i Gegründet 1877.
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Bezugspreis für das Vierteljahr im Bezirk und Nachbarorte verkehr Ml. 1.25
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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.
Nr. 215.
Ausgabeort Altensteig-Stadt.
Sonntag, den 8. Dezember
An unsere Leser!
Der heutigen Nummer liegt das in unserem Verlag erscheinende „Schwarzwälder Sonntagsblatt" bei, aus welches wir unsere Leser ganz besonders aufmerksam machen. — Der „Sonntagsgast" fällt aus.
Amtliches.
Die Sägwerksbesitzer Finkbeiner und Klumpp in Besenfeld beabsichtigen das Gefälle für die frühere Krautsche Sägmühle Triebwerk V 125 mit ihrem seither bestehenden Werk l' 124 in Schorrental an der Nagold durch Höherlegung des Oberkanals zu vereinigen. Das Wehr in der NclgRd vom Triebwerk 't' 123 soll nun zum Einkauf für Triebiverk '1 124 benützt und es soll der Zulaufkanal neu angelegt, sodann soll zum Betrieb der Sägmühle eine regulierbare Spiralturbine mit liegender Welle und Gußspiralgehäuse eingebaut werden. Finkbeiner und Klunrpp bitten um Verleihung und Genehmigung der ganzen Wasserwerksanlage. (Stauanlage und Triebwerk.) Einwendungen sind binnen vierzehn Tagen beim Oberamt Freudcnstadt anzubringen. Beschreibungen, Zeichnungen und Pläne sind auf der Kanzlei des Oberamts aufgelegt.
Jnfclg? der vom 11. bis 30. November d. I. abgehaltencn zweiten Dien st Prüfung sind u. a. nachstehende Lehrer für befähigt zur Versehung von Schulstellen erklärt worden: Friedrich Klein, von Walddorf, OA. Nagold, Wilhelm «Aybold, von R hmül-le, Eem Aichelberg, OA. Calw, Georg Sakmann, von Urnagold, OA. Freudenstadt, Hermann Niethammer, von Althengstett, OA- Calw, Gotthilf Schmid, von Gechingen, OA. Ealw, Rudolf Unger, von Gechingen. OA. Calw.
Die entflohene „Patriest
Ueber die entflohene „Patrie" wird der „Frkf. Ztg." von einem Korrespondenten aus Paris geschrieben: Eine verlorene Schlacht hätte kaum tieferen Eindruck in Frankreich machen können als die Flucht der „Patrie". Mit ein paar Hunderttausend Francs ist der Schaden zu reparieren. Der materielle Verlust verschwindet in dem Milliardenbudget der Republik wie ein Tropfen im Meer. Aber an die Kostenrechnung hat eigentlich niemand gedacht, der betrübten Gemütes die Zeitungsnachrichten las. Mit der Lebhaftigkeit ihres Naturells, das ihnen schon oft genug böse Streiche spielte, hatten sich die Franzosen einer beinahe kindlichen Ueberschätznng des lenkbaren Luftballons hingegeben. Wenn die geplante Flotille von vier „ciinxoadlos" fertig ist, dann sind wir um ein Armeekorps stärker. Man hatte keine reckten Vorstellungen von den Fähigkeiten eines solchen Luftschiffs, aber man hielt es für eine ungeheuer gefährliche Waffe. Der Ballon könnte in den Höhen schweben und Sprengstoffe herabsäen, die ein fürchterliches Vernichtungswerk vollsührten! Alle diese Ideen haben einen schweren Stoß erlitten, denn das Luftschiff ist ausgerissen und ist verloren. Zwar wird es bald ersetzt werden, aber das alles kann die verwundeten heißpatriotischen Gemüter kaum trösten. Man empfindet das Ausreißen der „Patrie" wie eine Desertion, beinahe wie die kleine Rebellion im 17. Infanterie-Regiment während des Winzerausstandes im Süden. Die Flüchtige hätte ja den schönsten Hochverrat begehen können. Sie hätte ruhig nach Osten segeln und in Deutschland niederfallen können, wo man sie schonungslos all ihrer technischen und militärischen Geheimnisse beraubt