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gewannen im ersten Wahlgange 7 und stehen 15 Mal in Stichwahl.

Wie groß die StegeSfreude der nationalen Parteien ist, daS bewies der Zug von Tausenden in Berlin, der sich, als das Wahlresultat einigermaßen bekannt geworden war, nach Mitternacht vor das Palais des Reichskanzlers begab und dem Fürsten stürmische Huldigungen darbrachte. Trotz der nächtlichen Stunde erschien der Reichskanzler Md richtete vom geöffnete» Fenster aus herzliche Worte des DaukeS für die Bekundung deS nationale« Empfindens an die Versammelten. Auch zum Kaiserschlosse zog eine Schar begeisterter Vaterlaudsfreuude, wurde jedoch von der strengen Polizei zerstreut, dafür erhielt daS kronprinzliche Paar um

Mitternacht eine stürmische Ovatiou, für die es herzlich dankte.

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Preßstimmeu zur Reichstagswahl: Vor­weg eiu Wort deS Königs von Sachsen au den Staats- minister Grafen Hohenthal: .Ich kann nicht umhin, Ihnen gegenüber meine aufrichtige Freude zum Ausdruck za bringen über die hohe Genugtuung, die ich über das Ergebnis des gestrigen Tages empfinde. Es lebt noch die alte Sachsen- treue. Hoffentlich ist das eine neue gute Vorbedeutung für die Zukunft.

Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Die erste Entscheidung ist gefallen. DaS.Volksgericht-, von dem der.Vorwärts- sprach, hat gegen die Sozialdemokratie entschieden. Die Deutschen haben bewiesen, daß sie sich ihre nationale Ehre, die Entwicklung ihrer nationalen Macht, dir Zukunft des Reiches nicht verkümmern lasse». Der Bann, als ob das Borwärtsschreiteu der Sozialdemokratie unaufhaltsam sei, ist endlich gebrochen. Der Erfolg der Hauptwahl ruft zu verdoppelter Arbeit bei den Stichwahlen. Es gilt, nach , innen und außen zu beweisen, daß daS deutsche Volk, wenn > nationale Fragen auf dem Spiele stehen, alles uiedrrtritt, was der Nation im Wege steht. Die Stichwahlen müssen vollenden, was die Hauptwahlen begonnen haben. Dann erst wird daS Ziel der Wahl erreicht, die Forderung des TageS, von der Fürst Bülow sprach, erfüllt sein: ein Reichstag, dessen Mehrheit iu allen großen Fragen der Nation ihre Pflicht tut.

Die Konservative Kreuzztg. bezeichnet das Wahlergebnis als im allgemeinen durchaus erfreulich. Die Mehrheit des 13. Dezember wird in eine Minderheit verwandelt. Die Hauptlasten dieses Umschwungs har die Sozialdemokratie zu tragen, die etwa 2 Dutzend Mandate einbüßt. Die Ein­buße könnte noch viel erheblicher sein, wenn dir bürgerlichen Parteien bei den Stichwahlen fest znsammeustehev und gegen die sozialdemokratischen Kandidaten Manu für Manu auf- bringen möchten. *

Der süddeutsche Bolksparteiler Friedrich Hauß- mavn erklärte dem Stuttgarter Berichterstatter des Ber­liner Tageblatts unter anderem folgendes :DaS Zentrum hat keines materiellen, aber moralischen Schaden erlitten. Sein Vorgehen im zehnten Wahlkreiszu Gunsten der Sozialdemokratie vermochte die Volkspartei doch nicht niedrrzuwerfe». Es demaskiert die antisozialistische Ent­rüstung des Zentrums. Ein starker Zug nach link» inner halb der bürgcrli chen Parteien ist un­verkennbar. Die junge Generation hat den Wahl­sieg erfochten. Dir Idee der liberalen Einigung

bewährte ihre werbende Kraft.

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Die Franks. Ztg. schreibt: Politisch bedeutet das Wahlergebnis mehr, als sich in der ziffernmäßigen Zu­sammensetzung des neue» Reichstags ausvrückt. Wir haben in den letzten Tagen vor der Wahl geschrieben, daß die politische Hauptfrage, über die diese entscheiden werde, darin bestehe, ob der Stegeszug den die Sozialdemo­kratie iu den letzten Dezennien zurückgelegt hat, unauf­

