassendes Urteil über die einzelnen an ihn herantretenden Fragen zu bilden. Dieser Arbeit hat sich der berühmte Nationalökonom in dem erwähnten Werke unterzogen. Er gibt vom rein objektiv prüfenden Standpunkt aus eine treff­liche Schilderung des Parteiwesens auf historischer Grundlage.

Der Verfasser zeigt zuerst, wie sich eine jede Kultur­epoche eines Volkes von 2 Punkten heraus beurteilen läßt; von der Gesamtentwicklung und den Gesamttendenzen im Parteiwesen. Bei näherem Zuschauen wird man finden, daß sich im Laufe der Geschichte der einzelnen Völker 3 große Gruppen von Tendenzen oder Gesamttendenzen im Partei­wesen unterscheiden lassen. Diese werden in den folgenden Kapiteln einer weiteren Betrachtung unterzogen.

Zunächst die strenge oder exklusive Gesamttendenz, die von dem Bestreben getragen wird, das Völkerleben fest, stabil zu machen; sie war besonders vorherrschend in Deutsch­land im mittleren Mittelalter, zwischen 1000 und 1200, wird aber auch heute noch z. B. im Ultramontanismus ver­körpert. Dann die freiheitliche oder individualisierende Ge­samttendenz, die in: Gegensatz zur vorigen Gesamttendenz das Recht des einzelnen stark betont; als deren Repräsentant gilt England im 19. Jahrhundert bis zu den 80er Jahren; heute ist der Sozialismus der extremste Vertreter ^dieser Richtung. Endlich die kombinierende oder organische Gesamt­tendenz, die es mit seinem Taktgefühl versteht, Zwang und Freiheit in richtigem Maße in Anwendung zu bringen, und die darum auch den vermittelnden Ausgleich zwischen den beiden erstgenannten Tendenzen, die den schärfsten Kontrast bilden, darstellt. Dieser Tendenz huldigt in immer wachsendem Maße Deutschland seit den 70er Jahren, weshalb es auch als Beispiel gewählt wird. Und namentlich der Liberalismus ist dazu berufen, diese Tendenz zur schönsten Blüte zu bringen. Freilich ist wohl zu beachten, daß keine dieser 3 Tendenzen jemals ausschließlich Geltung besitzt, vielmehr werden sich stets neben der einen von ihnen auch deutliche Merkmale der beiden anderen feststellen lassen.

In anschaulicher Weise ist dargestellt, wie sich auch im Leben des einzelnen Menschen diese 3 im Völkerleben konstatierten Tendenzen erkennen lassen : Im Knabenalter die strenge, in: Jünglingsalter die freiheitliche, im gereiften Mannesalter die kombinierende. Aeußerst lehrreich sind auch die jeweiligen Vergleiche mit der organischen und anorganischen Natur. Der Betrachtung einer jeden Periode schickt der Verfasser als innersten Kern der betreffenden Gesamttendenz einen besonderen Kausalsatz und Wahrheitsbegriff voraus und zeigt dann, wie aus diesen Grundideen heraus sich das ganze Völkerleben in immer feineren Verästelungen entwickelt.

Die größte Aufmerksamkeit ist den: nun folgenden letzten Kapitel zu widmen, denAufgaben der modernen Völker, speziell Deutschlands, in nationaler, internationaler, natür­licher Hinsicht". Hier gibt der Gelehrte auf Grund der vor­ausgegangenen Betrachtungen gewissermaßen die Nutzanwend­ung. Er begründet vor allem, warum die dritte Gesamt­tendenz oder der Liberalismus für das moderne Völkerleben überhaupt, namentlich aber für Deutschland, vor den extremen Richtungen immer breitere Aufnahme beanspruchen darf. Dann geht der Verfasser des Näheren auf die politischen Fragen der Gegenwart ein. Sämtliche liberalen Aufgaben in: Staatsleben, in der Religion, in der Kunst, in der Wissenschaft, in der Volkswirtschaft, in der Familie, kurz auf jedem Gebiete, werden hier erörtert. Das aufgeworfene Programm soll indes, wie ausdrücklich hervorgehoben ist, keineswegs verbindlich sein, es enthält vielmehr lediglich praktische Ratschläge. Daran anschließend werden die großen speziellen Entwicklungsfragen, welche die Gegenwart am meisten beschäftigen, behandelt: die Arbeiterfrage, die Mittel­

standsfrage, die Frauenfrage, die Jugendfrage, wie auch die Wohnungsfrage. Bezüglich der Arbeiterfrage tritt der Verfasser für eine Vereinfachung und Ausdehnung der Arbeiterversicherung ein.

