MUMsPWcher «* U.

Erscheint Dienstag, Nrmrerst., SamStag «rrd Sonntag «tt der »öch. Beilage e-Der SsvntagS-

BestellpreiS fär das Vierteljahr i« Bezirk

G. KachSsrortSsrrkehr Mk. 1.18,

«KerhalL Mk. 1L5-

u

e

(ÄttenSteiaFtLüt

MMblatt für

KNzeizeLllltt fSr WirrchMeiler.

Begründer

1877 .

Einrückung? - Gebühr bei einmaliger Ein­rückung 10 Pfg. die einspaltige Zelle oder deren Raum; bei Mederholungen entsprechender Rabatt.

Für Anzeigen mit Auskunstsertellung oderOffertenannahme werden dem Auftrag­geber 20 Pfg. berechnet

Hlr. 64,

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt Lei den K. Postämtern und Postboten.

Dienstag, den 33. April'

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

1907.

Unsre Kolonien.

(Nachdruck verboten.)

Nachdem tu unsrer südwestafrikavischen Kolonie der Aufstand so weit erstickt ist, daß die Ansiedler uad Farmer mit dem Wiederaufbau ihrer Wirtschaften und der Wieder­aufnahme ihrer landwirtschaftlichen Betriebe beginnen können, ist der Augenblick gekommen, mit der Verwirklichung det großzügigen Programms unsres KolonialdirektorS und dem- «ächstigen Staatssekretärs des ReichSkolonialamts auf der ganzen Linie kraftvoll «inzusetzeu. Mancherlei Vorbeding­ungen für eine auSfichtsvolle Durchführung dieses Pro­gramm- find bereits mit der Auflösung alter und dem Ab­schluß neuer LieferungSverträge erfüllt worden. Es ist auch alle erdenkliche Vorsorge gegen eine Wiederholung von Vor­gängen geschaffen worden, wie im Verlauf unsrer bis­herigen Kolomalgeschichte diejenigen waren, die mau in etwas übertriebener Weise als Kolouialskcmdale bezeichnet und von der Reichstagsrribüue herab nicht scharf genug verurteilen konnte. Wenn es auch riL tig ist, daß in anderen Ländern weit schwerere und zahlreichere Ausschreitungen von Kolouialbeamteu vorgekomme» sind als brr uns, so wollen wir mit dieser Tatsache unsre kolonialen Sünden durchaus nicht entschuldigen. Aber die Behörde hat für eine gerechte Bestrafung der Sünder und gleichzeitig auch dafür Sorge getragen, daß in Zukunft alles in vollkommen- strr Ordnung vor sich gehen wird. Wo hier und da etwa doch noch Mängel der Einrichtungen oder der Beamteu- Eigevschafteu vorhanden sein sollte«, da wird daS scharfe Auge Dernbnrgs, der auf seiner bevorstehenden Inspektions­reise durch die afrikanischen Schutzgebiete gründlich Umschau halten will, die Blößen entdecke». Und daß der Staats­sekretär, als solcher wird Herr Deruburg ja die Kolonien bereisen, überall da, wo eS etwa noch notwendig sein sollte, Abhilfe schaffen wird, dafür bürgt seine bekannte Energie und Rücksichtslosigkeit.

Die Grundlagen find also gegeben, auf denen die wirtschaftliche Erschließung unsrer Schutzgebiete in der wünschenswerten Weise erfolgen kann. Aber der Kolonial­direktor hat auch schon einen weiteren Schritt getan und die Waffen geschmiedet, die in dem mühevollen Kampfe um die Ausnutzung der gewaltigen Länderstreckeu in Deutsch- Afrika unerläßlich find. Er hat das Privatkapital in an­sehnlichem Umfange für die Beteiligung an kolonialen Unternehmungen gewonnen und zunächst einen rationellen Baumwollbau im Großen gesichert. Da außer der Baum- wollerzrugung bekanntlich noch die nutzbringende Gewinn­ung anderer Rohmaterialien in Frage kommt, so find der ErwerbStätigkeit in unseren Schutzgebieten weite Ziele ge­

