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Srscheürt Dienstag WsrmerSt^ Samstag und Sonntag mit d« wSch. Beilage »Der SonntagS- «ast'.

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«. NschbarirtSverkehr E. 1.18,

außerhalb Mk. 1L5.

Nr. 45.

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begründe!

1877 .

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Samstag, 24. März

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Be!- trägestnd willkommen

1906.

Amtliches.

Nachprüfung der nichttierärztlicheu Fleischbesch auer.

Das Kgl. Oüeramt Nagold macht bekannt, daß es sich nicht um einen Unterrichtskurs handelt, sondern um eine Nachprüfung der nichttierärztlichen Beschauer, in der festgestellt werden soll, ob di« Beschauer in theoretischer und praktischer Beziehung, die behufs Ausübung der Schlacht­vieh- und Fleischbeschau erforderlichen Kenntnisse noch besitzen.

Versetzt wurde der Amtmann Wacherer beim Ober­amt Oberndorf, zur Zeit Polizeikommissär beim Stadt­polizeiamt Stuttgart, seinem Ansuchen entsprechend auf eine Amtmannsstelle beim Oberomt Heilbronn.

Was Hilst s?

Aus England meldet der gewissenhafte Telegraph jetzt alle Wochen von schönen Reden, die der deutsche Botschafter in London und andere Persönlichkeiten gehalten haben zu dem Zweck, die Antipathien zwischen Deutschland usd Eng­land zu beseitigen. Dos heißt, bei uns in Deutschland er­eifert sich kein Mensch über John Bull, weder im Guten, noch im Bösen, wir sehen gelassen die Tages-Ereiguisse vorüberziehen und registrieren fie. Die oben erwähnte deutsch-eoglische Versöhnungs-Aktion hat bei uns keine Be­kämpfung erfahren, es ist ihr sogar all' und jeder Erfolg gewünscht ; aber populär ist sie nicht geworden, weil wir sahen, daß all' das Werben um die Freundschaft bisher ein sehr einseitiges ist, daß eS vo« England nicht erwidert wird. Und wir haben doch wirklich keinen Grund, den Anschein zu erwecken, als ob wir die deutsch-englische Versöhnung um jeden Preis herbesiähreo wollten. Wruu Einer nun mal nicht will, daun will er eben nicht!

Daß die Briten tu der Marokkofrage mit Volldampf die Unterstützung der französischen Ansprüche ausgenommen haben, wollen wir ihnen gar nicht groß verdenken. Die englische Regierung ist es ja selbst gewesen, die vor Jahr and Tag die Fravzoseu zu diesem Räukesptel, welches Deutschland überraschen und die deutschen Interessen iu Nordtmst-Afrika iu die Ecke schieben sollte, verleitet hat. Wenn Jemand solche Geschichte augefaogen hat, daun muß er sie weiter betreibe», weuu er sich nicht lächerlich machen will. So lauge aber die englischen Zeitungen gar nichts weiter zu tuu wissen, als den Fravzoseu Tag für Tag zuzurufeu, fie sollten iu der Marokkofrage nicht uachgeben, ist die ganze Versöhnungsmache eine Ironie.

König Eduard von England ist der Begegnung mit unserem Kaiser bei der Begräbnisfeier in Kopenhagen, die sich ohne alle Schwierigkeit hätte herbeiführeu lassen, ab­sichtlich aus dem Wege gegangen; er hat hinterher als Onkel seinem kaiserlichen Neffen zur silberne« Hochzeit gratu­liert, was eigentlich wohl selbstverständlich war. Aber die Erörterungen, die hieran von Neuem eine Zusammenkunft zwischen dem Könige und dem Kaffer in Aussicht stellten, sind abermals Rauch geworden, es ist mehr wie unwahr­scheinlich, daß eine solche im Frühling von Statten geht. Köuig Eduard unternimmt eine Verguügungsfahrt nach dem östlichen Mittelmerr; aber weuu unser Kaiser auf seiner geplante» Fahrt gleichfalls dahin kommen wird, daun wird der englische Monarch schon zu Laude die Heimreise »ach London angetreten haben. Zweifellos mögen die Familien- Beztehuugeu zwischen Berlin und London die beste» sein, doch im Uebrigen heißt's auch hier: Was hilft's?