haltsam sei, »b er zum Stillstand gekommen oder ob gar die Macht dieser Partei im Rückgang sei. Dir Antwort ist gegeben und kann durch die Stichwahlen nicht mehr geändert werden. Die Sozialdemokratie, die alle andern Parteien als eine reaktionäre Masse rücksichtslos behandeln za könne» glaubte, hat eine schwere, eine vielfache über­raschende Niederlage erlitte», der Glaube au ihre Uu- befiegbarkeit iu den große« Städten und Industriezentren ist gebrochen. Es hat sich gezeigt, daß die bürgerlichen Parteien durch Zusammenhalte» und regere Beteiligung schon dauernd verlorru geglaubtes Terrain wiedergewiunen können. Boa rechts und link- bekommt die Sozialdemo­kratie jetzt za hören, auch vou solchen, die ste als BundeS- geoosstn im Kampf gegen die Reaktion schätzen, daß ihr Uebermut, ihre rücksichtslose Taktik, ihr Größenwahn, ihre brutale Sprache die Ursache ihres Rückganges geworden ist, und intime Kenner versichern, daß die Unzufriedenheit iu der Partei selbst zu ihrem Rückgänge mit beiträgt. Dir eine Tatsache, daß der Nimbus von der sieghafte» Macht der Sozialdemokratie gebrochen ist, bedeutet auf die Dauer politisch mehr als Sie jetzigen Mandatsgrwinue. Dir bürgerlichen Parteien der Linken sind vou dem Alp­druck deS Pessimismus frei geworden, und das wird fruchtbar wirken in den nächsten Wahlen. Sie habe» gesehen, daß sie »och etwas können und wer­den maoche vernachlässigte Organisation wiederherstelles. Liberalismus und Freisinn werden an Zuversicht und auch an innerer Festigkeit und Ueberzeugung gewinne». Der Keim zum Zusammenschluß, zu selbstbewußterer Be­tätigung hat neue Nahrung erhalten Wir sind überzeugt, daß sich das in der Haltung der Parteien der bürgerlichen Ltvken im Reichstage ausdrücke» wird und wir find auch überzeugt, daß die Politik der Regierung, mag auch ihr Kampfruf gegen das Zentrum zunächst auf den Bestand dieser Partei ohne Einfluß geblieben sein, oaS alte Ver­hältnis zu dieser maßgevendeu Partei nicht mehr wie früher ! Herstellen wird und kann. Denn darüber wird sich der i Reichskanzler nicht täuschen, der Aufschwung, den unser ! politische- Leben durch und bei diesen Wahlen genommen ! hat, der rührt vom Kampfruf gegen das Zentrum her, und i wenn rS auch seine Sitze noch behauptet, so hat rs doch ^ merken müsse», wie mancher von diesen bei einem neuen i

ernsten Ansturm ernstlich bedroht sein werde. !

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DieNattoualzeitung* verzeichnet mit Be­friedigung:6 Mandate brachten die National- liberalen 1903 im ersten Wahlgang heim. Zar Zeit find schon 16 Sitze festgestellt und daraus geht klar her­vor, daß die Partei der Reichsgräudnug ihre

alte Werbekraft nicht verloren hat.-

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Sämtliche Blätter der bürgerlichen Parteien sinh einmütig iu der Auffassung, daß die Kosten des Wahlkampfs die Sozi al- dem okratie zu tragen habe und daß die Nieder­lage eine wohlverdiente sei. Die Stichwahl- aussichtea der Sozialdemokratie gelten

größtenteils als sehr ungünstig.

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Aever das Aerhalteu der Uottzei gegenüöer der Volksmenge, die tu der Nacht nach dem Wahltage iu Berlin dem Reichskanzler und dem Kronpriuzeripaar patrio­tische Huldigungen darbrachte, ist dieTägl. Rnndsch - sehr nngehattrv. Als sich die Scharen zum Kavzlerpalais zurück­begeben wollten, zog die Polizei gegen ste nicht nur blank, sondern ließ sich sogar zu Tätlichkeiten hivreißen. Auch der Marsch der begeisterten Menschenmenge zum krovprinz- licheu PalaiS wurde von der Polizei aufgehalteo. Zu­nächst wollte die Menge zum kaiserlichen Schloß, ihrWriter- marsch wurde aber durch eine Kette vou Schutzleuten au

M L«s«frucht. M

Rie verliere du den Zügel über der Gefühle Macht,

Latz den Zorn d ch nicht bemeistern, sei auf Mäßigung bedacht.

Ist das edle Maß des Willens einmal selbst nicht mehr dein eigen, ! Hast du auch die Macht verloren, andere zu überzeugen.

Das Forsthaus im Teuselsgnmd.

Detektiv-Roman von F. EduardPflüger.

(Fortsetzung.)