steckt. Freilich bleibt es noch abzuwarten, ob alle Blüten- tränme zur Frucht reifen werden, und niemand hat ein­dringlicher als der Kolouialdirektor vor Uebereilnugeu und überschwänglichen Erwartungen gewarnt. Andrerseits aber liegt auch kein Grund vor, eS au dem Mat und der Zu­versicht fehlen zu lassen, ohne die keine Unternehmung größeren StilrS möglich ist, Es ist auch selbstverständlich, daß diejenigen Industriellen, die sich an der wirtschaftlichen Erschließung unserer Schutzgebiete beteiligen, zunächst nur mit verhältnismäßig kleinen Anlagen eivspriugru. Bei zahlreicher Beteiligung werden daun doch Kapitalien zu- sammeukommeo, mit denen auch ein großer Wurf zu unter­nehmen ist.

Daß Deutschland alle Ursache hat, sich für den Be- zug seiner Rohprodukte vom Auslande möglichst unabhängig za machen, dafür sprechen die Tatsachen. Mit England, das jetzt dabei ist, zum wirtschaftlichen Nachteil aller anderen Nationen mit seinen Kolonien in ein engeres ZollverhältniS zu treten, hat Deutschland einen festen Handelsvertrag nicht abschließen können, sondern lebt sozusagen von der Hand in den Mund durch die Verlängerung eines Handelkprovi- sorinms zum andern. Wie mit England liegen die Dinge s auch mit Spanien nud vor allem mit Len Bereinigten Staaten von, Nordamerika. Die Situation würde sich in z dem Augenblicke verändern, in dem sich daS Ausland über­zeugen müßte, daß Deutschland für die Gewinnung seiner Rohprodukte keines dritte« bevötigt, sonder« seine« Bedarf iu seiueu eigenen Kolonie« decken kann. Je schärfer sich der wirtschaftliche Wettbewerb der Böller gestaltet, um so unentbehrlicher find wirtschaftliche Selbständigkeit und Un­abhängigkeit. Deutschland muß daher aufs ernsteste bemüht sein, and darf zu diesem Zwecke auch vor finanziellen Opfern nicht zurückichrecktv, seine Kolonien zu einem Ersatz für fremdländische Bezugsquelle« auszngestalteu. Sind die Bedingungen iu unseren Schutzgebieten nicht so günstige, wie man eS wünschen möchte, so find sie doch auch keines­wegs so ungünstige, daß sich ein Versuch mit große« Mit­teln unter Einsetzung aller Kraft nicht lohnte. Ohne Ein- ^ läge uud Risiko gibt eS nirgends eine» kaufmännische Gewinn.

Kein Wanderer mehr auf den Bettel angewiesen!

! DieDeukschrist über die Einführung von s Wanderarbeitsstätteu iu Württemberg, die j dem Präsidium des Ständischen Ausschusses des Landtags ! zugegaugeu ist, hebt einleitend das Bedürfnis hervor, daS zur Schaffung vou Fürsorgeeinrichtuugeu

