Gegründet
1877.
KrscHeint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Festtage.
Ä
Bezugspreis für das Vierteljahr im Bezirk und Nachbarortsverkehr Mk. 1.85
außerhalb Mk. I.3S.
Mmtzblatt für MgememesAineiE
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Fernsprecher Nr. 11.
Anzeigenpreis bei einmaliger Einrückung 10 Psg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.
Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Talw u. Neuenbürg.
Nr. S14.
Ausgabeort Altensteig-Stadt.
Samstag, de« 7. Dezember
Amtsblatt für Pfalzgrafenweiler.
1907.
Amtliches.
Abhaltung eines Molkereilehrk urses in Gerabronn.
Mit Genehmigung des K. Ministeriums des Innern wird an der Molkereischule in Gerabronn demnächst wiederum ein vierwöchiger Unterrichtskurs über Molkereiwesen abgehalten werden. Der Beginn des Kurses ist auf Dienstag, den 7. Januar 1908 festgesetzt. Gesuche um Zulassung zu dem Kurs sind bis längstens 21. Dezember d. I. an das „Sekretariat der K. Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart" einzusenden.
Die Regerfrage r« Deutsch Afrika.
Zu den wichtigsten politischen, sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben in den deutschen Kolonien in Afrika gehört auch die richtige Behandlung der nach vielen Millionen zählenden Negerbevölkerung. Religion, Humanität und Nächstenliebe gebieten, in den Negern auch Menschen und Brüder zu sehen, aber die Neger sind in der Kultur und in ihren Begriffen von Recht und Sittlichkeit soweit zurück, daß es in der Praxis des Lebens ganz unmöglich ist, sie so einzuschätzen und zu behandeln wie eine europäische Bevölkerung. Es kommt dazu, daß die Neger in den Kolonien unbedingt zur Arbeit erzogen werden müssen, wenn sie keine entsetzliche Last für die Kolonien werden sollen. Das Urteil des Bezirksamtmanues a. D. Georg Schmidt, der lange Jahre als Beamter in den Kolonien gelebt hat und die Neger genau kennt, ist daher über dieselben auch ein sehr ungünstiges. Herr Bezirksamtmann a. D. Schmidt, der kürzlich im Künstlerhause zu Leipzig über „Unsere schwarzen Brüder" einen Vortrag gehalten hat, hält von der Bildungsfähigkeit der Neger im europäischen, im seelischen und geistigen Sinne so gut wie nichts. Es sei jetzt lediglich die Aufgabe des Europäers, die Neger zur Arbeit heranzuzieheu. Um dies zu können, sei geiraue Kenntnis ihres Wesens, ihres Seelen- und Gefühlslebens notwendig. Den Neger mit europäischer Kultur vollstopfen zu wollen, sei Unsinn. Zur europäischen Kultur sei der Neger nicht reif genug. In den Vereinigten Staaten habe man es ja erlebt, daß der Schwarze nicht entwicklungsfähig sei. Und am eklatantesten beweisen es die Negerrepubliken. In Haiti habe bereits wieder die Menschenfresserei begonnen. Jedenfalls würden viele Generationen dazu gehören, ehe der Neger überhaupt erst auf eine entwicklungsfähige Stufe kommen würde. Bei der von Haus aus intelligent angelegten weißen Rasse hat es ja auch Jahrhunderte bedurft, bis sie eine so hohe Stufe wie jetzt erreicht hatte. In unseren Kolonien sei deshalb eine vernünftige Eingeborenenpolitik nötig. Togo hat ungefähr eine Million, Kamerun acht Millionen Eingeborene. Diese zu nutzbringenden Arbeiten zu erziehen, das sei unsere Aufgabe. Man sollte doch nicht glauben, daß die Eingeborenen über die Kultur, die wir ihnen angeblich bringen, glücklich