Isr»sP«cher M. U.

Erscheint Dienstag, Donnerst., Gamstag und Sonntag «it der wöch. Beilage Der SonntagS- Gast".

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1877 .

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Samstag, den 7. September

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1907

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D« AitmM im KelimMG.

Da der Eisenbahubauin den Kolonie» sehr kostspielig n.für die ersten Jahre sehr wenig rentabel ist, so hat man im Kongo-Ttaate, der in Zentral-Afrika liegt, sehr beachtrurwerte Versuche gemacht, ans besonders erbauten Straßen sehr starke Auto- mobile für den Berkehr in der Kolonie zu verwenden und dürften diese Versuche zu Nachahmungen in den deutschen Kolonien führen, da der Automobilverkehr viel billiger als die Eisenbahn ist. Der Kongostaat ist im Begriff, eine feste Automobilstraße zwischen dem Kongo und dem Nil hrrzu- stelleu. Die Verwaltung hat eine eigene Automobilabteiluug eingerichtet, die vor einiger Zeit der Regierung in Brüssel ihren ersten offiziellen Bericht erstattet hat. Die künftige Automobilstraße Kongo-Nil nimmt ihren Ausgaug vou dem Jtembiri, einem Nebenfluß de- Kongo, fährt vou diesem hinüber zum Urlle, sodann den Nelle aufwärts und mündet etwas oberhalb Lado. Die gesamte Strecke beläuft sich auf rund 900 Kilometer, und zwar entfallen hiervon 200 Kilometer auf die BerbiuduugSstreck« vou Jtembiri nach dem Urlle, weitere 215 Kilometer auf daS Uellegebiet selbst und 500 Kilometer auf die Verbindung zwischen dem Nelle und dem Nil. Die AafangSstrrcke nahe dem Jtembiri hat dem Bau die größten Schwierigkeiten bereitet, da in dem jeder Widerstandsfähigkeit entbehrenden Gelände die Her­stellung einer festen Unterlage große Mühe erforderte. Da aber die Eingeborenen dem Automobil, da- sie von den Trägerdiensten entlasten soll, lebhafte- Jateresse entgegen- bringrn und sich bereit erklärt haben, die durch den Urwald führende Strecke für den Strkckeubau vorzuberritev, so hofft mau auf Ueberwiudnug der Schwierigkeiten in relativ kurzer Zeit. Bon der 45 Kilometer laugen Aufaugsstrecke mit dem ungünstigen Untergrund ist die Hälfte bereit- überwunden worden. Weiter gegen Nelle hin ist da- Gebiet wegsamer. Hier werden monatlich etwa vier Kilo­meter Wegstrecke fertiggestellt; soweit die Fertigstellung er­folgt ist wird sofort der Automobilbetrieb ausgenommen, um die Automobile zur Hrranschaffnug de- erforderlichen Baumaterial-, der Werkzeuge rc, za benutzen. Der Aut- werprurr Gewährsmann de- Kolouialwirtschaftlicheu Komitee- betonte in seinen Betrachtungen über den offiziellen Bericht der Automobilabteilung de- KougostaateS tm .Tropen- Pflanzer", daß die endgültige praktische Verwertung vou Motorwerkzengeu im Kouzostaat und ganz speziell im tiefen Innern de- Lande-, vom menschlichen Standpunkte au- betrachtet, als ein Fortschritt zu bezeichnen ist, der die größte Aufmerksamkeit und rückhaltlose Anerkennung verdient. Denn mau mag sagen, wa- man will, die Zeiten, wo man diesen Bestrebungen pessimistisch gegeuüberstaud, find längst vorüber, und der Augenblick wo mau die schwierige Frage de- Verkehr- in den tropischen Kolonien praktisch lösen wird, steht nahe bevor.

