Jerir spreche»
Htr. 11 .
Erscheint Dlmstag Donnerst., Samstag und Sonntag mit der wöch. Beilage „Der Sonntags- Gast".
!Bestellpreis für das Vierteljahr im Bezirk u. Nachbarortsverkehr Mk. I.1S, außerhalb Mk. 1L5.
Nr. ?s.
8
UttenMig.I'tM.
WdMlerhaltungzblatt
obsrsn ^cr^o
M
AAtjSblalt für
Allgemerne5AnMge-
'/ön öor
Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den K. Postämtern und Postboten.
Dienstag, 16. Mai.
Einrückungs-Gebühr für Mensteig und nahe Umgebung bei einmal. Einrückung 8 Pfg., bei mehrmal' je 6 Pfg., auswärts je 8 Pfg., die einspaltige Zeile oder deren Raum.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen»
! 1905.
Amtliches.
Das diesjährige Aushebungsgeschäft im Oberamtsbezirk Freuden stadt findet statt: Am Samstag, den 10 . Juni, vorm. 8 V 2 Uhr und Dienstag, den 13. Jam, vorm. 8 V 2 Uhr.
Zum Besuch der am 5. Juni d. Js. in Stuttgart stattfindenden Versammlung des Verbands landwirtschaftlicher Genossenschaften wird den Mitgliedern der dem Verband ungehörigen Genossenschaften gegen Vorzeigung der Mitgliedskarte die gleiche Fahrpreisermäßigung wie in den Vorjahren (zu vgl. Staatsanzeiger Nr. 134 vom 11 . Juni 1901) eingeräumt. Ausgeschlossen von der Benützung find die Schnellzüge 8 , 15, 37 und 38. Nähere Auskunft erteilen die Fahrkartenstellen.
Schmutzliteratur.
(Nachdruck verboten.)
ss Der Deutsche Reichstag hat dem Reichskanzler eine Petition zur Berücksichtigung überwiese», die eine erneute Prüfung der einschlägigen strafgcsetzlichen Bestimmungen dahingehend in Anregung bringt, daß den Verwaltungs- uud Gerichtsbehörden schärfere gesetzliche Handhaben zur Unterdrückung schlechter Literatur- und Kansterzeugnisse gegeben werden. Zweierlei steht fest: Unter dem Deckmantel von Kunst und Wissenschaft macht sich viel Schmutz und Gemeinheit in der Literatur wie in den bildenden Künsten breit, und zum anderen: Schmutz und Gemeinheit müssen, wie auf allen übrigen Gebiete», so auch auf dem der Literatur, Malerei und Skulptur als Schädlinge betrachtet und nach Möglichkeit bekämpft werden. Nun hat man wohl gesagt, ein besonderer Anlaß, gerade jetzt zur Bekämpfung dieser Schädlinge zu schreiten, liege nicht vor, denn die Dinge lägen heute nicht schlimmer als vor hundert Jahren. Das ist ein sonderbarer Grund. Die kulturelle Entwicklung soll doch auf allen Gebieten des menschlichen Lebens Fortschritte herbeiführen. Man darf daher doch Wohl auch mit Recht verlange», daß es in der Kunst bergauf und nicht! bergab gehe, daß sich die Schaffenden immer mehr bewußt werden, daß die Kunst zur Veredlung des Volkes beizutragen habe, ihr Ziel aber nicht darin erblicken dürfe, es in den Schmutz zu ziehen.
Für die Abwege der Kunst in die Sphäre der Gemeinheit und des Schmutzes liegt, soweit Deutschland in Betracht kommt, auch nicht der geringste Anlaß vor. Das deutsche Volk trägt gar kein Verlangen nach unzüchtigen Darstellungen, weder in Wort noch Bild. Wenn die Literatur und darstellende Kunst in Frankreich einen anderen Weg genommen hat und darauf ausgeht, Sinnenkitzel zu erregen, so läßt fich das wenigstens begreifen. In dem französischen Volk besteht ein Bedürfnis nach derartigen Darbietungen und die Nachfrage regelt bekanntlich das Angebot. Das deutsche Volk empfindeteiuähnliches Bedürfnis nicht. Reife Männer und Frauen lehnen unzüchtige Darstellungen bei uns zu Laude mit Widerwillen ab, und daß die Heranwachsende Jugend durch sie in den Kot gezerrt werden müßte, wird doch Wohl niemand verlangen wollen. Wir meinen also: für Schmutzzwecke der Literatur und Malerei rc. besteht in deutschen Landen keine Existenzberechtigung. Die ganze Richtung ist erst aus dem Auslände zu uns herübergekommeu. Wie wir aber mit Recht lästige Ausländer acksweiseu, so haben wir auch ein Recht, dem deutschen Geiste wider- ! strebende Eindringlinge, die sich als Künstler ausgeben, zu hindern, auf die geistige und ästhetische Entwickelung des deutschen Volkes unheilvollen Einfluß zu gewinnen.
