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Nr. 11

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Grjchrtnt Dienstag Donnerst^ SamStag und Sonntag «U der wöch. Beilage »Der SouvtagS-

vestellpreiS für das Vierteljahr im Bezirk o. RachbarortSverkehr Mk. 1.15, außerhalb Mk. 1L5.

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1877 .

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DaS erwachte China.

Nachdruck verboten.

Der Vertreter der Frankfurter Zeitung, also, eines ernsten Blattes, das keine eigenmächtige fabrizierten Sen­sationen liebt, bat vor kurzem einem militärischen Schau­spiel in Nord-China beigewohot, das für das Reich der Mitte bisher völlig neu war, nämlich regelrechten großen Manövern. Wer die jammervollen Leistungen der chinesi­schen Soldaten, die von ihren Landsleuten selbst verachtet wurden, im Kriege mit Japan im Gedächtnis behaltea hat, der wird mit einigem Erstaunen vernehmen, daß jetzt, nach­dem nur wenig mehr als ein Jahrzehnt verflossen ist, in dem damals so völlig geschlagenen China sich ganz Modern gehaltene große Kriegsübuugen abspielen, die auch ihren Eindruck auf die anwesende» Europäer nicht verfehlt haben. Das ist wirklich ein Zeichen, daß China nicht mehr den Schlummer einer vtelhunderijährigea Tradition schläft, sondern aufgewacht ist.

Höre» wir zunächst, wie der Vertreter des eingangs genannten Blattes seine Beobachtungen znsammenfaßt und ans ihnen ein ruhig abgewogenes Urteil zieht: »Vor vier Jahren begann in Norl «China die Armee-Reform, welche in diesem unglaublich kurzen Zeitraum bis heute ein Heer von 70000 bis 80000 Mann aufgestellt hat, dessen Glanz­punkte folgende sind: Vorzügliche Bewaffnung und Einzel­ausbildung jedes Mänves, einwandfreies Exerzier-Mauöver, glänzende Schießleistung »ach der Scheide, Beobachtung aller Felddienst-Vorschrtften iu peinlichster Weise, unerreichte Marschdisziplin und Marschleistungen, landesüblichen Train, bedient von wohlgeübte» Knli-Kompagnieeu, Ptonierkolouuen, Sanitätsavstalten, Kartographisches Institut, leidlich gutes Artillerie-Material, blinder Gehorsam der Unterführer. Dem entgegen spricht zu ihrem Nachteile: zahlreiche Desertion, da die Söldner ungemein streng behanoelt werden, Fehlen von Initiative der Führer wegen Furcht vor der Verant­wortung, mangelhafte Kenntnisse der oberen Chargen, die nicht tu vier Jahren das Wissen erringen konnten, zu dem wir Jahrzehnte verwenden, und endlich Mangel au soldatischem Selbstgefühl, das erst mit den Erfolgen lebendig werden kann, und in Friedenszeiten wegen der mißachteten sozialen Stellung der Söldner fehlt. Wie gesagt, liegen also die Schwächen der Armee iu ihren moralischen Eigenschaften,

Dienstag, 13. Ieöruar

die aber sehr leicht geweckt werden können, wenn sie zu Be­ginn eines Krieges Erfolge erringt und sich Plötzlich der ungeheueren Kraft, die in ihr schlummert, klar wird. Diese Armee ist das Werk eines einzigen Mannes, des Bizeköuigs Man-scht-kai, und dürfte mit ihm stehen oder fallen, je nachdem die fortschrittliche oder die reaktionäre Partei tu China die Oberhand behält. Im Interesse Europa's müssen wir ein starkes China wünschen."

Die letzten Worte erklären sich daraus, daß ihr Schreiber iu einem starken China ein Gegengewicht gegen ein übermächtiges Japan erblickt, denn wenn es den Japanern früher oder später gelingen sollte, ihre Hand auf das Reich der Mitte zu legen, dann würde in absehbarer Zeit nach dem Eintreten dieser Tatsache die Politische und wirtschaft­liche Rolle der Europäer tu Ostafien ansgespielt sein. Es fehlt nun nicht an Leuten, welche die Anschauung vertreten, China und Japan könnten sich freiwillig gegen die Euro­päer vereinigen, um deren Einflsß im fernsten Osten zu vernichten. Aber die Mehrheit der wirklich genauen Kenner chinesischer Art und chinesischen Charakters neigt derselben Ueberzeuguog zu, daß ein erwachtes, im modernen Sinne Korkes China seine Selbständigkeit gegenüber dem kon­kurrierenden Japan iu sehr energischer Weise wahren und o'so verhindern wird, daß dessen Hervortreteu dominiert. Das liegt auch im Interesse Europa's, das kann ungeachtet aller Sympathieen für Japan nicht verkannt werde».