Vielleicht ist es ein Zufall, vielleicht ist es aber auch keiner, daß seit der Anwesenheit des gekrönten Diplomaten, wie die Engländer ihre» König so gern ueuueo, iu Paris die Marokko-Angelegenheit sich mit einem Male so zuspitzte. Früher ging unten in Algeeiras Alles iu Friede« uad Freundschaft zu, mau sprach von einem ziemlich raschen Ab­schluß der Verhandlungen, bis Frankreich mit einem Male eine ganz ausfallende Hartnäckigkeit zur Schau trug. Es war, als ob die Monate laug voraugegaugeneu Verhand­lungen zwischen Berlin und Paris, die häufigen Unter­redungen des deutschen Botschafters Fürsten Radoliu mit dem französischen Minister Rouvier niemals stattgeinuden hätte». Es ist wiederholt behauptet, König Eduard habe persönlich dem Leiter der fravzöftschen auswärtige» Politik den Nacken gesteift, uod es ist das wieder bestritte». Was die Wahrheit ist, können wir nicht sagen, wir hoffen und wünschen noch immer auf einen freundschaftlichen Vergleich; aber das ist klar ersichtlich, in den Retz der marokkanischen Frkhlirrgsuacht ist auch einmal ein Reif gefallen. Und es hat schon früher solcheReifbildnugeu" gegeben. Das be­merkte Wort vonWlhelm's Spielzeug' hat keinen Deut­schen gleichglltig gelassen, es ist bis heute nicht für unwahr erklärt. Also wir kommen stets und ständig wieder dahin, zu sagen und zu fragen: WaS hilft's?

Tagespolitik.

Ueber eine Mittelmeer-Reise unseres Kaisers, die man vordem als ganz sicher anuahm, ist noch nicht- bestimmt. Von einer Reise nach Italien, wie fie sonst der Reichskanzler zur Ofterzeit stets unternahm, verlautet diesmal auch nichts. Ja einer Ansprache au die Rekruten der Marine in Wilhelmshafeu erinnerte der Kaiser kürzlich an den Unglückstag von Jena und schloß mit der bedeutsamen Versicherung, daß wir, wenn wir in Liebe und Vertrauen za Gott aufblicken, getrost der Zukunft und allem, was fie bringt, entgegengrheu können, und es mag die ganze Welt sich gegen uns zusammentuu. Alles das zu­sammen mit dem Verlauf der Verhandlungen iu Algeciras läßt erkennen, wie gespannt die Lage ist. Die klugen Leute, die da meine», wegen Marokko könne nickt zu Konflikten kommen, vergessen, daß eS sich hier nicht bloß um Marokko, sondern um den ersten Versuch handelt, Deutschland durch besondere Vereinbarungen unter deu anderen Mächten zu isolieren und matt zu setzen. Schon hört man, daß zwischen England, Frankreich und Italien ein Abkommen wegen Abessinien vorbereitet werde. Weuu das Spiel mit Marokko gelingt, werden bald andere folgen und der deutsche Michel kann zuseheu, wie die Andern ihn nach und nach völlig etnschuürev.

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Die Budgetkommtssiou des Reichstags hat die geforderte Errichtung eines ReichSkolonialamtS mit 17 gegen 11 Stimmen abgelehnt. Gegen die Errichtung stimmten daS Zentrum, die Polen, die freisinnigen Parteien und die Sozialdemokraten. Dafür stimmten die Konser­vativen, die Reichspartei, die Antisemiten und National- liberalen. Bewilligt wurde nur daS Gehalt für einen Uuterstaatssekretär au der Spitze der Kolonialverwaltnug, die damit dem Auswärtigen Amte unterstellt bliebe und keine Selbständigkeit erhielte. Die Berufung des Erb­prinzen Ernst zu Hohenlohe-Laugeuburg zum stellvertreten­den Chef der Kolonialverwaltnug erfolgte in der sicheren Voraussetzung, daß der Reichstag die Errichtung eines Reichskolonialamts gutheißen und der Erbprinz nach kurzem Uebergangsstadium Staatssekretär dieses selbständigen Reichs­amts werden würde. Der Beschluß der Budgetkommisfion hat durch alle bezüglichen Erwartungen nnd Absichten einen Strich gemacht. Gelingt es nicht, das Zentrum bis zur entscheidenden Plenarlesang umznstlmmen, dann bleibt es bet der Ablehnung und ihren Folgen.