hätte, bevor man sie mit ritterlicher Geste wieder heimschickte. Glücklicherweise besaß sie politisches Verständnis genug, um zu begreifen, daß sie die Richtung der „satonts vorämls" einschlagen müsse, wollte sie sich von den schlimmsten Verdächten reinigen. Wie, wenn zufällig der Kapitän, unter dessen Oberbefehl die gewaltsame Flucht stattfand, wie wenn dieser Offizier jüdischen Ursprungs wäre? Keine Welt würde mehr Paul Deroul de vom Glauben abbringen, daß der tückische Windstoß, der alle Seile riß, mit den Geheimfonds des Großen Generalstabs in Berlin angefacht worden war. Aber Ironie beiseite! Vielleicht hätte man gerade in Deutschland ein bischen das Recht, sich über den hochsensitiven Patriotismus der Franzosen etwas lustig zu machen. Alan braucht bloß daran zu denken, wie dort eine Spionageaffäre beurteilt wird und wie hier in Frankreich. Hier wird gleich die ganze Presse aufgeregt und das Vaterland ist in Gefahr, weil ein niederer Schiffsoffizier, der nicht einmal wichtige Geheimnisse der Landesverteidigung kennt, den Plan eines Torpedobootes verkaufen wollte. Wer kümmert sich jetzt in Deutschland um die Riesenbande von
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
19V7.
Spionen, die kürzlich in Rheinpreußen ausgehoben wurde? Die übertriebene Empfindsamkeit der Franzosen in all diesen Dingen läßt sich vielleicht mit den historischen schlimmen Erfahrungen erklären. Aber sie könnte auf ein bescheidenes Maß zurückMührt werden, wenn man sich nicht ewig in eine Selbstbewunderung einschlöffe, in der man nicht mehr sieht, was jenseits der Grenzen vorgeht. Für drei Viertel der Nation gab es überhaupt nur die französischen , äirigsablss". Was Zeppelin am Bodensee, Groß und Parseval in Tegel leisteten, waren elende Stümpereien. Die deutschen Luftschiffer warteten nur darauf, den französischen Kollegen das Geheimnis zu entlocken. Und die „Patrie" gar war ein Wunder an Geist, wie es nur das erfinderische Genie der Franzosen ersinnen konnte. Nicht früher als heute las ich noch einen Artikel in einem Pariser Blatt, in dem ein Deputierter solche Kindereien erzählt. Der Herr Deputierte ist nicht der erstbeste Zeitungsschreiber. Er war wiederholt Berichterstatter für das Marinebudget, dürste also doch etwas weniger naiv über die ausländischen Luftballos denken, die zum Teil größere Rekorde auszuweisen haben als die „Patrie". Ein Sachverständiger erklärte mir sogar, daß Parseval mit seinem Ballon wahrscheinlich nie einem so blitzdummen Unfall erliegen könne, wie der vvm Sturm davongetragene französische Ballon. Parseval sagte sich von allem Anfang an: „Wenn mein Ballon praktischen Wert haben soll, dann muß ich damit niedersteigen können, ivie ich will. Ich darf nicht auf das Bereitstehen von Schuppen und Hallen angewiesen sein." Demgemäß konstruierte er seinen Ballon, der überall entgast, zusammengeklappt und sozusagen in der Westentasche nach Hause getragen werden kann. Das Schiffchen der „Patrie" war allerdings auch „ä^wontabis"' aber offenbar ist der ganze Ballon doch darauf eingerichtet, nicht mit der gleichen Sicherheit und Raschheit vor plötzlich ausbrechenden Stürmen gerettet zu werden. Und am Ende wäre auch die ganze Herrlichkeit der französischen lenkbaren Luftballons, wie die Automobilindustrie nicht ohne den Motor möglich, der bekanntlich aus einen deutschen Erfinder zurückgeht. Das Problem der Lenkbarkeit war erst in den Bereich der möglichen Lösungen gerückt, als man einen Motor