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Donnerstag, 10. August.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
> 1906.
Amtliches.
Auf Antrag der Firma Balz und Gauß, Oelfabrik in Bietigheim wird laut Bekanntmachung der Kreisregieruug für die Zeit vom 7. bis 31. August ds. Js. Floßsperre auf der Euz verfügt.
An der diesjährigen Vorprüfung zur Bauwerkmeisterprüfung haben sich u- a. nachstehende Kandidaten mit Erfolg beteiligt: Ernst Kirn von Altensteig, Friedrich Stieringer von Poppeltal, Christian Rentschler von Oberhaugstett.
Jürst Wütow in Worderney.
(Nachdruck verboten.)
Der gegenwärtige deutsche Reichskanzler macht es wie sein einstiger großer Kollege Bismarck; in den Ausruhe- tageu des Sommers läßt er sich nicht durch die mancherlei Zwischenfälle und den Sturmwind stören, der durch den internationalen Blätterwald rauscht, er läßt die Dinge an sich herankommen. Selbstverständlich find für den heutigen leitenden Staatsmann ebenso wenig wie früher die sommerlichen Ausspanu-Tage Tage einer absoluten Arbeitslosigkeit; Kuriere kommen und gehen, und allerlei Angelegenheiten find zu ordnen, von deren Vorhandensein ein Außenstehender kaum eine Ahnung hat. Und nicht selten ist das, wovon wenig oder gar nicht in den Zeitungen gesprochen wird, das Wichtigste.
Fürst Bülow, der nicht allzuweit von der Küste geboren ist, hält es mit dem Wasser. Fürst Bismarck, der als Laudjunker die Jahre bis zum Beginn seiner diplomatischen Tätigkeit verbrachte, hat nie seine Neigung für das stille Landleben verheimlicht. Das weltenferne Varzin und der rauschende Sachseuwald waren und blieben seine Liebliugs- stätteu, denen er nach dem sommerlichen Kisfinger Bade- aufenthalt immer wieder zueilte. Fürst Bülow gönnt sich nach seinem Norderneyer Jnselleben einige Wochen Landaufenthalt auf dem Gute Klein-Flottbeck, seinem Verwandten, Geh. Rat Rückert-Jenisch, gehörig, aber zu einem Bis- marck'scheu Landleben kommt er nicht, ein solches wird auch kaum einem Kanzler wieder beschiedeu sein. Zeiten und . Verhältnisse haben sich dafür doch zu bedeutend geändert.
Der erste deutsche Kanzler empfing in der Sommerszeit, unterwegs oder in Varzin resp. Friedrichsruhe, fast alljährlich die Besuche leitender Minister fremder Staaten. Die tonangebenden Staatsmänner aus Wien und Rom waren fast alljährlich seine Gäste, in der alten Zeit engerer Beziehungen zum Zarenreiche erschien auch der russische Minister des Auswärtigen, Herr von Giers, fast Jahr für Jahr bei ihm. Auch das ist anders geworden, Fürst Bülow hat Wohl ab und zu Begegnungen mit ausländischen Kollegen, aber von einer regelrechten Aufeinanderfolge ist keine Rede mehr. Kaiser Wilhelm II. nimmt in der auswärtigen Politik einen sehr hervorragenden Platz ein. Manches von dem, was sonst durch Kanzler-Besprechungen geordnet i wurde, wird heute durch den Monarchen selbst bei Gelegenheit seiner Reisen erledigt oder für die definitive Erledigung doch vorbereitet, so daß nur noch über Einzelheiten zu beraten ist.
Immerhin kann Fürst Bülow mit der internationalen Wertschätzung, die ihm während seines Norderneyer Aufenthaltes zu Teil wird, zufrieden sein. Herr von Witte, der Präsident des russischen Minister-Komitee's, der jetzt in Nord-Amerika verweilt und dort seinen wenig erquicklichen Auftrag, die Friedeusbedinguugeu Japans kennen zu lernen, auszuführen hat, war im vorigen Jahre beim deutschen Reichskanzler in Norderney, als es sich darum handelte, den neuen deutsch-russischen Handelsvertrag unter Dach und Fach zu bringen. So glatt, verhältnismäßig leicht wenigstens, wie damals die Verhandlungen sich abwickelte», wird es Herr von Witte in Amerika bei Weitem nicht haben, obwohl es das Klügste wäre, baldigst zu einem annehmbaren Verhältnis zu kommen.