Weil die russischen Majestäten iu die Schlaglinie deS Klubs Morgenröte gelangten und weil sie in der­selben Gezeodlebtev, darum find diese Fälle verknüpft worden, sagte Kluge. Daß sie auch von unserer Sette durch di« Person des Herrn DoktorS verknüpft wurden, daS konnten die Anarchisten kaum ahnen.*

Lassen Sie unS hineingehrn, lieber Kluge, Fräulein von Lassmann wartet schon zu lange auf uns.*

Als Rechevbach und Doktor Breitschwrrt die große Wohnstube deS Forsthausrs betraten, erklärte die Försteriv, Fräulein von Laßman» habe einen Brief bekommen und sich sofort auf ihr Zimmer zurückgezogen mit dem Bemerken sie müsse selber noch heute abend viel schreiben nud bitte um Entschuldigung, daß sie ihr Abendbrot ohne die Gesell­schaft der Herren einvehme.

Rechevbach war einigermaßen verstimmt. Er hätte nach dem großen Glück, das ihm widerfahren, Hertha gerne noch einmal gesehen, noch eiu Stündchen mit ihr verplaudert, aber der Wausch riurr Dame muß jedem ga- lauteu Mauu Befehl sei» und so setzte er sich iu ziemlicher Verstimmung au den gedeckten Tisch, und selbst das trefflich znbereitrte Haselhuhn und der champagnerartig moussierende Birneuweiu konnten seine Stimmung nicht verbessern.

Darum zog er sich auch früher als sonst in sein Zimmer zurück und Kluge, der za seiner Sicherheit in

demselben Raum schlief, fand ihn eine Stunde später be° rrits fest entschlummert. i

Es mochte gegen eiu Uhr iu der Nacht sein, als ! Kluge sich im Bett oufsetzte. Ein eigentümliches Geräusch, s i wie von schlürfenden Tritten, war an sein Ohr gedrungen. ! ^ Sofort stand er mit beiden Füßen auf dem weichen Fachs- ! ! fell und lauschte scharf in Sie schweigende Nacht hinaus.

! Es war alles still. Aber der Wachtmeister war nicht der s ; Mann, sich zufrieden zu geben, wenn ein Geräusch, das r ? er offenbar gehört hatte, verstummte. Er zog sich schnell i an, griff nach seinem bayerischen Dolch, schob die elektrische Blrudlaterne iu die Tasche und verließ geräuschlos s wie ein Dieb daS Zimmer.

i Alles war still. Er schlich weiter. Da knackte nu- ! augruehmerwrise unter seinem schweren Körper eine Diele und er wußte ganz genau, daß dieses Geräusch für den Nachtwandler eiue Warnung gewesen sein mußte, wenn er Böses im Schilde führte. Ging er ruhig weiter, so hatte das Geräusch einen gutartigen Grund.

Und stehe da, jetzt hörte er ganz deutlich Fußtritte auf deu steinernen Fliesen des Hausflurs. Er mußte unter allen Umständen erfahren, wer iu der Nacht durch daS HauS schritt und darum glitt er mit einer Gewandt­heit, die man seinem kolossalen Körper garoicht zugetrant hätte, die Treppe hinunter, nur so weit, daß er den Flur Überblicken konnte und strengte seine Augen anfS Aeußrrste an, die Dunkelheit zu durchdringen. ES war nicht möglich. Aber eS ging jemand nach der Hoftür hin, daS war ganz sicher. Wollte er die Laterne iu Tätigkeit setzen, so hatte er alles verloren. Und doch vielleicht mußte es sein, denn jetzt hörte er, daß der Schlüssel im Hoftürschloß nmge- dreht wurde, daß der geheimnisvolle Nachtwandler also , das HauS verlassen wollte.

> Blitzschnell drückte er auf den Kopf der Laterne, der schneidende Strahlenkegel fiel ans eine weibliche Gestalt,

der Schloßbrücke verhindert. Die Menge ging nun zurück und sammelte sich vor dem krovprinzlichen PalaiS an, wo sie iu stürmische Hochrufe allsbrach. Als der Kronprinz und die Kronprinzessin am Froster erschienen und hioanS- blickten, stimmte sie Menge die Nationalhymne an. Iu diesem Augenblick kam ein großes Kommando vou Schutz­leuten vom Schlosse herbei und trieb die Volksmassen, die zwar gegen das Vorgehen der Polizei protestierten, aber tätlichen Widerstand nicht leisteten, mit der blanken Waffe mehrere Straßen zurück.

Die Nordd. Allgem. Zeitung schreibt hierüber: In der verflossenen Nacht soll sich der bedauerliche Zwischenfall ereignet haben, daß eiue große Anzahl vou Wählern, dir vor dem PalaiS deS Krön- Prinzen ihrer patriotischen Freude über die Verwirklichung des nationalen Gedankens bei den Haupt­wahlen Ausdruck geben wollten, vou der Polizei an­geblich mit der blanken Waffe und unter Vornahme von Verhaftungen in dem Augenblick anSeinaudergetriebeu wurden, als sie ein Lied anstimmen wollten. Wie wir hören, ist der Reichskanzler Fürst Bülow einig mit dem Minister des Innern in der Mißbilligung des Verhaltens der Polizei, wenn die behaupteten Tatsachen sich bewahrheiten sollten. Hierüber hat der Minister des Innern sofort eine eingehende

Untersuchung augeordvet."