Bei den Ausführungen über die Mittelstandsfrage werden namentlich die Privatbeamten berücksichtigt, und praktische Winke gegeben. Die Berechtigung des bei der Frauenfrage dargelegten Standpunktes Oeffnung geeigneter Berufsarten unter Wahrung des Geschlechtes und der Be- russpflichten der Frau ist schon heute erbracht und wird sich immer mehr Geltung verschaffen. Die beherzigenswerten Worte für jeden Erzieher, die wir bei der Erörterung der Jugendfrage finden, werden weite Anerkennung und Beacht­ung erlangen. Von hoher Bedeutung ist schließlich die Be­trachtung der Wohnungsfrage. Endlich kommt der Ver­fasser auf Weltpolitik, Weltwirtschaft und Kolonisationsfragen zu sprechen.

Den Schluß des Buches bildet ein Aufruf an alle, denen das Wohl des Vaterlandes am Herzen liegt, insbe­sondere an die Jugend und Arbeiterschaft, zur regen Mit­arbeit an des Reiches Wohlfahrt. Wir können das Werk, das bereits die zweite Auslage erlebt hat, unseren Lesern nur auf das wärmste empfehlen.

Zur Entscheidung des württemb. Kult­ministeriums im Falle Keppler-Günter bemerkt die Voss, Ztg.": Die schwäbische Staatsregierung hat wiederum ihren alten Ruf, sich vor niemand zu ducken, und wenn es selbst ein Bischof wäre, glänzend erneuert.

DieDeutsche Korrespondenz" in Berlin schließt eine lange Betrachtung des Falls Günter mit folgender An- erkennungderwürttem belgische »Regierung: Das ist eine Haltung und eine Sprache, die man sich ge­fallen lassen kann. Es wird sich bei der Etatsberatung im preußischen Landtage ausgiebig Gelegenheit finden, zwischen den: Fall Schrörs und dem Fall Günter Parallelen zu ziehen. Und man wird dem Fürsten Bülow dabei gehörig auf den Zahn fühlen und ihn fragen, was das stolzePreußen in Deutschland voran" bedeuten soll, wenn es in allen Kulturfragen zu de:: anderen Bundesstaaten sagt:Hanne­mann, geh Du voran, Du hast die längsten Stiebeln an!"

Zur Teilnahme an der Taufe des zweiten Sohnes des deutschen Kronprinzen ist in Vertretung seines Vaters, des Regenten Luitpold, der Prinz Ludwig vonBayern nach Berlin gekommen, und wird dort eine Woche verweilen, da er verschiedenen Vereinssitzungen beiwohnen und mehrere ihn interessierende Unternehmungen und Veranstaltungen in Augenschein nehmen will. Der Prinz, der künftige bayrische Regent und König, ist ein Mann von ganz ausgeprägter Eigenart und einer so klaren und bestimmten Charakter- Energie, daß er hierin ein Gegenstück zum Kaiser selbst bildet. Wie Kaiser Wilhelm II macht auch der älteste Sohn des Prinzregenten Luitpold von Bayern auf seinen: Herzen keine Mördergrube, und, wie bekannt ist, hat er in verschiedenen staatsrechtlichen und politischen Reden seinen Standpunkt mit aller Deutlichkeit klargestellt. Wenn man in seinen Aus­führungen mitunter eine Spitzegegen Berlin" hat sehen wollen, so lag dem prinzlichen Redner das ganz fern. Er ist ein Bayer, und wenn man den Ausdruck auf ihn an­wenden will, vonechtem Schrot und Korn", aber deshalb doch und zugleich ein äußerst beredter und warmherziger Verfechter des Einheitsgedankens in: Reich. Seine Beziehun­gen zu der Bevölkerung sind sehr eng, in Süddeutschland liegen ja in solcher Hinsicht die Verhältnisse etwas anders wie nordwärts vom Main, und seine Volkstümlichkeit ist groß. In keinen: Falle ist es für Deutschland von Schaden, wenn es solchem geraden und kernfesten, im praktischen Leben er­fahrenen Fürsten der Prinz ist aus aufrichtiger Neigung ein ganz hervorragender Landwirt unter den verbündeten Häuptern zählt! * . *

Der vorläufige Entwurf des neuen Gesetzes zur Bekämpfung d e s u n la u t ere n Wettb ewerbs ist in: Reichsanzeiger publiziert worden. Der Entwurf ent­hält die verschärften Bestimmungen über schwindelhaften Aus­verkauf (Nachschub von Waren, unrichtige Angaben usw.), die namentlich aus den Kreisen des Mittelstandes heraus gefordert worden waren. So heißt es im 8 7 : Eine An­kündigung, die den Anschein hervorruft, daß es sich um den Verkauf von Waren handelt, die den Bestandteil einer Konkursmasse bilden, gilt als strafbare unrichtige Angabe, wenn der Verkauf nicht für Rechnung der Konkursmasse vor­genommen wird. 8 9 besagt: Wer in öffentlichen Bekannt-