Die größte Schlacht der Welt in Aussicht!
Japanische Korrespondenten senden ihren Blättern Beschreibungen des Schlachtfeldes, auf dem, was sie die .größte Schlacht, die je die Weltgeschichte verzeichnet" hat, nennen, sich vorbereitet. Beide feindlichen Oberfeldherren haben die sämtlichen Truppen in das Bereich ihrer Operations-Pläne gezogen, die über das ungeheure Gebiet verstreut find, das sich von Tschangtu bis Nikolajewsk und von Charbiu bis Wladiwostok, von der Mündung des Amur bis zum Ausfluß des Tumen erstreckt, allerdings eia Schlachtfeld, wie es bis dahin die Weltgeschichte noch nicht gesehen. Diese riesenhafte Ausdehnung erklärt nach den japanischen Korrespondenten, nächst dem Eingreifen der Regen
zeit, weshalb die so oft angeküudigte Entscheidung immer j noch nicht gefallen.
Das Zentrum beider Heere im weiteren Sinne des Wortes, zwischen Guntzuling und Kiria mußte bald nach Westen, bald nach Osten in seinem Schwerpunkte verschoben werden, je nach dem die gegenseitigen Schachzüge der Feldherren das nötig machten, die beide mit ihren Flügeln abwechselnd Umgehungsbeweguugen einleiteten. Linnewitsch besonders zog wiederholt seine erste Verteidigungslinie, bald nahe der Eisenbahn, bald im Sungari-Tale zurück, um sie zwischen beiden, oder westlich der Eisenbahn ebenso unerwartet wieder vorzuschiebeu. Und diese steten Frontver- änderuugen bedingten wiederum zeitraubende Erkundungen des Gegeuparts, der nun erst wieder feststellen mußte, wo sich der Feind eigentlich befinde, und in welcher Stärke er ihm gegenüber stehe.
Während Linnewitsch durch die Landungen am Tumen- Flusse, in der Posfiotbay und an der Ussari-Küste gestört wurde, um schließlich durch die Bedrohung seiner Stellung vom Amur her zu ganz neuen Dispositionen gezwungen zn werden, sah sich Oyama fast ebenso sehr in seinen Maßnahmen durch jene, wie durch das langsame Vorrücken der durch Nordkorea gegen den Tumen-Fluß heraufkommenden Truppen behindert. Letztere besonders hatten mit größeren Transport-Schwierigkeiten, besonders ihrer Artillerie zu kämpfen, als man erwartet hatte, da die Regenzeit vorzeitig eiutrat, und die schon fast wegelosen Gebirgsgelände Nordkoreas geradezu unpassierbar machte.
Der Vorstoß Hasegawas über den Tumen-Fluß aber bildete einen zu wichtigen Faktor in den Schlachtdispofitioueu des japauischenGeueralissimus,alsdaß dieser an ein Losschlagen hätte denken können, ehe Hasegawa die ihm vorgeschriebeueu Stellungen erreicht hatte. Auch jetzt habe dieser seine Aufgabe noch nicht völlig gelöst. Immerhin sei das Oyama gestellte Problem weniger schwierig, als die strategische Aufgabe, die General Linnewitsch durch die Verhältnisse auferlegt sei. Oyama verfüge über Uuterfeldherreu, die gewohnt seien, selbständig zu operieren, und auf die er sich vollständig verlassen könne. Weder um General Hasegawa am Tumeu-Flusse, noch um die mit den Operationen vom Amur her betraute Armee, noch weniger um General Nogi und dessen Bewegungen längst der mongolischen Grenze brauche Feldmarschall Oyama sich zu sorgen. General Linnewitsch aber habe mit Unterkommandeuren zu rechnen, die mit der Leidenschaft der Initiative im Unrechten Augenblicke weder den Blick für das, was die Situation erfordere, noch das Feldherrn-Talent verbänden, das solche Lagen erfordern.
