Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich.
Bezugspreis: In der Stadt inel. Trägcrlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Psg.
Anzeigenpreis: Im Oberamtsbezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Psg., Reklamen 25 Pfg.
Schluß für die Inseratannahme 10 Uhr vormittags. Fernsprechnummer 9.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
36.
Dienstag, den 13. Februar 1912
87. Jahrgang.
Amtliche Bekanntmachungen.
K. Oberamt Calw.
An die Gemeindebehörden.
Unter Bezugnahme auf den letzten Absatz des Ministerialerlasses vom 8. Zuli 1905 Nr. 7273 (Amtsbl. S. 321 ff.) werden nachstehend die Zahlen der in den Gemeinden des Bezirks vorhandenen Personen, welche im Genüsse einer Unfall-, Alters-, Invaliden- oder Kran- kcnrente stehen, bekanntgegeben:
Gemeinde
UnsaU
Rentner
Atters-
Rentner
Invatld.- j Rentner
ttranken-
Rentner
Calw
40
10
150
4
Agenbach
1
1
II
—
Aichhalden
6
4
Attdulach
8
1
! 5
—
Altburg
23
—
l 29
1
Althengstett
31
1
10
—
Alzenberg
4
9
—
Bergorte
7
I
10
—
Brestenberg
7
I
5
1
Dachtel
7
—
! 5
2
Deckenpsronn
20
—
11
—
Dennjächt
3
—
2
I
Emderg
7
—
> ^
—
Ernstmühl
I
—
> 5
- -
Gechingen
20
1
10
—
Hirsau
15
—
21
1
Holzbronn
12
—
4
t -
Hornberg
6
—
I
! -
Liebeksderg
5
—
10
—
Liebenzell
17
4
22
I
Martinsmoos
5
. -
l 1
—
Monakam
8
—
8
1
Möttlingen
8
—
6
i —
Neubulach
8
—
8
l -
Neuhengstett
14
—
5
I
Neuweiler
14
I
18
1
Oberhaugstett
14
—
9
I
Oberkollbach
10
I
17
Oberkollwangen
4
—
3
1
Oberreichenbach
5
—
6
—
Ostelsheim
15
'-
3
i 2
Ottenbronn
0
—
7
—
Rötenbach
11
1
8
—
Schmieh
2
—
1
Simmozheim
21
—
14
1
Sommenhardt
II
—
13
1
Stammheim
—
35
- 1
Teinach
0
> -
> 10
—
Unterhaugftett
13
I
4
—
Unterreichenbach
14
3
19
—
Würzbach
6
1
8
—
Iavelstein
9
—
10
—
Zwerenberg
4
—
4
—
Ueberlrag
494
28
544
21
Zur Beurkundung:
Den 9. Februar 1912.
Regierungsrat Binder.
Bekanntmachung.
Zn Betreff des heurigen
Militär-Ersatzgeschäftes
wird bekanntgegeben, daß die Musterung und Losung voraussichtlich vom 13. bis 18. März d. Js. stattfindet.
Wegen der Zurückstellungsgesuche (Reklamationsgesuche) Militärpflichtiger in Berücksichtigung bürgerlicher Verhältnisse wird aus die Bestimmungen der KF 32 und 33 der Deutschen Wehrordnung (Reg.-Bl. von 1901 Nr 23) und wegen derjenigen der Reservisten, Land- wehrmänncr und Ersatzreservisten, auf 8 ll8 Z. 3 bis 6, 8 120 Z. 5, tz 122 und 123 der Deutschen Wehrordnung hingcwiesen.
Diese Zurückstellungsgesuche, wozu beim Oberamt Formulare zu haben sind, sollten mindestens eine Woche vor dem Musterungstermin, also längstens bis 5. März beim Oberamt einkommen, damit dieselben geprüft und erforderlichenfalls ergänzt werden können. Zurück- stellungsgejuche, die erst nach der Musterung angebracht werden, könnten keine Berücksichtigung mehr finden.
Da früher Reklamationsgesuche vielfach verspätet cingekommen sind, so hat die K. Oberersatzkommission
die bestimmte Erwartung ausgesprochen, daß dieselben künftig rechtzeitig eingereicht werden, also schon vor der Musterung, nicht erst vor der Aushebung oder nach dieser.
