AerNsprecher Ar. 11.
Srscheint DimStag Donnerst., SamStag und Ssmitüg «tt der wöch. Beilage »Der Sonntogs-
vestellpreis für das Bierteljahr im Bezirk v.Nachbarortsverkehr Ml. 1.15, außerhalb Mk 1L5. W
199.
FMbtatt für
AllgmeimxKn^eize-
v7rn ^>i
Erstes Blatt.
IM
A«
-MenMig.M
^nüMterhaltMgzblattZ
odsren ^/ü^olä.
Dienstag, 19. Dezember
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Gegründet
1877.
Einrückungs -Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 6 Pfg., bei mehrmal je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die einspaltige Zeile oder deren Raum.
Verwendbare Beiträge find willkommen
1906.
Bestellungen i
auf
„Aus den Tannen"
für das
UM- I. Quartal IS«« -H«
werden von allen Postavstaltru, Briefträgern und Landpostboten entgegeogeuommen.
Tagespolitik.
Zur Betriebsmittelzemeiuschaft wird der „Frkf. Ztg." auS Stuttgart geschrieben : Nach den Mitteilungen, die über die Verhandlungen des preußischen Eisen- bahnrats in die Ocffeuttichkelt gedrungen find, hat es den Anschein, als halte man eS dort für eine abgemachte Sache, daß die von Preußen vorgeschlageue uud in ihren Gruud- zügen mit den cm leien Verwaltungen vereinbarte Tarifreform uuter Einführung der 4. Wageaklsssc in Württemberg und Baden zustande kommt. Diese Auffassung entspricht aber, soweit ich unterrichtet bin, der wirklichen Sachlage in keiner Weife. Württemberg und Baden haben bekanntlich die Annahme der Tarifäaderuiig ausdrücklich von dem Zustandekommen der Betüebsuttttelgemeinschüft adhäugig gemacht. Es ist dies geschehen, weil sie in de» durch eine Betrieos- mittelgemeinschaft zu erzielenden Ersparnissen — für Württemberg find diese auf mehr als ^ Millionen berechnet worden — den Ersatz eines Teiles der Ausfälle erblickten, die von ihnen für die erste Zeit nach Einführung der neuen Tarife erwartet werde». Ber einer Einschränkung der Gemeinschaft auf ein bloßes Güterwagenkartell würde» die Ersparnisse naturgemäß erheblich geringer werden. Andererseits wären aber noch die erheblichen Kosten für Anschaffung eines Wagenparks 4. Klasse von jedem Laude allein zu tragen. Schon die fiaanzielleu Gründe nötigen also die beiden Regierungen zu einer engen Berkaüpfuug der beiden Reformen. Ja der Zwischenzeit find nun zwar, besonders von national- liberaler Seite, hier uud da Stimmen gehört worden, welche die vorgeschlageue Tarifreform an sich für notwendig erklärten. Ich glaube aber Grund zu der Annahme zu haben, daß sich au der Stellungnahme der württembergffchen und der mit ihr in dieser Sache Parallel gehende« badischen Regierung zur Tarifreform nicht das Geringste geändert hat. Wenn der Preußische Verkehrsminister in der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses vom 13. Dezember gegenüber einer Bemerkung de- Abg. Oeser glaubte versichern zu können, daß die Betriedsmittelgemeinschaft zustande kommen werde, so hat diese Versicherung hier einige Verwunderung erregt. Daß jetzt plötzlich der bayerische Plan eines Güterwagenvertrags mit dem viel umfassenderen Namen einer Betriebsmittelgemeinschast bezeichnet wird, ist lediglich eine sehr anfechtbare Spielerei mit Namen. Jedenfalls besteht hier gar kein Zweifel darüber, daß weder die württem- hergische noch die badische Regierung daran denkt, mit dem Zustandekommen eines bloßen Güterwageuabkommens die Bedingung für die Einführung der vierten Klasse und der übrigen Tsrisäuderungen uuter Aufgabe der Lcwdeskarteu uud der Kilometerhefte als gegeben anznseheu. Sie werden dies um so weniger tun, als sie dabei die Volksvertretungen
in ihrer großen Mehrheit hinter sich haben.