hatte, der bei wenig Geivicht und wenig Rauni eine ziemlich große Kraft erzeugte. Man braucht sich also am Rhein nicht zu Tode zu grämen, weil die „Patrie" so patriotisch war, lieber ins Meer zu stürzen als die Geheimnisse der Landesverteidigung preiszugeben. Der Zwischenfall beweist jedenfalls, daß das Problem der Luftschiffahrt bis jetzt nur unvollkommen gelöst ist. Ein Ballon, der immer noch auf geeignetes Wetter warten muß, um sich aus dein Schutze des Schuppens hervorzuwagen, gleicht einem kleinen Segelboot, das nur bei mäßigem Wellengang ausfahren kann. So weit wenigstens muß es gebracht werden, daß man wie die großen Dampfer, nur bei schweren Orkanen im sicheren Hafen bleibt. Und vielleicht zieht die öffentliche Meinung auch die logischen Schlußfolgerungen. Die „clinASLbl68" waren in Frankreich überschätzt worden, wie vor ein paar Jahren die Unterseeboote. Auch von diesen erwartete man Wunder. Auch über sie wurde spaltenlang in Zeitungen berichtet, sobald sie die kleinste Uebung unternahinen. Und rasch wurden ganze Flottillen gebaut. Heute weiß man, daß eS niedliche Spielzeuge sind, die an den Heimatshasen gekettet sind und hübsch zuhause bleiben müssen, wenn die See etwas hoch geht.
Tagespolitik.
lieber eine Reform der Bestimmungen über die Aufnahme und Prüfung der Anwärter für den diplomatischen Dienst schweben einer amtlichen Mitteilung zufolge Erwägungen in: Auswärtigen Amte, denen der neue Staatssekretär v. Schön, bekanntlich ein Kanf- mannssohn, seine besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Daß für die Aufnahme in den diplomatischen Dienst außer mannigfaltigen Kenntnissen und der vollständigen Beherrschung der französischen Sprache gewisse gesellschaftliche Eigenschaften gefordert werden, ist selbstverständlich. Dagegen ist es ein allerdings ziemlich ausgebreiteter Irrtum, daß nur Träger adeliger Namen als geeignet für die diplomatische Laufbahn angesehen werden. Die bisherigen Vorschriften haben zu der Unzuträglichkeit geführt, daß namentlich in sprachlicher, wirtschaftlicher und handelstechnischer Hinsicht ausreichende Kenntnisse der jungen Diplomaten erst sestgcstellt werden konnten, nachdem sie schon einen verhältnismäßig langen Zeitraum im Dienste waren. Diesem Uebelstande soll durch eine Reform der Prüfungsordnung abgeholfen werden.
England, Deutschland undZanzibar. Der „Standard" bringt eine Nachricht, die in London Aufsehen erregt. In Zanzibar, das wir seinerzeit für Helgoland an England abgetreten haben, meuterte die Leibgarde des Sultans und dieser bat den englischen Konsul um Schutz. Der Zufall fügte es aber, daß kein englisches Kriegsschiff in der Nähe war. Der Konsul wandte sich deshalb an den Kapitän des deutschen Kreuzers „Bussard". Der Kapitän hatte berechtigte Bedenken und telegraphierte nach Berlin. Darauf soll der Kaiser selbst die Hilfeleistung befohlen haben, ein Eingreifen des deutschen Kreuzers erübrigte sich jedoch, da die Meuterei inzwischen erloschen war. Das englische Blatt nennt die Haltung Deutschlands freundlich. Die englische Regierung soll sich bei der deutschen Regierung bedankt haben. Hageldicht fallen die Hiebe des konservativen „Standard" aber auf das liberale englische Ministerium Campbell- Bannerman. Daß kein englisches Schiff zur Stelle war, sei eine Schmach für England, die größte Seemacht der Welt, und aus sinnlose Sparsamkeit zurückzuführen. Wie es heißt, wird sich das Parlament noch mit der Angelegenheit zu befassen haben.
