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Nr 11.
Erscheint Dienstag, DsmerSt«, Samstag und Sonntag «it der wöch. Beilage »Der SonntagS- Gast'.
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1877.
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Wr. 14
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Donnerstag» öen 34. Januar
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1907.
UW" Wege« der Reichstagswahl ans Freitag erscheint die nächste Nummer unseres Blattes am Donnerstag.
Amtliche«.
Für die ordentlichen Sitzungen der Schwurgerichte des I. Quartals 1907 sind u. a. zu Vorsitzenden ernannt worden: bei dem Schwurgericht in Tübingen der Landgerlchtsdirektor Dr. Kapff, bei dem Schwurge rich t in Ro ttw eil der Landge- richtKra t Neue r ._ _
Die ordentlichen Schwurgerichtssitzungen desLQuartals find in Tübingen am Montag den 18. Februar 1907, vormittags 9 Uhr, in Rottweil am Montag, den 18. Februar 1907, vormittags 10 Uhr zu eröffnen.
Tagespolitik.
Nationale rheinische Katholiken veröffentlichen einen Wahlanfraf gegen das Zentrum, in dem es heißt: »AIS Katholiken müssen wir eS tief beklagen, daß daS Zentrum eine Haltung eingenommen hat, welche daS patriotische und monarchische Empfinden weiter Kreise schwer verletzt. Die Haltung steht in direktem Widerspruch zu den Grundsätze», die früher vom Zentrum selbst als maßgebend anerkannt find. Wenn jetzt Führer des Zentrums von ihren Wählern und Abgeordneten die unbedingte Herresfolge auch dort verlangen, wo kirchliche Interessen weder bedroht, noch berührt erscheinen, daun fühlen wir uoS als Katholiken und BatrrlandSfreuvde verpflichtet, gegen dieS Verfahren entschiedene Verwahrung riuzulegeu. Wir bitten deshalb unsere Gesinnungsgenossen, nur solchen Kandidaten ihre Stimme zu geben, die unbeirrt durch kleinliche Partei- Interessen für deS Reiche? Aasrheu und Macht eiutrrteu werden."
*
Zu der Rede deS Reichskanzlers find folgende Preßstimmea zu erwähnen:
Die agrarische »Deutsche Tageszeitung" findet, daß die Rede deS Fürsten Bülow klug und diplomatisch geschickt gewesen sei. Sie vermißt jedoch die Betonung einer kraftvollen Hetmatpolitik.
* *
Ein Wort eines Ausländers an alle W ählerDentsch laudS, ohn eUutersch i ed I Ich bin kein Reichsdeutscher, halte mich jedoch seit vielen Jahren in Deutschland auf. Ich kenne aber auch andere Länder Europas auS eigener Erfahrung genau und kann folgendes sagen: In Deutschland hat der Bürger die größtmöglichste Sicherheit, sowie Arm und Reich Gleichheit vor
dem Gesetze. Es gibt für alle, die ernstlich darum bemüht find, entsprechende Arbeit bei angemessener Bezahlung; der Lebensunterhalt ist io der Hauptsache und im Verhältnis zu deu Löhnen billiger als in allen anderen Ländern. Kein anderes Land sorgt für seine Einwohner so wie Deutschland, io keinem anderen Lande ist die Kranken-, JuvaltditätS- uvd Altersversorgung eine derart vorzügliche wie hier; in keinem anderen Laude ist der Arbeiter auch nur annähernd so geschützt als im dentfchen Reiche I Wer deu Stand der Dinge seit 35 Jahren verfolgt, wird gern zugrbeu, daß in dieser Zeit Großes und Nützliches geschaffen wurde, waS allen Einwohnern zugute kommt; Deutschland tfi aufgebläht unter seiner zielbewußteu Regierung und wer bedenkt, in welch bescheidenen Verhältnisscn früher seine Väter lebten, der mußte sagen, es ist viel besser geworden. Andere Länder sind gegen Deutfchland in vielem zurückgeblieben und sehen mit Neid auf daS Aufblühen des deutschen Volkes; deshalb die Verstimmung gegen das Reich! Wenn das, WaS mit schwerer Arbeit und mit großen Opfern geschossen wurde, erhalten bleiben soll, so muß das Volk mit der Regierung gehen! Lasse sich niemand sagen, es werde besser, wenn das jetzige Regime zum Falle käme und rin anderes geschaffen würde I Man denke in Ruhe darüber nach, was da kommen müßte! Käme die Sozialdemokratie auS Ruder, so wäre die Revolution fertig I Und jeder kann sich Wohl die Schrecken einer Revolution anS den Berichten über Rußland selbst ansmalev. Also Bürger, seid einig I Ob arm, ob reich, wählet reichstreu I Durch das Zusammenhalten des Volkes wird die Zukunft deS Reiches gesichert und demselben Achtung und Respekt des Auslandes bewahrt ; durch Zersplitterung kann daS Reich seinem Untergänge eutgegengeführt werden I E,s ist jetzt auf dem Spiele^ Lasset euer schönes, deutsches Vaterland nicht im Stiche denn das Wohl desselben ist euer Wohl! Ich bin ein einfacher Mann auS dem Volke, ich gehöre keiner Partei an, mir ist jeder gleich, ob arm, ob reich, ob niedrig, ob hochstehend, meine Religio» ist das Bestreben, die Pflichten gegen Gott und meine Mitmenschen zu erfüllen, sowie Gegensätze auszugleichen. Leiber kann ich selbst nicht wählen, da ich Ausländer bin, aber weil ich weiß, daß vieles hier
- —. Destellunge« -- .