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DasNeue Wiener Tageblatt- schreibt, die Willens­äußerung der deutsche» Nation vom 25. Januar müsse die Zuversicht des deutschen Bürgertums au seiner eigenen Kraft wesentlich erhöhen. Das sei ein großer Moment dieses Tages und eia solcher, der auch außerhalb der deutschen Grenze» überall wo verwandte Probleme und Interesse» in Frage ständen, mit lebhaftester Sympathie «och empfan­den werden würde. DaSVaterland- bemerkt, daß erst dieStichwahlen- der jetzigen Wahl die Signatur geben würde. DieOcsterreichische Bolkszeitnog- erblickt in dem geschlossenen Vorgehen der bürgerlichen Parteien gegen die Sozialdemokratie das hervorstechende Merkmal der jetzigen deutschen Reichstagswahleu. DieNene Freie Presse- veröffentlicht eine Unterredung ihres Berliner Korre­spondenten mit dem Kolonialdirektor Deruburg, welcher erklärte, er hätte einen so günstigen AaSgang nicht erhofft. Er sei überzeugt, daß die vou der Regierung ausgegebeue Parole diese Wirkung herbeigeführt habe, die eiu erfreuliches Exempel dafür sei, daß der unsere Zeit beherrschende Materialismus noch nicht allmächtig sei. Die Nieder­lage der Sozialdemokratie sei sicherlich durch ihre auti-uatiovale Gesinnung verursacht wor­den. Er sei mit dem Wahlresultat recht zufrieden. Aach für die Stichwahlen bestände gute Hoffnung. Im neuen Reichstag würdea hoffentlich zunächst die Kredite für Süd­westafrika bewilligt werden. Eiue neue Kolonialvorlage werde die Regierung nicht einbrtngen. Die sozialistische Arbeiterzeitung- will uicht verhehlen, noch beschönige», daß die deutsche Sozialdemokratie eine schwere Niederlage erlitten habe, einen Mißerfolg, wie er dieser Partei noch niemals brschieden gewesen sei. DasDeutsche Bolks- blatt- sagt, die Wahl bedeute einen Steg der nationalen Gedanken üd»r alle parteipolitische Kleinigkeitskrämerei,

einen Sieg deS deutsche» Volkes Über deu Parteigeist.

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AnS Paris wird der Deutschen Tageszeitung ge­meldet : Die Niederlage der deutschen Sozial­demokratie hat hier außerordentliche u Ein­druck gemacht, da «an das Gegenteil erwartete. * * »

Auf die französischen Sozialisten hat die Niederlage ihrer deutschen Genossen, die sie für ganz uomöglich gehalten hatten, einen besonders starken

die sich auschickte, die Tür zu öffnen. Er erkannte daS große rot gewürfelte Umschlagetnch der Försteriv, lächelte still in sich hinein und rief:

Entschuldigen Sie, Frau Förster, ich dachte, es wäre ein Dieb um dir Weae.-

Er erhielt keine Antwort. Die Försteri», wahr­scheinlich weil sie nur notdürftig aagezogen war, beeilte sich, auf den Hof hiuauszukommeu. Kluge legte sich, be­friedigt von dem Erfolg seiner nächtlichen Expedition, wieder zu Bett uad schlief bald deu Schlaf des Gerechten.

Am andern Morgen wurden die beiden Männer außerordentlich früh von dem Förster geweckt, der bestürzt inS Zimmer herein eilte.

Meine Herren, Fräulein von Laßmanu hat daS Haus verlassen!-

Recheubach und Kluge waren sofort munter und der Staatsanwalt fragte:

Wie meinen Sie Herr Förster, das Fräulein ist Wohl schon anSgegaugrn?"

Nein, sie ist ganz fort, sie hat uns verlassen.... ich denke dieser Brief wird Ihnen die nötige Aufklärung geben.-

Der Förster reichte Recheubach ein an ihn adressiertes Schreiben, Sas dieser sofort erbrach und las:

Geliebter, Einziger!

Ein widriges Geschick reißt mich von Deiner Sette. Es ist mir nicht Leschiedeu mit Dir glücklich zu werden, oder Dich glücklich za machen. Wir müssen uns für ewig trennen. Ich erwarte vou Dir, wie eiue letzte Liebkosung daß Du mir uicht folgst auch durch keinen Polizisten folgen läßt. Versuche mich zn vergessen und verzeihe mir, daß ich gezwungen bin, Dir solchen Schmerz zu bereiten. Mein Herz bleibt ewig Dein. Lebe Wohl

Hertha.'

Rechenbach sank wie vernichtet iu daS Svpha uu