Die neue dem BaudrSrat vorliegende Gewerbe- uovelle bestimmt u. a. auch, daß vou den Gewrrbeuuter-- urhmrrn zur Sicherung gegen Vertragsbruch auch den Be- trieb-beamten, Werkmeistern und Technikern gegenüber Löhne nicht in größeren Beträgen eiubehalteu werden dürfen, al­lste- den Handlungsgehilfen gegenüber statthaft ist. Bei diesen dürfen die Lohueiobehaltuugen bei den einzelnen Lohnzahlungen rin Viertel de- fälligen Lohne- und in der Gesamtsumme den Betrag eine- durchschnittlichen Wochen-

lohne- nicht übersteigen.

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Der Abschluß eine- deutsch-englischen Handelsvertrages ist in nächster Zeit noch nicht zu erwarten. Diejenigen Meldungen, die den Abschluß alS unmittelbar bevorstehend bezeichnete», eilten vielmehr den Tatsachen voraus. Au den zuständigen Berliner Stellen ist laut .Magdbg. Ztg." nicht- vou dem baldigen Zustande­kommen eines Vertrage- bekannt und daS englische Mini­sterium ist gegenwärtig nicht in London versammelt, sodaß die abschließenden Verhandlungen zur Zeit nicht stattfiuden können. So lauge wir nicht zu geregelten Handelsver­trägen mit beiden Ländern kommen, haben auch die An­näherung au England und die Freundschaft mit Nord­amerika nur platonischen Wert.

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Wie anS Paris gemeldet wird, beginnt JauröS eine Kampagne gegen da- französische Vor­gehen in Marokko. Er warnt vor einer weiteren Ausdehnung der militärischen Operation, da diese in einen

harten und langwierigen Krieg ausartru würde und be­spricht die diplomatische Seite de- Problems. Er führt au-, daß Frankreich da- Poltzeimaudat überschritten habe, da- ihm und Spanieu iuAlgecira- anvertrant wurde, eS müsse nun große Opfer bringen. Die internationalen Schwierigkeiten, die jetzt mit der Entschädigung der europäilchenKauf- leute in Casablanca beginnen, seien unübersehbar. JaursS fürchtet daSWiederauftreteu deS deutsch- französischen Konflikt Sund er hält e- unter diesen Umständen fürS einzig Richtige, die sämtlichen Signatar- Mächte von AlgeciraS zu einer gemeinsamen Aktion unter Verantwortung aller aufzufordero. In einer Nachschrift verlangt er übrigens vom Präsidenten der Republik die so­fortige Einberufung deS Parlament-, da die Regierung nicht das Recht habe, da-Land in ein so großes und gefahrvolles Unternehmen zu verwickeln.

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Die Interessen Frankreichs und die fran - zösischeWaffenehre werden zur Zeit inCasa- blanca durch Soldaten deutscher Herkunft wahrgenommen, denn eS ist ausschließlich die Fremden­legion, welch« dort ihre Tätigkeit entfaltet hat, und diese setzt sich fast ausschließlich auS Deutschen zusammen. Zu diesen Deutschen liefern leider hauptsächlich die reich-- ländischen Familien so überaus zahlreiche Opfer, die nach Afrika gehen und dort au Leben und Seele zu Grunde gehen. Englische Blätter haben berichtet, daß sich die Fremdrvlegiouäre bei der Beschießung und Besetzung CasablaccaS die schrecklichsten Untaten zu schulden kommen ließen. ES ist bedauerlich, daß sich gerade im gegenwärtigen Augenblick deutsche Federn finde», die durch unrichtige An­gaben die Anwerbung für die Fremdenlegion zu begünstigen suchen. Gerade die RetchSländer haben da- größte Inter­esse daran, daß die heillosen Zustände in der Fremden- lrgiou bekannt werden. ES ist vou deutschen Blättern ge­radezu gewissenlos, die Behauptung anfzustellru, Mißhand­lungen in der Fremdenlegion seien ausgeschlossen; im Gegen­teil: sie find au der Tagesordnung und tragen vielfach einen geradezu scheußlichen Charakter, während die Offiziere ganz gleichgültig zuschaueu. Die vielgrrühmte Prustoa nach 15 Jahren ist nur eine lockende Vorspiegelung. Den wenig­sten gelingt eS, bei den unerhörten Strapazen auSzuharreu. Noch schlechter ist e- mit der Aussicht, Offizier zu werden; für einen Deutschen ist da- letztere insbesondere, wie die

Tatsachen lehren, vollständig ausgeschlossen. (Germania.)

