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NrschÄnt Dienstag, Donnerst., SamStag und Sonntag Mt der wöch. Beilage »Der SonntagS- Sast'.
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Oegrilndet
1877.
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IreiLag, den 25. Januar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1907.
«mtttch-S.
Verliehen wurde den Landjägern 1. Klasse Fischäs in Oeschclbronn, OA. Herrenberg und Maier in Mühringen, .OA. Horb je eine silberne Verdienstmedaille.
Geldbelohnungen erhalten: der Stationskommandant Sauter in Calw, der Landjäger Hörer in Birkenfeld, OA. Neuenbürg.
Oeffentlich belobt wurden: die Stationskommandanten Schöllhammer in Herrenberg, Herz in Freudenstadt, Niggel in Horb, Boß in Neuenbürg; die Landjäger Müh in Dornstetten, feuchter in Baiersbronn, Stehle in Feldrennach, OA. Neuenbürg, der invalidierte Landjäger Raabe, früher in Wildbad, die Oberlandjäger Bissinger in Pfalzgrafenweiler, Gerold in Unterreichenbach, Raichle in Wildbad.
Infolge der vorgenommenen Dienstprüfung ist der Lehramtskandidat Eugen Volz von Herzogsweiler für befähigt zur Ansehung von unständigen Lehrstellen an Volksschulen erklärt worden.
KolomMttKt« Dnudurg i« ZtottMÜ.
Gleich wie iu Berlin und*Müucheo, so gestaltete sich auch der Empfang des Kolooialdirrktors Geh. Rat Deru- bvrg in der schwäbischen Hauptstadt zu einer imposanten nationalen Kundgebung. Im Festsaal der L.ederhalle waren mehr alS 3000 Menschen versammelt, darunter sämtliche Staatsmiuister, der preußische Gesandte, Graf v. Plkssen- Crovstern, hervorragende Vertreter von Kunst und Wissen- schüft, Handel und Industrie, zahlreiche Offiziere u. s. w. Puokt 7 Uhr erschienen der König and die Königin, sowie Herzog Wilhelm von Urach, die von den Herren des Aktionskomitees empfangen und nach ihren Sitzen geleitet wurden. Unmittelbar darauf betrat OberlaudrsgertchtSrat Dr. v. Rupp die Rednertribüne, um Geh. Rat Deraburg offiziell zu begrüßen (stürm. Beifall) als einen Manu der Kraft und der Tat, der rS uuteruommeu habe, das deutsche Kolouialweseu in schweren Zetten zu leiten. Als Meister im Reiche der Zahlen sei sich Geh. Rat Dervburg des hohen Wertes de- KolouialwrseuS bei richtiger Verwaltung bewußt. Sein tatkräftiges Eintreten habe einen sturm der Begeisterung durch ganz Deutschland hervorgerufeu. Möge eS ihm gelingen, die deuts eu Kolonien za voller Blüte und zur gedeihlichen Eutw cklnug za bringen.
Nunmehr begann Geh. Rat Dernvurg, von lang- anhaltendem stürmischem Beifall begrüßt, seine Ausführungen, die er in kurze prägnante Sätze kleidete. Ohne besondere rhetorische Feinheiten, war doch alles, was der Vortragende aus sprach, ungemein klar gefaßt und so deutlich zum Ausdruck gebracht, daß auch den Hörern iu den entfernteren Teilen des Saales jedes Wort verständlich war.