* *
*
Die Hauptstelle deutscher Arbeitgeber- Verbünde hielt eine Versammlung in Berlin ab. Es wurde mitgeteilt, daß der Hauptstelle jetzt 3445 Betriebe mit raub 631 000 Arbeitern aogehörten, die jährlich 500 Mill. Mark erhielten. Die Einrichtung der Arbeitsnachweise habe sich bewährt und die veränderte Kampfesweise der Arbeiter, die Herbeiführung kleinerer Ausstände zur Herbeiführung von Aussperrungen, lasse das Zusammenhalten der Arbeitgeber mehr als je geboten erscheinen. Zum Zweck von Streikauterstützllugen soll nach dem Bericht Berliner Blätter eiue Verbindung der einzelnen Verbände durch Errichtung eines Garautiefonds nach Art einer Rückversicherung herbeigeführt werden.
*
* *
Daß das Lob, das General v. Trotha unseren wackeren Kriegern spendete, ein wohlverdientes ist, ergibt sich auch wieder aus einem Vortrage, den der in Südwestafrika tätig gewesene Felddivisionspfarrer Schmidt in Berlin gehalten hat. Ans dem dreitägigen Gefecht bei Groß-Nabas erzählte er der Natioaalzeituug zufolge : Ein Major mit dem Schuß in dem Unterleib liegt hier rmd
leidet entsetzliche Qualen auch vor Durst. „Tausend Mark für einen Schluck Wasser!- schrie er. „Zehntausend Mark für eioeu einzigen Schluck Wasser I" Da kommt ein schwer- verwundeter Sergeant heraugekrochev, der noch ein bischen Rotwein in der Flasche hat. Der Major steht ihn au; man merkt, wie er mit sich ringt, wie er aber daun entschlossen den Trunk zurückweist. „Sie müssen zurück znm Geschütz," sagt der Major, „trinken Sie darum selbst; mit mir ist es ja doch vorbeiI" Der Major wollte lieber verdursten, als einem noch etwas Kampffähigen die notwendige Labung entziehen . . . Als es endlich Wasser gab, stellten sich Leute der 7. Kompagnie erst zusammen und die Halb- veischmachteten sangen: „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen!- Ja, unsere Soldaten und Offiziere sehen anders aus, als iu deu Zerrbilder», die man mit deutscheu Lettern gedruckt sehe» kann zur Schande unseres
Volkes, schloß Pfarrer Schmidt.
* *
*
Die Gesamtlage iu Südwestafrika ist nach der Ansicht Trothas, die er einem Hamburger Mitarbeiter des Verl. Lokal-Anz. mitteilte, durchaus günstig. Es heißt in dem Bericht: Im Hererolaude herrscht Frieden, das Bethanierland der Wikbois ist in der Hauptsache pazi- fiziert. Die noch vorkommeuden Ranbzüge kleinerer Bauden werden freilich noch einige Zeit audaueru, aber der Krieg ist dort beendet. Anders steht es im Süden iu der Warmbader Gegend ; dort ist noch viel Arbeit zu leisten, uud um deu unserer Truppen dort harrenden Aufgaben gerecht zu werde», hält General v. Trotha infolge der starken Abgänge von Mannschaften eiue Ergänzung deS Truppenmaterials für unumgänglich notwendig. Was die bekannten Führer des Aufstandes augeht, so ist Herr v. Trotha der Ansicht, daß der Tod Heudrik Witbots nicht in dem Maße von Einfluß auf deu Zusammenbruch des Widerstandes der Wtt- boiS gewesen ist, wie man iu der Heimat vielfach anuahm. Heudrik Wttboi hat vielmehr wiederholt au General von Trotha Briefe gerichtet, ia denen er erklärte, daß er die Aussichtslosigkeit des Ausstandes eiasieht; aber das Bewußtsein, sein Leben durch seine Treulosigkeit verwirkt zu haben, verhinderte ihn an der Unterwerfung. Aehalich steht es mit dem jetzt noch im Felde befiadlicheu Cornelius, den die Furcht vor der Verantwortung für die in seiner Gegenwart erfolgte Ermordung des Oberleutnants v. Trotha bisher von der Unterwerfung znrückgehaltea hat, obwohl ihm
General v. Trotha das Leben hatte zu sichern lassen.
