Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich.

Bezugspreis: In der Stadt incl. Trägerlohn Mk. l.25 viertel­jährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarorts­verkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.

Anzeigenpreis: Im Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Psg., außerhalb desselben 12 Pfg., Re­klamen 25 Pfg.

Schluß für die Inseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.

Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.

74.

Donnerstag» den 28. März 1912.

87. Jahrgang.

Amtliche Bekanntmachungen.

Bekanntmachung.

Die Einfuhr von Schlachtvieh in den Schlachthof in Pforzheim darf nur erfolgen:

1) mit tierärztlichem Gesundheitszeugnis für das betr. Meh,

2) mit einer Bescheinigung des Schulth.-Amts vom Einsuhrtage oder einem Tage zuvor, daß die Herkunstsgemeinde seuchenfrei ist.

Besondere Erlaubnis des gr. Bezirksamtes ist nicht mehr erforderlich.

Calw, 27. März 1912.

K. Oberamt:

Amtmann Rippmann.

Deutsches Reich.

Berlin, 27. März 1912.

Aus dem Reichstag.

Am Bundesratstisch Staatssekretär Krätke. Präsi­dent Dr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 1.20 Ilhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst der Handels­und Schiffahrtsvertrag mit Bulgarien. Der Vertrag wird in erster Lesung und sogleich in zweiter Lesung ohne Debatte angenommen. Es folgt die zweite Lesung des Notetats.

Abg. Erzberger (Zentr.) berichtet über die Ver­handlungen der Kommission und empfiehlt die Annahme der Vorlage. Die Vorlage wird ohne Debatte in der Kommissionsfassung angenommen. Alsdann setzt das Haus die Beratung des Postetats fort. Werner (W. V.): Die Krankenversicherungspflicht für die Post­bediensteten und -Beamten muß ausgedehnt werden. Wendel (Soz.): Wir haben seit 40 Jahren zwar ein einiges Reich auf wirtschaftlichem Gebiet, auf postali­schem Gebiet aber nicht. Dadurch entstehen erhebliche Schwierigkeiten und Unannehmlichkeiten. Wie in Eng­land sollte bei uns die Telephonnummer als Tele­grammadresse gelten. Wenn der Staatssekretär alle sozialdemokratischen Wähler aus seinem Ressort aus­merzen wollte, so dürften recht erhebliche Leitungs­störungen eintreten. (Heiterkeit.) Oertel (Kons.): Wenn der Staatssekretär in seinem Betriebe keinen Sozialdemokraten duldet, so handelt er nur pflichtgemäß. Er wird dabei die Zustimmung meiner politischen Freunde und der großen Mehrheit dieses Hauses finden. Im einzelnen wünschen wir Besserung in den Bestell­verhältnissen auf dem Lande und Portofreiheit für Soldatenpakete. Staatssekretär Krätke: Für die Landbestellung ist die Vedürfnisfrage ausschlaggebend. Die Fernsprechgebührenordnung kann ich nicht in Aus­sicht stellen. Mit Soldatensendungen wurde viel Unfug getrieben. Die jetzigen Portosätze sind sehr niedrig. List-Eßlingen (Natl.): Einzelnen Beamtenkategorien muß aufgebessert werden. Unsere Resolution auf Ein­rechnung der Dienstzeit der Arbeiter und Handwerker bei späterer Beamtentätigkeit sowie die Resolution auf Erweiterung des Erholungsurlaubs für Post- und Tele- graphenbcamte bitten wir anzunehmen. Hubrich (F. V.): Die Sparsamkeit unserer Postverwaltung darf nicht übertrieben oder an der verkehrten Stelle ausgeübt werden, v. Czarlinski (Pole): Wir müssen unseren Antrag auf Streichung der Ostmarkenzulage aufrecht erhalten. Sie fördert Charakterlosigkeit und steht aus nach Denunziantentum. Präsident Dr. Kämpf ruft den Redner wegen letzterer Aeußerung zur Ordnung. Hierauf wird ein Antrag auf Schluß der Debatte an­genommen und der Gehalt des Staatssekretärs bewilligt. Donnerstag Fortsetzung.

