Jenrsprecher

Mr. 11.

Erscheint Dienstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage Der Sonntags- Gast".

Bestellpreis für das Merteljahr im Bezirk u. Nachbarortsverkehr Mk. 1.18, außerhalb Mk. 1.25.

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AllgemeinesKn^ige

Von tinn

Einrückungs-Gebühr für Altensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die ein­spaltige Zeile oder deren Raum.

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.

Donnerstag, 3. August.

Bekanntmachungen aller Art finden die er­folgreichste Verbreitung.

Verwendbare Bei­träge werden dankbar angenommen»

> 1906.

Amtliches.

Uebertragen wurde die 2. Schulstelle in Altensteig dem Schullehrer Kächele in Allmersbach, Bezirks Murr (Marbach).

Uebertragen wurde eine technische Eisenbahnsekretärstelle bei der Bauinspektion Calw dem Geometer Stahl.

Befördert wurde Postsekretär Etzel in Freudenstadt zum Postmeister in Maulbronn.

Befördert wurde Eisenbahnassistent Spitz in Calw zum Eisenbahnsekretär in Cannstatt.

Ernannt wurde Landgerichtssekretär Schweikert von Stutt­gart, Hilfsarbeiter bei dem Beztrksnotariat Wildbad, zum Bezirksnotar bei diesem Bezirksnotariat.

Die gelbe Kefcrtzr.

(Nachdruck verboten.)

AIS Japan vor 10 Jahren den Chinesen eine ver­nichtende Niederlage bereitete, da wurde es von den Mäch­ten an der Ausnützung seines Sieges im Interesse d:r In­tegrität Chinas gehindert. Die Mächte hatten dazu auch ein gutes Recht. Es wäre eine schreiende Ungerechtigkeit gewesen, wenn das unermeßliche chinesische Reich mit einem Schlage unter den maßgebenden Einfluß Japans geraten wäre. Die europäischen Großmächte durften das Recht für sich in Anspruch nehmen, sich an der wirtschaftlichen und kommerziellen Erschließung Chinas zu beteiliget!. Die Aus­nützung der unerschöpflichen Reichtümer Chinas konnte und durfte nicht den Japanern ausschließlich oder auch nur zum größten Teile überlassen bleiben. An dem friedlichen Wett­bewerb nahmen alle Großmächte nach Rußland auch Frank­reich, England und Deutschland teil. Im Frieden von Schimmoseki warfen die Großmächte ihr Gewicht zu Gunsten Chinas in die Wagschale. Werden sie im Frieden von Washington, vorausgesetzt, daß ein solcher zu Stande kommt, rin gleiches tun? In Petersburg rechnet mau anscheinend mit einer solchen Möglichkeit. Die Kaiser-Entrevue in Björkö soll die Idee der Solidarität der Völker Europas bestätigt haben. Rußland, so sagt mau in Petersburger Regierungskceisen, habe durch die Zarenbegegnung mit dem deutschen Kaiser bekundet, daß es entschlossen sei, das Gleichgewicht in Europa aufrecht zu erhalten; zum Danke dafür rechnet es auf eine Unterstützung nicht nur Frank­reichs, sondern auch Deutschlands zwecks Aufrechterhaltung des politischen Gleichgewichts im fernen Osten bei der Zu- rückdämmnng der gelben Gefahr.

Es ist richtig, nach seinen glänzenden Waffenerfolgeu über Rußland hat Japan in Oftafien einen maßgebenden Einfluß errungen. Sein Wunsch ist in Peking Befehl. China gibt seine Schiffsbestellungen neuerdings bei japa­nischen "Werften auf und reformiert seine Armee auf Japans Wunsch nach japanischem Muster. Die Japaner beweisen damit, daß sie nicht nur glänzende Soldaten, sondern nicht minder hervorragende Diplomaten und Kaufleute sind. Die Tatsache ihrer hohen Begabung vergrößert die Gefahr ihres wachsenden Einflusses auf Kosten der Interessen Europas und Amerikas.