Die Ortsbehörden werden beauftragt, die Beteiligten in angemessener Weise darauf aufmerksam zu machen und für rechtzeitige Vorlage derartiger Gesuche Sorge zu tragen.
Calw. 10. Februar 1912.
Der Civil-Vorfitzendc der Ersatzkommission.
Reg.-Rat Binder.
Deutsches Reich.
Zur Präsidentenwahl.
Hin und her gehen und schwirren die Gerüchte. Die Fraktionen des Reichstags sind unter sich bezüglich ihrer Stellungnahme zu den veränderten Verhältnissen selbst noch nicht einig. So wissen z. V. die Nationalliberalen noch nicht, ob sie Prinz Schön- aich-Carolath oder Geh. Rät Paasche für den Präsidentenposten kandidieren lassen wollen. Die Rechte, einschließlich des Zentrums, soll beabsichtigen, in der heutigen Sitzung zu beantragen, den Reichstag zu vertagen, bis das Präsidium beieinander ist — dann käme Scheidemann nicht dazu, den Reichstag zu leiten. Zn der allgemeinen Verstimmung und Ratlosigkeit hat die „Berliner Morgenpost", offenbar um wenigstens irgend etwas Abwechselndes, wenn auch Klatschiges, zu sagen, sich über eine 1. Vizepräsidentschaft v. Payer erzählen lassen. Im Falle, daß Prinz Schönaich-Carolath Präsident würde, soll man in parlamentarischen Kreisen eine Kandidatur v. Payer für das Amt des 1. Vizepräsidenten erwägen, v. Payer genieße bei allen Parteien das größte Ansehen und erfreue sich auch bei der Rechten des Hauses einer Achtung, die zweifellos dem Präsidenten der Linken das Arbeiten mit den Konservativen und dem Zentrum erleichtern würde. Die eine Schwierigkeit bei dieser Kandidatur wäre die, daß Payer Präsident der württ. Zweiten Kammer ist. Herr v. Payer beabsichtige aber, wie schon seit längerer Zeit verlaute, um sich intensiver der Reichspolitik widmen zu können, die Präsidentschaft der württ. Zweiten Kammer spätestens binnen Jahresfrist niederzulegen. Vielleicht, so hofft man. würde er jetzt dazu zu veranlassen sein, seinen Posten als Präsidenten schon früher niederzulegen. Wir wollen zunächst abwarten, was der heutige Nachmittag bringt. Der Reichstag tritt um 2 Uhr wieder zusammen.
Inzwischen ist eine Nachricht eingegangen, die die Lage keineswegs zu entwirren geeignet ist. Die „Nationalliberale (Korrespondenz" veröffentlicht nämlich folgenden gestern nachmittag von der nationalliberalen Reichstagsfraktion zu der Frage des ! Reichstagspräsidiums gefaßten Beschluß: Die nationalliberale Fraktion ist bei der Frage des Reichs- tgspräsidiums von vornherein davon ausgegangen, daß sie weder ausschließlich mit der Rechten, noch ausschließlich mit der Linken ein Präsidium bilden könne. Diesem Standpunkt entsprechend ist am 9. ds. ein Präsidium gewählt worden, das nach Ansicht der Fraktion als ein reines Eeschäftspräsidium deswegen am ehesten arbeitsfähig war, weil in ihm die beiden stärksten Parteien des Reichstages vertreten waren. Der Entschluß des Herrn Dr. Spahn, aus diesem Präsidium auszuscheiden, hat die Sachlage geändert, sodaß die nationalliberale Fraktion sich nunmehr außerstande sieht, sich an diesem Präsidium nunmehr weiterhin zu beteiligen. Drum hat Prinz Carolath abgelehnt, für den freigewordenen Posten des ersten Präsidenten zu kandidieren und die Fraktion hat Herrn Dr. Vaasche ersucht, das Amt des zweiten Vizepräsidenten niederzulegen.