Allerdings kann auch dies deutlich vernehmbare Er­wachen des chinesischen Selbstgefühls mit mancherlei be­denklichen Gefahren verbunden sein. Der Durchschnitts- Chinese im Innern des weiten Landes ist und bleibt ein erbitterter Gegner der Fremden, und von dort her können heiße Ströme der Leidenschaft sich zur Küste wälzen und die Erziehung zur abendländischen Kultur, welche die dortigen Langzöpfe in den letzen Jahren erhalten haben, wieder ge­fährden.

Tagespolitik.

Die Kommission der Ersten Kammer für Gegenstände der inneren Verwaltung hat soeben ihren Bericht über die Gemeind ereform im Druck herausgegebeu. Der Gesamtbericht, der vom Ministerialdirektor von Kern er-

Vorrr Planeten Mars.

In seinem nach Form und Inhalt, Ausstattung und Preis literarisch und buchhändlerisch bedeutsamen .Buche »Wie entstand Weltall und Menschheit" (Verlag von Strecker und Schröder iu Stuttgart. 300 Textsriten mit zahlreichen farbigen und schwarzen Tafeln, Beilagen und Textabbildungen in vornehmer Ausstattung, geh. nur Mk. 2., el?g. geb. Mk. 2.80), streift Willy Petersou-Kinberg auch die gewaltige , Streitfrage, ob auf dem Mars Menschen wohnen nud wie hoch deren Kultur entwickelt ist. Kiuberg bejaht diese Frage mit größter Entschiedenheit.Wenn wir nun gar auf die Oberfläche des Mars, auf einen jener Kontinente hiuab- stetgen, wie würde uns alles dort erscheinen?" läßt er den alten Professor frage», der seinen erwachsenen Kindern iu Form des erzählenden Dialogs erklärt, wie Weltall und Menschheit entstanden ist. »Würden wir dort," frägt der alte Gelehrte weiter,etwa Menschen, genau solchen Men­schen, wie wir find, begegnen I? Nein, daS glaube ich nicht. Die dortigen am höchsten entwickelten Lebewesen würden sicher nicht so gebaut sein wie wir, denn unser Körper mag wohl nach Erdeuverhältnissen zweckmäßig sein, aber auf Mars herrschen andere Bedingungen, die die auf- steigende Entwicklung beeinflußt haben und die wir nur zn einem sehr kleinen Teile kennen. Wir können nus also, solange die dortigen Lebensverhältuisse nicht genau bekannt find, keine Vorstellung machen, wie sie dortigen hochent­wickelten Lebewesen, die wir, weil die höchstentwickelten, Marsmenschen nennen könne», aussehrn. Nur eines läßt sich mit ziemlicher Begründung behaupten: Die Mars­menschen sind mit viel höherer Vernunft begabt wie wir. Sie stehen sicher auf einer viel höheren Entwicklungsstufe, und zwar darum, weil Mars relativ viel älter ist als die Erde, oder richtiger: weil der Marsmeuscheustamm älter ist als der uuserige.

Mars ist ja viel kleiner als die Erde und kühlte sich auch darum schneller ab als diese, weil er entfernter von der Sonne kreiste und heute noch kreist. Darum ist er über Millionen Jahre weiter in der Entwicklung und dürfte infolgedessen auch höher entwickelte Lebewesen haben. Daß dies möglich ist, respektive daß es! überhaupt höher ent­wickelte Wesen geben kann als wir Erdenmeuschen, beweist sofort die Tatsache, daß 99,9"/, der Menschenzahl der Erde es für unmöglich betrachten. Sie dünken sich iu ihrer maßlosen Selbstüberhebung als »Ebenbilder des Höchsten"

unerreichbar, und dabei Handel« oft die meisten höheren Tiere viel vernünftiger und richtiger als sie. Gerade die­jenigen nämlich, die sich als Gipfelpunkt alles Lebenden rühmen, beweise« ja ebeu dadurch, daß sie noch sehr unent­wickelt find und daß die Menschheit sehr Wohl weiterer Entwicklung bedarf, um zu vernünftigere» Lebewesen heran­zureifen.