Ob sich dieser Kampf wirksam durch verschärfte Bestimmungen deS Strafgesetzbuchs und Erweiterung polizeilicher Vollmachten durchführen läßt, oder ob er mit mehr Aussicht auf Erfolg von Schule und Haus ausgenommen wird, das ist eine Frage, über die fich streiten läßt. Die stärksten Vorkämpfer in diesem Ringen find jedenfalls die echten und wahren Künstler, ße find im Stande, durch vollendete Darbietungen den Vertretern der Afterkunst den Boden abzugrabev. Die Gegenwart besitzt solcher reinen und edlen Künstler eine ganze Menge; sollte ihre Zahl aber nicht genügen, den aufzuuehmenden Kampf siegreich zu Ende zu führen, so können leicht Ersatztruppen herangezogen werden. Das deutsche Volk, das in der vergangenen Woche seine Schillerfeier beging, kann in dieser Beziehung nicht in Verlegenheit geraten.
Das Leben der Gegenwart ist ernst und mühevoll genug; es braucht das Grau des Daseins nicht künstlich noch in düsteres Schwarz gekleidet zu werden. Die Kunst soll erheben, soll frei mache» von den Schlacken der Alltäglichkeit mit ihren Sorgen und Mühen, ihren Schmerzen und Plagen. Wir wollen in den Feierstunden, die uns die Be
schäftigung mit den Werken der erlauchtesten Geister gestalten, nicht in den Sumpf gezogen, sondern über uns selbst hinaus und hinauf getragen werden. Der Geist bedarf dieser Labung, um stark und frisch zu bleiben in dem Kampfe ums Dasein. Wer das Gegenteil tut, wem die Misere des Tages noch nicht genügt, wer uns den Erdenjammer auch noch in seinen Kunsterzeugnisfen ins Herz Pressen will, der versündigt fich an dem deutschen Volke. Die deutsche Kunst fei rein und edel, Gemeinheit und Niedrigkeit haben in ihr keine Stätte, sie soll nicht verdüstern, sondern verklären, sie soll nicht erniedrigen, sondern erheben, nicht entmutigen, sondern beleben und anfeuern. Dieser echten Kunst wollen wir uns freuen, der Afterkunst aber sei Fehde und Kampf angekündigt.
Tagespolitik.
Die Todesfälle infolge Krebs mehren fich. Das geht auch aus den Sterbetabellen der Lebensversicherungs- Gesellschaften hervor. Die Gesellschaft „Friedrich Wilhelm" z. B. hatte in den 15 Jahren von 1885—1899 7086 Krebstodesfülle. Diese Todesfälle mehrten sich innerhalb dieser 15 Jahren von 6,9 auf 9,5 Prozent aller verstorbenen Männer und bei den Frauen von 13 auf 15 Prozent; in der Arbeiterversicheruug von 3,7 auf 8 Prozent bei den Männern und von 11,4 Prozent auf 12,9 Prozent bei den Frauen. Letztere weisen also relativ mehr Todesfälle an Krebs aus als die Männer und dabei überwiegen die besser situierten Frauen die Arbeiterfrauen. Das Durchschnittsalter der Gestorbenen betrug in der Lebensversicherung 55 Jahre, in der Arbeiterverficherung 53 Jahre, bei elfteren beginnt die Altersgrenze der zahlreichsten Opfer bereits mit 40—50 Jahren, umfaßt also 30 Jahre, bei den Arbeitern dagegen beginnt diese Periode mit 50—60 Jahren. Dem Berufe nach stellen in der Lebensversicherung das Haupt- kontingent die Beamten und der Kaufmannsstaud, in der
Arbeiterverficherung die Tagearbeiter in Stadt und Land. * *
Das österreichische Abgeordnetenhaus, das vielgeschmähte, hat in dritter Lesung den Zolltarif und das Zolltarifgesetz angenommen. Zuletzt handelte es fich bei der Erörterung vornehmlich noch um die Eiseuzölle. Einiges hat auch für uns in Deutschland Interesse. So sagte Handelsminister Frhr. v. Call gegenüber einem Antrag auf Herabsetzung des Roheiseuzolles, man müsse den deutschen Eiseuzoll berücksichtige». Eine Herabsetzung der Zölle auf Roheisen, Stabeisen, Bleche und Drähte würde dahin führen, daß die inländische Industrie, die unter ungünstigeren Bedingungen arbeite als die deutsche, eines geringeren Zollschutzes teilhaftig würde als die deutsche Eisenproduktion. Der Zolltarif gewähre den eiseuverbrauchenden