* » *
Zu dem, was mau im Reichstage über die ,uu- men schliche.Kriegführung" der Deutschen ia Süd- westafrtka hörte, paßt schlecht der Brief, deu ein Soldat soeben nach Hause sandte. Es heißt in ihm: „Der Rückmarsch führte uns auch an das Grab unseres lieben Kameraden. Aber ein Schauder erfaßte uns bei dem Anblick. Die Dornenhecke war zerstört, das Grab aufgewühlt, der Tote verschwunden. Die schwarzen Teufel hatten die Leiche an den Beinen heransgezogen und in die Wildnis verschleppt uud den Raubtieren überlassen. Diese rohe Handlung erklärt sich aus der Gier der Hereros nach den Kleidern unserer Gefallenen. Nachdem sie diese augezogen, verstümmeln uud zerstückeln sie die Leichen und überlassen sie den Raubtieren! Trotz eifrigsten Suchens wurden die Letcheu- räuber nicht gefunden ! Gefangene machten wir zwar genug, aber die richtigen bekamen wir nicht! Es ist Befehl, auf die schwarzen Hallnukeu nicht zu schießen, bevor sie nicht geschossen haben. Obwohl die Schurken au Grausamkeit eigentlich unterm Raubtier stehen, werden sie gut behandelt, so daß sie gar keine Angst vor den Deutscheu haben. Wir erbeuteten auch 20 Stück Groß- und Kleinvieh. Den Gefangenen wurde gestattet, sich eiue Kuh zu fangen und für sich zu schlachten. Denjenigen, welche Wasser gegraben hatten, wurde sogar eine kleine Portion Rum gegeben. Es kommt vor, daß die Gefangenen Eiugeborenenlieder fingen. Die gefangenen Hereros haben es entschieden besser als dir beraubten Farmer, verwundeten und verstümmelten Soldaten, die Hinterbliebenen der Erschlagenen und Beraubten« Doch darüber hat der Soldat nicht nächzudenken, für ihn gibts nur gehorchen. ... Au jeder Wasserstelle mußten wir erst nach Wasser graben, meistens waren die Wasserlöcher mit Knochen von verdurstetem Vieh augefüllt. Ich möchte Euch keine Probe von dem Wasser schenken, ich glaube auch, Euer Vieh iu Deutschland würde kaudr daran gehen. Aber für uus ist es die einzige Rettung, und mit Heller Freude wird es als einzige Rettung begrüßt, soll Mensch uud Vieh nicht verdursten. Ein durstiger Ochse säuft, wenn er dazu kann, 15 volle Eimer Wasser auf einmal! Zum Kaffee bedarfs keiuer Sahne, er wird von selbst weiß und dick genug. Ihr werdet denken, ein so großer Fluß wie der Omaramba müsse
Wasser führen. Leider fließt es nur so lange, als es regnet;
daun versinkt es im Sande.
» *
Ueber deu „P an t*h er"-Zwischenfall iu Brasilien liegt nunmehr der Bericht des Kommandanten deS deutschen Kanonenboots vor. Hierdurch erfährt der Vorfall eine vollständig harmlose Aufklärung, so daß er schon jetzt als erledigt gelten darf. Der von der Nordd. Mg. Ztg. veröffentlichte Bericht lautet: Der Matrose Has- mauu hatte seiueu Urlaub überschritten und war, da er in Zivilkleiders gesehen war, der Desertion verdächtig. ES wurde angenommen, daß H. hierzu von einem neu eiuge- wanderteu Deutschen namens Steiuhoff verleitet worden war. DaS Konsulat und die brafiliaaischen Behörden in Jlahajy und Colouia Brusque wurden ersucht, die Wiedererlangung des H. zu unterstützen. Dies wurde zugefichert. Ebenso wurde die Gesaudschaft in PetropoltS von dem Sachverhalt unterrichtet. Am 26. November waren abends Offiziere in Zivilkleidung uud 12 Unteroffiziere im Urlaubs- anzage beurlaubt mit der Weisung, die Spur deS Deserteurs nnauffällig zu verfolgen. Sie haben sich au Land nicht militärisch bewegt und find meistens getrennt gegangen. Sie haben iu zwei Häusern uud zwar einem Hotel und einem Privathaus Einlaß begehrt. Die Art, in der dies geschehen ist, hat, soweit bisher sestzustellen war, gegen die übliche Form nicht verstoßen, da aus beiden Häusern einzelne Bewohner (Steinhoff und der Sohn des Eigentümers) freiwillig den Beurlaubten ihre Unterstützung geliehen haben. Die Beurlaubten find nicht morgens um 2 Uhr an Land gesetzt, sondern zu dieser Zeit au Bord zurückgrkehrt. H. selbst ist ohve Mitwirkung von Leuten des „Panther" später an Bord zurückgekommeo. Es ist uorichtig, daß ein militärisches Kommando au Land geschickt ist. Steiuhoff ist weder arretiert noch irgendwie schlecht behandelt worden, auch ist er nie an Bord des „Panther" gewesen oder vom „Panther" verschleppt worden; er hat vielmehr die Be- ! mühnngeu der beurlaubten Personen, deu Deserteur zu finden, freiwillig unterstützt.