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Die Spannung zwischen deuBereinigtruStaateu und Japan hat in den allerletzten Wochen nachgelassen. Die Entsendung der amerikanischen Flotte nach dem Stillen Ozean, in der man namentlich wegen der recht ungeschickten Art, wie sie augekändigt wurde, eine nicht unbedenkliche Be­drohung deS Friedens erblicken konnte, wird nach den be­ruhigenden Erklärungen in Amerika vou den Japanern mit einem gewissen Gleichmut eutgegeugeseheu; auch in der Eiu- wanderuugSfrage, die wie kaum eine zweite den Keim zu Konflikt-Möglichkeiten in sich trägt, scheinen jetzt die Ber­einigten Staaten eine den Japanern mehr entgegenkommende Haltung eiunehmeu zu wollen. Unter diesen Umständen kann erwartet werden, daß die etwa- merkwürdige Aktion, die die Japaner in den letzten Tagen mit der Besetzung der kleinen unbewohnten Insel nördlich der Philippinen unter­nommen haben, wohl keine ernsten Folgen haben wird.

LcmdEsnachrichLen.

I Naiersvrorm, 5. September. In der verflossenen Nacht ereignete sich hier ein schwere- Unglück. Die 80jährige Witwe Schmieder au- Schönmünzach, die bei der KaufmaunSwitwe Ftukbeiurr hier uutergebracht war, schlief, wie eS den Anschein hat, bei brennendem Licht lein und daS Bett fiug Feuer. Den Hau-geuosfeu gelang eS zwar, den Brand zu löschen, ehe er eine größere Aus­dehnung augruommeu hatte, aber die bedauernswerte Frau hatte schon .so schwere Brandwunden davougrtragen, daß sie nach einigen Stunden starb.

ss ßalw, 5. Septbr. Die Brzirksschulversammlang, der sämtliche Lehrer deS Bezirk-, einige Geistliche und der Dekan deS Bezirk- auwohuteu, fand gestern unter Vorsitz deS BezirkSschnliuspektorS, Stadtpfarrer Schmid von hier, statt. AuS dem Bericht de- Bezirk-schuliusprktor- ist zu entnehmen, daß 70 Lehrer 4349 Schüler (->- 18 gegen das Vorjahr) und zwar 2094 Knaben und 2255 Mädchen

unterrichten. Im Durchschnitt kommen auf. eine Lehrkraft 62 Schüler. Die Schülerzahl einer Klasse schwankt zwischen 20 und 122 Schülern; dabei find sechs Schulklassen mit über 100 Schülern besetzt. Lehrer Mönch in Röteubach referierte über den NatnrgeschichtSunterricht nach dem neuen Lehrplan mit Berücksichtigung der Schulverhältuisse, sowie der natürlichen Verhältnisse unsere- Bezirk-. Lehrer Bickel-Stammheim hielt einen über«»- lehrreichen Bortrag über da- Reformzeichuev. DaS gemeinsame Essen fand im Waldhorn statt.

I Aattnger», 4. Septbr. Ein längst gehegter Wunsch der Zemeutverbraucher ist hier in Erfüllung gegangen. Eine auS allen württembergischeu LandeSt eilen, aus Baden und Hoheuzolleru besuchte Ver­sammlung vou Banwerkmeisteru, Bange- werbetreibeudeu usw. hat die Gründung eine- eigenen Zementwerk- auf genossenschaftlicher Gruudlage (G.m. b.H.) beschlossen. Zu Geschäftsführern wurde bestimmt Stadt- schnlthrtß Hoffmauu-Balingeu und in Vertretung de- noch nicht bestellten technischen Direktors L. Krse, Ulm a. D., als Stellvertreter, Gewerbebaukkasfier Rehfuß in Balingen. Der AnffichtSrat besteht auS sieben Personen und ist so zusammengesetzt, daß sowohl die Interessen der Groß- and Kleioabnehmer wie auch deS beteiligten Privatkapital- ver­treten sein werden. Der Gesellschaftsvertrag ist unter An­nahme eines Stammkapitals von 700 000 Mk. abgeschlossen worden. Auf diese-Stammkapital wurden sofort 500 000 Mk. gezeichnet. Die restlichen 200 000 Mk. werden in einigen Wochen zusammrngebracht sein, worauf sofort mit dem Bau der Fabrik begonnen wird. Der Zement wird zu den laufenden Tagespreisen abgegeben und in erster Linie au die mit Kapital beteiligten Zementabnehmer, welche auch, und darin besteht der Vorteil für dieselben, 10°/ de-Rein­gewinns im voraus zugeteilt erhalten und mit ihrer Stamm- eiuläge an dem restlichen Reingewinn wie da- Privatkapi- tal sich beteiligen.