Andererseits sind die Japaner aber auch klug und besonnen genug, um sich vor der Verletzung fremder Rechte zu hüten. Sie sind nicht so kurzsichtig und verblendet, an- zunehmeo, daß sie jetzt im fernen Osten die schrankenlose Herrschaft ausüben könnten. Sie find sich im Gegenteil bewußt, auf das Wohlwollen und die Unterstützung der europäischen Großmächte und Amerikas heute mehr denn je angewiesen zu sein. Die Zukunft muß lehren, ob die gelbe Gefahr tatsächlich in dem Maße vorhanden ist, in dem sie diesem und jenem vorhanden zu sein scheint.

Bis zur Stunde liegen jedenfalls keine Anzeichen vor, daß sich irgendwelche Mächte tu die bevorstehenden Friedens­verhandlungen einmischen werden. Die Mächte haben, mit zeitweiliger Ausnahme Frankreichs, während des langwie­rigen Krieges musterhafte Neutralität bewahrt, in ganz be­sonderer und in Petersburg wie in Tokio gleichermaßen an­erkannter Weise Deutschland. Wir glauben daher nicht, daß die Mächte ihren treu bewahrten Standpunkt verlassen werden in dem Augenblick, in dem, wie wir hoffen und wünschen, das blutige Kriegsdrama seinen friedlichen und versöhnlichen Abschluß finden soll.

Tagespolitik.

Ueber die Gründe, die zur vorläufigen Zurück­stellung der Beratung der Verfassungsrevi­sion im Plenum des Landtags geführt haben, schreibt das Zentralorgan der natioualliberalen Partei in seinem Wochen­bericht aus Württemberg:Der Durchberatung der Ver­fassungsreform standen sowohl sachliche Schwierigkeiten entgegen, sofern bei der verwickelten Natur des Gegenstandes die Be­schlüsse der Kommission und der Bericht doch nicht wohl

so rechtzeitig fertiggestellt und formell so geglättet werden konnten, wie es die Bedeutung der iu Rede stehenden Fra­gen beanspruchen darf. Wenn aber auch diese Arbeit schließ­lich noch hätte geleistet werden können, so legten die Re­gierung und die reformfreuudlichen Fraktionen aus dem Grunde kein besonderes Gewicht auf die Durchberatung noch im Juli oder August, weil es bis jetzt nicht ge­lungen ist, den Widerstand der Ritterschaft zu brechen oder über das Budgetrecht sich zu verständigen. Mau hofft im Laufe des Spätsommers noch Zeit und Ge­legenheit zu finden, um zu einer befriedigenden Verständig­ung zu gelangen, und dann im September oder Oktober für das Werk ek>e Zweidrittelmehrheit im Landtag zu stände., zu bringen. Nach Lage der Dinge wird mau mit dieser Verschiebung der Beratung sich abfinden müssen, auch wenn man bedauert, daß das Interesse uud die Spannung, wo­mit alle Politisch urteilfähigen Kreise des Landes in diesen Wochen der Pleuarberatuug entgegensahen, getäuscht worden sind."