Niemand kann mit Beruunftgründen die Annahme widerlege», daß auf dem Mars intelligentere Wesen wie wir leben oder bereits gelebt habe» ; um so mehr als auf Mars auscheineud sogar noch günstigere Lebensverhältnisse existieren. Der Marshimmel ist fast immer wolkenlos und klar; auch dürften weniger große Temperaturdiffereuzen in der dortigen Atmosphäre und folglich weit weniger starke Stürme als Lei uns entstehen. Keine Sturzregen zerstören die Fracht, sondern der Regen besteht aus feinverteilten Wassertropfru, die langsam auf den Mars fallen und tiefer als der Sturz­regen iu den Marsbodeu eiudriugev, der dortigen Vegetation zum großen Segen.

Abwechselnd mit diesen wohltuenden Regen lacht ein heiterer, tiefblaaer Himmel den Marsbewohnern entgegen, und die dort um ein Drittel kleiner als für die Erde er­scheinende Sonne kann unbehindert ihre Strahlen hinab- sendeu, die Marsoberfläche erwärmend und daS Leben be­günstigend. Zwar sendet die Sonne nur die Hälfte deS der Erde zuteil werdenden Lichtes und der Wärme, aber auf MarS gibt es, wie gesagt, weniger Wolken am Himmel, die die Sonnenstrahlen von der Oberfläche absperren und ihre Wärme absorbiere».

Während der sternklaren Marsuächte bietet sich ein wunderbarer Anblick. Ganz iu der Ferne leuchtet eine fast unendlich große Zahl Fixsterne und von diesen hebt sich rin großer, am hellsten leuchtender Stern ab, der Planet Erde, der sich auf dem Marshimmel in Ost-West-Richtung bewegt. In der gleichen Richtung bewegt sich der am weitesten entfernte Marsmond Deimas, aber ganz nahe durch­eilt der Phobos den Weltraum mit einer Schnelligkeit von etwa 1 Kilometer in der Sekunde, und zwar in der Rich­tung von Westen nach Osten.

In diesem Paradies, ein erst hier berechtigtes Wort leben nun die Marsmenschen. Gar gerne möchten wir sehen, wie weit unsere Marskolegen iu der Kultur gediehen find; ob sie etwa bereits lenkbare Luftschiffe im Gebrauch haben oder sogar mit Hilfe kleiner Spreugstoffmotore selbst

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die ein­spaltige Zeile oder deren Raum-

Verwendbare Bei­träge find willkommen

! 1906.

stattet ist, umfaßt 440 Seiten. Es find an den Beschlüssen der Abgeordnetenkammer eine große Anzahl von Abänder­ungen beantragt, die jedoch meisten- redaktioneller Natur oder doch von keiner erheblichen Bedeutung find. Beigr- treteu ist die Kommission der Ersten Kammer den Beschlüssen der Abgeordnetenkammer iu der Klassifizierung der Ge­meinde», der Beibehaltung des Bürgerausschusses und der Einräumung des Rechts der Initiative au denselben, der Abschaffung der Lebrvsläaglichkeit der Ortsvorsteher, der Ablehnung der MagistratSverfassuug für die großen Städte, der Erweiterung der Mitgliederzahl der bürgerlichen Kollegien iu den großen und mittleren Städten und der Einführung des Proporzes für die Wahl der Mitglieder der bürgerlichen Kollegien iu den mittleren und großen Städten. Dagegen werden von der Kommission zwei wichtige Aenderuvgeu be­züglich der Genehmigung der von den Gemeinden zu er­richtenden Oltsstatuteu und der Wahl der Ortsvorsteher an den Beschlüssen der Abgeordnetenkammer vorgeuommeu. Während diese gegen die Errichtung von Ortsstatuteu dem neu zu errichtenden Bezirksrat, also einer Selbst­verwaltungsbehörde, nur ein engbegrruztes Einspruchsrecht zugesteheu will, beantragt die Kommission der Ersten Kammer, entsprechend der Haltung der Regierung, der Kreisregieruug, also einer rein staatlichen Verwaltungsbehörde, ein volles Geuehmigungsrecht und zwar nicht bloß bei Errichtung, sondern auch bei Aufhebung von Ortsstatuteu zu erteilen. Bezüglich der Wahl der Ortsvorsteher hatte die Abgeordnetenkammer beschlossen, daß bei der Wiederwahl eines unmittelbar nach Ablauf seiner Amtsperiode wiedergewählteu OctsvorsteherS die Regierung die Bestätigung nur dann ver­sagen könne, wenn der Diszipliuarhof für Körperschaftsbeamte ihn für untauglich zur Bekleidung des Amtes erklärt habe. Die Kommission beantragt jedoch, der Regierung das von ihr ver­langte Bestätigungsrecht auch iu solche« Fällen unbeschränkt zu geben. Nur darin hat sie der Abgeordnetenkammer beigrstimmt, daß in solchen Fällen zuerst ein Gutachten deS Bezirks einzu­holen ist. Bezüglich dieser beiden schwerwiegenden Gesetzes- puukte wird es vermutlich noch zu lebhaften Debatten in den beiden Kammern kommen. Auch dem fast einstimmig gefaßten Beschluß der Zweiten Kammer, daß die nach dem 1. Januar 1905 gewählten Ortsvorsteher nicht mehr auf Lebenszeit gewählt find, ist die Kommission nicht beigetreten,