Schluß 7^, Uhr.

Stadt und Bezirk.

Calw, 27. März 1912.

Vom Rathaus.

Oeffentliche Sitzung des Eemeinderats mit Bürger­ausschuß unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß Conz am Mittwoch nachmittag von 4 Uhr ab.

Gegen 1^5 Uhr eröffnet der Vorsitzende die Sitzung. Es steht zunächst zur Vorberatung der Etat des Stadtbauamts Hochbauamt. Der Voran­schlag des Stadtbauamtes ist bedingt in der Hauptsache durch Umarbeitung von Wegen und Zugängen zum Krankenhaus usw. und wird deshalb höher als üblich.

Für die einzelnen Etatposten sind vorgesehen: Nathaus- gebäude 050 Mark; Turnhalle (Fenstervergitterung) 250 Mark (175 Mark im Vorjahr); ehemalige Kanne 400 Mark (350 M. Vj.); Wanderarbeitsstätte 200 Mk. (100 Mk. Vj.); Kleinkinderschule wieder 200 Mk.; Wohnhaus im Mühlegärtle 100 Mk.; früher Schalsches Haus 300 Mk.; Calwer Hof 150 Mk.; die übrigen im Besitz der Stadt befindlichen Gebäude, 44 an der Zahl, zusammen 1800 Mk., sodaß für diese Zwecke vorange­schlagen sind insgesamt 4050 Mk. (3050 Mk. im Vorj.). Das Mädchenschulgebäude in der Badgasse ist eingesetzt mit 700 Mk. (700 Mk. Vj.). das Volksschul­gebäude für Knaben in der Salzgasse 200 Mk., das Realprogymnasium-Hauptgebäude mit 450 Mk.; zusam­men 1350 Akk.; für das Stiftungsgebäude Eeorgenäum 400 Mk. Der Voranschlag für den Hochbau lautet auf insgesamt 5800 Mk. Der Voranschlag für die Tief­bauarbeiten lautet bei: Laufende Straßenunter- haltungskosten 2930 Mk. Pflasterarbeiten: 2. Rate für die Fortsetzung der Granitpflasterungen wieder 2000 Mk. Für die Kurvenpflasterung bei der Straßenbiegung am Konditor Kostenbaderschen Hause zum Marktplatz 1400 Mark, für Pflasterung am oberen Marktplatz 1300 Mk. Allgemeine Ausbesserungen, einschließlich der Reststrecke bei der Metzgergaffe sind eingesetzt mit 1200 Mk. Der Etat für Pflasterarbeiten lautet auf 5900 Mk. (5100 Mk. Vj.). Unterhaltung der Brücken und Stege 350 Mk. laufende Ausgaben, Unterhaltung von Ufern und Stütz­mauern, Straßengeländern und Schranken 500 Mk. Unterhaltung von Dohlen 3100 Mk. (Vj. 3850 Mk.). Gräben und Dohlen von Staatsstraßen 150 Mk., Eeh- weganlage, Ausbesserung und laufende Unterhaltung 800 Mk. Als dritte Rate für Verbesserung des Geh­weges in der äußeren Bahnhofstratze sind eingestellt 1500 Mk.; als zweite Rate für den Walkmühlenweg 2000 Mk. 2500 Mk. fordert der Voranschlag für den Zufayrtsweg zum Krankenhaus an der neuen Stutt­garter Straße; 1100 Mk. für die Ersatzstraße der ein­geworfenen alten Sausteige. Im Zusammenhang damit stehen die 700 Mk. für Abhub der Steigung an der Hengstetter Steige. Für die Fortsetzung des Weges vom Krankenhausareal hinaus bis an den bisherigen hohen Felsenaufgang werden gefordert 300 Mk., 8500 Mk. zur Verbesserung des Jnselwegs bis zum Schönlenschen Grundstück und 900 Mk. zum gleichen Zweck für den Fußweg nach Hirsau. Der Tiefbauvoranschlag lautet auf 30 380 Mk.; das gleicht einer Summe von 36180 Ml. zusammen mit dem Hochbauetat 1911: 33 000 Mark. Der Vorsitzende bemerkt, daß sich beim Voran­schlag Positionen befinden, die in der Hauptsache schon von den Kollegien in laufenden Beratungen festgelegt sind. Insbesondere sei es die Gehaltsregulierung der Lehrer und Lehrerinnen, die darin zum Ausdruck komme, daß 10 000 Mark auf der Gemeinde lasten, von denen sie nichts zu- und nichts abtun könne. Dadurch stehe man im Rahmen des Voranschlags schon ohne alles andere an der Grenze von 9A, auch ohne die paar tausend Mark, mit denen der Tiefbauetat überschritten werde. Der Amtsschaden bleibe sich Heuer gleich. Wir müßten froh sein, daß wir uns in den letzten Jahren mit 7>4^ durchgerungen hätten. Herunter gehe die Umlage nicht; für nächstes Jahr komme die Verzinsung des Krankenhauses bei der Amtskörperschaft und bei der Stadt die des Volksschulgebäudes in Sicht. Von den einzelnen Kollegialmitgliedern werden bei den ver­schiedenen Positionen Wünsche über Straßenausbesse­rung, Kostenregulierung usw. laut, die in der Haupt­sache Berücksichtigung zugesagt erhalten. Zum Teil erregt gestaltet sich die Besprechung über den Abschluß eines Vertrags betr. den Weg, der von der alten zur neuen Stuttgarter Straße führt, mit Kaminfegermeister Eisenhardt. Es handelt sich um Zaunversetzungen und Baumentschädigungen durch die Stadt an diesen Herrn. Einem Antrag des E.-R. Hippe lein zu­folge wurde dieser Fall sofort zur Erledigung gebracht, indem die zugunsten der Stadt noch geänderten Be­dingungen genehmigt wurden. Der Vertrag wurde mit Herrn Eisenhardt, der aufs Rathaus bestellt wurde, sofort abgeschlossen. Die Unterbeamten der Stadt und die Arbeiter des Gaswerks haben je eine Lohn­aufbesserungseingabe eingereicht. Die Arbei­ter begründen ihre Eingabe zunächst mit dem Hinweis darauf, daß seit 1907 keine Lohnaufbesserungen mehr eingetreten seien und inzwischen die Lebensmittel sich verteuert hätten; sie seien fowieso anderen städtischen Arbeitern gegenüber im Gehalt zurück. Schließlich