Industrien fast durchgängig wesentliche Erhöhungen, während die Hüttenwerke mit dem bestehenden Zustande sich begnügen müßten. Die Regierung werde nach Beobachtung der Wirkung der neuen Zölle nötigenfalls gewiß nicht zögern, diese einer Durchsicht zu unterziehen. Im weiteren Verlaufe der Debatte führte ein Regierungsvertreter noch aus, daß die Beibehaltung der bisherigen Roheisenzölle vornehmlich deshalb geboten erscheine, weil als Folge einer Abänderung dieser Zölle eine Waffeneinfuhr deutschen Roheisens zu befürchten sein würde. Aus dem gleichen Grunde sei die Erhöhung der Zollpofitionen für andere Fabrikate erfolgt. Die Eisen- zölle seien ein schwer errungenes Zugeständnis von Ungarn und bildeten das Rückgrat des österreichischen Tarifs im
Handelsvertrag mit Deutschland.
* *
-«e
Das diesjährige internationale Automobilreu u e n wird am 5. Juli in Frankreich abgehalten, weil beim letztjährigen Renneu in Deutschland einem Franzosen Jeuatzki der Sieg zufiel. Ohne Unfälle wird es nicht abgehen, denn mau hat als Rennstrecke eine besonders gebirgige Gegend, die Auvergne, gewählt. Die Strecke bietet so viel Hindernisse, daß der französische Rennfahrer Le Blon von ihr sagte: „Als ich verflossenen Winter eine Probefahrt über hie Auvergner Rennstrecke machte, da kehrte ich nach Clermout-Ferrand zurück in der sicheren Ueberzeugung, daß die Strecke einfach unmöglich sei. Nicht weniger als 4 Stunden hatte ich mit meinem Rennwagen gebraucht, um die 130 Kilometer zurückzulegen, und ich habe wahrhaftig dabei keine Zeit vertrödelt! Seither habe ich mehrere Male die Strecke befahren, und jedesmal nahmen meine Befürchtungen za, statt ab. Ich wette, daß diese Strecke für mehr als einen der konkurrierenden Wagen verhängnisvoll werden wird. Wenn er es nicht nur auch für Fahrer und Mechaniker wird! Die ganze Strecke ist eine Aufeinanderfolge von Kurven, eine gefährlicher als die andere, dazu noch
die Schluchten und Abgründe, an denen entlang die Strecke führt — wahrlich, es ist Tollheit, fich mit Rennwagen auf eine solche Strecke zu wagen. Doch da die Suppe einmal eingebrockt ist, so müssen wir sie auch auslöffelu, und ich werde es ebenso tun wie meine Kameraden ; nur glaube mau nicht, daß ich es gern tue und nicht vielmehr gute Miene zum bösen Spiel mache l" Le Blon sprach auch von deu Pneumatiks, die bei der Beschaffenheit der Strecke nie und nimmer der kolossalen Beanspruchung gewachsen sein würden. „Wer weiß", meint er, „ob unter solchen Umständen der Sieg nicht einem Wagen zufällt, der höchstens 60 Kilometer macht — also ein Wagen, wie maa ihn vor 3 Jahren baute — statt einer jener gewaltigen Rennmaschinen, wie sie unsere Fabrikanten heute zu bauen imstande find l" — Bon besonderem Interesse find Aeußeruugen, die Jeuatzki, der deutsche Mercedes-Fahrer, zu einem französischen Berichterstatter machte: „Ich habe den Reuuweg sechsmal mit meinem Wagen durchlaufen, und zwar dreimal, ohne au- zuhalten. Die beste Zeit, die ich erzielte, war noch etwas unter 1 Stunde 40 Minuten Pro Tour. Die anderen Touren habe ich in der Zeit zwischen 1,45 und 1,47 gemacht. Auf der Strecke fahr ich eigentlich mehr als Tourist wie als Rennfahrer, um die Details der Route besser studieren zu können. Nur als eines Morgens die Strecke besonders leer war, ließ ich mich gehen und fuhr darauf los. Ein Teil der Strecke ist durchaus als hügelig zu bezeichnen, aber unsere modernen Motoren fürchten eine Steigung von 10 bis 15 Prozent nicht. Die Kurve bei Rochefort ist so gefährlich, daß mau nicht daran denken kann, sie mit einer auch nur geringen Geschwindigkeit zu nehmen. Von weiteren scharfen Kurven, die ganz plötzlich austauchen, sowie von deu Windungen und Serpentinen bei Pontibaud und Cler- mont will ich gar nicht sprechen."