Es werde ihm leicht, so führte der Kolouialdirektor eingangs seiner eiustündigeu Rede aus, für den ihm hier gewordenen, selten sympathischen Empfang zu danken, weil er sich bewußt sei, daß dieser Empfang nicht seiner Person, sondern der großen nationalen Sache gelte, die er zu vertreten die Ehre habe. Nach Stuttgart sei er um so lieber gekommen, als er gewiß sei, daß iu Württemberg für nationale Fragen stets ein bereiter Boden vorhanden ist, daß hier die Fortschritte unseres überseeischen Handels mit klarem Blick und der nötigen Unterstützung verfolgt werden. Württemberg stehe in der Geschichte der Kolonisation an hervorragender Stelle; war doch
der erste deutsche Kolonisator
Graf Eberhard im Bart, der seinen Weg nach Palästina nahm. Aach in späteren Zeiten waren Schwaben Kulturträger nach fremden Staaten, und er (Redner) wisse, daß Württemberg heute viele überseeische koloniale Beziehungen hat.
Heute halte er den vierten Vortrag über koloniale Dinge; er halte diese Borträge, weil er die Aufgabe habe, der deutschen Nation klar zumacheu, worum eS sich iu d ieseu Stunden handelt. Es handle sich also nicht um Politik, und er müsse um Entschuldigung bitten, wenn er mit einigen Zahlen aufwarte. Deutschlands Kolonien umfassen eine Fläche 134m also groß wie Württemberg mit der fünffachen Einwohnerzahl dieses Landes. Eine große nationale Sache stehe vor uns, die ohne Mitwirkung der Edelsten und Besten nicht gedeihen könne. Da entstehe die Frage, wie dies gemacht werde», kann. Aus dieser Frage entnehme er die Bezeichnung für seinen heutigen Vortrag:
Koloniale Lehrjahre.
Deutschland habe das drittgrößte Kolonialreich der Welt neben Großbritanien und Frankreich. Seine Kolonien umfassen 2 604000 Quadratkilometer, in denen 12 400 000 Eingeborene wohnen. Ueber koloniale Lehrjahre spreche er, '
weil er es für ein Unrecht halte, Kritik zu üben, ohne zu sage», wie man es besser machen kann. Wir find von der Güte unsererSachr überzeugtuvd lassen uns von unseren Nachbarn nicht beschämen. (Bravo I) Man habe gesagt, daß die Deutschen schlechtere oder mangelhaftere Kolonisatoren seien als andere. Warum den» schlechter? Sind wir etwa schlechtere Kauflust! ? Unsere Kovkarrevten sagen uns, daß das nicht richtig ist. Unsere Handelsmarine befördert den vierten Teil der Waren, die durch den Snezkanal geführt werden. Haben wir schlechtere Soldaten? N-emals! Der einzige Umstand ist, daß wir die kolonialen Lehrjahre nicht mit- und durchgemacht haben. Kolonisieren ist eine Wissenschaft und eine Technik, die sich nicht in den Hörsäleu, iu einem abgeschlossenen Berufsgavg oder gar auf einem Kontorsesskl erlernen läßt, sondern an Ort und Stelle studiert werden muß durch Augenschein. Eine beschämende Tatsache sei eS, daß mau im Parlament darüber streitet,ob uvsereKolooien etwas wert s i n d oder nicht, ohne die Kolonien gesehen zu haben. Gehen Sie nach Südwestafrika und sehen Sie sich die Kolonie an. Eine Fahrt nach dort kostet nicht mehr Zeit als 18 Tage und nicht mehr Opfer alS 600 Mark. Wie kommt es nun, daß wir bisher, bei so großem Aufwand,
so we«ig Erfolg und so viele ««befriedigende Resultate
gehabt haben? Wir müssen aufrichtig sein, und sagen, daß wir nicht mehr verlangen können, weil unsere Kolo- nialgrsellschafteu und damit auch die Kulturen noch sehr jung find. Ich beschäftige mich heute besonders mit Deutsch-Südwestafrika, weil ich gefunden habe, daß Stuttgart gerade an dieser Kolonie er- heblicheS Interesse hat. Wenn iu Südwestafrika in der Frage der Behandlung der Eingeborenen mehrere Mißgriffe zu beklagen find so ist zu sagen: diese wären zu vermeiden gewesen, wenn wir uns rechtzeitig nach anderen Nationen umgeschaut hätten. Wir hätten gar nicht so weit zu gehen brauchen und unS nur au unsere Missionen wenden dürfe». Geh. Rat Deruburg verlas nun eine Aeußerung eines katholischen Missionars iu Kamerun, der sagt, daß die Erziehung des Eingeborenen zur Arbeit das erste sein müsse, alles andere komme von selbst mit dem Erwachen der kulturellen Bedürfnisse. Auch in Bezug auf die Anpflanzung der Kulturen können wir sehr vieles von uvseren Nachbarn im Ausland lernen. Es ist zu hoffen, daß auch die deutschen Koasumenteo, wie die Vereinigung der englischen Spinner, in größerem Maßstab den Boden vorbereitev, nm sich die Unabhängigkeit vom englischen Markt zu sichern. Wenn eine englische Zeitung bemerkt, daß in Deutschland der Imperialismus zum Durchbruch komme, so ist zu sagen: DieS liegt nicht io unserer Absicht. Wir schicken viel zn viel Produkte iu andere Länder und streben nur Schutz vor Verteuerung der Produkte nnd Schutz unserer nationalen Arbeit au.