.für mittellose Wanderer vorhanden ist. Ueber s die Belästigung desPnblikumS durchStromer werde immer noch viel geklagt und insbesondere sei es daS Platte Land, das unter der Belästigung durch arbeitslos umherzieheude ans die Mildtätigkeit der Landbewohner rechnende mittellose Reisende zu leiden hat. Unter diesen Wanderern sei zu unterscheiden zwischen solchen, die ohne Berschulden infolge Arbeitslosigkeit auf die Landstraße ge­kommen nud auf der Wanderschaft eine neue Arbeitsstelle sich suchen wollen uud solchen Leuten, die ans Arbeitsscheu und auS Freude au der Ungebnudenheit ihr Leben auf der Landstraße zubringeu. Besteht keine geordnete Wanderer- fürsorge, führt die Denkschrift weiter auS, so ist diese Unter­scheidung für die Behörden oft sehr schwierig. Sollen die rein polizeilichen Maßnahmen gegen den überaus lästigen und gefährlichen Waudrrbettel mit aller Schärfe zur An­wendung gebracht werden, so sollte die Polizeibehörde andererseits iu der Lage sein, daraufhiuzuweisea, daß kein Wanderer auf den Bettel angewiesen ist. Diese Erwägung weist auf daS Bedürfnis nach einem gleich­mäßig über das ganze Land verbreiteten Netz von Ber- pfirgungsstationen für mittellose Wanderer oder von Wanderarbeitsstätteu hin, die eine höhere Entwicklungs­stufe der Berpfleguugsstatiouen darstelleu. Iu der Denk- > schrift werden sodann die bisherigen hier in Frage kommen­den Einrichtungen iu Württemberg aufgrzählt, ferner wird ! ans verschiedene Verbesserungen der Waudererfürsorge hin- gewieseo, wie sie im Laufe der Zeit durchgrfkhrt worden find und sodann dargelegt, daß die Wanderarbeitsstätteu sich vornehmlich auch mit der Vermittlung von Arbeits­gelegenheit für ihre Gäste zu befassen haben werden. Uad zwar haben sie namentlich für Arbeitsgelegenheit in den Orten Sorge zu tragen, in denen öffentliche Arbeitsnachweise bis jetzt nicht bestehen. Dadurch könne dem Lau dwirt und dem Gewerbetreibenden ans dem Laude die Gewinnung von Arbeits­kräften aus der Schar der Wanderer er­leichtert werden. Des weiteren schildert die Denkschrift das Verhältnis der Wanderarbeitsstätteu zu den Arbeiter­kolonien und die Verteilung der Wanderarbeitsstätteu im Laude. Für unsere württ. Verhältnisse erscheine ein eng- z maschiges Netz von Wanderarbeitsstätteu zweckmäßig and j zwar würden etwa 60 Stationen errichtet werden müssen,

! die sich den Hauptverkehrsstraßen entlang verteilen würden, i Die Einrichtungen für die Wanderarbeitsstätteu müßten iu j den bescheidensten Grenzen gehalten werden, damit nicht die j Kosten von vornherein zu hoch werden und abschrecken. Als Arbeiten kommen hauptsächlich iu Betracht: Holz-

Mächtig.

Bon HauS Wald.

(Fortsetzung.)

Der Dampfer war etwa noch eine halbe Stunde vou Sau Remo entfernt, die Käste zeigte eine reichere Belebt­heit, die malerischen Dörfer folgten einander in schnellem Wechsel der äußeren Szenerie. Sau Remo, wo Kaiser Friedrich vor seiner kurzen Regierung den Wmter vou 1887 auf 1888 verlebt hatte uud heute eine Devktafel an der einstigen Billa Zirto den damaligen Wohvfitz des edlen Herrn bezeichnet, stieg schon lange vor der Ankunft auS den Meere! fluten die A höhen hinan, und die Ferngläser richteten sich vom Schiffrverdeck eifrig nach den einzelnen iu den Reisehandbüchern besonders namhaft gemachten Gebäuden.

So hatten sich die allermeisten Dampfer-Passagiere auf der nach der Küste zageweudrtru Sette des Fahr­zeug- versammelt; die au Bord anwesenden Kruder tummelten sich dazwischen herum, und so war der Verkehr ziemlich eingeschränkt uud behindert. Immer interessanter wurde das bunte Bild vou Landschaft und See, denn jetzt kamen auch zahlreiche Kähne auf den Welle» mit leichtem Winde herangesiogeu, die teils Fahrgäste au Bord bringen wollten zur Weiterfahrt nach Monte Carlo und N zza oder am Dampfer diejenigen Fremden erwartete», deren Reiseziel Sau Remo war. Unter den Neugierigen, die gespannt das farbenreiche Gemälde musterten, die der kleine Hafen vou Sau Remo, dem man nun nahe war, bot, befunden sich auch Agnes Berkhanseu und ihr MaLn, unsere Hamburger Freunde, während drüben auf einer Baok am Sch ffSraud der Baron von Rotteutal lehnte, als ob ihn die ganze Station San Remo überhaupt nicht weiter iotrresfiere.

Jetzt kam aus dem Ranchs-lov, wo sie so lange bei der Zeituugslektüre verweilt, die Gräfin Balrrta Orbavskh

auS Warschau. Sie blickte durch ihr Lorgnon nach dem einsamen eleganten Herrn und schien erst Last zu haben, eiu neues Gespräch mit ihm aozukaüpfeu. Daun besann fie sich aber und schickte ihm nur eiu Lächeln zu. Der Baron grüßte mit heiterer Miene wieder, die Gereiztheit, unter der seine Stimmung vorhin gelitten hatte, schien ganz verschwunden.