* *

Ueb er d i e S chw ur g er ich te wird gegenwärtig viel geschrieben uud insbesondere ist daraus ersichtlich, daß unsere Richter keine Freunde der Schwurgerichte fiad. Auch im Publikum haben die Schwurgerichte nicht nur Freunde, denn nicht selten find die Urteile dieser Gerichte nichts weniger als ein Ausdruck des Rechts. Freilich setzen ebenso häufig Berufsrichter Urteile in die Welt, die unglaublich er­scheinen. Das alles beweist aber, daß Laien und Berufs­richter irrende Menschen find. Ueber die Schwurgerichte veröffentlicht jetzt der Staatsanwalt Schmittenfeld in der Tägl. Rundschau" einen Artikel, der lesenswerte Gesichts­punkte enthält. Er schreibt: Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, daß die allerdings vorhandene Abneigung der Mehr­zahl der Fachschriften, insbesondere der Staatsanwälte, gegen die Einrichtung der Schwurgerichte darauf beruht, daß die Schwurgerichte sich jedem behördlichen Einflüsse entzögen, weil sie in ihren Urteilen eine juristischen Spitzfindigkeiten entgegengesetzte natürliche Rechtsauslegung zum Ausdruck brächten, insbesondere weil sie unerwünschte Freisprechungen herbeiführen. Das ist, wie gesagt, ein vollständiger Irrtum. Nicht die Unabhängigkeit der Schwurgerichte, nicht die Zahl der Freisprechungen, sondern lediglich die Unberechenbarkeit der Geschworeuensprüche ist es, die den Juristen zum Gegner der Schwurgerichte macht. Die Geschworene» haben be­kanntlich lediglich die Frage zu entscheiden: Ist der An­geklagte schuldig, die ihm zur Last gelegte strafbare Hand­lung begangen zu haben? Man sollte nun meinen: wenn tatsächlich der Nachweis geführt wird, daß der Angeklagte iu zurechnungsfähigem Zustande die Straftat begangen hat, dann müßte auch zweifellos seine Verurteilung erfolgen. Weit gefehlt. Darauf ist bei den Schwurgerichten durchaus nicht immer zu rechne». Die Geschworenen lassen sich in ihrem Spruche häufig von Umständen beeinflussen, die mit den von ihnen zu beantwortenden Fragen nicht das Ge­ringste zu tun haben: so spielt bei ihnen das Mitleid mit dem Angeklagte», die Länge der Untersuchungshaft, in der sich der Angeklagte befindet, die Person des durch die Straf­tat Verletzten und anderes mehr, wovon man vorher keine Ahnung hat, nicht selten eine ausschlaggebende Rolle. Einige Fälle aus der Praxis: Ein Mädchen ist des Meineids angeklagt, weil sie als Zeugin in einem Strafprozeß unter ihrem Eide in Abrede gestellt hat, mit einer bestimmten Maunesperson verkehrt zu habe». Sie ist unter Tränen geständig: sie hat ihre Schande nicht kundgebeu wollen. Spruch der Geschworenen: Nicht schuldig. Ein Ehemann wird von seiner Ehefrau iu der niederträchtigsten Weise hintergangeu. Er erfährt von ihrem ehebrecherischen Ver­kehr, geht ihr und ihrem Liebhaber nach uud feuert aus einem Revolver mehrere Schüsse auf das Paar ab, trifft auch, ohne jedoch tödlich zu verletzen. Er wird wegen ver­suchten Mordes angeklagt. Spruch der Geschworenen: Nicht schuldig. Ein unterer Beamter, der unverschuldet durch widrige Schicksale, insbesondere durch Krankheiten in seiner Familie in bittere Not geraten war, ist geständig, ihm amtlich auvertraute Gelder iu geringem Betrage unter­schlagen zu haben. Spruch der Geschworenen : Nicht schuldig. Wie ich zuverläsfigerweise später von einem Geschworenen erfuhr, war der Grund der Freisprechung, daß der Mann durch sein Unglück ohnehin schon schwer genug bestraft sei. Alle diese Fälle sind nicht etwa Ausnahmefälle, sondern lassen sich um viele vermehren. Sie würden jedem richter­lichen Beamten eine Anklage wegen Rechtsbeugung und unter Umständen sogar Verurteilung zu Zuchthaus eintragen. Den Geschworenen gegenüber fehlt es an einer entsprechen­den Strafbestimmung, trotzdem es vielleicht manchmal

wünschenswert gewesen wäre, in Fällen, wo man den bei der geheimen Beratung allerdings schwer zu führenden

Nachweis der Rechtsbeugung erbringen könnte, straf­rechtlich vorzugehen. Es soll nun keineswegs geleugnet werden, daß auch die Urteile der Berufsrichter sich des öfter» mit dem Rechtsbrwußtsein in Widerspruch setzen, aber dies liegt dann teils an dem Gesetz, über das sich der Rich­ter nicht hinwegsetzen darf, teils daran, daß man eben in vielen Dingen verschiedener Meinung sein kan», aber stets

und das ist das Wesentlichste einer geordneten Rechts­pflege wird das Urteil des Berufsrichters auf bestimmten, aus der Beweisaufnahme gezogenen Schlußfolgerungen be­ruhen, es wird niemals auf Willkür aufgebaut sein. Um es also nochmals zu betonen: Nicht Engherzigkeit, nicht Berufsdünkel der Juristen, auch nicht politische Motive, sondern einzig und allein die Unberechenbarkeit der Ge­schworenensprüche, die sich nicht selten über die Rechtsord­nung hinwegsetzen, sind es, welche die Forderung der großen Mehrzahl der Berufsjuristen zur Ursache haben, daß die Schwurgerichte in ihrer jetzigen Gestalt beseitigt werden mögen.