Geh. Rat Derubvrg führte iu seinen ferneren Darlegungen zahlreiches Zahlenmaterial au über die Bepflanz an og und Nutzbarmachung unserer Kolonien, das zum größten Teile schon aus seiueu Vorträgen iu Berlin und München bekannt ist, und verlas gewichtige Stimmen aus dem französischen und englischen Parlament, um damit die lohnende Arbeit der Kolonisation nochmals zu betonen. Der Redner zeigte dabei, in welch hohen Gcade die Kokospalme, Baumwolle, Jute, Gerbstoffe, Straußenfedera n. s. w. nutzbar gemacht werden können.
Nunmehr ging der Herr Kolouialdirektor zur Erzieh«»« der Beamte» über. Auch rin Beamter, so führte er dabei auS, der für den Justizdieust völlig vorbereitet ist, ist durchaus nicht vorbereitet für den Dienst in den Kolonien. (Sehr richtig!) Ja Deutschland kann ein solcher Jurist eine hohe Stellung eiuuehmen, für Südwestafrika paßt er gar nicht. ES ist gar nicht not- weudia, daß ein Bezirksamtmanu ein vorgebildeter Beamter ist. Nur gesunden Menschenverstand muß er besitzen und die Schwächen und Gewohnheiten der Eingeborenen muß er kennen. Die zu stellenden Forderungen find dort oft grundverschieden. Oft ist notwendig, was auS steht, wie Bureaukratte. So kann ich anS meiner eigenen Erfahrung ein hübsches Beispiel geben. Im Jahre 1893 entgleiste iu Neu-Mcxiko ein Eiseobahozug, iu dem ich mich
befand. Wir mußten 24 Stunden warten, biS der Zag wieder flott gemacht wurde. Inzwischen hatte sich quf der eingleisigen Bahn eine Anzahl von Güter- und Personeu- züzea augesammelt, die auf ein unzureichendes Geleise umgeleitet werden mußten. Diese große Arbeit besorgte mit größter Selbstverständlichkeit ein einzelner Mann, und er brachte es fertig, diese Verkehrsstörung wieder zu beheben. Wir waren umstanden von einer Horde von Indianern. Ein hoher Eiseobahubeamter Preußens, der bei mir im Zuge saß, machte sich, da ihm die Zeit za lauge wurde, an die mühsame Aufgabe, auszurechuen, wie viele deutsche Beamte im gleichen Falle mobil gemacht werden müßten. Er brachte die Zahl 38 heraus. Wir luden unS bei dem einen Manne zu Gast. Während das Essen bereitet wurde, sahen wir uns im Zimmer um. ES hing da ein Diplom, auS dem zu ersehen war, daß der Brave Konrad Rumpf hieß und auS Böblingen stammte. (Stürmische Heiterkeit.) Nach dieser heiteren Episode gab Geh. Rat Deruburg der Hoffnung Ausdruck, daß Süd- Westafrika, daS alle Vorbedingungen biete, sich rasch besiedle mit nicht zu kapitalarmen Deutschen.