Die französische Regierung prüft gegenwärtig die Frage, ob der obligatorische Militärdienst auch aus die Araber Algeriens ausgedehnt werden soll. Schon seit lange beschäftigen sich die verschiedenen Regierungen mit dem Plane, die infolge des steten Rückgangs der Geburtenziffer eingetretene Abnahme des Rekrutierungsmaterials durch Heranziehung der Araber zum Militärdienst zu decken. Man glaubt hunderttausend arabische Rekruten ausheben zu können, die zur Bildung zweier Armeekorps und im Kriegsfälle ziemlich rasch zur Verteidigung Frankreichs verwendet werden können.
Die Beni-Snassen, mit denen die Franzosen an der Grenze von Marokko und Algier zu tun haben, schildert ein Korrespondent des Matin folgendermaßen: „Die Beni- Snaffen kämpfen nicht wie Chaujas in aufgelösten Reihen. Sie schließen sich zu festen Gruppen zusammen, drängen sich gegeneinander und werfen sich dann auf den Feind. Man kann sich denken, wie günstig diese Technik für unsere Artillerie ist. Wirklich hat man auch nach dein letzten Treffen am Bab-el-Affa Haufen von acht Leichen übereinander geschichtet gesunden, die von einer Kugel niedergelassen waren. Ihr Fanatismus reißt sic zu den entsetzlichsten Wildheiten fort. Ist ein Beni-Snassen getötet, dann stürzen sich die andern über seiiren Körper, sie öffnen mit ihreir kurzen Messern den Leib des Kadavers und beschmieren ihr ganzes Gesicht mit den: Blut. Dann tanzen sie rasend, zitternd, wild aufstampfend und schwören eineil feierlichen Eid, die Christen auszurotten. In solchem Zustand stürzen sie sich in den Kanlpf. Die Beni-Snassen bilden -eine unabhängige Verbindung, die wieder in eine Reihe von Parteien zerfällt, die sich gegenseitig bekämpfen und jahraus jahrein ausplündern. Sie sind Krieger und Bauern. Keine Ruhe, kein Frieden herrscht unter ihnen, ausgenommen bei der Aussaat im Herbst und bei der Ernte im Anfang des Sommers. Die übrige Zeit verbringen sie damit, daß sie ihren Nachbar versuchen auszurauben und in beständigen! Streit miteinander leben. Wenn sie sich aber bedroht glauben, dann stehen sie alle fest zueinander und verbinden sich gegen den gemeinsamen Feind. Im Ganzen verfügen die Stämme der Beni- Snassen in runder Zahl über eine Streitkraft von 9000 .Kriegern, Fußsoldaten und Reitern, die alle sehr tapfer sind und den Tod nicht fürchten."
Landesnachrichten.
* Egenhausen, 6. Dez. In der hiesigen Gemeinde tritt S ch arl ach und D i p h t h erie unter den Kindern so heftig aus, daß nun die Schule geschlossen werden mußte.
* Nagold, 6. Dezember. In der gestrigen Gemeinde- ratssitzung wurde beschlossen, eine Mo t v r w a s s e r p u mp e anzuschaffen, mittels der es möglich ist, aus der Nagold in der Minute 1000 Liter Wasser aus das Areal der städtischen Eisbahn einzuführen. Die Pumpe lostet 550 Mark.
- Nagold, 5. Dez, Heute Nachmittag fand auf der sog. Esels wiese beim Schiff vor einem größeren Publikum von dem Vertreter der Gesellschaft eine Vorführung des „Minimar" statt, eines Apparates, der dazu bestimmt ist, Brände beim Entstehen zu löschen. Die Apparate, eine konische Kanne aus Bleiblech, oben in eine Spitze auslausend, haben auf dem Boden einen Zapfen, der vor Gebrauch
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