LcmdesnachrichLsn.

-l. Grömöach, 1. August. Heute Vormittag 9 Uhr brannte das Anwesen des Schmiedmeifters Mast und der Geschwister Schaible bis auf den Grund nieder. Das Feuer brach auf demHeubarn" aus, breitete sich riesig rasch auf das ganze Anwesen aus und binnen zwei Stunden war das stattliche Gebäude eiu Schutthaufen. Ob Brandstiftung oder Selbstentzündung vorliegt, wird ein Rätsel bleiben. Die jungen Eheleute waren erst kurz in die Feuerversicher­ung getreten, die Polise aber war leider noch nicht ausge­stellt und eiagelöst. Vieh, Fahrnis uud der größte Teil der Mobiliarien konnten in Sicherheit gebracht werden. Hätte Nordwind obgewaltst, daun würden noch zwei sehr gefährdete Anwesen eiu Raub der Flammen geworden sein. Die Feuerwehren von Wörnersberg uud Garrweiler waren rasch zu Hilfe geeilt. Hausbesitzer! seid nicht säu­mig, Euer Anwesen zu versichern I

ff Kerkenöerg, 1. Aug. Auf dem Felde bei Kuppingeu ist em beladeuer Garbenwagen in Brand geraten. Das Feuer dürfte durch den eingelegten Radschuh ent­standen sein. Die Pferde konnten gerettet werden, der Wagen uud die Frucht find verbrannt.

ff Kerreuöerg, 1. August. Die Polizei verhaftete einen Eisenbahutaglöhner unter dem Verdachte, einem Bekannten bei einem Zechgelage sein ganzes Geld aus der Tasche ge­stohlen zu haben. Der Verhaftete will unschuldig sein und vielmehr die Summe im Aufträge eines Freundes zurücker­stattet haben und lieber Schande uud Arrest auf sich neh­men, als den Freund verraten. Er dürfte jedoch mit seinem Märchen bei seinen Richtern wenig Glauben finden.

* Hlentlingea, 1. August. Die Handwerks­kammer hat sich iu ihrer Sitzung am 28. v. M. mit der von der Regierung geplanten Neuordnung des gewerblichen Fortbildung 8 schulweseus ein­verstanden erklärt. (Die Hauptpunkte find: Einführung des Schulzwangs durch Gesetz für drei Jahre, Ganzjahrunter­richt, bedeutende Vermehrung der jährliche» Plltchtstunden, Unterricht au Tagesstunden der Werktage, Organisation und Betrieb des Unterrichts nach Maßgabe der beruflichen Be­dürfnisse, Anstellung besonders ausgebildeter Gewerbelehrer.) Allerdings wurde von mehreren Mitgliedern betont, daß mau sich nur mit schwerem Herzen den tiefgreifenden Neuer­ungen fügen könne. Andererseits aber wirkten verschiedene Mitteilungen des K. Kommissars erleichternd und beruhigend: hauptsächlich, daß eine lauge Uebergangszeit (5 Jahre) vor­gesehen und der Begriff des Tagesunterrichts weit gefaßt sei (Verschiebung des Schlusses bis 7, in der Uebergangs­zeit sogar bis 8 Uhr abends.) Ferner setzte man voraus, daß der Unterricht soweit irgend möglich unter Berücksichtig­ung der besonderen örtlichen und gewerblichen Verhältnisse iu die geschäftsstille Zeit verlegt werde. Auch die Aussicht auf den geschäftlichen Gewinn, welchen die neue Art des Unterrichts ohne Zweifel bringen wird, stärkte die Bereit­willigkeit zu einem der geplanten Reform günstigen Beschluß. Weiter hatte die Kammer zwei Gesetzentwürfen gegen­über, welche dem nächsten Kammertage in Köln vorliegen werden und Aenderungen der Gewerbeordnung bezwecken, Stellung zu nehmen. Der eine fordert den allgemeinen Befähigungsnachweis für das Handwerk, der andere eine ErweiterungderRechtedesMeistertitels. Die Mehrheit der Kammer (20 gegen 3 Stimmen) entschied sich für das zweite, d. h. sie wünscht, daß das Recht, Lehrlinge zu halte« und avzuleiten, nur demjenigen zustehen soll, der befähigt ist, den Meistertitel zu führen. Außerdem