Berlin, 13. Febr. Als Schriftführer des Reichstags sind gewählt worden: Dr. Bärwinkel (natl.), Neumann-Hofer (Fortschr. Volksp.), Stücklen (Soz.), v. Morawski (Pole), Rogalla von Bieberstein (kons.), Engelen (Zentr.), Dr. Beizer (Zentr.), Fischer-Ber
lin (Soz.). Die Stimmenziffern, mit denen die einzelnen gewählt wurden, entsprechen der vorstehenden Reihenfolge der Namen. — Nach einigen Blättern soll es zweifelhaft sein, ob die Mitglieder der Rechten die Schriftfllhrerposten beibehalten.
Berlin, 12. Febr. Das Abgeordnetenhaus hat den Lotterievertrag zwischen Preußen einerseits und Bayern, Württemberg und Baden andererseits in einmaliger Beratung angenommen. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt dazu: Die Lotterieverrrazspoli- tik ist i. I. 1904 zu dem Zweck inauguriert woroen, die schweren Schäden und Mitzstände zu beseitigen, welche aus dem Nebeneinanderbestehen mehrerer Staatslotterien in Deutschland erwachsen waren. Dieser Gesichtspunkt ist auch bei den Verhandlungen über den gegenwärtigen Vertrag maßgebend gewesen. Es mußte damit gerechnet werden, daß die süddeutschen Staaten im Fall eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen zur Begründung einer eigenen gemeinschaftlichen Lotterie schreiten würden. Die Errichtung einer solchen hätte die vielbeklagten Schäden der Konkurrenz mehrerer Staatslotterien von neuem aufleben lassen j auch war eine Schädigung der preuß. Lotterieeinnahmen durch die entstehende Konkurrenz immerhin nicht ganz ausgeschlossen. Von erheblicher Bedeutung war ferner die Erwägung, daß durch den Zusammenschluß zu einer Preußisch-Süddeutschen Klassenlotterie Preußen und den drei großen süddeutschen Staaten ein neues, nicht unwichtiges Gebiet gemeinsamer staatlicher Arbeit erschlossen werde.
Das neue bayrische Ministerium.
Das neue Ministerium erhält einen ausgesprochenen Zentrumscharakter, außer durch Hertling (Vorsitz und Aeußeres) namentlich durch den Reichsrat Freiherr v. Soden (Inneres), einen Vetter des früheren Gouverneurs von Kamerun und württem- bergischen Ministers des Aeußern. Daß das Ministerium mit Rücksicht auf die Bevölkerung Frankens und der Pfalz einen Renommier-Protestanten auf- weisen solle, war lange bekannt. Zu dieser anfangs ^dem Bankdirektor Pechmann zugedachten Rolle, die : bestimmt ist, dem Publikum über den ultramontanen Charakter des Ministeriums Sand in die Augen zu streuen, hat sich der Präsident des obersten Landgerichts Reichsrat v. Thelemann (Justiz) hergegeben. Die Finanzen und das Verkehrswesen erhielten die schon bei Beginn der Krise genannten Anwärter, der Ministerialdirektor B r e u n i g, und der Nürnberger Eisenbahndirektionspräsident v. T e i d l e i n. Breunig ist ausgesprochen ultramontan. Der Ministerialdirektor v. Knilling (Kultus) war im Kultusministerium Referent für die Universitäten. Daß der bisherige Kriegsminister v. Horn bleibt, entspricht den hiesigen Gepflogenheiten, die zwischen dem Kriegsministerium und den Zivilministern scharf trennen. Als Vorsitzender der Zentrumsfraktion des Reichstags sandte Schädler im Namen der Fraktion ein Glückwunschtelegramm an Frhrn. v. Hertling.
Aus Welt und Zeit.
Berlin, 13. Febr. Der Adventist Naumann, der sich weigerte, als er Soldat geworden, am Samstag Dienst zu tun und schließlich 5 Jahre Strafe auf seinem Konto hatte, ist jetzt, nachdem er nahezu vier Jahre im Festungsgefängnis gesessen hatte, vom Kaiser begnadigt worden.
Nürnberg, 12. Febr. Auf der Distriktsstraße zwischen Lauf und Schwaig wurde gestern vormittag ein in den Dreißiger Jahren stehender unbekannter Mann von einem unbekannten Täter ermordet. Die Leiche wies 9 Stiche am Kopf und an der Brust auf. Die Tat wurde aus etwa 100 Meter Entfernung von drei Personen beobachtet. Der Täter flüchtete in den nahen Wald und entkam.