* KtnNgarl, 4. September. Ein schreckliche- Unglück hat sich auf der Gäu-Heide ereignet. Der Inhaber deS Restaurant-Bubeubad", Herr H. Roo-, wollte die Dunggrube leeren. Die emporstrtgevden giftigen Gose betäubten ihn, sodaß er in die Jauchengrube stürzte. Der Schwager de- Verunglückten wollte Hilfe leisten und wurde dabet gleichfalls ohnmächtig, sodaß auch er in die Grube stürzte. Beide fanden den Tod. Branddirektor Jacoby stellte vergeblich Wiederbelebungsversuche bei beiden Veruuglückteo an. Zu dem Unglück wird ueuerdiogS vom ,N. T." gemeldet, daß die Grube schon entleert war, als zuerst der Schwager de- WirteS RooS Hinabstieg, um einen Defekt in der Grube festzustelleu; er kam wieder her­auf, ohne Schaden zu nehmen, und dann erst stieg RooS selbst hinunter. Inzwischen, so nimmt mau an, waren auS einer danebeuliegendeu, noch gefüllten Grube giftige Gase in die entleerte ringedruugen und betäubten RooS, sodaß er von der Leiter vollend- hinabgefalleu sein muß. Ein Kind (sonst war niemand um den Weg), daS ihm dabet zu­sah, soll ihn daun noch um Hilfe rufen gehört haben, und auf dessen Geschrei eilte zunächst die Frau de- Verstorbenen herbei, konnte aber nichts helfen, worauf sie ihren in der Nähr arbeitenden Bruder Schmid herbeiholte, der seinem Schwager Rettung bringen wollte, dabei traf ihn da- gleiche Schicksal. Der verunglückte Herr RooS hatte natürlich mit dem Entleeren der Grube selbst nicht- zu tun, sondern sah nur nach dem Defekt, weil er de-wegeu mit dem Baumeister nachher verhandeln wollte. Den schwer betroffenen Familien wendet sich allgemeine Teilnahme zu.

I Vom Landtag. Die Gründe, welch« die sozial­demokratische Fraktion der Abgeordnetenkammer dazu ver- aulaßte, entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheit für de» Etat zu stimmen, wurden von dem Abg. Keil auf der sozialdemokr. Generalversammlung deS 2. württembergischeu Reich-- tag-wahlkreiseS folgendermaßen entwickelt: Der Anschein einer grundsätzlich veränderten Haltung der Fraktion sei nur bei einer Gelegenheit hervorgetreten, nämlich bei der Schluß- abstimmuug über den Etat. Aber nur der Anschein. Während der früheren verneinenden Abstimmung die Er­klärung beigefügt wurde, daß die Fraktion zur Regierung kein Vertrauen habe, sei eine solche Mißtraueu-erkläruug die-mal unterblieben. Aber e- sei auch keine Vertrauen-» erklärung abgegeben worden. Die Meinungen darüber, ob die Schlußabstimmnug als Politische- Demonstrationsmittel dienen solle, seien in der Fraktion geteilt. Auch diejenigen, die die erste Frage verneinten, seien bereit gewesen, aus Parteitaktischeu Gründen für diesmal gegen den Etat zu