Der Gehorsam dieser Uutergenerale lasse mehr denn viel zu wünschen, und General Linnewitsch habe fortwährend mit ihren Eigenmächtigkeiten zu kämpfen, die sich bis auf die Wahl ihrer Stellungen ausdehutea. Es sei etwas gar nicht Außergewöhnliches, daß der Oberfeldherr den einen oder anderen seiner Uutergenerale mit seinen Truppen in einer Stellung verschanzt finde, die keineswegs identisch mit der demselben angewiesenen Position sei. Das gelte besonders von solchen, die sich weiter von der Eisenbahn entfernten. Die ewige Entschuldigung sei, die schlechten Karten oder eine Verwechselung ähnlich klingender Namen habe das Mißverständnis veranlaßt, während der wirkliche Grund meist die Rücksicht auf die Verbindungslinien, d. h. die größere Leichtigkeit sich mit allem zum Leben nötigen zu versehen, häufig auch die Erwägung ist, daß die selbstgewaltige Stellung bessere und bequemere Quartiere für das Kommando und die Offiziere biete. Rücksichten auf die Mannschaften spielen dabei keine Rolle.
Daneben laufen, heißt es weiter, Rivalitäten und Streitigkeiten der Untergenerale unter sich, die alle möglichen Ursachen haben. Jeder glaubt vom anderen bevorzugt, nud besonders beim Eintreffen von Verstärkungen hat der vielgeplagte und schließlich für alles verantwortliche russische Oöerfeldherr bei der Verteilung der frisch eiugetroffeuen Truppen und der Nachschübe der Artillerie nicht nur die strategischen Anforderungen, sondern das ungestüme Drängen seiner Korpskommandeure in Rücksicht zu ziehen, da jeder behauptet, nicht .annähernd genug Truppen und vor allem noch nicht die nötige Anzahl Geschütze zu seiner Verfügung zu haben, um die ihm gestellte Aufgabe zu lösen oder seine Stellungen halten zu können.
General Linnewitsch hat sich nach Ansicht des japanische» Geueralstabes bisher als ein weit tüchtigerer Oberfeldherr erwiesen, als allgemein erwartet wurde. Aber man glaubt trotzdem nicht, daß sein strategisches Können der Rieseu-Aufgabe gewachsen sei, daß gigantische Schlachtfeld
zu beherrschen, auf dem er sich in den nächsten Wochen mit seinem bisher siegreichen Gegner wird messen müssen . . ., wenn nicht inzwischen der Friede dieses letzte, große Menschen- schlachten verhindert.
LcmdesnachrichLsn.
* Akkeusteig, 8. August. Das in Konkurs geratene Anwesen der Kaufmannswitwe Springer hier wurde bei der gestrigen Versteigerung von Kaufmann Reiuhold Haier in CreSbach um den Preis von 32 300 Mark gekauft. Das Warenlager ist noch unverkauft.
ff Zwerenberg, 8. August. In Zwerenberg ist der Dienstkaecht Adam Bäuerle beim Garbenaufzieheu in die Tenne hinuntergestürzt und erlitt dadurch einen Schädelbruch, au dessen Folgen er am gleichen Abend starb.