ans unsere Zeitung „AuS de« Tannen"
für die Monate
Februar und März
können jetzt schon gemacht werden.
weit, weit besser ist, als in anderen Ländern, habe ich Deutschland achten und lieben gelernt und bemühe mich um daS Wohl des deutschen Volkes in hiermit geschehener Weise. Hoffentlich zum Wohle deS deutschen Reiches und der mit diesem in Verbindung stehenden Völker! DaS
walte Gott I — Dresden, Januar 1907. Joh. Friedr. Madera.
*
In einer Wahlb etrachtuog in der Wiener N. Fr. Pr. führt Erust v. Wildeubruch u a. folgende- aus: Trotz alles äußeren Glanze-, trotzdem, daß ich höre, lebe und erfahre, wie Deutschland merkantil und finanziell wächst und wächst und wächst, bin ich nicht glücklich. Denn wertvoller als daS Gold in deu Händen ist der Stahl in der Seele, und die Seele der Deutschen, wir sie heute ist, ist ohne Stahl. Große, ungeheure, deu Lebensnerv unserer Nation berührende Fragen find aufgerollt — nud während die Antwort darauf in jedem normalen deutschen Gemüt und Verstand klipp und klar geschrieben steht, maßen sich zwei im Reichstag dominierende Parteien, Zentrum und Sozialdemokraten, daS Recht an, die Frage nach ihrer allem deutschen Empfinden widersprechenden, alle deutschen Interessen schädigenden Art über den Kopf der Nation hinweg zu entscheiden. Ein Volk, in dem so etwas möglich ist, befindet sich tu einem Notstand. Ein Volk, das so etwas ohne einen Sturm der Entrüstung erträgt, der die Batrrlaudsfrevler hiuwegfegt, ist krank! Ob er sich zeigen wird, der Sturm der Eatrüstung, am Tag der bevorstehenden Wahl? Miß- trsuische Stimmen gehen um. Mißtrauische Finger zeigen auf deu deutschen Philister. „Glauben Sie zu wissen, wen er wählen wird? Glauben Sie, ob er überhaupt wählen wird?' Der deutsche Philister, der nicht für und nicht gegen ist, die müde, zähe, lethargische Masse, die, wenn sie von den eisernen Kiefern eines Bismarck eine Zeit lang zerkaut und zermalmt worden, immer wieder kehrt, immer wieder alles erstickt, das ist der Fluch, der auf uuS lastet. Bon der blutrünstigen Faust der Sozialdemokraten in Augst und Schrecken gejagt, sieht der Philister sich um, wo finde ich Schutz? Da ist die Polizei, da ist der orthodoxe Protestantische Prediger, aber besser und mächtiger als beide ist der Pontifex, der römische Imperator im Priestergewaud. So flüchtet s verstörte deutsche Schaf zu ihm. Und so entsteht ein Z stand, daß ein von der Natur zur Selbstherrlichkeit geborenes, berufenes und ausgerüstetes mächtiges Volk sich beschützen, gängeln und befestigen läßt von einer Schar von Hetzkapläuen, in denen jeder Gedanke, jeder Instinkt dem deutschen Denken und Fühlen entfremdet ist, die in jedes Feuer auf dem Erdenrund hiueinblasru, damit die Funken Deutschland inS Gesicht fliegen. Ein Tag ist
Genieße was du hast, als ob du heute Noch sterben solltest; aber spar es auch,
Als ob du ewig lebtest. Der allein ist weste,
Der beides eingedenk: Im Sparen
Zu genießen, im Genuß zu sparen weiß. Wieland.
Das ForslhMs im Teusclsgrund.
Detektiv-Roman von F. EduardPflüger.
(Fortsetzung.)
Lawprecht zog ein Papier ans der Tasche und reichte eS Breitschwert hin.
„Lesen Sie das Bekenntnis durch.'