Jetzt lag der Dampfer fest vor Anker. Die Treppe ward vou kräftigen Matrosenfänsteu an den haltenden Seile« hinabgelassen und legte sich auf den Wasserspiegel. DaS erste Boot ans Sau Remo legte sich qaer vor die Treppe, um die anssteigruden Passagiere aufzunehmeo, während zugleich vou oben her verschiedene Gepäckstücke herabgelassen wurden. Hier, ein gut Stück vom Ufer ent­fernt, wo kein naher Damm daS Tanzen der Wellen hemmte, schaukelten die kleinen Fahrzeuge doch eiu ganz Teil stärker wie am Morgen bei der Abfahrt auS Genua, uud die ängstlichen and unbeholfenen Bewegungen der den Dampfer verlassenden Personen machte» es nur noch schlimmer.

»Nur ruhig, nur ruhig I' mahuteu die Matrosen vom Dampfer, die den AuSßeigeuden dir Hand boteu, damit fie einen Stützpunkt bis zum Niederfitzrn behielten. Doch das Lachen der oben Zaschauendru irritierte die Leutchen iu den Booten vielleicht noch mehr, wie das Schaukeln; böse war es ja nicht gemeint, immerhin ist eS nicht jedem angenehm, wenn seine Bemühuugru. im schwankenden Nachm recht stramm oder elegant dazusteheu, etwas komisch ausfalleu und dann noch belacht zu sehen, und so gab es allerlei Schelten und Rmsoaviereu. Eia ziemlich korpulentes Ehepaar, daS znm Uebeifluß noch über eine Sitzbank ge­stolpert war und bei Haares-Breite daS Boot zum Umschlagen wirklich gebracht hätte, kouute seiner mit Augst gemlschteu Entrüstung ganz besonders nicht genug tu»; es drohte mit Beschwerden und Entschädigung!klagen wegen auSgr-

staudeueu Schreckens, der für alle künftige Lebenszeit ihnen auf die Nerven gefallen wäre, uud sein Protestieren ver­stummte erst, als die Echiffsleute sich in die Räder legten uud der> e zufnhrrv.

Der Zwischenfall hatte auch die letzten Fahrgäste, die auf der anderen Seite des Dampfers geblieben waren, der zur See hinab führenden Treppe näher gebracht, sogar die Kellner, die doch an solche Szenen gewöhnt waren, schauten lachend herüber. In diesem Augenblick verließ der Baron vou Rottental, der bis dahin ruhig ans seiner Baok gesessen hatte, seinen Platz und eilte zum Epeisrsaale deS Dampfers herunter und dann an demselben vorüber zum Gcpäckranm. Dort war das Heraussuchru der für Sau Remo bestimmten Koffer uud Taschen längst beendet, und die dort stationierten Matrosen waren jetzt draußen be­schäftigt, die den neu hmzukommrudrn Passagieren ge­hörende Bagage ans den Booten hrraufzuholen. Der Baron schaute sich forschend um. Endlich erblickte er einen dienstbaren Mann und rief ihm zn, er habe sich besonnen, er wolle hier iu San Remo die Fahrt unterbrechen. .Schnell, schnell/ kommandierte er ; .auf eiu gutes Trink- geld soll es nicht aukommen, sonst bleibe ich fitzen.'

.ES ist nicht so ängstlich, mein Herr!" erwiderte der Matrose, .aber ich will schon dafür sorgen, daß Eie schnell in einen Kahn kommen. Bitte um den Gepäckschein.'

Baron von Rottental reichte ihm das rote Stück Papier hin und wartete scheinbar gleichgiltig, bis jener den ziemlich schweren Koffer ausfiadig gemacht hatte. Dabei waren seine Äugen iu heißer Begier auf einen mittelgroßen mit Messing beschlagenen schwarzledernen Handkoffer ge­richtet, der vorn an dem Eingang zum Gepäckraum stand. Er trug keine Nummer uud war wohl vou einem Passagier nachträglich hier gegen rin Trinkgeld abgegeben, um ihn bei Erlangung deS Reiseziels schnell zur Hand zn haben. Nochmals schaute sich der Baron scharf um. Niemand