Deutscher Weichstug.
ZSerkin, 12 . Mai.
Bei der gestrigen Kamerun-Vorlage legte Kolouial- direktor Dr. St übel dar, wie fich in Ostafrika der Handel zusehends entwickelt habe infolge der dortigen Bahnanlagen. Das rechtfertige auch den Bahnbau in Kamerun resp. die Uebernahme der Reichsgarantie. Größere Aufstände seien in Kamerun nicht zu befürchten. Jedenfalls werde die Bahn zur Aufrechterhaltuog der Ordnung in hohem Maße nützlich sein. Hand in Hand mit dem militärischen gehe aber auch der wirtschaftliche Nutzen. Redner bittet, die Vorlage einer wohlwollenden Prüfung zu unterziehen. Erzberger (Z.) beantragt, die Vorlage an die Budget-Kommisfiou zu verweisen, von Richthofen (kons.) und Paas che (natl.) sprechen sich für die Vorlage aus, worauf dieselbe an die Budget-Kommission verwiesen wird.
Aerüu, 13. Mai.
Ju der gestrigen Beratung wird auf Vorschlag des Grafen Ballestrem die Einführung des Befähigungsnachweises im Handwerk wegen zu schwacher Besetzung des Hauses von der Tagesordnung abgesetzt. Es folgt die Beratung der Petition betr. Unterdrückung schlechter Literatur- und Kansterzeugnisse. . Die Kommission beantragt Ueber- wetsung an die Reichsregierung zur Berücksichtigung. Semmler und Patzig (natl.) beantragen Uebergaug zur Tagesordnung. Rören (Ztr.) empfiehlt die Ueberweisung zur Berücksichtigung. Heine (Soz.) spricht fich gegen die Ueberweisung aus. Man wolle die Literatur treffen, die wohl manchmal derb sei, aber die Wahrheit verkünde. Hierauf wird gegen die gesamte Linke der Antrag Semmler auf Uebergaug zur Tagesordnung abgelehnt und der Antrag der Kommission angenommen. 40 Petitionen von Wirts- verbänden und Vereinen gegen den Mißbrauch geistiger Getränke, Einschränkung des Flaschenbierhaudels und Reform des Schank-Konzesfions-Wesens werden auf Antrag Pichler (Ztr.) der Regierung zur Erwägung im Interesse der Bekämpfung der Trunksucht überwiesen.
wttirtt-iirbeirsrs^eV 2«rirdt«rs
Kammer der Abgeordneten.
Stuttgart, 13. Mai.
In der Weiterberatung des Kultusetats wurde beim Kapitel „Besoldungen für Gymnasien und Lateinschulen" eine Reihe von Schulfragen gestreift. Prälat v. Wittich warnt vor dem „Bildungsfanatismus" und empfiehlt Vorsicht bei „pädagogischen Experimenten". Kultusminister v. Weizsäcker erklärt, die Regierung sei im allgemeinen vorsichtig, aber sie könne nicht hinter der Zeit Zurückbleiben. Hinsichtlich der Ueberbürdungsfrage gebe er zu, daß besonders in