fliegen können; ob sie die drahtlose Telegraphie kenneu, ja sogar, längst die weit bessere drahtlose Telephonie vorzieheud, verlassen haben ; ob sie bereits Sprechschreibmaschineu iu Verweuduug habe», die sofort alles niederschreibev, was mau ihnen zuspricht; ob sie etwas von uns Erdenmeuschen wissen, oder wie wir es noch größtenteils tunglauben, daß sie die auserkorenen Weltbeherrscher sind, die eivzigeu in Begriffen denkende» Wesen usw. Schließlich wäre eS doch gar zn interessant, zu wissen, ob die vielfache», phanta­stischen Annahmen der mit Dichterseelen begabten Astronomen auch zutreffend find; ob man wirklich auf Mars von einem 9 Meter hoben Dache aof die Straße hivabspriugeu kann, ohne sich im geringsten zu schädigen; ob die Bäume fast 3 mal so hoch werde« können als bei uns, weil weniger starke Stürme herrschen und die Schwere 2,7 mal kleiner ist; ob diese geringe Schwere auch aus die Lebewesen einen Ein­fluß hat, so daß sie etwa fast 3«al so groß find, als die unseligen; ob auch tatsächlich alle durch Kräfte beanspruchten Gegenstände in zwei Drittel der auf der Erde für eine be­stimmte Belastung erforderlichen Dimensionen gewählt werden könuen usw.

Ja, gar manches möchte» wir mit Bestimmtheit be­antwortet haben; befriedigt werden wir aber diesen Wunsch Wohl niemals sehen, denn ein telegraphisch er Verkehrwird schwer- lich mit dea Marsmenschen eiugrleitet werden können. Aber, wir wissen nicht, waS unsere nachfolgenden Geueratioueu fertig bringen. Würden unsere Vorfahren vom 16. Jahrhundert heute plötzlich ins Leben zurückgerufe», so würden sie sicher vor lauter Augst sterben, wenn ihnen etwa ein Automobil, ein Wagen, der ohne Pferde mit rasender Geschwindigkeit von selbst dahinläuft, in welchem Beelzebub mit großen schwarzblauen Augen und haarigem Körper fitzt, begegnete. Nie würden sie glauben können, daß dies mit rechten Dingen zugehe, daß dieser Teufelsspuck ein von uns Menschen erfundenes Transportmittel sei.

Desgleichen würden auch für uns jetzt Lebenden die in den kommenden Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden gemachten Entdeckungen unerklärlich sein. Was wir heute für unmöglich halten, wird die Nachwelt einst als selbst­verständlich betrachten; so auch vielleicht die Möglichkeit einer Verständigung zwischen den Bewohnern der Geschwister- Plamteu.

Wollen wir «ns aber den Kulturfortschritt des Mars nutzbar mache», so dürfen wir mit der Lösung dieser Auf-

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