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Deutsch-russische Unstimmigkeiten. Zwischen Berlin und St. Petersburg ist der Draht nicht mehr iu Ordnung. Dt« offiziöse Nordd. Mg. Ztg. äußert sich zu der in letzter Nr. enthaltenen Mitteilung des Pariser Temps über telegraphische Weisungen des Ministers Grafen Lams- dorff au den russischen Vertreter ia Algeciras, Grafen Cassini, folgendermaßen: Wir lese» hier zum erstenmal, es sei ernsthaft behauptet worden, daß Rußland der franzö Aschen Regierung geraten haben soll, den früheren öfterreichisch- uugarischen Vorschlag avzunebmev. Wir wußten bisher nur, und zwar ans französischen Preßmelduugen ebenso wie auS deutschen Mitteilungen aus Algeciras, daß der Vorschlag des Grafen Welsersheimb als Grundlage für weitere Ver­handlungen günstig ausgenommen wurde und daß Schritte unternommen seien, Frankreich zu gleichem Entgegenkommen zn veranlassen. Auch ist uns nichts davon bekannt, daß der deutschen Delegation iu Algeciras die am Schluß der Depesche behauptete Mitteilung zngekommen sei. Auf­fällig ist aber nicht sowohl der Inhalt der russischen Instruktion als dieTatsacheihrer Veröffentlichung im Temps. Nach der vom Temps iu deu letzten Wochen geführten Sprache, dir nur dazu beitragen konnte, den Gang der Verhandlungen io Algeciras zu stören, kann der Zweck auch dieser letzten Veröffentlichung nur der sein, der Verständigung weitere Hindernisse in de« Weg z« legen Die deutsche Politik wird sich dadurch nicht abhalteu lassen, ans dem sicheren Boden des internatio­nalen Rechts nach den von ihr von Anfang an qezogeuen grund­sätzlichen Linien die deutschen Interessen und Rechte zu wahren. Daß Raßlaud auf der Konferenz Frankreich unterstützen würde, war im Hinblick auf das bestehende Baodesverhält- nis und die russische Abhängigkeit vom Pariser Geldmärkte gewissermaßen selbstverständlich, und niemand bei uns hat Wohl etwas anderes erwartet. Aber die Art und Weise, wie die russische Regierung eS jetzt für nötig gehalten hat, in der Casablanca-Frage Frankreich vor aller Welt der Unterstützung Rußlands z« versickern, hat zweifellos eine Spitze gegen Deutschland. Das ist der Dank vom Hause Romanow für die zahlreichen und großen Dienste und

Frenudlichkeiteu Deutschlands während der Zeit des ruffisch- japanischen Krieges und der revolutionären Wirren. Wer nachgerade noch nicht eiufieht, daß unsere Politik der Lie­benswürdigkeiten ringsum kläglich Fiasko gemacht hat, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Hoffentlich zieht mau

daranS die nötigen Lehren.

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China hat die ersten Schritte zu einer großen Wandlung vollzogen. In wenigen Monaten ist ein kriegs­tüchtiges Heer von 50 000 Soldaten aus den undisziplinierten und schlecht ausgebildeten Mannschaften ansgewählt worden, die bis dahin die militärischen Verteidiger deS Landes waren. Dieses kleine Heer ist aber nur der erste Anfang ; es soll groß und stark genug werden, um allen Anforderungen der Ver­teidigung zu entsprechen. Und wenn erst die unerschöpf­lichen und mannigfachen Schätze des Landes iu Mineralien gehoben werden können, so werden auch die Bestellungen für Kriegsausrüstuugeu iu Europa aufhöreu. Schon jetzt versorgen Werkstätten, die Tausende von Arbeitern be­schäftigen, die Regierung mit Kanone», Gewehren und Pulver, und auch die Weißen Direktoren, die zunächst zu Hilfe geholt werden mußten, verschwinden allmählich aus diesen Stellungen. Europa wird überrascht sehen, wie rasch die Zahl der Regimenter unter der Dracheuflagge sich mehren wird.