möchten sie wieder, wie früher, statt Stundenlohn einen festen Jahresgehalt. Die bisherigen Sätze waren: 40 Pfg., 36 Psg. und 34 Pfg. pro Stunde. Zum Be­schluß erhoben wird: Aufgebessert wird auf 45 Pfg., 40 Pfg., 38 Pfg. und 42 Pfg. Bezüglich der Kranken­versicherung soll der gesetzlichen Bestimmung Genüge getan werden. Dadurch hört nun die bei einzelnen Eesuchstellern bisher geübte Lohnbezahlung bis 26 Wochen Krankheitsdauer auf. Unter den Kollegien war eine wohlwollende Stimmung zugunsten der Eesuchsteller festzustellen. Eine ähnliche Eingabe liegt vor von den städtischen Unterbeamten, Schutzleuten und Amtsdiener. Bisher lagen die Verhältnisse so, daß der Anfangsgehalt 1000 Mark betrug, steigend alle 2 Jahre um 50 Mark bis zum Höchstgehalt von 1300 Mark und 30 Mark Stiefelgeld. Die Amtsdiener stellen sich auf 1540 Mark und 1320 Mark, der Wachtmeister auf 1805 Mark, einschließlich Naturalien. In verschiede­nen Städten des Landes hat eine Neuregelung der Ge­hälter der Polizeiorgane stattgefunden. In Kirchheim z. B. bezieht der Wachtmeister 1500/1900 Mark und Wohnung, Licht und Heizung frei nebst Stiefelgeld, ein Schutzmann 12001500 Mark nebst Stiefelgeld. Stadt- schultheiß Conz befürwortet eine Aufbesserung warm. Die Schutzleute haben namentlich durch ihre Nachtdienste besondere Auslagen. Amtsdiener Schüttle beschäftigt für sein Gehalt seine Frau und Samstags eine Putzfrau mit. Das Kollegium ist gleichfalls der Auffassung, daß dieaufbessernde" Hand hier angelegt werden muß. Stadtschultheiß Conz: Mit zwei Ausnahmen habe er eine durchgehende Aufbesserung von 200 Mark (gleich 1200 Mark Anfangs- und 1500 Mark Endgehalt) vor­geschlagen gehabt unter Belastung der seitherigen Vor­rückungsfrist. In der Kommiffionsberatung sei Neigung vorhanden gewesen, um durchweg 150 Mark aufzubes­sern. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit kam folgender Beschluß zustande: Der Grund- und Endgehalt bei Wachtmeister, Schutzleuten und Amtsdiener wird künftig um 200 Mark erhöht. Bei der seitherigen Vorrückungs­frist bleibt es, auch bei den Nebenbezügen (Stiefelgeld usf.). Die Aufbesterung versteht sich ab 1. April 1912. Die Stiftungspflege schließt ihren Voran­schlag von 1912 mit 4897 Mk. Einnahmen und 4682 Mk. Ausgaben. Vermögen ist vorhanden 95 270.61 Mk., im Vorjahr 94 620.36 Mk. Die Restmittel werden ver­wendet zur Einrichtung des neuen Armenhauses. E.-R. E. Wagner fragt, ob der Kleinkinderschule nicht etwas mehr aus dieser Stiftung zugeschlagen werden könne. Die Anfrage beantwortete Stadtpfleger Dreher da­hin, daß dieser Zuschuß sich seit den letzten Jahren be­deutend vergrößert habe. Genehmigt werden auch noch die Voranschläge der Kaplan Braunschen Stiftung und der städt. Leihkaste. Der Bürgerausschuß genehmigt nachträglich die Wiederwahl Herrn Bühners zum Stif­tungspfleger. Daran schloß sich eine Vorbesprechung für die am Donnerstag stattfindende Amtsversammlung, sodaß die Sitzung erst nach 414 ständiger Dauer beendet war.