Breitschwert laS laut vor:
»Ich, Professor Dr. Lawprecht, bekenne mich schuldig, am Abend des 23. September durch das Fenster des Forsthauses im Teufelsgrnvde einen Schuß auf Herrn Dr. Breitschwert abgefeuert zu haben und bedauere, daß er sein Ziel verfehlt hat. Ich bekenne mich ferner schuldig, daß ich durch die Legung einer Dyuctmitmioe versucht habe, daS Haus in die Luft zu sprengen und daß ich vorher durch eine Gespeostergaukelei den Kutscher deS Frei- fräuleiuS Hertha von Laßmann in die Flucht gejagt habe, um daun, als auch die junge Dame ihren Wagen verlassen hatte, die Büchse darin zu verbergen. Ich gebe mich in die Hände der Behörden lediglich aus dem Grunde, um ^e junge Dame auS der unwürdigen Gefangenschaft zu oefreieü und ich hoffe, daß mau eine Unschuldige nicht länger in Haft behalten wird.
Würzburg, am 24. September. Lawprecht.'
Wenn Sie Ihre Bestätigung darunter setzen, so ist daS Geständnis giltig.'
»Es ist von A biS Z erlogen."
„Nein.'
»Den Schuß hat ein anderer abgefeuert.'
Lawprecht antwortete uicht. t
„Hertha von Laßmauu wird mau ans Grund dieses Geständnisses frei lassen,. denn anarchistische Weltanschau- > ung ist nicht strafbar.' z
»Vorläufig noch nicht," warf Lawprecht mit beißender ; Ironie hin.
Daun zog er die Uhr heraus und sagte:
„In einer Viertelstunde wird der Zug in Würzburg sein. Sie können dort in aller Ruhe Ihre Maßregeln treffen. Ich sehe au Ihrer Tasche und weiß auch ans Ihren LebevSgewohnheiten, daß Sie nie ohne Schließung reisen, hier haben Sie meine Hände, schließen Sie mich.'
Lawprecht legte die Hände übereinander und Breitschwert zauderte keinen Augenblick, ihm die stählernen Armbänder avzulegeu.!
»Und Ihr Genosse, der Osfizierbursche?'
„Der ist in Gemündeu auf der einen Seite rin- und auf der anderen ausgestiegen, der ist längst über alle Berge."
„Und die Helmschachtrl?'
»Bitte öffnen Sie ruhig, sie enthält tatsächlich weiter nichts als einen Generalshelm."
Der Zug Pfiff und fuhr in deu Bahnhof von Würzburg ein.
Breitschwert trat auS Fenster und winkte einem scheinbar unbeschäftigt auf dem Perron stehenden Manu zu, der sofort das Koupee betrat.
»Holen Sie eine Droschke und zwei uniformierte Schutzleute, damit wir diesen Herrn hier nach dem Polizei- geiänguis bringen können. Lassen Sie auf der Rückseite Vorfahren, wir wollen deu Zug nicht nach dem Empfangs- grbäude hin verlassen, damit jedes Aufsehen unterbleibt."
Eine halbe Stunde später saß Professor Kamprecht wohlverwahrt in seiner Zelle.
XIV.
Für Breitschwert erwuchs zunächst die Notwendigkeit in WÜrzburg nach einer Niederlassung der Anarchisten zu fahnden, denn eS mußte ihm aus der Verhaftung Lamp- rechts klar geworden sein, daß ohne Helfershelfer in Würzburg und ohne vollkommene Organisation, eine fo schnelle Verkleidung, wie sie der Professor bewerkstelligt hatte, uicht möglich war. Es galt also vor allen Dingen scharfes Augenmerk auf verdächtige Gebäude mit schwer zugänglichen Schlupfwinkeln zu richten.
Dabei wußte Breitschwert ganz genau, daß ein Au- archisteuklub, wie die Morgenröte, der unter dem geistigen Einfluß deS hochbegabten, scharfsinnigen und energievolleo Lawprecht stand, wahrscheinlich daS bedeutendste Qnartier eiuuahm, daS sich denken ließ, also dergleichen Dinge, wie man sie sich unter der geheimuiSvolleu Tagung einer Berschwörrrbaude denkt, auf den Klub der Morgenröte uicht zutraf.
Was sollte er iu diesem Falle also tun?
Das nächste war natürlich, sich au die Polizei wenden, mit der er ja so wie so wegen LamPrechtS zu konferieren hatte und die Beobachtungen sammeln, die dort über Anarchistenbewegungeu gemacht worden waren. DaS zweite war, einen Brief au Hertha schreiben, sie freilassen und unter Aufsicht stellen, wohin sie auch gehen würde und zu gleicher Zeit verdächtige Individuen aus der Gegend deS TeufelSgruudes, auch Fremde, die sich nicht verdächtig ge- macht hatten, peinlich genau zu beobachten.
Zu diesem Behuf schrieb er also einen Brief au Kluge teilte ihm genau die Maßregeln mit, die zu treffen waren, j fügte das Geständnis Lamprechts abschriftlich bet mit der Erklärung, mau solle Hertha von Laßmauu auf freien j Fuß setzen.
> Dieser Brief rief eine überraschende Wendung der Dinge hervor. Ein Haken, den Breitschwert zur Ent-