seien. Ehe der Weise nach Afrika kam, führten die Schwarzen ein sorgloses Leben. Das, was sie brauchten hatten sie ja. Sie dachten nur an das Heute, das Gestern und Morgen mar ihnen gleich. Auch sei es ganz falsch, wenn man glaubt, die Neger seien uns dankbar, daß wir die Sklaverei beseitigt hätten. Die hätten sie als etwas ganz selbstverständliches, als etwas, in das man sich fatalistisch fügen müsse, betrachtet. Auch wäre sie ja nie so hart, wie wir uns vorstellten, gewesen. Der Neger kenne gegen den Europäer weder Dankgefühl noch Liebe. Auch gegeu die Missionare nicht, wenn sie sich es auch einbildeten. Nur Furcht kenne er. Nur den achte er, vor dem er sich fürchte. Und ein rechter Kolonisator könne nur durch zweierlei etwas bei den Negern ausrichten: durch Strenge und Gerechtigkeit. Es sei töricht, den Schwarzen mit demselben Maße wie den Weißen messen zu wollen. Und wer sie gar Brüder nenne, der schätze sich selbst sehr niedrig ein. Deshalb sei es auch töricht, sie mit denselben Mitteln zu bestrafen, die bei uns hier zu Lande angewendet würden. Gefängnisstrafe lasse den Schwarzen ganz gleichgültig. Im Gegenteil, er fühle sich in einem Gefängnis sehr wohl. Dort arbeite er den Tag über im Freien, erhalte sein Essen und Trinken, rauche seine Pfeife und nur abends werde er eingesperrt. Manche seien sogar betrübt, wenn sie entlassen würden. Als Strafen kämen daher hauptsächlich zur Anwendung: Kettenhaft und Prügelstrafe. Anfangs sei er auch gegen die Prügelstrafe gewesen, bald aber habe er eingesehen, daß bei einer Rasse wie den Negern ohne Prügel nicht durchzukommen sei. Selbst die Häuptlinge empfehlen sie als bestes Mittel, ihren Willen durchzusetzen. Der Neger sei willensschwach und denkfaul. Er müsse daher stets geleitet werden, Er ertrage Hunger,
Durst und Strapazen und sei deshalb ein vorzüglicher Soldat und Arbeiter. Er sei gleichgültig und gutmütig, aber auch rachsüchtig. Treue kenne er nicht. Ueberhaupt gehe ihm jeder verwandtschaftliche Sinn ab.
DaS Sirrken vo« Frankreichs Rattonal- Wirtschaft.
Frankreich gewährt für die wirtschaftliche Beobachtung ein seltenes Bild. Während Frankreichs natürlicher Reichtum und die Anhäufung großer Vermögen in vielen Familien durch Kinderlosigkeit und durch das Einkindersystem die Finanzkrast dieses Landes als vorzüglich erscheinen läßt, muß dennoch ein Sinken der französischen Nationalwirtschaft konstatiert werden. Dieses Sinken zeigt sich zunächst in der geringen Entwickelung von Frankreichs Industrie und Handel, die gegenüber der Industrie und dem Handel in England und Deutschland ganz bedeutend zurückgeblieben sind. Der größte Beweis für das Sinken der Nationalkraft und Nationalwirtschaft in Frankreich ist aber die Abnahme der Geburten lebender Kinder in Frankreich und die geringe Vermehrung der französischen Bevölkerung. Dr. Jaqnes Bertillon, der Leiter des Statistischen Amtes von Paris, veröffentlicht unter der Ueberschrift „Die jährliche Niederlage" im „Figaro" einen Notschrei über den Rückgang der Geburten in Frankreich. Während im Durchschnitt der Jahre 1896 bis 1905 die Zahl der Lebendgeburten 839 843 betrug, ist sie im Jahre 1906 auf 806 847 gesunken. Diese Verminderung fällt um so schwerer ins Gewicht, als die Zahl der Eheschließungen im Jahresdurchschnitt 1896 bis 1905 295 924 betrug, im