Deutscher Meichstag.

Berlin, 21. März.

Am Dienstag wurde der Etat für Kamerun genehmigt, nachdem der Fall Putlkamer noch einmal gründlich besprochen worden war. Erbprinz Hohenlohe, der Kolonialleiter, er­klärte, man dürfe nicht nur nach dem Schein urteilen, son­dern müsse die genaue Untersuchung abwarten. DieBrschluß- anträge der Kommission betreffend möglichste Beseitigung der Zwangsarbeit, Prügelstrafe und Kettenhaftin deu Kolonien wurde angenommen.

Berlin, 22. März.

Am Mittwoch ehrte daS Haus zuerst das Andenken des verstorbenen Abg. Leuzmaun (frs. Bolksp.), daun wurde ein Antrag des Abg. v. Liebermaou (Antts.) betreffend Schutz der Versammlungsfreiheit vor gewaltsamen Störungen be­raten. Der Antragsteller verwies io der Begründung auf wiederholte Störungen und Sprengungen der Versammlungen anderer Parteien durch die Sozialdemokratie. Den Schutz könne die Polizei ausübeo. Adg. Bändert (Soz.) erklärte, seine Partei könne dem Anträge ganz gut zustirumeu. Redner führte Beispiele an, daß gerade die Antisemiten Bersamm- lnugsstörer seien. Abg. Giesberts (Ztr.) war gegen den Antrag, der sich an die Emzelstaateu wende, und forderte vielmehr ein Reichsvereinsgesetz. Versammlangsstörer gebe es in jeder Partei und weiter könne mau es keiner Partei übelnehmeu, wenn fie Gewalt mit Gewalt vergelte. Abg. Porzig (korff.) teilte diese» Standpunkt nicht und trat für den Antrag ein, während Abg. Patzig (utlib.) ihn abletzute, da er leicht dir Versammlungsfreiheit einschräukeu könne. Zu verlangen sei ein Reichsvereinsgesetz. Abg. Schräder (frs. Berg.) äußerte sich ähnlich. Der Antrag wurde schließ­lich abgelehot. Morgen Kolonialetat.

Fandesnachrichtsn.

-n. SöHanse«, 22. März. Einen friedlichen Abschluß nahm das Leben eines ehemaligen Kriegers aus hiesiger Gemeinde. Friedrich Hauser. Totengräber, der seinerzeit die Feldzüge von 1866 und 70 mitmachte, lebte seit dem Tode seiner Fron ganz einsam iu seinem Hänschen. MS der­selbe vorgestern morgen nicht vor seinem Hause zu sehen ! war, sah mau nach ihm. Welch liebliches Bild des Friedens bot daS Stübchen des einsamen Mannes I Er saß au- gekletdet auf dem Stuhl am Fenster. Auf der Kommode neben ihm lag das aufgeschlagene Gebetbuch. Vor ihm auf dem Boden lasen zwei Hennen, die einzigen lebenden Wesen iu seiner Umgebung, die Brosamen auf, die er ihnen vorgelegt hatte. Als mau ihn aber genauer ausc.h, wurde man gewahr, daß ein Herzschlag seinem Leben ein jähes, aber sanftes Code bereitet hatte. Bei. dem heutigen Be­gräbnis des Veteranen beteiligten sich mit Fahnen der Veteranen- und Milttärverein von hier und die Krieger- verriue von Ebersh ardt und Rotfeldeu. Nach der Rede des Geistlichen widmete der Vorstand des hiesigen Beterauenvereius, Veteran D i t t u s dem Verstorbenen einen warmen Nachruf und legte einen Kranz au dessen Grab nieder. Drei Salven wurden dem Dahiugeschiedeuen tuS ' Grab uachgesaudt.