Der hiesigen Ortsgruppe der Deutschen Friedens­gesellschaft ist es gelungen, Fräulein Mathilde Planck aus Stuttgart für kommenden Sonntag zu einem Vortrag überVölkerfrieden und Frauen­bewegung" zu gewinnen. Als Vorsitzende des Ver­bands württembergischer Frauenvereine und des württ. Lehrerinnenverbandes ist Fräulein Planck in weiten Kreisen bekannt und genießt den Ruf einer guten Rednerin. Im Laufe des Abends wird auch Herr Pfarrer Wagner von Neuhengstett eine An­sprache halten, sodaß man auch diesen hier sehr ge­schätzten Redner und sympathischen Vertreter der Friedensidee wieder einmal zu hören Gelegenheit haben wird. Es möge sich daher ein zahlreiches Publikum nicht bloß aus der Frauenwelt, sondern auch aus der Männerwelt einfinden. Besonders an die Politiker unter ihnen ergeht dieser Ruf! Näheres im Anzeigenteil. (Einges.)

sob. Mutmaßliches Wetter. Der Ausläufer des bekannten Azorenmaximums, der uns einige milde Frühlingstage brachte, hat, wie fast jeder aus dem Atlantischen Ozean kommende Hochdruck, nicht lange vorgehalten. Der Luftwirbel über Island ist mit seinem Drehpunkt nach Skandinavien gezogen und