Im letzten Teil seiner Rede besprach Herr Deruburg
die Stellung der Regier««- zum Kolouialweseu.
Auch daran müssen wir uns gewöhnen, daß die Regierung so viel nicht tun kann, wie wir erwarten. Aus der privaten Initiative heraus müssen wir einen großen nativ aalen Zug iu unser deutsche- Kolouialweseu bringen. ES sind eben Lehrjahre durchzumacheu. Lernen wir nicht, so werden unS vielerlei Schläge treffen. Die Regierung kann nur auf hoher Warte stehen, die Tatsachen und Vorgänge mit Scheinwerfern beleuchten, signalisieren, wenn Gefahr im Verzug ist. An dem einzelnen liegt es, diese Lichtblicke za verfolgen. Ganz gewaltige Güter stehen auf dem Spiele. In dieser Staude möchte ich Ihnen nameuS der Verwaltung, die ich vertrete, ein Wort zurufeo, das immer Eindruck gemacht hat:
.Halte, waS du hast,
Auf daß dir niemand deine Krone raube I"
Stürmischer, nicht eudenwollender Beifall erhob sich, als Geh. Rat Deruburg geendet hatte. Der König und die Köaigin beglückwünschten den Kolouialdirektor durch freundlichen Händedruck and uuterhieltea sich noch längere Zeit bei ihm. Als die Herrschaften den Saal verlassen hatten, erhob sich der Beifall von neuem, biS Kolouialdirektor Deruburg mit seinem umfangreichen Aktieumatrrial unter dem Arm zur Ausgangstüre gelangt war.
Um 9 Uhr ist Kolouialdirektor Deruburg nach Berlin abgrreist.
Tagespolitik.
Kolonialdirektor Deruburg empfing einem Berliner Blatt zufolge iu München deu Korrespondenten einer auswärtigen Zeitung, demgegenüber er folgende interessante Aeußerungen machte: „Leute, welche iu meiner Person einen Politiker vermuten oder glauben, daß ich mich später einmal auf politisches Gebiet begeben oder locken lassen werde, irren und kennen mich nicht. Ich habe bet meiner Berufung dem Reichskanzler erklärt, daß ich daS Amt nur alS kaufmännischer Verwalter der Kolonien antreten will. Bon diesem Gebiet entferne ich mich nicht und reagiere auch nicht auf mir eutgegeugeworfeue politische Fragen. Ich will die ungeheuren Kräfte, welche in deu Kolonien liegen, kaufmännisch verwerten, daS Kapital zu dieser Verwertung heraozieheu und mit der Zeit einen Teil der Lasten, welche die Kolonien dem deutschen Volk auferlegen, auf die Schultern derjenigen übertragen, welche Nutzen auS den Kolonien ziehen. Mau hat mir entgegeu- gehalteo, daß meine Berechnungen über die Nutzbarkeit der Kolonien falsch seien. Die Berechnungen unterliegen nicht allein der Prüfung der Parlamente, sondern auch jener der Kallfleute und Banken, die ihr Kapital in den Kolonien anlegeu sollen und dürfen daher nicht auf Illusionen gegründet sein. Ich kann dir Kolonien nur daun für Deutschland wertvoll«. erträguiSreich machen, wenn ich eine kompakte Majorität nicht nur im Parlament, sondern auch im Volk hinter mir habe; deshalb werde ich nicht Nachlassen, meine Zeit der Aufklärung des Volkes, welches bisher nur trübe Erfahrungen mit den Kolonien vor sich sah, über deren Zukunft zu widmen. Ich werde gehen, wenn wir keine Majorität zur Erhaltung der Kolonien im Reichstage finden.'