* *
»
Japanische Kriegsgefangene, die in einem russischen Dorfe uuter deu kläglichsten Verhältnissen gefangen gehalten wurden, passierten auf der Reise nach Hamburg, vou wo sie sich zu Schiff in ihre Heimat begeben, Berlin. Unter den ehemaligen Gefangenen befanden sich viele Blessierte. Einem japanischen Soldaten, der bei Mukden in Gefangenschaft geriet, waren beide Arme und beide Beine abgeschosseu worden. Den Japanern wurden nicht nur von ihren Landsleuten, sondern auch vou vielen anderen Per- ^ sonen dankbar angenommene Spenden überreicht. Es waren für die kleinen Japaner ganze Wagenladungen von Paketen mit allem nur denkbaren Inhalt auf dem Bahnhofe einge- troffen. Unser Kaiserpaar hatte große Mengen Schokolade gespendet, die vou Bediensteten uuter die Japaner verteilt wurde.
* * «
Der Zar scheint jetzt endlich deu rechten Weg betreten za wollen, um dem entsetzlichen Wirrwarr im russischen Reiche ein Eade zn machen. Ec will mit aller erdenklichen Beschleunigung die angekündigten und möglichen Reformen zur Durchführung bringen lasse», andererseits aber auch aufs nachdrücklichste gegen die Volksaufwiegler und revolutionären Führer einschreitev. Wenn auf diese Weise gleichzeitig daS Uebel von zwei Seiten her bekämpft wird, daun . ist vielleicht doch noch eine Besserung möglich. Nicht ausgeschlossen ist es, daß sich der Zar zur Verwirklichung seines Planes nicht des Grafen Witte, sondern einer anderen Persönlichkeit bedient, die das Vertrauen des Volkes im höheren Maße als Witte besitzt, uud die dann auch mit der Leitung der Regteruugsgeschäfte betraut werden würde. Als der kommende Mann ist das russische Semstwo-Mttglied Gutsch- kow genannt worden. Angesichts der fortgesetzten Gärung, die iu mehr oder minder heftigen Explosionen bald hier, bald da zum Ausbruch gelangt, wird es allerdings auch im günstigsten Falle noch eine geraume Zeit dauern, bis erträgliche Zustände geschaffen sind. — In Riga und den Ostsecprovivzeu überhaupt, wo sich Tausende deutscher Landsleute den schwersten Gefahren au Gut und Leben ausgesetzt sahen, versagt die Macht der russischen Regierung vollständig, so daß zur Sicherheit der dortigen Ausländer fremde Schiffe vielleicht entsandt werden müssen. Die russische Regierung will zunächst noch versuchen, aus eigner Kraft Herr der Situation zu werden, wenn ihr daS nicht gelingt, aber au die interessierten Mächte zu appellieren. Deutschland wäre alsdann, im Hinblick auf die große Zahl seiner Staatsangehörige» iu den Ostseeprovivzen au erster Stelle berufen, deu bedrängten Landsleuten zur Hilfe zn kommen.