Jahre 1906 dagegen 306 487. Allerdings wurden im letzteren Jahre 10 573 Ehescheidungen, im Durchschnitt der Jahre 1896 bis 1905 nur 8105 Ehescheidungen verzeichnet. Für die Beurteilung des Rückganges der Geburten kommt ferner in Betracht, daß die sinkende Ziffer regelmäßig mit jedem Jahre größer wird: nach dem Kriege 1870 gab es im Durchschnitt noch 960 000 Geburten jährlich. Die Ziffer für 1906 ist die niedrigste, die seit mehr als hundert Jahren ermittelt wurde. Bertillon ruft angesichts dieser Entwickelung aus: Wir werden Schlimmeres erleben; für das Erwachen des Familiensinnes in Frankreich fehlt jeder Grund, aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Zahl der Geburten während der nächsten Jahre fortfahren, mehr oder weniger regelmäßig zu fallen. — Bertillon vergleicht hiermit die Entwickelung in anderen Staaten, namentlich in Deutschland, wo im Jahre 1905 beinahe 2 Millionen Geburten gezählt wurden, und wo früher die Bevülkerungs- zunahme auf 1000 Einwohner sich nur auf 12 belief, gegen 14 in der allerneuesten Zeit. Auf Grund solcher Vergleiche schreibt Bertillon Frankreich die Entwickelungstendenz zu, ein Land dritten Ranges zu werden, und er beklagt laut, daß infolgedessen Frankreichs Macht, Nationalwirtschaft und sittlich geistiger Einfluß zurückgehen. In der Abnahme der Todesfälle erblickt Bertillon kein Heilmittel, zumal diese Abnahme nur wenig über 3000 gegeu den Durchschnitt der Jahre 1896 bis 1905 ausmachte. Mit allem Nachdruck fordert daher Bertillon, daß Staat und Gesellschaft dahinwirken, die durchschnittliche Kinderzahl einer französischen Ehe von drei auf vier zu erhöhen. „Wenn die Geburtenhäufigkeit sich nicht steigert," ruft Bertillon schließlich aus, „ist unser Land verloren!"
Tagespolitik.
DerBlock hatseine erste Krisis überstan - d e n. Der Appel des Reichskanzlers an die Blockparteien hat seine Wirkung getan, und dabei war vielleicht hauptentscheidend die Erwägung, daß niemand in der jetzigen Situation die Verantwortung übernehmen wollte, einen Kanzlerwechsel und damit vielleicht eine völlige Umgestaltung der inneren Politik, eine neue Herrschaftsperiode des Zentrums, herbeizuführen, bevor noch der Blockversuch praktisch fortgesetzt war. So haben denn die Konferenzen der Fraktionen der Mehrhcitsparteien zu einem Einvernehmen dahin geführt, das bisherige Zusammenwirken fortzusetzen im Sinne der Bülowschen Politik. Das haben die Fraktionen im Reichstag durch ihre Beauftragten erklären lassen, und die unmittelbare Folge war ein schneller Schluß der Etatsberatung, unter dem Widerspruch der Sozialdemokraten, die sich über Vergewaltigung durch die Mehrheit beklagten.
Die diesjährige Tagung der Deutschen Kolonialgesellschaft begann gestern vormittag mit einer außerordentlichen Hauptversammlung in Frankfurt. Der Präsident, Herzog Johann Alb recht zu Mecklenburg, eröffnte die Versammlung. Bei dem Festakt hielt Staats
sekretär Dernburg eine Ansprache, in welcher er u. a ausführte, es sei ein Irrtum, daß wir in Afrika zu kurz gekommen seien und die von anderen Völkern übrig gelassenen Brosamen hätten aufpicken müssen. Dernburg äußerte sich sodann eingehend über die deutschen Kolonialgebiete.
Der Deutsche Verein für Frauenstimmrecht hat an den Reichstag eine Eingabe gerichtet, worin verlangt wird, die Frauen zur Börse zuzulassen.