* Ilnlerjestngen, 8. August. Bei uns ist die Getreideernte jetzt beinahe beendigt, es ist blos noch etwas Haber und Weizen eiuzuheimseu. Die Quantität wie die Qualität ist Heuer sehr verschieden; es gab Fruchtäcker, die nach Menge und Güte ausgezeichnet standen, es gab aber auch solche, die durch Trockenheit oder elementare Ereignisse stark gelitten hatten, auch wurde zum Teil der stütze Dinkel vom Schwarzbrand befallen, was einen bedeutenden Schaden an den Körnern bedeutet. Der langersehnte Regen, der in den letzten Tagen über unsere Fluren niedergegangeu ist, hat allen Gewächses, besonders demjHopfeu gut getan, indessen werden sie, obgleich sie ein gesundes Aussehen haben, nur zum Wenigsten dieses Jahr Stangenhöhe erreichen.
ss Tübingen, 8. August. Auf der Gönuinger Lokalbahn wollte in Mähriugeu der Wagner Kaspar Schucker von Gomaringen in den Eiseubahnzug springen, als sich derselbe schon in voller Fahrt befand. Er geriet unter die Räder und wurde sofort getötet.
* Tübingen, 8. August. (Strafkammer.) Wegen Nichtbeobachtung der gesetzlichen Bestimmungen über Anbringung und Begründung der Revifionsauträge wurde die Revision des Schullehrers Wilhelm Mieuhardt von Kuppingeu in seiner Strafsache wegen Uebertretung gegen tz 366 Z. 10 St.-G.-B. vom Strafsenat des Oberlaudesgerichts als unzulässig verworfen. Eine Entscheidung in der Sache selbst ist nicht erfolgt; es bleibt hienach bei der durch das Schultheißeuamt Kuppingeu gegen Mieuhardt ausgesprochenen und vom Amtsgericht und Landgericht bestätigten Geldstrafe von 2 Mark, die er sich dadurch zugezogen hat, daß er sich, wie wir schon früher berichteten, weigerte, die Straße und den Kandel vor dem Schulhaus, zugleich seiner Wohnung reinigen zu lasse».
ff Hleutliuge«, 8. August. Vor der Marienkirche kam es gestern Abend zu einer Messerstecherei wobei der Former Bodner den Taglöhner Hofmeister mit einem Stilettmesser stach und so schwer verwundete, daß an dem Aufkommen des Verletzten gezweifelt wird. Der Täter ist verhaftet.
ff Leouverg, 8. August. Die Ehefrau des Schuhmachers Früh, welcher in der letzten Woche wegen des Verdachts der Brandstiftung verhaftet wurde, ist heute vormittag ebenfalls nach Stuttgart eingeliefert worden. Vor einigen Jahren ist schon einmal im Holzraum der Frau Früh während der Abwesenheit ihres Mannes Feuer ausgebrochev. — Der überaus tüchtige und brave Schreinergeselle Braun von Ludwigsburg hatte sich bei dem letzten Brand als Nachbar bei den Rettungsarbeiten beteiligt, er hat sich dabei wie eS scheint, sei es durch einen kalten Trunk oder aus anderer Ursache erkältet und klagte sofort über Unwohlsein. Heute liegt der junge Mann hoffnungslos, ohne Bewußtsein im Krankenhaus.
ff Hlutesyetm O.-A. Leonberg, 8. August. Beim Garbenabladen stürzte der Bauer Friedrich Weeh von hier aus einer Höhe von 5 Meter von der Leiter ab; durch diesen Sturz erlitt er so schwere innere Verletzungen, daß sein Leben in Gefahr schwebt.
* Stuttgart, 8. August. Die Ausstellung für Wohnuugs- ausstattung im Laudesgewerbemuseum erregt andauernd das Interesse weiterer Kreise und erfreut sich eines sehr zahlreichen Besuchs. Täglich wird sie von 11—1200 Personen besichtigt.
ss Stuttgart, 8. Aug. Weitere Postanwärter (für den niederen Dienst) werden in Bälde in den Dienst der Post- uud Telegraphenverwaltung ausgenommen. Die Gesuche um Aufnahme find bis spätestens 1. September au die Generaldirektion der Posten und Telegraphen zu richten. Können genügende Schulzeugnisse nicht beigebracht werden, so ist der Nachweis der erforderlichen Vorbildung durch Erstehung einer Vorprüfung, die im September d. I. in Stuttgart abgehalteu wird, zu erbringen. Nähere Auskunft wird durch die Postämter erteilt.