Der Bischof von Langres, Sebastian Herscher, hat an die Priester und Gläubigen seiner Diözese einen Hirtenbrief gerichtet, in dem folgende Stellen Vorkommen: „Wo sind jetzt die Vorteile, die viele Katholiken, die geneigt waren, die Dinge in theoretischer und abstrakter Weise zu betrachten, von der Trennung sich versprochen haben? Wo ist der große Sturm der Volksentrüstung, den die Konfiskation des Patrimoniums der Kirche Frankreichs entfesseln sollte? Wo ist das Erwachen der katholischen Tatkraft, das auf religiösem Gebiete der Unterdrückung dessen, was man die Fessel des Konkordats nannte, folgen sollte? Die ^Entrüstung hat vielleicht im ersten Augenblicke existiert, aber sie hat nicht vorgehalten. Bei einzelnen hat sie, ich gebe es gerne zu, zu edlen Aeußerungen der Beredsamkeit, ja sogar zu ritterlichen Gebärden geführt. Aber bei den Massen ist sie nur ein Strohfeuer gewesen. In Frankreich gewöhnt man sich an alles, sogar an die Ungerechtigkeit. Und wie geschickt ist die Regierung gewesen, die öffentliche Meinung einzuschläfern! Sogar viele von denen, die persönlich von der Beraubung getroffen worden sind, haben sich heute aus Egoismus, ich sollte sagen: aus Feigheit, damit abgesunden. Man muß wohl anerkennen, daß die Trennung, so ungerecht sie war und bleibt, bei uns lange nicht jene heilsame Bewegung der öffentlichen Meinung hervorgebracht hat, die Deutschland in den Jahren des Kulturkampfs erlebt hat. Und es ist Tatsache, daß unsere gegenwärtige Lage, wenn man sie offen und freimütig betrachtet, nichts weniger als glänzend ist. Eine Kirche ohne materielle Hilfsquellen, eine Kirche ohne gesetzlichen Bestand, .das ist in zwei Worten unsere jetzige Bilanz, eine Bilanz, die, wie man zugeben wird, wohl imstande ist, die Seele eines Bischofs zu beschäftigen." — Bekanntlich hat der Papst, durch die Ratschläge der französischen Monarchisten und Extrem-Klerikalen verleitet, eine Haltung eingenommen, von der er erwartete, daß sie einen Sturm erzeugen werde, der die Republik, gleich dem Fürsten Bismarck, auf den Weg nach Canossa zwingen werde. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt: der Bischof von Langres'stellt es jetzt offen fest, ohne daß er den Papst nennt. Die anderen Bischöfe werden ähnlich denken, nur sagen sie es nicht.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 5. Dezember.
Vertrauenskundgebung für den Reichskanzler.
In der fortgesetzten Etatsberatung erklärte N o r- mann (kons.): Bezüglich der gestern abend erschienenen Zeitungsartikel über die innere politische Lage habe ich zu erklären : Wir gaben bereits ini Laufe der Etats- beratuug zu erkennen, daß wir gesonnen sind, die Blockpolitik des Reichskanzlers, soweit sie sich mit unseren Grundsätzen verträgt, aufrichtig und ehrlich mitzuinache n. Wir sind auch ferner gewillt, in diesen: Sinne innerhalb dieser Grenzen mitzuarbeiten. Ich erkläre, daß an unserer vertrauensvollen Stellung zur Politik des Reichskanzlers und in: Verhältnis zum Block nichts geändert wird. Auch die Fraktionen der Reichspartei, der wirtschaftlichen Vereinigung und der Reformpartei schließen sich voll unserem Standpunkt an. Bass er mann (natl.) erklärt, seine Partei erkenne ein Zusammenwirken der Konservativen mit den Liberalen nach wie vor als eine politische Notwendigkeit an. Wir vertrauen, daß der Reichskanzler diese Politik fortsehen wird. Wir werden ihn darin unter st ü tz e n. (Großer Lärm im Zentrum und bei der Sozialdemokratie.)
Auch Wien: er (frs. Vp.) erklärt namens seiner Partei und d e r fr ei sin ni g e n Ve rei n i gung, sowie der Deutschen Volkspartei, daß sie unter Aufrecht- erhaltung ihrer Grundsätze gewilltsind, die Blockpolitik des Reichskanzlers zu unterst ü tz e n. (Großer Lärm bei den Sozialdemokraten.) Gröber (Ztr.): Auf die vorhergegangenen Erklärungen gegenüber den: